schäftUchsn Leben in erster Linie seines Gleichen unterstützen.Dementsprechend halten sie„Staat und Gesellschaft zu ihremeigene» Schutze für gezwungen, im Sinne eines gemäßigten,dafür aber praktischen Antisemitismus Stellung zu nehmen."Stöcker in den Hnndstagen. Das Stöckerblatt.Rcichsbote« schreibt heute:Der„Vorwärts" ärgert sich darüber, daß wir die Revo»lutionsbande, weiche Ludwig XVI. und seine Familie«uilloliiiirte, nicht als eine wirkliche ordentliche Regierung undObrigkeit anerkennen, sondern sie als eine politische Mord»g e s e l l s ch a f t mit den jetzigen anarchistischen Revolutionären,» Vergleich stellten. Das Blatt will sich dafür rächen, daß wirneulich dagegen(wogegen?) protestirten. als der„Vorwärts"die Hinrichtung eines zum Tode verurtheilten Verbrechersdurch die geordnete Obrigkeit einen Mord nannte und er de»hauptet deßhalb.„Ludwig XVl. sei wegen Hoch- und Landes-verraths vom höchsten GenchtShof des Landes verurtbeilt worden"und nennt das„eine legitime, gesetzmäßige Hinrichtung!" Ogewiß,„legitim und gesetzmäßig" waren sie alle, diese Hinrich-»ungen der vielen Tausende, die damals in Frankreich unterdem Mordbeil starben! Es bietet das schöne Aussichten.wenn erst die moderne» Revolutionäre sich einmal alsRegierung konstituiren und Gesetze machen können; sie werdenes ihren würdigen Vorgängen, nachmachen; sie geben«in Gesetzund nach diesem Gesetz können sie dann alle ihre Gegner nachHerzenslust hinmorden— und bleiben dabei„die höchste Obrig-feit des Landes".Aber wir sind ja prinzipielle Gegner der Todesstrafe?Dein Stöcker ist wieder einmal passirt, was unseren Feindenso oft passirt: er hat in d e n— S p i e g e l gesehen. E r,der fromme Seelsorger, schreit nach dem Henker und Fall-beil. er, der Prediger der christlichen Liebe, hält die„Hin-richtunaen" für„legitim" und„gesetzmäßig" und kann nichtgenug Köpfe fallen sehen. Der Stöcker hat uns mit sichverwechselt. Wir Wilden sind doch bessere Menschen.—Ter griechische Staatsbankrott. Man schreibt uns:Wenn in Griechenland der Zinsfuß für Darlehe» S— 10 pCt.nnd noch mehr beträgt und die griechische Regierung, weil ihrdieser Preis zu hoch erscheint, im Auslande Anleihen mit nominell4 und B pCt., in der That aber 5—6 pCt. macht, nach kurzerZeit aber schon diesen niedrigen Zinsfuß zu zahlen verweigertund gar keine Zinsen zahlt: so ist es ein Beweis vonschrecklicher Unkenntniß der Verhältnisse, wenn unsererstes Parteiblatt den Ausdruck„Verwuckerer"aus die Tarlehnsgeber bezieht. Das ist jesuitische Schlau-heit, aber keine offene ehrliche Männlichkeit! Dem Dummenund dem Nichtdenkenden imponirt solcher Wahnsinn für den Augen-blick wohl, aber sonst hat Falschheit und Lüge keinen reellenZweck und schlägt den eigenen Herrn.Wir schade» uns damit nur selbst, denn wir raubenuns damit das Vertrauen, das wir doch, wie jede guteAbsicht, so nöthig brauchen. Auf solche perfide Weise,mit Verdrehnngen, Verdächtigungen u. s. w. kommen wir nicht„vorwärts", wohl aber verliert unsere gute Sachebei allen Einsichtigen. Der rohe Haufe wird uns selbstschließlich gefährlich, wenn sich aus ihm unsere Hauptmasse zu-sanimensetzt. Ein aufrichtiger Genosse! Die Presse soll aufklären uud belehren, aber nicht dumm machen, sonst wirkt sieschädlich!Der„aufrichtige Genosse" sieht, daß wir seine Kritiknicht scheuen. Und wir haben auch keinen Grund, denn erhat uns ganz mißverstanden. Daß die griechische Regie-rung unehrlich gehandelt hat, unterliegt keinem Zweifelund wird von uns nicht bestritten. Und die Ent-schuldigungsgründe, die im Privatleben häufig für einderartiges Verfahren geltend zu niachen sind, liegenhier nicht vor, denn die griechische Regierunghat eine elende Finanzwirthschaft geführt undMillionen vergeudet, mit denen sie ihre Zinsen hätte be-zahlen können. Aber seit Griechenland, dieser traurigeStaats-Homunculns, den die impotente europäische Diplo-matie in der Retorte künstlich angefertigt hat— aber seitGriechenland als sogenannt selbständiges Königreich besteht,ist es auch von der Finanzwelt als Beutebetrachtet worden, dem man, gerade weil dieZukunft unsicher, Wucher zinsen abnimmt. Oder sind8—10 pCt. nicht„Wncherzinsen"? War also der Aus-druck„Vcrwucherer" nicht ganz berechtigt?—Zu viel. Von einem Franzosen, der die deutschenAfrika-Kolonien durchreist hat, wurden jüngst in der Pressesehr ungünstige Berichte und Urtheile zitirt. Obgleich inunseren Kolonien Vieles, ja so ziemlich Alles faul ist, merktenian doch sofort, daß arg übertrieben war. Heute erhaltenwir nun folgendes Telegramm:Frankfurt a. M., 25. Juli. Der französische Afrika-forscher Lionel Deels verwahrt sich in«ine», Briese a» die„Frankfurter Zeitung" gegen den unrichlige», in der ausländischenPresse verbreiteten und aus dieser auch nach Teutschland über-gegangenen Bericht betreffend seine Auslassungen über Deutsch-Ostafrika. Er ist voll Bewunderung für die deutschenOffiziere und erkennt den ihm seitens aller Deutschenin Afrika gewordenen sehr freundlichen Empfang an.Daß die Deutschen ihn gut anfgenoninien haben,glauben wir gern. Hoffentlich ist aber Herr Deels nichtauch für die Weiberprügler und Leist-Leute„voll Be-wlinderung".—Im Staate Ungarn sieht es sehr faul aus. DerVulkan der Nationalitäten, ans dem dieser Staat ruht,droht jeden Augenblick auszubrechen. Hauptsächlich sind esdie Rumänen, die der Regierung großes Kopfweb bereiten.Sie werden mit ihrem Protestiren gar nicht müde. Manbegeht aber einen großen Fehler, wenn man annimmt, daßes das ungarische Volk ist, welches gegen das rumänischekämpft. Der Nationalitätenkampf ist nur der Vorhang,hinter welchem sich ein materieller Kampf auf Tod undLeben zwischen ungarischer und rumänischer Bourgeoisie ab-spielt und wenn thatsächlich auch das rumänische ProletariatSiebenbürgens an diesem Kampfe tbeilnimmt, so liegt dasnur darin, weil das rumänische Proletariat unter demDruck, der ans die rumänische Bourgeoisie ausgeübt wird,auch zu leiden hat. Ferner liegt das auch darin, daß, wodie ungarische Bourgeoisie ohnmächtig ist, ihre Macht derrumänischen sühlbar zu niachen, sie sich an dem rumänischenProletariat rächt— ohne zu merken, daß das zuihrem eigenen Schaden geschieht. Hat die rumänischeBourgeoisie bis nun noch„Demokrat" gespielt, so hatsie sich in letzterer Zeit entpuppt als das was siewirklich ist. Kämpfer wie Lncaci und die Anderen, die jetztins Gefängniß wandern müssen, hatten ihre Aufgabe ernstgenommen, sie kämpften auch für die demokratische Forde-rung: das allgemeine Wahlrecht, was erklärt aber jetzt diernmänischeBonrgeoisieSiebenbürgcns? Wenn siedasselbeWahl-gcsetz erhält, welches die Ungarn besitzen, sowill sie sichzufriedcngeben, und daß die Ungarn eine elende Klassenvcrtrctung besitzen,ist wohl niemandem unbekannt. Das ist der erste Verrath, dendas ungar-rumänische Bürgerthum in dem letzten Kampfebegeht— aber wir sind es von der Bourgeoisie ja schongewöhnt. Genua, die Worte der Sozialdemokratie gehenschon jetzt in Erfüllung, was geschehen ist, haben wirschon längst vorausgesagt.Zum Schluß nur noch ein Beispiel, das zeigen wird,daß die sächstsche Polizei doch noch ihresgleichen hat. Indem Dorfe B I a s ch i a neben Mediasch, sammelten sich aneinem Sonntag mehrere rumänische junge Leute zum Tanz.Die Polizei war sofort an der Hand, die jungen Leutewurden gefesselt und nach Dicio St. Martin unter Eskortegebracht, weil sie— eine unerlaubte Tanz»Versammlung abgehalten haben.—In Numänien macht der Sozialismus und die G e«werkschaftsbewegung immer größere Fortschritte.Auch auf dem Lande ist die Bewegung um sich. DasElend der Bauern greift trotz der Fruchtbarkeit des Landesund trotz der vorzüglichen Ernteaussichten in diesem Jahregeradezu unbeschreiblich. Wir erfahren von einer Bauern-erhebung in dem südlichen Theile des Lande?. Waren esbisher die drückenden indirekten Steuern, gegen welche sichdie Bauern auflehnten, so ist es dieses Mal die Willkür-lichkeit eines Großgrundbesitzers, die die Bauern zur Ver-zweiflung trieb. In dem Torfe M a g u r e l e, Pra-hovaer Bezirk, suchte der Herr G. Gr. Eantacuzino, dessenUreltern einmal in Rumänien regiert habenden Bauern mehrerePogonErde(1 Pogon=- 2592 qm) zu entreißen. DaS heißt eineExpropriation seitens dieses Junkers zwecks Vergrößernngeines Gutes. Die Bauern, wie schon erwähnt, erhobenich gegen diese Expropriation, und die Regierung beeilteich— nicht den Bauern gerecht zu werden— sonderneinige Kompagnien mit Manlichergewehren versehene Eol-daten hinzuschicken. Für 1ms ist das nur logisch: die Re-gierung der Expropriateure schützt einen Expropriateur...Und diese Gesellschaft wagt es, über die Sozialdemokratiezu zetern, die ihr ibr gerechtes Eigenthum rauben will; einebessere Probe von der Gerechtigkeit ihres Eigenthums hättedie Junkerschaft kaum ablegen können.—Ein Friedens-Apostel in bestem Sinne deS Wortsist der Franzose Lacaze, der sich die Aufgabe gestellt hat,die Völker, namentlich die Deutschen und Franzosen unddie Italiener und Franzosen einander näher zu bringen.Herr Lacaze, der auch in Berlin thätig war und überalldurch sein liebenswürdiges, überzeugungsvolles Auftretenden besten Eindruck gemacht hat, schickt uns nachstehendes,von ihm selbst deutsch verfaßtes Schreiben zur Verössent-lichung:Wien, Ebendorferstr. 4.An die Herren Leiter und Mitglieder der Presse in Berlin, Romund Wien und an die Herren Korrespondenten der auswärtigenPresse.Hochgeehrte Herren!Am Ende meiner eriien Kampagne im Dienste der FriedenS-bestrebungen kann ich diese nicht schöner beschließe», als indemich Ihnen voll Freude aus ganzem Herzen danke.Von keiner Friedensgesellschaft und von gar niemandem ent-sendet, halte ich nichts als guten Willen und vielleicht etwasMuth. Sie selbst haben alles das bewirkt, was ich unter Ihnenerreicht habe. Vollständig im Geiste des großen Gedankens, demich zu dienen suche, der allgemeinen Pazifikation, ganz ohneRücksicht auf die zersetzende Politik, ohne Unterschied des Landesund der Partei, haben Sie mich in vornehmer, großmülhiger,sogar freundschaftlicher Weise aufgenommen, gestützt und er-mnthigt. Meinen allerbesten Dank Ihnen und Ihren verehrtenLesern.Schon in Ihrer Mitte habe ich Ihr Versprechen erlangt, sichzu einer Liga von Denkern und Schriftstellern für den Friedenund die Gerechtigkeit zu vereinige». Besser als auf jede andereWeise werden Sie dadurch auf nieinen schwachen Rushin beweisen, daß Sie«in Dreibund zur Erhaltung des.Friedens sind.Meine Bemühungen werden jetzt dahin gehen, dieses kostbareGedankenband weiter zu knüpsen an die Geister der anderenVölker. Dies wird die nächste Aufgabe sein, für die ich schonvorher ans Ihr vereintes Zusammenwirken zähle in der Hoff-nung, daß durch Sie sich abermals ei» hochstehender und mäch-tiger Mitarbeiter und Bundesgenosse mir anschließen wird, denich mit ganzem Herzen herbeisehne.Von meinem Aufsätze:„Lernen wir uns kennen" an, welchervon Berlin seine Verbreitung nach auswärts fand, bis zu demherzlichen Empfange, den ich in Wien erlebt, nachdem ich auchdie Liebenswürdigkeit aller Parteien in Rom genossen, habenmir Ihre Werthschätzung und Ihre Sympathre siegreich be-kräftigt, daß der moralische Muth, wie bescheiden auch die Er-sahrung eines Dreißigjährigen sei, ein Echo findet in der In-telligenz Jener, die Herz und Ehrgefühl besitzen; ivie in Berlin, inRom und auch in Wien sich alles mit mir ohne Voreingenommen-heit vereinte, in der Zuneigung zu meinem Valerlande und denNamen Frankreichs begrüßte.Sie haben das edle Beispiel gegeben, die anderen Völkerwerden Ihnen folgen und bald werden wir uns wiedersehen undhoffentlich wiederfinden, alle Hand in Hand, um immer„aneiner sogleich in Angriff zu nehmenden und praktischen Aktionfür die Abrüstung der Geisler und die Solidarisirung dermateriellen Interessen unter den Völkern„nach dem Wortlauteder Beschlüsse zu arbeiten, welche ich die Ehre hatte, in IhrenHauptstädten vorzuschlagen und deren einstimmige Annahmewiederholt zu erwirken, um sie den aus Schriftstellern allerNatiauen vereinigten Kongressen zu überreichen.Nochmals tiefgesiihltesten Tank, auf baldiges Wiedersehen,mit der Versicherung ver sreundschastlichsteii und anhänglichste»Gefühle.Juli 1894. Felix Lacaze.Tie französischen Anarchistcngeseffler sind von derverdienten Strafe ereilt worden. Gestern noch die hetzendenäger, sind sie heute das gehetzte Wild. Wild? Nein—ö ter, die man, nachdem sie grimmig die Zähne gefletschtund Einen halb taub gebellt, mit Fußtritten hinwegtrcibt.Sie sind ganz widerstandsunfähig die Anarchisteugcsetzler,und mucksen sich kaum jMehr,.wenn die Peitschenhiebeauf sie heriticdcrsanseii. Gestern war es wieder sehrlebendig, als I äff» r ß S sein Amendement begründete, daSH alle korrupten und b e st o ch e n e nMinister und sonstige Beamte undPolitiker unter das Anarchi st engesetzst e l l t. Die Panamiften krümmten sich ivie Würmer.Rouvier suchte durch eme Duellfarce die Aufmerksamkeitvon seinem Panama- Gesicht abzuziehen. Aus dem Duellist aber nichts geworden— ebenso wenig, wie ans den ver-schicdenen Duellforderungen, die aus dem Dienstag-Skandalmit den Journalisten hervorgingen. Und beiläufig wärees jedenfalls besser, anständige Leute hielten sich von diesenbarbarischen Duell- Hansivurstereien fern. Wie demsei, wnm je der Ausdruck„moralische Niederlage"berechtigt war, dann'Ist er es jetzt— angewandt auf diefranzösischen Anarchistlmgesetzler und deren Mitschuldige,Helfershelfer und Handlanger in den übrigen Ländern.Und bei der moralischen Niederlage wird eS wohlkaum bleiben— das» Amendement Jaurss wurde zwarabgelehnt, aber mit 229 gegen 223 Stimmen, dasheißt mit einer Majorität von nur 6 Stimmen.Wenn Herr Duptly Ehrgefühl hätte, dann würdeer nach einem solchen„Siege" abdanken. Nun—es wird seinem Ehrgefühl wohl noch nachgeholfenwerde».Die telegraphischen Berichte über die gestrige Nach-mittags- und die heutige Vormittags-Sitzung— die Kammerhält, um fertig zu werden, jeden Tag zwei Sitzungen—lauten wie folgt:Paris, 25. Juli.(Depntirtenkammer.) Anarchistengesetz.Mehrere Zusatzartikel zu Artikel V werden nacheinander ver-worfen. Darauf wird in die Berathung des AmendementsJauröZ eingetreten, welches verlangt, daß alle Minister, Depu-tirten und Senatoren, welche Bestechungsgelder annahmenoder bei anrüchigen Finanzgeschäften betheiligt sind, alsAnarchisten bestraft werden. Jaurss verwahrt sichxdagegen, alswolle er die Diskussion vergiften, aber er wolle die moralischenFolgerungen anS den bekannten Thatsachen ziehen. Der Minister-Präsident Duptly habe offen gewisse Solidaritäten zurückgewiesen,aber für diese Erklärung bedürfe es einer Sanktion. Die Quellender Anarchie seien die in den höheren Kreisen gegebenenschlechten Beispiele.(Beifall auf der äußersten Linken.)Die Anarchisten verachten die Autorität, weil das Bei-spiel des Parlaments das Prinzip der Autorität erschütterthabe. Man müsse demgemäß Strenge gegen die wirk-lichen Urheber des Anarchismus anwenden. Jaurss führt na-mentlich die Panama-Angelegenheit an und greift Rouvier an,der erklärte, er fürchte weder das Urtheil des Parlaments nochdas der Justiz. Jaurss erinnert am Schlüsse seiner Rede daran,daß die erste Republik nicht gezögert habe, die Schuldigen zutreffen.(Beifall auf der äußersten Linken.)Deschanel führt aus, die Republikaner hätten die Unter»fuchung der Panama-Angelegenheit gefordert. Man suche jetztdie alten abgethanen Dinge wieder aufzufrischen, aber die, welchevon Panama redeten, hätten davon geträumt, Bonlanger zumStaatsoberhaupt zu machen. Ein radikales Blair habe Gambettazu Falle gebracht, Egypten den Engländern überanrrvortet undwollte Tunis den Italienern geben.(Heftiger Tumult.)Deschanel weist nacheinander die Angriffe Jaurss' und Gnesdesunter dem Beifall des Zentrums und dem Widerspruche deräußersten Linken zurück und weist nach, daß die Sozialisten dasVolk zur Revolution aufreizen und im Parlament roheSitten einführen; es würde ihnen aber niemals ge-lingen, Frankreich für sich zu gewinnen.(Beifall imZentrum.) Jourdan(radikal) fragt Deschanel, ob erRouvier als Haupt der Regierung akzeptiren würde.(Tumult.). Der Präsident ruft Jourdan zur Ordnung. Rouviererklärt, das Gericht habe ihn für unschuldig erkannt und fügthinzu, er werde auf Jonrdans Beleidigung an anderer Stellezurückkommen. Rouvier erinnert daran, daß Gambetta undFerry gleichfalls verleumdet wurden.(Heftige Unterbrechungenauf der äußersten Linken, Beifall im Zentrum.) Rouvier legtschließlich unter dem wiederholten Beifall auf allen Bänken derMajorität Rechenschaft über sein politisches Leben ab.Paris, 26. Juli.(Deputirtenkammer. Vormittagssitzung).Bei Beginn der Sitzung stellte Jaurss fest, daß dem richtig-gestellten Sitznngsprotokoll zufolge sein Amendement nur mit4(6?) Stimmen Mehrheit abgelehnt worden ist. Darauf trittdie Kammer in die Weiterberathnng des Anarchistengesetzes ein.Bei Berathung eines Amendements, durch welches die Dauerdes Gesetzes begrenzt werden soll, treten Boissty d'Anglas.Doumer und Naqnet für das Prinzip der zeitlichen Begrenzungdes Gesetzes ein. Der Justizminister Guerin und derMinisterpräsident Dupuy lehnen alle Amendements ab.welche die Giltigkeitsdauer des Gesetzes beschränken wollenund dadurch dasselbe unwirksam machen würden. Dupuysagt, wenn die Kammer das Gesetz als permanentes nicht an-nehme, so werde eine andere Regierung das Gesetz zur Aus-sührung bringen. Das Prinzip der zeitlichen Beschränkung desGesetzes wird mit 280 gegen 230 Stimmen verworfen. Goujatbegründet sodann sein Amendement, wonach das Gesetz im Falleeiner Auflösung der Kammer nicht zur Anwendung kommensolle. Dieses Amendement wird mit 313 gegen 148 Stimmenabgelehnt. Fortsetzung der Berathung Nachmittags.Clsmeneea», welcher in der gestrigen Sitzung von Deschanelin die Debatte gezogen wurde, antwortet heute xn der„Justice"mit einem sehr heftigen Artikel. Deschanel sandte infolge dessenseine Zeugen an Clvmenceau.—Amerika. Aus Chicago wird heute telegraphirt:Der Prozeß gegen D a b s und die anderen Streikführer istauf den September verschoben worden. Die Angeschuldigtenwurden gegen eine Kaution von je 7000 Dollars frei»gelassen.—Afrikanisches. Uud zwar aus dem zivilisirtenAfrika. Vor kurzem starb bekanntlich der Sultan vonMarokko— an Gift, lvie es allgemein hieß und nach derfürstlichen Laudessitte auch sehr wahrscheinlich ist. EinSohn des Todten wurde auf den Thron gesetzt— von wemweiß man nicht recht. Dieser bereist jetzt sein Reich undheute wird telegraphirt:Sultan Abd-el-Aziz ließ nach seiner Ankunft in Fez seinenBruder Muley-Omar samint dessen Uingebnna wegen Verdachtesder Theilnahm» an einer Verschwörung verhaften. Derselbescheint sich nach den letzten Nachrichten überhaupt aller seinermännlichen Verwandten entledigen zu wollen.—Z)«»rreinnlk»rick»ken.Ruf die Bemerkung der„Norddeutschen AllgemeinenZeitung", unser Vorschlag, die Reichs regierung solleeinige kalte Wasserstrahlen nach Sachsen diri-airen, sei„tendenziös",„unpatriotisch" und entbehre„jederBerechtigung", erwidert der Leipziger„Wähler":„DieBerechtigung zu kalten Wasserstrahlen könnte die Reichsregierungschon aus der sehr anfechtbaren Anwendung des„Groben Unfug»Paragraphen" des Reichs-Strafgesetzbuches gegen den Boykottüberhaupt, speziell aber aus dessen einseitiger Anwendung, dieanderer Boykott freiläßt und nur den sozialdemokratischen be-straft, herleiten. Was den Patriotismus anlangt, nun, so er-fordert der wahre Patrotisinns. der mit dem Prozent-Patriotismus und der patrikularistischen Eifersüchtelei nichtszu thun hat, daß Reichsgesetze im ganzen Reich gleichaehandhabt werden und daß dort von Rechts wegenWandel geschafft wird, wo man von dieser Regel abweicht.Die sächsische Praxis in der Anwendung partikularer sotviereichsgesetzlicher Vorschriften ruft Verwunderung in alle»übrigen deutschen Staaten sowie über deren Grenzen hinaushervor, es kann also nicht davon die Rede sein, daß der„Vorwärts" tendenziös die sächsischen Berhältniffe besprochenhabe."Im übrigen hat der„Wähler" garnichts dagegen, wenn dieReichSregierung die sächsische Polizeipraktik sich ans der schiefenEbene weiter fortbewegen läßt, denn unsere Partei ginge sonst„des Ansporn? verlustig, den das behördliche Vorgehen gegendie Sozialdemokratie für gleichgiltige Gemüther hat. So mancherPhilister wird von dem jetzigen polizeilichen Vorgehen mit betroffenund verfällt in eine Erregung gegen diese Praxis, die man der-artigen Elementen nie zugetraut hätte".»«•Bon der Agitation, lieber das weimarische Landtags-und Konununal- Wahlgesetz sprach August Baude rt ausApolda in einer gut besuchten Volksversammlung in Allstedt.Die Versanmilung faßte eine Resolution, worin die Verbesserung