Nr. 96.
Erscheint täglich außer Montags. Abonnements- Preis für Berlin ; Vierteljährlich 3,30 Mart, monate lich 1,10 Mart, wöchentlich 28 Pfg. frei in's Saus. Einzelne Nummer 6 Pfg. Sonntags- Nummer mit bem ,, Sonntags Blatt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mart pro Quartal. Unter Kreuzband : Für Deutschland u.Desterreich- Ungarn 2 Mart, für das übrige Ausland 8 Mart pro Monat. Eingetragen in der Poft Beitungs: Preisliste für 1891 unter Nr. 6469..
Vorwärts
8. Jahrg.
Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inferate für die nächste Nummer müffen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Erpedition ist an Wochentagen bis 1 Uhr Mittags und von 3 bis 7 Uhr Nachmittags, an Sonn- und Festtagen bis 9 Uhr, Bormittags geöffnet.
Fernsprecher: Amt 6, Nr. 4106.
Redaktion: Beuth- Straße 2.
dehnen möge.
Sonntag, den 26. April 1891.
zu spielen.
-
Expedition: Beuth- Straße 3.
Die nächste Sigung des Reichstages findet Montag statt und ist der Zuckersteuer gewidmet.
Sie haben's erreicht! umägen, und kennen ihre Feinde zu gut, um deren Spiel geordnetenhauses und des Herrenhauses wurden nach kurzen Gedenkreden auf General Feldmarschall Graf von Was wir seit Langem befürchteten und was wir vor- Und so haben die Herren Grubenbesitzer erreicht, wonach Moltke , der gestern Abend plöglich im Alter von mehr gestern als kaum mehr vermeidlich hinstellten, ist allen sie seit mehr als anderthalb Jahren gestrebt. Sie haben ge- als 90 Jahren am Herzschlage verstarb, nachdem er Tags Nachrichten zufolge Thatsache geworden: der Berg- reizt, gehegt, gequält, bis die Grenze menschlicher Ge- zuvor noch im Reichstag und im Herrenhause gewesen war arbeiterstreit ist im Ruhrrevier aus duld überschritten war; und nun hat der ungleiche Kampf rascht hatte, vertagt. und durch seine Rüstigkeit und sein lebendiges Wesen übergebrochen, und wir wollen nur hoffen, daß er sich begonnen. nicht über die anderen Kohlenreviere Deutschlands aus- Sier in erdrückender Uebermacht die Grubenbesitzer, fühl die hoffnungslosen Anstrengungen beobachtend, in denen Die sozialdemokratische Partei hat alles, was in ihren der halbgefesselte Sklave seine Kräfte rasch erschöpft- und Wer in den letzten Tagen den Sigungen des ReichsKräften und was in Menschenkraft stand, gethan, um den gleichzeitig nach dem Kurszettel schielend, der das Steigen tages beigewohnt hat, wäre nicht auf den Gedanken geAusbruch zu verhüten. In Schrift und Wort haben wir der Kohlenpreise und Dividenden verkündet dort die heute nicht mehr unter den Lebenden weilen wird. kommen, daß der Generalfeldmarschall Hellmuth v. Moltke aufs Eindringlichste abgemahnt. Deutlich und bestimmt Kohlenarbeiter ohne Organisation, ohne Geld-- ohne Stimmte Moltke auch stets mit den Deutsch- Konist den Bergleuten gesagt worden- einmal, zweimal, andere Waffen als die Verzweiflung und das gute Recht, servativen, so hatte er doch im ganzen Hause keinen Dutzende von Malen: mit denen allein wohl Helden- und Märtyrerruhm, aber persönlichen Feind, denn nie sprach er per" Der Zeitpunkt ist der denkbar ungünstigste, die feine Sch I a cht gewonnen werden kann. sönlich aggressiv; von seltenen Ausnahmefällen abgesehen, Grubenbesitzer haben das Spiel in der Hand, Ihr Wo die Kräfte so ungleich sind, steht der Ausgang befliß er sich ftets strenger Sachlichkeit, dabei war er tönnt nicht fiegen und, indem Ihr den Kampf auf von vornherein fest. stets pflichtgetreu und von außerordentlicher Bescheidenheit. nehmt, handelt Ihr nur im Interesse der Grubenbesizer. Ein turzer Streit würde den Zechen Wenn wir auch im schroffsten Gegensatze zum Was nüht Euch Euer Recht, wenn Ihr die Macht nicht ieht gar nicht so unangenehm sein" schrieb Militarismus stehen, sind wir nicht blind für die Leistungen habt, es zur Geltung zu bringen? Die Grubenbesitzer die Kreuz- Zeitung " gestern Abend, und verrieth damit dieses Mannes: find gesichert gegen den Hunger, der an Eure Thüre das Geheimniß der Herren Grubenbefizer. Moltke war nicht Soldat, er war der Meister der Kriegspocht und wenn Ihr die Arbeit einstellt, füllt Ihr wissenschaft sowohl in der Theorie als in der Praxis. Er Der Streit ist ihnen nicht blos nicht unangenehm", schuf die Kriegspläne, durch deren Befolgung den deutschen ihnen durch Eure Nicht arbeit die Taschen, wie bisher er ist für sie eine gewonnene Schlacht und macht Waffen der Sieg wurde. durch Eure Arbeit die Kohlenpreise steigen und die ihre Kohlengruben zu Goldgruben. Die Nicht nur in unzähligen Denkschriften, die in den Dividenden schnellen in die Höhe. Und während Eure Herren Grubenbefizer schlagen zwei Fliegen mit einer " Herren" von Eurem Hunger sich mästen, Klappe: sie werfen die Bergleute, die sich zu organisiren habt Ihr von teiner Seite auf Hilfe zu rech- und zu emanzipiren anfingen, auf längere Zeit zu weder vom Ausland noch vom Inland. Boden, und sie bereichern sich fie machen also. wirth Die französischen Bergarbeiter haben keine Organi- schaftlich wie politisch, ein gutes Geschäft". sation und kein Geld; die belgischen sind in der Und noch einen weiteren gewichtigen Vortheil verspricht gleichen Lage; und die englischen Bergarbeiter, welche ihnen dieser Streik: in nächster Woche beginnt die dritte Organisation und Geld haben, brauchen ihre Mittel für Lesung des sogenannten Arbeiterschuß- Ge- der Vergleich mit Bismarck zwingt uns schon Anerkennung sich selbst und was sie allenfalls geben können, wird se gessie wird stattfinden im Schatten und unter dem ab. Sein schlichtes Wesen, daß er sich alles Gepränge höchstens für ein paar Tage ausreichen. Und Eure Einfluß des Bergarbeiterstreifes gelingt es, mit Hilfe des bei seinem Leichenbegängnisse verbat, machte ihn sympathisch. deutschen Arbeitsgenoffen leiden gleich Euch schwer Mai Wauwau das rothe Gespenst herauf zu be- Auch seine Energie, mit der er sich aus traurigen Verhält unter der Krife: die Mittel der gewerkschaftlichen Organi- schwören- vielleicht unter dem Geknatter der Flinte, die nissen in seiner Jugend herausarbeitete, fordert Respekt sationen sind entweder erschöpft, oder derart in Anspruch schießt, und unter dem Donner des letzten Grunds" dieser heraus. genommen, daß an eine wirksame Unterstützung der Berg- verrotteten Gesellschaftsordnung Alles in Allem genommen, sind wir der Ueberzeugung, arbeiter nicht zu denken ist. Ihr werdet also allein der Regierungsvorlage und der Traum der deutschen Tüchtiges geleistet hätte. Wir hätten es lieber gesehen, wenn dann ſiegt§ 153 daß Moltke auch auf anderen Gebieten außerordentlich ste hn! Euer Kampf kann nur in einer Niederlage enden, Bourgeoisie: das erweiterte und verschärfte, so außerordentliche Fähigkeiten, Talente, eine solche Energie bietet nicht die geringste Aussicht auf Erfolg!" die gesammte deutsche Arbeiterklasse knebelnde Sound ſein einzig dastehender Fleiß nicht dem Kriegsgotte Die Bergleute aber erwiderten: zialistengesetz ist wahrheit geworden.
nen
-
-
Ihr mögt Recht haben, allein wir können die Be drückung und die Unbilden nicht länger ertragen. Die
-
40
Berzweiflung treibt uns in den Kampf, tomme was Politische Lebersicht.
tommt!"
Bestünde die Mehrzahl der Bergleute aus Sozialisten,
Archiven ruhen, sondern auch in gedruckten, allgemein zus gänglichen Werken hat er seine kriegswissenschaftlichen Erfahrungen niedergelegt. Aber auch als Kulturschilderer, Geograph und Kartograph hat er Leistungen von bleibendem Werthe hinterlassen. Unser Gegensatz zum Militarismus leidenden Nationalen" dürfen uns nicht irre machen bei der und die Vergötterungen der an frankhaftem Heroenkultus sachlichen Würdigung eines Mannes wie Moltke . Einfach
geopfert worden, sondern dem friedlichen Fortschritte dienstbar gewesen wären. Dies soll aber eine Antlage gegen unsere Zeit, nicht aber gegen den Entschlafenen sein.
Il faut corriger la fortune man muß das Glück verbessern, dem Glück nachhelfen-war der Wahlspruch Berlin , 25. April. des berühmten französischen Industrieritters Riccault Die heutigen Sigungen der parlamentarischen Ver- de la Marlinière in Lessing's Minna von Sozialisten wissen die Machtfaktoren gegeneinander abtretungskörper, des Reichstages sowohl wie des Ab- Barnhelm. An diesen Wahlspruch werden wir
so wäre das Aeußerste sicher vermieden worden, denn die
Feuilleton.
Nachbruc verboten.]
[ 45
Die Falkner von St. Vigil. Roman aus der Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol von Robert Sa, weichel.
Bei den Knechten namentlich galt er denn auch für einen „ recht gemeinen", lustigen Burschen und die Spitzen seiner gegen Bayern und Franzosen gerichteten Wige brangen in's Fleisch der Lachenden und hatten sich fest.
Grund der Umwandlung ihres Wesens und suchte alles den Worten:" Einer, der's nicht hat aushalten können, ist Mögliche hervor, um sie heiter zu stimmen. Er fühlte sich fortgelaufen. Aber sie haben ihn wiedergekriegt und todtgeja am glücklichsten, wenn Alles um ihn her lachte und fröh- schossen. Die Bayern nennen das Kriegsgesetz. Er war aus lich war und in letzter Zeit mochte sein Verlangen nach Mils im Oberinnthal daheim. Etliche von uns sind aber heiteren Gesichtern um so lebhafter geworden sein, je kälter in dem bunten Rock schon ganz bayrisch worden und vers der Schatten wurde, den sein Sohn in sein häusliches Leben meinen nicht anders, als daß sie jetzt die Herren der Welt warf, Nun ließ die eigene Spannkraft nach und er begann wären. Mir will's das Herz abstoßen, wenn ich daran gesein Alter zu fühlen. Wie erschreckt aber würde er gewesen denken thu', daß wir Tyroler für die Franzosen fechten sein, wenn er gesehen hätte, wie jetzt Afra's Augen sich mit müssen." Thränen füllten, wie sie beide Arme auf das Fensterbrett Der Brief war traurig genug; allein[ barüber weinte legte, den Kopf auf die Arme sinken ließ und heftig zu weinen Afra jetzt nicht. Es war ein Ausbruch der völligen Muthbegann. Wahrscheinlich würde er jedoch die Veranlassung losigkeit, die über sie gekommen. Sie hatte ihre Liebe zu dieser Thränen auf den Brief geschoben haben, den Musch- Ambros tapfer unterdrückt; sie hatte es sich zurecht gelegt, Afra überließ sich unterdessen der Ruhe, die in der leitner von seiner legten Ausfahrt nach Bruneck mitgebracht als sie erfahren, daß sie nun doch sein Herz an Stafi ver Wirthschaft auf furze Zeit einzutreten pflegt, nachdem die hatte. Der Brief, der dort schon längere Zeit auf der Post loren hätte. Damit war aber auch jeglicher Reiz von ihrem Hauptmahlzeit vorüber ist. Sie hatte zwar eine Arbeit gelegen, war von Jacopo Vigo, dem älteren von den beiden Leben abgestreift und sie wünschte, sie wäre todt und der zur Hand genommen und sich damit, da es in der Stube Brüdern Afra's, und enthielt die Nachricht, daß er im ver- Schnee draußen rieselte auf ihr Grab. wegen des Schneiens ziemlich bunkel war, in die Nähe wichenen Herbst zum Militärdienst eingezogen worden, da Die Thränen erleichteten sie. Sie richtete endlich wieder des Fensters gesetzt, allein sie hatte sie in den Schooß er sich nicht freigeloft hätte, und jetzt in München sich be- den Kopf auf und trocknete sich die Augen. Plößlich zuckte sinken lassen und schaute den Schneeflocken zu, die fände, wo die tiroler Rekruten ausererzirt würden. Er hätte sie zusammen. Auf dem schmalen Uferwege, der höher lag groß und dicht, in langsamem Drehen vom Himmel badurch eine gute Stelle als Sattlergeselle verloren und bat als die Mühle, bewegte fich in der Richtung von der Brücke her herabschwebten. Es war, als ob ein weißer Spigen die Schwester, sich ihrer Mutter doch ja anzunehmen, da er eine Gestalt, die etwas nach sich schleifte. Wer und was es schleier geräuschlos sank und ſank. Das Mühlrad stand, zu deren Unterſtüßung nun wohl auf viele Jahre hin nichts mehr war, vermochte sie bei dem dichten Schneefall nicht deutlich zu und die Stille verlockte zum Träumen. Aber nur die Glück- beitragen könnte. Es hieße, daß sie nach Spanien geschickt werden erkennen; dennoch begann ihr Herz heftig zu schlagen. Jezt lichen vermögen zu träumen. jungen, schönen Weibes, blickten weniger träumerisch als ver- feinen Bergen. Er fame sich, schrieb er, in der weiten Ebene stehen und kam dann auf die Mühle zu. In demselben Die dunklen Augen des würden. Der arme Jacopo hatte ein großes Heimweh nach blieb die Gestalt dem Fenster gegenüber eine Sekunde lang zagt hinaus. Grau und trübe erschien ihr das ganze Leben, vor, als ob er auseinanderslösse. Aber er und seine Lands- Augenblicke schoß Lupattino mit fröhlichem Bellen und es freute sie nichts mehr: nicht die eigene Schönheit, leute müßten ihr Heimweh vor ihren bayrischen Kameraden aus seiner Hütte, in der er bisher in mürrisch philosophischer noch die Bemühungen der Männer um ihre Gunst, noch verbergen, um von ihnen nicht gehäuselt und verspottet zu Wetterbetrachtung mit dem mächtigen Kopfe auf den VorderVon den Exerzirmeistern würden sie schlecht be- pfoten gelegen und umsprang lustig den Freiden. Es war das Wohlleben. Wortkarg und gereizt durch den geringsten werden. Widerspruch ging sie ihren häuslichen Geschäften nach. handelt und die Unteroffiziere wären rohe Menschen, die vor Ambros. Ihr Mann zerbrach sich vergebens den Kopf über den nichts in der Welt einen Respekt hätten. Der Brief schloß mit
Afra hörte ihn auf dem Flur den Schnee abschütteln,