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Nr. 46. 36. Jahrg.

Bezugspreis:

Bierteljährl. 6.75 M monatl. 2,25

frei ins Haus vorauszahlbar. Einzelne Summern 10 Bfennig. Bostbezug: Monatlich 2.25 Mt., erfL Bustellungs­gebühr. Unter Areu band für Deutsch land u. Defterreich- Ungarn 6,50 Wt. für das übrige Ausland 9.50 ML., bei täglich einmaliger Zustellung 7.50 Boltbeitellungen nehmen an Däne mari, Holland , Luremburg, Schwebex und die Schweiz . Eingetragen in die Bolt Rettungs- reisliste. Der Bermarts" ericheint wochentäglich zweimal Sonntag: einmal

Telegramm- Adresse:

.Eszialbemstrat Berlin,

Abend- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

10 Pfennig

Anzeigenpreis:

Die achtgespaltene stonpareillezetle fottet 80 Bfg. Kleine Anzeigen", bas fettgebrudte Bori 40 Big. Auläfftg 2 fettgedruckte Borte), redes weitere Bort 20 fg. Stellengeiuche und Schlafftellenanzeigen das erite Wort 20 Big., jedes weitere Wort 15 Bfg Borte über 15 Buchitaben zählen für zoer Bortc. Teuerungszuschlag 60% Familien- Anzeigen, volitische und gewerfichaitliche Vereins Anzeigen 80 Bfg. Die Seile. Anzeigen für die nachite Nummer müssen bis 5 hr nachmittags um bauptgeschäft. Berlin SB.68. Vindenitrage&, abaegeben werden. Scöffnet von 9 lbr früh bis 6 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3.

Fernsprecher: Amt Morinplay, Nr. 15190-15197.

Sonnabend, den 25. Januar 1919. Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3.

Fernsprecher: Amt Moritplat, Nr. 117 53-54.

Staatenkonferenz zur Reichsverfaffung.

Unter dem Borfiz beris lagt gegenwärtig im Reichskansler Die sozialdemokratischen Kandidatenlisten

baus die Ronferenz der Reichsleitung mit den Bertretern der Eingelstaaten, die sich über die neue Reichsverfaffung felüssig machen soll. Etwa an 100 Bertreter find anwesend.

Die Discussion wurde vom Staatssekretär des Innern Preuß eingeleitet, der sich zunächst auf den ersten Teil des Entwurfs, die Frage der Aufteilung Breukens und der Zusammenlegung ber Heineren Bundesstaaten beschränkte. Der Widerstand gegen die Beseitigung der Hegemonie Preußens liegt lediglich im Interesse der Vorfämpfer des alten monarchischen Regiments. Das Bafieren auf alter, historisch gewordenen Hausmächten sei reaktionär, bie Republi fönne an diesen alten Gebilden nicht festhalten. Die Disfuifion jei durch die Mahlagitation vom Sachlichen abgelenkt, und die Demstrafen, das Bünglein an der Wage", hätten sich sffenbar von einer gewissen Wahlangst, hervorgerufen durch die Angriffe der Ronservativen, beeinflussen lassen.

"

Sirih( Preußen) erkennt an, daß das Reich einheit Itcher gestübt werden müsse und versteht die beabsichtigte Steue gruppierung, diese gehe aber auf Roften Preußens zugunsten ber füddeutschen Staaten zu weit.

Eisner( Bayern ) brachte in angeblichem Einverständnis mit anderen Bundesstaaten den Entwurf eines Rotgesete's ein, bas nach seiner Meinung die ganze Diskussion überflüssig machen falle. Es handelt fich babei um eine Art Rahmengeses.

Ebert wies Eisners Antrag, als der Zuständigfeit der National­ versammlung vorgreifend, zurüd. Eisners Borstoß, der sielfach ale Absicht der Sabotierung aufgefaßt wurde, mißlang. Die Verhand­fungen dauern fort.

Die Heimkehr der deutschen Gefangenen.

Dem heutigen Bericht der Baffenstilstandskommission ente xehmen wir:.

Die alliierten Rommissionen überreichen die deutscherseits geforderte Mitteilung über ihre Stellungnahme zur Südfebr ber.beutschen Ariegs- und Zivilgefangenen. Borsigenden der alliierten Waffenstillstandsfommiffionen erklären Berin übereinstimmend, daß nur die interalliierten Regierungen über den allgemeinen Rüdtransport der deutschen Gefangenen zu entscheiden haben. Dagegen werde der Borsigende der französischen Baffenstillstandskommission aufs nachdrüdlichste vorschlagen, die Beutschen Verwundeten und Kranten so schnell wie möglich heim gufaffent. Die alliierten Rommissionen feien auch bereit, die von der deutschen Rommission gewünschte Siste jämtlicher Kriegsgefangenen von ihren Regierungen einzufordern. Die deutsche Waffenstillstandskommission bemerkt, die Richt­seledigung der Gefangenenfrage fei unvereinbar mit dem Geist des Waffenstillstandsabkommens. Es sei unerhört, daß bei folchem Dauerwaffenstillstand, während dessen tein Mensch an eine Fortfehung des Rrieges mehr denkt, deutsche Gefangene auf un­Bestimmte Zeit in Gefangenschaft gehalten werden. Die deutsche Rommission hoffe bestimmt, daß die Entscheidung der alliierten Re­gierungen sich nicht nur auf die franten und verwundeten Gefange­

xen beziehen werde..

für Groß- Berlin.

Hirsch, Baul Hanna, Gertrud Lüdemann. Hermann Brunner, Louis Fischer , Theodor Heller . Gustav

Dr. Heinemann, Hugo Cunow, Heinrigh Frant, Dits Boeksch, Hugs Fröhlich, Alexander

Berlin:

Kohn, Albert Hübner, Oskar Dittmer, Emil Mattern, Fris Ridelt, Gustav Thurau, Wilhelm Brolat, Friz Kähler, Wilhelmine Klingler, Karl Zucht, Leonhard

Teltow Beeskow :

Otto Hue , Arbeiterfekretär. Friedrich Bartels, Parteiiefretär. Emil Wusky, Geweifschaftssekretär. Frau Luise Kähler, Haus angestellte. Georg Schmidt, Gärtner.

Heinrich Jaekel, Zimmermann. Alfred Scholz, Redafieur.

Franz Gutschmidt, Genossenschaftsangestellter. Kaspar Wenzel, Staufmännischer Angestellter. August Gebert, Getvert afisangeftelter. Fratt Gertrud Lodahl.

Dr. Bruns Borchardt, Schriftsteller. Frau Gertrud David , Schriftstellerin.

Riederbarnim.

Conrad Harnisch, Schriftsteller. Mag Vieth, Metallarbeiter.

Willi Jahnke, Mecaniler.

Bernhard Bruns, Stadtverordneter.

Friedrich Beinfämpen, Gewerkschaftsbeamter. Wilhelm Siering , Gewertschaftssekretär. Hermann Müller, Baiteisekretär. Adolf Wuschick, Metallarbeiter.

Karl Hekschold, Gewerkichaftsangestellter. Anna Simon, Sekretärin.

Gustav Fieli, Konsumangestellter. Aleg Sailer, Arbeiterfekretär.

Karl Briefert, Gewerkschaftsbeamter. Bhilipp Zopf, Buchdrucker. Richard Schulz, Zigarrenmacher.

Keine Einziehungen!

Lügenpropaganda der Unabhängigen.

Wie uns von den verschiebensten Seiten berichtet wird, stellen bie Unabhängigen in ihren Wahlversammlungen die Behauptung auf, es sollten in nächster Zeit alle wehrfähigen Männer bis zu 35 Jahren eingezogen werben; zahlreiche Aufforderungen zum Einrüden seien bereits ergangen.

General tubant entgegnet, die Verlängerung des Waffen- Wir können autoritativ erklären, bak diese Behauptungen stilstandes sei nötig geworten, weil Deutschland seinen Verpflich reiner Unsinn find, plumper Wahlschwindel von Leuten, tungen nicht rechtzeitig na gelommen sei. Der Vor- die sich anders nicht mehr retten zu können glauben. fizende der deutschen Waffenstillstandskommission in Spaa, General son Winterfeldt, erklärt, er habe vom ersten Tage an darauf hinge­wiesen, daß die Teutschland auferlegten Bedingungen nicht voll er­füllt werden könnten, da sie Unmögliches verlangten.

Staatssekretär Ersberger bat ein Telegramm an den General v. Winterfeldt gerichtet, in welchem er ihn unter Bus stimmung der Reichsleitung bringend bittet, sein schweres Amt weitersuführen.

Arbeitslosenkundgebung in Wien .

Wien , 25. Januar. ( Eigener Drahtbericht des Borwärts".) Jm Zirkus Schumann und in seiner Umgebung fand gestern nach mittag eine große Arbeitslosenbersammlung statt. Es wurden heftige Reben gehalten, in denen eine Tagesunterstübung von min­destens 15 Kronen gefordert wurde. Wenn sie nicht gewährt würde, to würden die Arbeitslosen von Balais zu Balais ziehen und sie fich holen. Eine Straßendemonftration schloß sich an die Ver­fammlung nicht an.

Ein Protest

Uns geht folgende Mitteilung zu:

Die Vertrauensleute der M. A.-G.( Reuen Autom.- Gesellschaft) protestie en auf das entschiedenste gegen bas Borgehen einiger Mitglieber des Betriebsausschusses, die ohne Anhörung der Ar beiterschaft mit ber Direfiisn über die Stillegung des Betriebes anläglich der heutigen Demonstration berhandelten. Die Forde rung ist feineswegs von der Arbeiterschaft erhoben worden; fte wurde ungefragt bor die vollendete Tatsache geftelt.

Arbeitsbeschaffung.

Den neu geschaffenen Bentralbehörden, besonders dem Reichs­arbeitsamt und dem Reichswirtschaftsamt, gehen zahlloje Gesuche und Eingaben aller Art, insbesondere um n ftellung und Beschaffung von Arbeit, zu. Schnelle Erledigung der artiger Gesuche ist aber nur möglich, wenn jede Eingabe von vorn­herein an die richtige Stelle geleitet wird. Anbernfalls entstehen starte Berzögerungen und die Behörden werden zwecklos überlastet. Daher fei barauf hingewiesen, daß insbesondere folgende Behörden zuständig find:

1. Zur Vermittlung von Arbeitsfräften jeder Arbeitsnachweis, also nicht das Reichsarbeitsamt. Ein und dieselbe Anfrage ist stets nur an einen bestimmten Arbeitsnadjeis zu richten. Sonst entstehen Doppelmeldungen und fich freugende Anordnungen.

2. Zur Freigabe von Rohstoffen die Kriegsrohstoffabteilung, Berlin , Berlängerte Hebemannstr. 10.

3. Für die Bergebung von Aufträgen bie bisherigen militas rischen und bürgerlichen Beschaffungsstellen, die Auskünfte über Umftellungsmöglichkeiten auf Friebensaufträge vermitteln.

Die jüngsten Wähler.

wählen, bir nach dem 19. Januar 20 Jahre alt gewerben find und Am Sonntag fönnen auch alle deutschen Männer und Frauen bis zum 26. b. m. das 20. Lebensjahr vollendet haben. Für diese jungen Wähler sind besondere Nachträge angefertigt worden, worauf die Wahlvorstände und Wähler usw. achten müffex.

Morgen Preußenwahl!

Morgen wählt Breußen seine erste Vertretung auf Grund des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts aller Männer und Frauen. Hätten wir nicht in der letzten Zeit so Ungeheures erlebt, wir würden erschüttert und freu big bewegt vor dieser einen Tatsache stehen. Noch vor drei Monaten man glaubt es faum, so unwahrscheinlich flingt. es gab es in Preußen ein Dreiflaffenhaus und ein Herrenhaus. Sie sind verschwunden, so gründlich verschwun den, daß selbst ein Phantast an ihre Wiederkehr nicht denken fann. Es hat einmal Höhlenbären gegeben und noch früher Mastodonten und Plesiosaurier, so hat es früher einmal ein preußisches Dreiflaffenhaus und ein preußisches Herrenhaus gegeben, sie fommen nicht mehr wieder, ihre Zeit ist vorbei!

Begreift man die Unmöglichkeit ihrer Wiederkehr, so versteht man erst die Größe des Fortschritts und die Notwen digkeit der Revolution. Die Junker find es gewesen, die die Revolution, so wie sie gekommen ist, notwendig gemacht haben durch die bornierte Politik des Kastenhochmuts, die sie nach außen wie nach innen trieben. Durch eine vernünftige Politik hätte sich wohl nicht die Demokratisierung Deutschlands berhindern lassen. im Gegenteil hätte sie selbst diese Demo­fratifierung durchführen müssen, aber auf dem Weg zu dem unvermeidlichen Ziel, wie viel Blut und Glend hätte da gespart werden können! Die helle Wut fann einen paden, wenn jetzt die unverbesserlichen Volksbetrüger von der Deutschnationalen Bolkspartei" Krokodilstränen bergießen über Schande und Schaden des Zusammenbruchs, den sie doch felbft mit unerbittlich lückenloser Folgerichtigkeit herbeigeführt haben.

Dem fünftigen Geschichtsschreiber wird es völlig klar werden, daß ein Staat, der sich noch zu Anfang des 20. Jahr­hunderts von der Junkerkafte regieren ließ, dem Untergang nicht entrinnen fonnte. Aber ganz faffen wird es wohl eine spätere Generation niemals, daß diese Kaste auf ihren poli­tischen Privilegien noch fefthoden konnte, als das Reich mäh­lich schon aus den Fugen geriet. Selbst Wilhelm II. und seine Minister alle hatten begriffen, daß das preußische Dreiklassen­wahlrecht fallen müßte, wenn Deutschland und sie mit ihm leben sollte. Die Junker begriffen es nicht, und der ver­brecherische Kampf, den sie gegen die Wahlreform führten, hat mehr zu den gewaltsamen Formen der Umwälzung bei­getragen als irgendein Umsturzagent". Durch ihr Treiben war die bestehende Ordnung moralisch isoliert, fein anstän­diger Mensch konnte sich für sie einfeßen, sie vor Umsturg schüßen. Diese Junkerpolitik, die draußen das Völkerrecht torpedierte und drinnen das Boltsrecht fabotierte, hat den Zu sammenbruch herbeigeführt.

Mag geschehen, was wolle: diese Beute haben kein Recht, Anklage zu erheben. Wenn sie zetern und höhnen über man­ches neue Unheil, das aus Verzweiflung und Unüberlegtheit entstanden ist, so muß man ihnen zurufen: Wer hat denn diese Verzweiflung geschaffen? hr, ihr habt es getan! Wenn Deutschland geschlagen einem unglücklichen Frieden entgegen­geht, wenn alles in Trümmer fällt, wenn breite Massen friegsverderbt, desorientiert und demoralisiert sind, wenn die Arbeitslosigkeit, die Hungersnot grassiert und die Neigung zu Gewalttätigkeit überhand nimmt dies alles ist euer Werk. Es ist die Folge eures Systems, das zusammengefract ist, weil es zusammenfrachen mußte. Leichen, Scherben, Trüm­mer, es ist alles euer, euer Werk!"

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Uns ist die Aufgabe zugefallen, aus diesem Bankerott noch soviel zu retten, um daraus für die Zukunft einen neuen bescheidenen Wohlstand zu zimmern. Wir wissen sehr gut, wie schwer diese Aufgabe ist und daß bei ihrer Lösung Fehler nicht zu vermeiden sind. Aber unerträglich ist's, wenn die Banke rotteure von gestern sich als die Kritiker und Besserwisser vor heute geberden, wenn sie sich als die Volfsretter aufspielen und um die Stimmen derer werben, denen sie jahrelang das gleiche Staatsbürgerrecht verweigert haben!

Wahlrechtsverweigerer waren jahrzehntelang diejenigen Barteien, die sich heute die Bolksparteien" nennen: die Deutschnationale", die Deutsche " und die Christliche".

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Aber auch die, die sich heute stolz Deutsche Demokraten" nennen, haben verdammt wenig dazu getan, sich diesen Namen zu verdienen. Nicht sie sind es gewefen, die die Fahne des allgemeinen, gleichen Wahlrechts aufpflanzten, sondern es war allezeit die Sozialdemokratie, von Lassalles Reiten an­aefangen. Die Sozialdemokratie war die Borkämpferin der deutschen und der preußischen Demokratie.

Gerade barum ist uns aber auch die Verirruna jener un begreiflich, die das, worum wir inbrachntelana heiß gerungen haben, preisgeben möchten einer Utobie zuliebe! Es gibt feinen anderen Weg zum Sozialismus als den über die Demokratie!