Nr. 31/32. 36. Jabry.
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Telegramm- dreffe
.Sozialbemotrat Berita.
Vorwärts
Berliner Volksblatt.
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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutfchlands.
Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morinplay, Mr. 15190-15197.
Sonnabend, den 18. Januar 1919.
Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morigplat, Mr. 117 53-54.
für die Lifte Wiffell, überall für die Liften der Sozialdemokratifchen Partei!
Genoffen, Genoffinnen!
Die Zukunft der Republik und des Sozialismus ftebt nicht bei Splittern und Trümmern, fondern nur bei der
großen, alten, einigen deutfchen Sozialdemokratie! Helft Helft ihr zum Sieg!
zur Nationalversammlung.
Die Nationalversammlung, die morgen gewählt wird, ist ein Kind der Revolution, der 9. November ist ihr Geburtstag. Als an jenem Tage das Volk durch den Uebergang der Truppen zu ihm einen unblutigen Sieg errungen, Scheide mann vom Balkon des Reichstags die Republik ausgerufen hatte, schnürte der Kanzler der zwischenrevolutionären Epoche, Brinz Mar von Baden, sein Bündel und übertrug die Geschäfte der Reichskanzlei unserem Genossen Friz Ebert, dem Vorfizenden der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion. Das war kein willkürlicher Einfall, sondern ein notwendiger geschichtlicher Vorgang.
Vor dem Krieg und während des Krieges war die Macht der Sozialdemokratie unaufhörlich gewachsen, und die faft unblutige Novemberrevolution war mur der Ausdrud eines historischen Reifeprozesses. Ueberall erkannte man: die Lage war so geworden, daß nur noch die Sozialdemokratie fie meistern fonnte.
Ebert berief fofort Scheidemann und Landsberg mit in die Regierung und erließ gemeinsam mit ihnen fofort ein Manifest, das die Wahl einer NationalverfammIung auf Grund des freieſten Wahlrechts der Welt an fündigte. Die drei Männer bandelten damit im Sinne des fozialdemokratischen Programms von Erfurt ,
in dem das demokratische Selbstbestimmungsrecht des Boltes als oberster Grundsatz der sozialdemokratischen Politik festgelegt ist.
Wir sind überzeugte Sozialisten.
Feinbin jeglichen Gewissenszwangs. In diesem Sinne gedenkt sie das Verhältnis zwischen
Staat und Kirche
so zu ordnen, daß jeder Teil frei und unabhängig dasteht. Wir wollen Duldsamkeit üben und fordern Duldsamkeit! Und auch hier wollen wir nicht nur Altes zerschlagen, sondern Neues aufbauen, auf das unser Volk vor allen anderen Völkern der Welt mit Stolz hinweisen kann.
Was heißt das? Wir find davon überzeugt, daß die fapitalistische Ordnung, die wenige zu Herren über den gesamten Wirtschaftsprozeß macht, abgelöst werden wird durch die sozialistische, die die gesamte Volkswirtschaft nach den Interessen der Allgemeinheit umgestalten und damit das Bolf zu einer höheren Stufe des Wohlstandes und der Kultur emporführen wird. Wir hassen nicht den einzelnen Kapitaliften, aber mir bekämpfen das System des Kapitalismus, Dies aber ist das Biel unseres allgemeinen Ehrgeizes. wir wollen nicht finnlos zerstören, werden aber auch nicht Wir wollen der Welt zeigen, daß in dem deutschen Volk dulden, daß sich das Privateigentum an Produktionsmitteln neue schöpferische Kräfte vorhanden sind, die der auf dem Weg zu erkannten Zielen des Gemeinwohls als un- äußeren Niederlage trogen und ihr die innere unüberwindübersteigbare Schranke anstürmt. Wir sind uns dabei voll- lichkeit unseres Bolfsgeistes vor Augen führen. Das kann fommen dessen bewußt, daß die Reorganisierung der Volks- teine bürgerliche Partei, die aus veralteten Ge wirtschaft ein ungeheures Unternehmen ist, das uns mit der danfengängen veraltete Systeme wieder aufbaut, das fann schwersten Verantwortung belastet und das zu seiner Voll- nur die Sozialdemokratie, die kühn und überendung Beit und Ueberlegung braucht. Wir reiten nicht das legend zugleich ihr Schiff vorwärts zu neuen Ufern lenkt. Stedenpferd eines Brinzipienreiters: auch der Sozialismus Alle, die sich im großen Sinne des Worts als Arbeiter, tätige ist nicht Selbstzwed, er ist nur ein Mittel, dem Boll zu nüßen, Glieder unserer schaffenden Bolksgemeinschaft fühlen, alle er fann sich nur dann durchsetzen, wenn er fichtlich und fühl auch, die in der schwersten Zeit unseres Volts das allgemeine bar dem Wohl des Volkes dient. Wir find die Vertreter des Interesse über beschränkte Sonderinteressen stellen, Männer wissenschaftlichen Sozialismus gegenüber einem dilet- und Frauen, müssen morgen an die Urne treten und tantischen Sozialismus, der nicht bedenkt, daß sich alle Eingriffe in das Wirtschaftsleben dem augenblicklichen Zustand Sozialdemokratisch wählen! ber Gesellschaft anpassen müssen. Der Sozialist, der in fünf Minuten alles sozialisieren will, gleicht dem Kurpfuscher, der Wahlmaskerade. darauf losschneidet ohne zu fragen, ob der Zustand des Kranfen die Operation gestattet, oder dem Minde, das im Januar müßte eine herrliche Ernte ergeben. Saatforn auf ungepflügtes Band wirft in der Meinung, das
Heißt das etwa auf die Biele des Sozialismus berHatte die Sozialdemokratie schon in jahrzehntelangem und durchführen, was frampfhaftes ungestüm nur verderben Hatte die Sozialdemokratie schon in jahrzehntelangem sichten! Nein, es heißt, überlegend, methodisch vorbereiten Stampfe- man man denke nur an die schweren preußischen Wahl- tann. Es heißt, rechtsfämpfelden Widerstand, gegen das demokratische
Die bürgerlichen Parteien einft und jetzt. Kein Mensch( um nicht einen andern, militärischen Ausdruck zu gebrauchen) tennt sich mehr mit den bürgerlichen Parteien aus. An allen Mauern fleben Blafate: Wählt die deutschnationale Boltspartei", die Deutschen Demokraten!" Niemand weiß genau, Bollspartei!" Wählt die deutsche Bollspartei! Die chriftliche
was das ist.
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Im alten Reichstag gab es einen Haufen bürgerlicher Parteien, Brinzip gebrochen, so verteidigte fie es iegt auch erfolgreich bie Jntereffen des arbeitenden Volkes wahrnehmen, beren Ramen dem politisch Unterrichteten bekannt waren. gegen die anarchistelnden Strömungen von links. Gin die nur durch den gründlichen Umbau gefördert werden waren dies: die Konservativen, die beutsche Reichspartei, bas BenRegierungsbeschluß, der von den Unabhängigen mitgefaßt tönnen, während unbedachter Dilettantismus das Boll in trum, die Rationalliberalen und die Fortschrittliche Volkspartei . wurde, verkündete, daß hinfort alle Wahlen auf Grund des noch tieferes Elend hinabzustoßen droht. Was sind nun die neuen Parteien? Gar nichts anderes als allgemeinen, gleichen, direkten Wahlrechts aller über 20 Jahre Wenn sich die Sozialdemokratie die Partei des arbeiten- bie alten Barteien, neugeklebt und frisch aufladiert. alten Männer und Frauen auf Grund des Verhältnis den Bolles nennt, so ist damit selbstverständlich nicht gemeint, Die Konservativen haben sich mit den Reichspartellern und systems zu erfolgen hätten. Auf dem Stongreß der A.- und S. daß fie nur die Interessen der Sandarbeiter vertreten bem reaktionärsten Teil der Nationalliberalen verbunden und Räte jezte die Mehrheits- Sozialdemokratie mit 400 gegen will. Zu den schönsten Zügen der deutschen Arbeiterbewegung nennen fich jetzt: Deutsch nationale Boltspartei". 50 Stimmen durch, daß die Wahlen zur Nationalversammlung gehört seit je der Respekt vor der geistigen Arbeit. Jeder Deutschnationale Volkspartei ist also das, was man bordem als zum frühest möglichen Termin, nämlich am 19. Januar vorwirkliche Sozialdemokrat weiß, daß nicht nur der Werte Junker, Reaktionäre, Alldeutsche, Vaterlandsparteiler und Scharfzumehmen seien. schafft, der hinter der Maschine steht und hinter dem Pfluge macher bezeichnete. geht, sondern auch der, der durch die Arbeit seines Gehirns die Produktion der Muskelkraft vervielfältigt und dauernde Werte schafft.
Aus dem Gesagten geht unztveideutig hervor: 1. Die Sozialdemokratie hat dem Volke das Selbstbestim. mungsrecht erkämpft, das es morgen ausüben wird. 2. Wenn morgen die Frauen zum erstenmal als gleich berechtinte Mitmenschen und Mitbürger an die Wahlurne treten, so verdanken sie das gleichfalls einzig und allein den Sozialdemokraten.
Wer morgen gegen die Sozialdemokratie stimmt, der stimmt damit gegen die Partei, der er es verdankt, daß er überhaupt wählen kann!
Indes gibt es bestimmte Schichten der Bevölkerung, die ihrer gesellschaftlichen Natur nach dazu bestimmt sind, antifozialdemokratisch zu wählen, sofern fie fich von ihren Rlaiseninteressen und nicht von Allgemeininteressen leiten laffen. Das find die
Die Beamten und Angestellten follen nicht mehr dem Geldsad, sondern dem Staat und der Volkswirtschaft dienen zum Wohl des Ganzen, fie sollen freie Staatsbürger sein und für ihre Arbeit einen Entgelt finden, der sie vor Not und Sorge schützt! Dafür einzutreten, ist die Sozialdemokratie aus ihrem innersten Wesen heraus verpflichtet. Ein ganz besonders enges Band verbindet die Sozialdemokratie
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mit dem Lehrerftande.
Eine Partei, die alle ihre Zukunftshoffnungen auf die wachsende Volksbildung stellt, kann den Beruf des Volkserziehers nicht hoch genug achten. Seine Befreiung aus den Kapitalisten und Großgrundbefizer. geistigen Schnürstiefeln einer veralteten Ordnung gibt ihm Wenn von diesen einer oder der andere für die Sozial- neue Würde und neuen gesellschaftlichen Rang. Und so wenig demokratie stimmt, so tut er in dem Bewußtsein, daß er damit wir unsere Kinder selbst hungern laffen wollen, so wenig gegen die Interessen seines Geldbeutels bandelt. Die große fönnen wir wünschen, daß jene hungern sollen, denen wir Maffe von ihnen ist aber antisozialistisch aus dem naiven und unsere Kinder zur Lehre und Erziehung anvertrauen. gründlich falschen Glauben heraus, daß ihre Interessen auch Die Schule muß dem ganzen Volfe gehören, fie darf die der Allgemeinheit sind. Die fapitalistische Gefell nicht im Dienft einzelner hensaemeinichaften stehen. Ichafsordnung trägt aber letten Endes an dem un- Den Eltern muß es überlaffen bleiben, in welcher Weltgebeuren Elend schuld, dem wir verfallen find: die Anarchie anschauma ibre finder erzogen werden sollen, die Glaubens ber Weltwirtschaft erzeugte jene Anarchie der auswärtigen gemeinschaften follen dazu alle Mäglichkeiten offen balten Bolitik, die schließlich zum Weltkrieg führte. Wären wir es aber nicht durch Awang bestimmte Wege vorschreiben. Die nicht schon längst gewefen, der Krieg bätte uns ganz bestimmt Sozialdemokratie ist keine Feindin irgend zu dem gemacht, was wir find, einer religiösen Ueberzeugung, fie ist nur eine
Ein Teilchen der Nationalliberalen, das weber rechts noch links Anschluß gefunden hat, ist in der Mitte hängen geblieben und nennt sich jetzt ganz ftola: Deutsche Vol! spartei". Führer ift Herr Stresemann , der wegen der allau wüsten alldeutschen Indianertänze, die er während des Krieges aufführte, nicht einmal bei den Deutschen Demokraten" ankommen fonnte.
. Die Deutsche Demokratische Partei" ist nichts anderes als die Fortschrittliche Volkspartei " plus einigen Nationalliberalen. Ihre Gründer wollten eine ehrlich demokratische Partei aus ihr machen, saben sich aber schließlich gezwungen, Elemente in fie aufzunehmen, die sie am liebsten der Deutschnationalen Volkspartei " gratis abgegeben hätten. Vor allem hat sich das mobile Sapital unter die schüßenden Fittiche dieser Bartei geflüchtet, die damit in Gefahr geraten ist, aus einer wenigstens ehrlich bürgerlich- demokratischen Bartei, wie ihre Gründer sie wollten, zu einer bloßen Geldsackpartei zu werden.
Die Christliche Boltspartei" schließlich ist weiter nichts als als das alte Zentrum, das jetzt auch in evangelische Kreise Eingang zu finden sucht.
Warum haben alle diese Parteien ihre Namen geändert, ob wohl sie im Grunde doch diefelben geblieben find? Sie haben es deshalb getan, weil sie sich mit theem alten Namen gar nicht mehr vor die Wähler trauten. Nimmt man noch die Unabhängigen hinzu, die gleichfalls Kriegsware find, so findet man, daß es eine einzige Partei gibt, die fich ihres alten Namens nicht zu schämen braucht, die an dem großen politischen Maskenball nicht tellnimmt, fondern offen ihr Gesicht zeigt. Das ist die Sozialdemo tratie. Die andern sind Bässerlein, die unter verschiedenen Namen bald auftauchen und wieber versinnen. Ste ist ber Strom, der bleibt und wächst