Nr. 125 36. Jahrgang,

3. Beilage des Vorwärts

Parteitag der Unabhängigen.

Donnerstagsibung

Die Diskussion über die Programmresolution wurde am Don­nerstag beendet. In den Schlugmorten der Referenten Däumig und Baaje lamen beren gegenfäßliche Auffassungen über den Barlamentarismus und das Rätesystem scharf zum

Ausdrud.

Däumig konstruierte einen Gegensatz zwischen Revolutio­nären und Rabitalen innerhalb der Unabhängigen. Den Testeren warf er vor, daß sie sich nur in Worten, aber nicht in revo­lutionären Tafen bemerkbar machen, während er Tag und Nacht für die Revolution arbeite.

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Seese wies es zurüd, daß Däumig von oben herab über seine nicht mit ihm einverstandenen Barteigenossen urteile und sagte, was nach Däumigs Angabe die Arbeiterräte gegenwärtig wollen, aber noch nicht getan haben, das seien doch auch nur Reformen innerhalb der fapitalistischen Gesellschaft. Während Däumig jede Gemeinschaft mit Reformiozialisten und Sozialpatrioten ablehnte und betonte, in der Internationale dürfe man teine Gemeinschaft haben mit den Branting, Troelstra und Renaudel, fagte Sa aje, man fönne sich sehr wohl mit„ Sozialpatrioten" an einen Tisch - was ja auch in anderen Ländern der Fall sei-, es tomme nur darauf an, daß deren Gesinnung nicht auf die Unabhängigen abfärbt. Sanje bedauert, wenn Klara Bettin was nach ihren Ausführungen am Dienstag anzunehmen seiden Unab Hängigen den Rüden fehren werde. Das würde ein großer poli­fischer Fehler sein, in Deutschland eine Spaltung der Unabhängigen hervorzurufen, während sich in Rußland eine Annäherung zwischen ben Bolschewisten und den Sozialrevolutionären vollzieht. Klara Betlin antwortete: In Rußland sind die Sozialrevo­lutionäre zu den Bolicherifi gekommen, aber nicht umgekehrt. Uus meinen Anschauungen muß ich die Konsequenzen stehen, jo bitter und schwer es auch fei.( Diese Aeuße rung wurde auf der Zuhörertribine, die zum großen Teil von Linksradikalen besetzt ist, mit lebhaftem Beifall aufgenommen.) Bei der Abstimmung über die Programmresolution

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Sonntag, 9. März 1919

plakten die Gegenfäße zwischen Parlamentarismus und Kriegsanleihe, stimmte aber beat Antrag Stofenfeld mit großer Anti parlamentarismus in der Verfechtung von Abänderungs. Mehrheit zu. anträgen nochmals aufeinander. In der Vorlage der Kommission Der Riß, der durch die Unabhängigen geht, trat bei ber Borstandswahl

Heißt es:

„ Um ihr Biel zu erreichen, bedient sich die Partei aller polt- mit außerordentlicher Schärfe hervor. In einem Wahlgang wur­tischen und wirtschaftlichen Kampfmittel, auch der Parlamente." den Haase mit 154 und Däumig mit 109 von 175 abgegebenen Diese, bon a ase vertretene Fassung wurde schließlich gegen Stimmen zu Borjibenden der Partei gewählt. Qaafe lehnte ab eine starke Minderheit angenommen, nachdem mit schwacher Mehr- und erklärte, er und Däumig verträten entgegengefeste Anschauun heit ein Antrag Däumig abgelehnt war, monach die Barlamente gen, die so weit auseinandergeben, daß er mit Däumig in der für die Partei nur soweit in Betracht kommen, daß der Wahlkampf Barteileitung nicht zusammenarbeiten fönne. Bei den National­zur Aufrüttelung der Massen und die Parlaments| wahlen habe Däumig es abgelehnt, mit ihm( Haase) gemeinsam toibüne auc Blokstellung der bürgerlichen Parteien und der Re- auf die Kandidatenliste gestellt zu werden. Unter dem Vorsitz von Haase und Däumig fönne von einer einheitlichen Leitung der formsozialisten(!) auszunuben sind. Partei feine Rede sein.

In dem Teil der Resolution, der die nächsten Forderungen auf­führt, wurde mit 89 gegen 49 Stimmen die unbegrenzte Anul­fierung der Kriegsanleihe eingefügt. Dies Abstimmungsergebnis nahm die Tribüne mit stürmischem Beifall auf. Denen, die gegen den Antrag stimmten, rief man von der Tribüne zu: 3hr habt wohl alle gezeichnet!"- Im übrigen wurde die Rejo. Im übrigen wurde die Reso: Iution mit univesentlichen Aenderungen angenommen.

Ginige Stunden später beantragte osenfeld Berlin , die Forderung: Annullierung der Kriegsanleihe, dahin zu ändern, baß die von der Annullierung betroffenen Bedürftigen sowie die gemeinnüßigen Vereine und Anstalten und die Gemeinden entschädigt werden.

Der Antrag rief eine lebhafte Auseinandersehung hervor. Sehr energisch trat saafe unter dem Widerspruch einiger Delegierter und eines Teile der Zuhörer für den Antrag Rosenfeld ein, dessen An­nahme die Partei wenigstens vor der allergrößten Blamage

bewahren würde. Die bedingungslose Annullierung würde ja viele arme Leute um ihr ganzes Vermögen bringen, den Reichen aber nur einen fleinen Teil ihres Vermögens nehmen.

Die Politik der Partei dürfe nicht durch radikale Phrafen bestimmt werden.

In nochmaliger Abstimmung erklärte fich der Barteitag mit 53 gegen 52 Stimmen grundsätzlich für die Annullierung der

Der Rüdtritt Haajes erregte auf beiden Seiten Verblüffung. Gs folgte eine Sonderbesprechung der Landsmannschaften und bann eine anderthalbstündige Debatte im Plenum, Daraus war ersichtlich, daß das durch die Wahl von zwei Vorsitzenden der bei den entgegengesetten Stichtungen geschaffene Dilemma auf das Schulbtonto der Berliner Rabitalen gefeßt werden muß. Bei der Vorbesprechung über die Vorstandskandidaturen in den Bandsmannschaften ist neben Haase als ersten Vorsitzenden riipien als atveiler Vorfipender vorgeschlagen worden, wäh rend Däumig gar nicht genannt wurde. Erst unmittelbar vor der Wahl haben die Berliner den Parteitag mit der Standidatur Däu­mig überrumpelt, um der Partei wie Adolf Hoffmann sagte einen entschiedenen Rud nach links zu geben. Sie hatten aber nicht damit gerechnet, daß Haase in diesem Falle ablehnen würdi und wünschten, daß er neben Däumig im Vorstand bleibe. Aber Haase blieb bei seiner Weigerung.

Herz- Hamburg schlug vor, den alten Borstand einfteilen in Amt zu belaffen und in 4 bis 6 Wochen wieder einen Parteitag zusammenzuberufen. Die Gegensäge in der Partei seien so start, baß auf dem nächsten Parteitag die Trennung unvermeidlich sei.

Schließlich wurde aase mid 107 und Ertspien Stutt­ gart ( ber der Linden angehört) mit 187 Stimmen zu Vorsitzenden gewählt. Beide nahmen an.

Einstimmige Annahme fand ein Antrag, der die Freilassung Ledebours und aller wegen politischer Handlungen Inhaftierter fordert.

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