Einzelbild herunterladen
 

Nr. 125+36. Jahrgang

Groß- Berlin

2. Beilage des Vorwärts

Die S. P. D.- Arbeiterräte Groß- Berlins werben bringend ersucht, in der Fraktionsfisung im Blenartigungs­faale des Herrenhaufes am Montag, den 10. März, um 4 Uhr teil. Der Fraktionsvorstand. B. Haase.

zunehmen.

Parteifunktionäre und Betriebsvertrauensleute der S. P. D. Groß- Berlin. Dienstag, den 11. März, nachmittags 5 hr, in den Kammersälen, Teltower Str. 1-3, Ede Bellealliancestraße, Funktionärkonferenz der S. P. D.

Die Parteifunktionäre der 48 Berliner Abteilungen und der angrenzenden Ortsvereine sowie sämtliche Arbeiterräte und Betriebsvertrauensleute einschließlich der Vertrauens­leute der Beamten und Angestellten, die auf dem Boden der Sozialdemokratischen Partei stehen, müssen vollzählig au­wesend sein.

Mitgliedsbuch und Ausweiskarte legitimiert.

Der Bezirksvorstand.

wir

Zahllose Zuschriften und gemeindliche Lebensmittelbenachrichtigungen konnten wegen des Streits usw. nidjt bringen; ihre nachträgliche Beröffent lichung ist bei dem täglichen Riesenandrang an allgemein wich. tigem Stoff unmöglich.

Die Fraktionen im Rathaus. Deutide demotratiide rattion": Borfigender Caſſel, Stellvertreter Mommien, Schriftführer Braun, Beifizerin Tignes Herrmann, Die von der Deutschnationalen Partei, der Christlichen und Deutschen Vollspartei gewählten Berliner Stadt verordneten haben eine Bürgerliche( also nicht Freie") Ber­einigung gebildet. Borsigender Koch, Stellvertreter Lamerich und Benede, Schriftführer Walther. Die sozialdemokratische Fraktion hat ihren bieherigen Borstand: Heimann, Bruns, Roblenzer wieder und Frau Kuhlide neu hinzugewählt. Frattion der Unabhängigen: Borstand Weyl, Hinge, Dr. Rosenfeld, Frau Wurm und Frau Gerndt.

-

Sonntag, 9. März 1919

gebäude verhaftet worden sind, ohne daß ihnen die Berübung von zunächst unverrichteter Sache nach Hause gefdyidt und für einen Gewalttätigkeiten nachzuweisen war, au verantworten. Die gegen späteren Tag wieder hinbestellt zu werden, und auch dann noch fie erlannten Strafen bewegten sich in den Grenzen von 6 Monaten vielleicht stoei, böchstens drei Stunden Zeit zu versäumen.- Die bis 1 Jahr Gefängnis unter Anrechnung der Untersuchungshaft. Buschrift behauptet, bak dies fich in Anbetracht der an einem Tag Giner dieser Angeklagten, der Schloffer Otto Diener, batte feine abgufertigenden Mannschaften beim besten Willen nicht ändern Anklage, sondern nur eine Vorladung zum Termin erhalten, der lägt. Wermehrung der Entlassungsstellen verbiete fich, weil es an daß er mit der ganzen Angelegenheit nicht das geringste zu tun habe. ten auf die Entlassungsstellen nötig würde. Diese Erwiderung er Folge leiften mußte, obwohl er überzeugend nadveifen konnte, eingearbeitetem Berfonal fehle und Neuverteilung der Mannschaf Auch der Verteidiger erflärte, daß diefer angeklagte nicht mit dem wird diejenigen, die unter den Nebelftänden leiden, schwerlich Schlosser Otto Diener identisch sei, der ihn zum Verteidiger ge- trösten. nommen und sich auf freiem Fuße befinde. Es stellte sich dann heraus, baß offenbar der Briefträger die Terminsborladung fälsch lich zu der Wohnung des ihm persönlich bekannten Angeflagten ge leitet hatte. Bei dieser Sachlage blieb dem Gerichtshof nichts übrig, als letzterem sein Bedauern über das stattgehabte Versehen aus aufprechen und ihn fofort aus der Reihe der Angeklagten zu ent­lassen. Der wirkliche Angeklagte Otto Diener wurde bann zu einem

neuen Termin vorgeladen.

Alberne Gerüchte.

Es werden Gerüchte verbreitet, daß die Feuerwehrfahrzeuge zur Munitionsbeförderung verwendet werden. Diese Gerüchte finh durchaus unbegründet. Die Feuerwehrfahrzeuge werden nur zum Transport von Verwundeten und Toten zur Verfügung gestellt.

Reine Gefangenen entwichen. Die B. 3 am Mittag" bradite gestern die Mitteilung, wonach aus dem Gefangenenlager Ruh­leben 5000 Russen entivichen seien. Wie uns von der Verwaltung mitgeteilt wird, ist an der Meldung lein wahres Wort.

Ein Notschrei unserer Kinder.

Man schreibt uns:

Es ist unbegreiflich, wie man Kinder bei ben rationierten Nah rungsmengen 5-6 Stunden an die Schulbant feffein und dazu noch mit 2-8 Stunden Hausaufgaben belaften fann. Wenn auch anzunehmen ist, daß nur wenige Minder höherer Schulen auf die Rationierung angewiesen sind, so hat doch niemand ein Recht, auch wenn nur ein einziges Kind in Frage fame, die staatlicherfeits auge sicherte Ernährung außeracht zu laffen. Es gibt aber tatsächlich auch unter den Kindern höherer Schulen solche, die ganz oder faft ganz auf die rationierte Nahrung angewiesen sind. Unter dem alten Regiment trat der Wucher mit Auslandsware" nicht so un­verschämt hervor wie heute. Dabei geht der Handel zu Bucher­preifen jezi in aller Oeffentlichkeit vor sich, die Scham ist zu den Hunden entflohen!

Die Zuderrationen sollen demnächst herabgesetzt werden. Das bei lann man faft in jedem dritten Schaufenster hohe Gläfer, ja felbft Körbe mit Bonbons sehen und in Anzeigen werden fie gentner weise angeboten. Wenn schon erlaubt sein soll, Bonbons und an­auf Bebensmittellarten ab und gebe benen, die feine taufen bere Zuckerwaren herzustellen, dann gebe man fie wenigstens nur wollen, die entsprechende Menge 8uder, darauf haben unsere

Kinder ein Recyt!

beffer gestellten Mitschüler und Mitschülerinnen hoe belegten In den Unterrichtspausen müssen die Kinder sehen, wie thre Butterbrote verzehren, während ihr einziges, Sünnes mit spärlich ge strichener Marmelade" genept ift. Während des Unterrichts man geln ihnen die Kräfte, mit ihren gesättigten Genoffen Schritt zu halten und sie müssen wegen bermeintlicher Unaufmerksamkeit und scheinbaren Unfleißes zurüdstehen Namentlich jest, zum Schluß des Gemesters, wo übereifrige Lehrer ihr Bensum noch erreichen wollen und wo die Prüfungsarbeiten der höheren Schüler für die Versetzung fich häufen, stehen die unterernährten Kinder förperliche und seelische Qualen aus. Darum schreien wir es hier aus: Rein Lehrer und feine Schulbehörde hat ein Recht, von einem Rinde mehr zu verlangen, als es billigerweise mit vier Schnitten Brot und zwei Startoffeln zu leisten bermag. Und wenn die Regierung nicht balb Wege findet, hier nach dem Rechte zu sehen, dann werben wir das Recht des Kindes proflamieren und in allen Städten De monftrationszüge der gequälten Rinder veranlaffen.

Die außerordentlichen Kriegsgerichte. Der 20jährige Modelltischler Billi Jante war am 4. März auf dem Alexanderplat festgenommen worden. Er war so be hauptet er zufällig" auf einem Spaziergange nach der Gegend des Alexanderplates geraten. Dort sei plößlich die Schießerei los. gegangen, eine bieftöpfige Menschenmenge habe eine Militär­patrouille überwältigt und sei dann in ein Papiergeschäft gedrungen, wo sie alles turz und klein geschlagen habe. Dann habe die Menge eine ganze Anzahl von Papierpateten, viele Boftfarten mit Bildern, fleine Möbelstüde ufw. auf die Straße geworfen. Von diesen Gegen ständen habe er sich dann einiges angeeignet und auch ein auf der Straße liegendes Gewehr an fich genommen. Auf dem Heimwege ift er festgenommen worden. Der Staatsanwalt beantragte wegen Plünderung 3 Jahre Zuchthaus. Das Gericht erkannte auf 9 Monate Gefängnis unter Betonung des Umstandes, baß mir die Jugend und die Unbestraftbeit des Angeklagten den Gerichts­hof bewogen habe, nicht auf eine weit höhere Strafe zu erkennen. Dem Schwurgericht des Landgerichts I war ein bei den Spar. tatus putschen vom Januar festgenommener Angeflagter über wiesen worden, der als Rabels fibrer baw. eine der Berfonen, die Gewalttätigkeiten verübt baben, festgenommen worden ist. Diese Berhandlung berfiel ber Berbagung, ba ber als Zeuge vorgelabene Beutnant Ba ch mann nicht zur Stelle wat und auf deffen Zeugnis nicht verzichtet werden fonnte. Im übrigen find auch während der Bom Entlassungswirrwarr. Infer in Nr. 104 beröffentlichter geitungslosen Tage die Spartafiften Prozesse obne Inter - turzer Dinweis auf den Entlassungswirrwarr, über den viele Sar brechung fortgefekt worden, und die Zahl der bereits Berurteilten Kriegsteilnehmer Flagen, hat uns eine lange Erwiderung des" Lei­dürfte hundert wohl schon erreicht haben. Neuerdings batten ters ber bebelfemäßigen Entlaffungsstellen 1 bis 4 der Intendantur fich immer Gruppen von 8 bis 10 Mann. Darunter recht viele junge des Gardeforps eingebracht. Was fie foll, ist nicht recht flar. Sie Leute, die auf dem Schlesische Bahnhof oder im Vorwärts bestätigt, daß es einem paffieren lann, von der Entlassungsstelle

891

16

Stine Menschenkind.

Von Martin Andersen Nero .

Und Großchen lachte und weinte zugleich, fragte, und fonnte feinen Sinn in alledem finden. Sollst du denn über­haupt nicht fort?" rief fie immer und immer wieder; fie wagte es nicht recht, daran zu glauben.

Rein, selbstverständlich nicht. Ich habe dir ja gefagt, daß der Bäcker meinte, ich sollte nicht hin."

Der Lebensmittelwirrwarr.

Aus Buschriften an uns:

Die Bauern verkaufen bis jetzt Gier hintenrum für 50 f ( o?? Neb .), da seht man ben höchft" preis auf 88 Bf. feft. Schönfeld Bernau einem armen Schuster einen Sad Startoffeln

Ein Offizier mit 10 Mann nimmt am 5. März auf der Chaussee

meg, die er weither anfchleppt, um nicht hungern zu müffen. Mit trelchem Recht? Die Soldaten werden gut verpflegt, und wer bas nötige Geld hat, fann schlemmen nach Herzenslust!

Der teure Autobus.

-

Die Allg. Berf. Omnibus hat eine Linie bom Brandenburger or bis Ringbahnhof Halenses eingerichtet, welche mit gewöhn Fichen allerdings werk ladierten Kraftwagen betrieben wird. Rechtfertigt es die weiße Farbe, bag für Sie ganze Strede ein Fahr­gelb bon 1,50 M. und für eine Teilftrede 1 M. erhoben wird, will bie Alla. Berl. Omnibus- Aktiengesellschaft Argumente für die Sozia lifierung der öffentlichen Verkehrsmittel liefern, oder glaubt sie, bak in diesen Stadtvierteln nur Millionäre und Kriegsgewinnler wohnen?

Mietssteigerungen

werben neuerdings wieder von den Hauswirten vorgenommen, of aleich erit vor einigen Monaten der große Fischzug gemacht wurde Will die Regierung da noch weiter ruhig zusehen? Die Miet­einigungsämter ſchüßen die Mieter nur höchſt unzureichend und diese können zum großen Teil nicht ihr Ginkommen sprunghaft fteigern. Es müßten alle Mietsteigerungen auf einige Beit verboten werden, bis einigermazen geregelte Verhältnisse ein­getreten find.

Die Ringbahn fanns auch nämlich wahnsinnig überfüllt fein Ja, fie schlägt iogar noch die Untergrundbahn, und das will schon was heißen. Allerdings bei dem Tempo der U- Bahn und im Tunnel wäre es schon etwas ungemütlich, auf Wagendächern au figen, Trittbrettpläße gibt es ja auf der U- Bahn nicht und ihre Buffer verbergen fich icbambaft, so daß sich nicht auf ihnen Heine diefe unregelmäßig, was entschieden den Zuspruch des Publitums Sowjets verfammeln können wie bei der Ringbahn. Daiür fährt erhöht. So wird denn auch die alte gemütliche Ringbahn ent

fenstert und fie lernt überhaupt die neue Zeit kennen. tag, Donnerstag, Sonnabend 4-7, andere Werktage 10-1. Weibliche Berufsberatung unentgeltlich. Winterfeldtstr. 25a: Mon­

fuchung. A. Zubertulofeurforge für unverficherte und die bek Mittelstandsfürsorge für Boltskrankheiten. Softenlose Unter der Reichsversicherungsanstalt für Angeſtelite Bersicherten nebit ihren Familien. 1. Bostite. 10 b. I( gegenüber der Nicolaifire), vormittags werftäglich auker Sonnabende von 11-12 Uhr fotole Donnerstags nachmittags von 3-5 hr, vorwiegend für Berlin C. 2. Charité, Luisenstr. 13a, Montags und Frei­tags 4-6 Uhr, borwiegend für N. und NW. nebst Bororten. 8 Charité, SW., 8. und SO. nebst Bororten. Dienstags und Donnerstags 4-6 Uhr, vorwiegend für O., NO. fomie W., und ihre Angehörigen.( Bersicherte und unversicherte.) 1. Charité, Buifen­B. Fürsorge für Altoboltrante. ftraße 13a, Montags von 8-5 Uhr. 2. Poftir. 10 b. I.( gegenüber ber Nieolaiftrahe) Freitags von 3-5 Uhr. C. Fürforge für Strebsver bagtige.( Versicherte und unversicherte.) Charité, Luisenstr. 13a, Mon­tags bon 3-4 1hr, Geheimrat Brof. Dr. Blumenthal. Auch bei der Be fämpfung anderer Seuchen wird nach Sträften Hilfe geleistet.

-

Warenhaus Ttet am Alexanderplat. Die rationierten Lebens. mittel werden nach wie vor im vierten Stod verlauft, der Eingang be findet fich Stönigsgraben.

Darüber Was eint und trenut bas Menschengeschlecht?" fpricht beute Dr. Magnus Hirschfeld , vormittags 11%, Uhr im Saale der Singalademie. Eintrittsfarten 1 M.

Juristische Sprechstunde vom Dienstag, den 11. März ab, nachmittags von 4-7, Sonnabend von 3-5.

bon dem ich einmal in einem Buch gelesen habe. Er hielt| Stimme, während er sich bemühte, den großen Klaus in eine Probe zu seinem eigenen Begräbnis ab mit bier Gang au bringen. schivarzen Pferden, Leichenwagen und allem; seine ganze Nun stolperte die Mte ins Haus. Sie sahen, wie sie Dienerschaft mußte das Gefolge bilden und sich schwarz an- sich mit dem Fuß über die Türschwelle borwärtsfühlte und ziehen; fie mußten sogar weinen und ihn betrauern. Sa, hinter fich die Tür schloß. das mußten fie. Er selbst saß oben am Dachfenster und ,, Es ist ein einsames Leben, wenn man alt und blind beobachtete das Ganze; und als er sah, daß die Diener hinter ist," ſagte Lars Beter und begann fein gewohntes Schwenken dem Taschentuch lachten, ftatt zu weinen, nahm er fich das mit der Beitsche. bem eigenen Abschied zu spaßenwohin die Reise auch Sie fuhr etwas Neuem entgegen: für die Großmutter hatte fo su Serzen, daß er wirklich starb. Es ist gefährlich, mit Stine hörte es nicht, ein Lächeln prägte ihr Gesicht. sie in diesem Augenblid feinen Gedanken.

gehen mag!"

Ja, der Bäder, der Bäcker- Aber was bat der eigent­lich damit zu schaffen? Du hattest doch selber Bescheid be- ficherte Stine noch einmal. Ich habe dich nicht zum besten gehabt, Großchen," ber­tommen, du müßtest hin." Bon diesem Tage an lebte Maren in beständiger Un­Stine bohrte schnell ihre Nase in Großchens Mange. rube, daß die Eltern ihr das Mädchen nicht laffen würden. Maren hob den Kopf:.. Oder war das nicht so, Nind? Ant- Es flingt mir in den Ohren," sagte fie oft. Ob das wohl deine Mutter ist, die von uns beiden spricht?"

morte mir!"

Mutter. Stine war jetzt so alt, daß fie fich nützlich machen konnte; die Mutter hatte nichts dagegen, daß sie tam und auf die kleinen acht gab. Sie ist fett neun Jahre, und früher oder später müssen wir uns ihrer ja doch annehmen," erklärte fie.

"

Ich weiß nicht, Großchen," sagte Stine und schmiegte Görine redete in diesen Tagen wirklich viel bon ihrer fich an fie, Großchen hielt sie von sich ab: Dann hast du mich zum besten gehabt, du böses sind! Schämen sollst du dich, daß du meinem alten armen Herzen fo mitspielst!" Maren begann wieder zu schluchen und hörte nicht auf; es war ihr alles fo unnatürlich überraschend gekommen. Und wenn man sich wenigftens in dem Ganzen hätte zurechtfinden Lars Beter machte Einwendungen; er war der Ansicht, fönnen, aber das Mädel behauptete immer noch, fie habe nicht es sei unrecht, die beiden zu trennen. gelogen. Sie meinte bestimmt, den Bescheid bekommen zu ,, Dann laß fie uns wenigstens beide nehmen," sagte er. baben, und war verzweifelt darüber, daß die Großmutter ihr Aber davon wollte Görine nichts wissen; und fie bearbeitete nicht glauben wollte. Bu fügen, wenn es ernstlich darauf ihn so lange, bis sie feinen Widerstand überwand. anfam, pflegte sie nicht; danach mußte sie also den Bescheid ,, Du wirst erwartet," sagte Maren, als er vor der Türe erhalten haben. Andrerseits sagte das Kind selbst, fie folle nicht fort, obwohl das, was sie von dem Bäder erzählte, nicht reat glaubhaft flang. Der hatte sie ja einfach deshalb angehalten, weil ihr Tun ihm auffiel. Maren begriff die Sache nicht falls es sich nicht so berhielt, daß das Mädchen einfach phantafiert hatte!

-

Stine hielt sich dicht an die Großmutter und faßte fie ums Rinn. Nun weiß ich doch wenigstens, wie leid es dir tut, wenn ich wirklich fort muß," ſagte sie still.

Maren hob das Geficht: Glaubst du denn, daß du bald von hier fort mußt?"

Stine nidte so eifrig, daß die Alte es fühlte. Die alte Maren versant in Gedanken; sie hatte es schon Prilber erlebt, daß das Kind dem vorgriff, was fommen sollte. Mag es nun so oder so sein," sagte fie nach einer Beile, du hast dich benommen, wie ein vornehmer Mann,

hielt, um Stine zu bolen. Man hat es schon lange gewußt, daß du in dieser Absicht kommen würdest."

,, Es ist nicht gerade nach meinem Sinn, aber eine Mutter hat ja gewissermaßen ein Anrecht auf ihr Rind, und Sörine scheint sich jetzt ein bißchen nach dem Mädel zu schnen," erividerte Lars Peter. Er wollte gern nach beiden Seiten hin ausgleichend wirken.

Man weiß wohl, daß du dagegen warst, soviel du fonntest! Na, es tommt alles fo, wie es muß. Und wie geht es bei euch zu Hause? Ihr habt einen Mund mehr zu füttern, wie man gehört hat."

a, der Junge ist jetzt bald ein halbes Jahr alt." Bars Peter strahlte, wie immer, wenn er von seinen Rin dern sprach.

Dann saßen sie auf dem Wagen. Bir beide werden dich ja nicht vergessen," sagte Lars Peter mit etwas belegter

14.

Daheim bei der Mutter.

Tag

Das Besitztum des Schinders das Elsternnest etwas abfeits vom Wege, und das Stüd bis an den Weg hatte er mit Sumpfmeiden bepflanzt, teils um die Baufällig­eit etwas zu verdeden, teils um im Winter Material zum Storbflechten zu haben, wenn es mit dem Handel haperte. Die Weiden wuchsen rasch, und sie waren schon der herr­lichste Ort zum Berstedspiel geworden. Bars Peter hielt das Haus so hübsch inftand, wie es sich durch Teeren und Tünchen machen ließ, aber elend war und blieb es, undicht ein neues Wohnhaus zu bauen und das alte als Scheune und baufällig; und es war Sörines Traum, oben am Wege Bu benutzen. Die nächste Umgegend war öde und unfrucht­bar; es war weit bis zum Nachbar, aber im Nordwesten wurde die Aussicht durch Hochwald abgeschlossen, und auf barin sich jedes Better widerspiegelte. In den dunkeln der andern Seite lag die gewaltige Fläche des Arre- Sees, Nächten hörte man die Enten im Stöhricht am Ufer schreien, Boote vorwärts; eine finstere, unbewegliche Gestalt stand und an regenschweren Tagen glitten da draußen schattenhaft aufgerichtet am Vordersteven, der Aalstecher. Er hielt die algabel schräg vor sich hin, griff hier und da wie ein Nachtwandler ins Waffer hinab und glitt sanft vorbei. Es war wie ein Traumbild, und der ganze See nahm die Stim­mung davon an. War Stine der Sache ernstlich müde ge­worden, so ftellte fie fich vor, fie lief an den See hinunter, verftedte sich im Röhricht und träumte fich nach Hause zur Großmutter. Oder vielleicht fort zu etwas noch Befferm; etwas, das fie nicht kannte, das aber irgendwo für sie auf­bewahrt wurde. Stine zweifelte nicht daran, daß ihr etwas ganz Besonderes vorbehalten war, etwas, das man sich nicht einmal vorstellen fonnte, so herrlich war es. ( Forti. folgt.)