tölen. Natürlich handelt es sich hauptsächlich um die glück- lichen Besitzenden, die reichen Leute, die viel Geld zu verlieren haben und dafür in einem Monarchen den zuverlässigsten Wachthund erblicken. Se. Majestät sollen Allerhöchst als ge- treuer Phylax vor den Geldschränken der Protzen liegen, da- für zollen sie ihm denn auch eine Art göttlicher Ehrerbietung, denn eine Hand wäscht die andere. Und es sind geschickte Politiker. Das zeigt schon der Umstand, daß sie sich jetzt ab- sohlt ruhig verhalten und eifrig bestrebt sind, jede Alarmie- rung des Publikums und der Behörden zu vermeiden. Man will sie dadurch in Sicherheit wiegen und sie abhalten. Vor- sichtsmaßrcgcln gegen eventuelle Putschversuche zu treffen. So dumm wie die Spartakisten sind die braven Konservativen und ihre Genossen eben nicht. Die � Reaktionäre rechnen darauf, daß die Revolu- t i o n sich s e l b st v e e h r t, daß die entstandenen Un- ruhen fortzeugend neue Unruhen gebären, daß dann zu- letzt Handel und Wandel stillestehen, eine allgemeine Hungers- not entsteht und daraufh'n das ganze Land nach einem Retter mit eisenbeschlagenen Stiefeln ausschaut und wenn es auch Herr V. Oldenburg-Januschau oder v. Graefe-Goldebee wären. Nach ihrer Kalkulation steht das so absolut fest, wie daß der Winter auf den Herbst folgt, und bis zu diesem Zeitpunkt wollen sie sich nicht rühren und sich darauf beschränken, im stillen ihre Kräfte zu sammeln. Und dann'wollen sie zu dem gegebenen Zeitpunkt plötzlich und unerwartet hervorbrechen, wie„Ziethen aus dem Busch" und dem Drachen der Revolution nach bewährten Mustern den Genickfang geben.
Abreise üer üeutscken Ziticmzöelegation nach Versailles . Wie die P. P. N. an zliständiaer Stelle erfahren, werden die deutschen stiuan �delegierten, die das armliche Bindeglied zwischen dem ObeUten WirlschaftSrat der Entente und der deutschen Re- gierung bilden, heute abend nach Frankreich abreisen.
Neue Unruhen im Ruhrrevier. Spartakus gegen die Arbeiterschaft. Essen (Ruhr), 27. März. Im R n H�t b e r g b a u machen sich die Folgen der spartakistischen Wühl- a r b e i t in der letzten Zeit wieder bemerkbar. Die AusstandS- Bewegung hat im Dortmunder und Wittener Revier neuer- dings größeren Umfang angenommen und es ist zu bedauer- lichen Ausschreitungen gekommen, dir zahlreiche Opfer an Menschenleben gefordert haben. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß die treibenden Kräfte in den Kreisen zu suchen sind, die im Februar den Generalstreik der Berg- arbeiter proklamiert habe». Die von einzelnen Belegschaften erhobenen geradezu unsinnigen Forderungen— 2sproze«- t i g e Lohnerhöhung und Gewährung einer besonderen TcuerungSz n läge bei sechs st ündigerArbeitS- zeit— lassen ohne weiteres erkennen, daß die Urheber der Bewegung nicht die Verbesserung der Lage der Bergarbeiter erstrebe», sondern auf de» völligen Zusammenbruch hinarbeiten. Da es als ausgeschlossen gelten muß, daß für die Verkürzung der Schichtzcit von acht auf sechs Stunden durch Erhöhung der Arbeitsleistung ein entsprechender Ausgleich geschaffen werden könnte, so wäre eine starke V e r m i n d e- rung der heute kaum 240 000 Tonnen täglich betragenden Förderung(gegen 330 000 Tonnen in den letzten Monaten vor der Revolution) unausbleiblich. Die Spartalisten wirken auf Verminderung und fortgesetzte Erschütterung der Kohlenproduktion hin. Kohlenverminderung be- deutet aber Stillegung von weiteren Fabriken, bedeutet Verminde- rung von Arbeitsgelegenheit, bedeutet verschärfte Arbeiterverelcn- dungdung. Und darauf arbeitet Spartakus-hin. Merkts Euch, Arbeiterl
Sie Sterntaler. Bvn Edgar Hahmewald. Km Abteil dritter Klasse. Der Wogen ist schmutzig und Jlappert in allen Feigen. Ein Reklamefchild' an der Wand rühmt dt« vorzügliche Küche und die sauberen Batten eines Kurhotels. Das Plakat wurde angeheftet, als der Wagen noch vlank und guter auf sorgfältig unerhditenen©leisen lief, als es noch Vor- nge'und Messiriggriiffe und lederne F-nftergurte gab. Damals zischte weißkochender Dampf in den Heizschläuchen. Fetzt— der Wagen klappert über vernachkässtgt« Schienen, die Vorhänge fehlen und mit den äbgescknittenen Ledvrgurten der Fenster hat sich irgendeiner die Stiefel besohlt. Der Hebel der Heizung steht auf Warm. Aber im Wuxen gefriert der Hauch zu kälten Wollen. Und die Menschen sitzen und stehen und frieren in abgetragenen Kleidern, die nicht mehr wärmen. Die Fußmatten sind naß und schmutzig und von den eisernen Sohlenschonern zernagt. Heruntergekommen ist alles— der Wagen, die Menschen, die Kleider, die Seelen, alles. Es ist die Wüste noch einem vier Jahre langen, verlorenen Kriege. Und jeder tut vor sich selbst, als wäre noch alles erträglich. Selbsttäuschung als letzter Halt. Und Gleich- gültigkeilt, W�eiwmpftfein machen alles erträglich. Am Fenster sitzen zwei Männer einander gegenüber. Sie tragen auffallend elegante Paletots, teure Krawatten und Hüte von feinstem Seidensiilz. Und doch sind die leiden irgenitwie un- sauder. Die Gesichter sind es. Der eine redet haldlaut, mit be» tonenden Handbewegungen, die wie Griffe sind. Ringe funkeln. Sein Gegenüber läßt den Elfendeingriff seines Stockes wirbeln, sieht vor sich hin, spielt den®lcich®üüigen und lauert. Der an- dere redet. Draußen, verwischt hinter den Fenstern, kreist die naßkalte Landschaft vorbei, vom Rauch der Lokomotive bald verschleiert, bald enthüllt. Trist, grau. Rogen und Schnee klatscht gegen die Scheiben. Ein kleiner Knirps auf drr Bank, vermummt wie ein Nord- polfahrer, guckt mit llank erstaunten Augen in die rinnenden« Tropfen hinterm Glas. In seinem Hirnchen arbeitet sich«in Ge. fcilnitfc ab. Nicht wahr, Mama, wenn Sommer wird, da fliegen wieder die Blumenl" Die Mutter lacht m feine aufgerissenen Augen hinein— er meint Schmetterlinge. -> Etn kleine? Madchen liest flüsternd in einer Fibel. Sin Alber raschelt mit einem Päckchen und wichest sein Brot «uS . Die Bugen der Nachbarn hängen daran.„Hackfleisch k" sagt »t herausfordernd und zeigt die Stull«— bei jedem Biß mS Brot quillt fleischrote Marmelade hervor, die irgendwo auf Rüben- feldern wuchs. Der Mte kaut und beschmunzelt feinen Witz. Auf dem Bahnsteig bietet«in Piccolo dünn belegte Brote feil. Eine Mark fünfzig die Schnitte.„Cime Brot mark«, bitte?" Nein, die Frau hat keine. Sie schiebt die entkräfteten Papierscheine ent- täuscht tn die Tasche. Geld allein tut? nicht. Sie hat Geld und ist doch arm. Alle sind arm. Armut macht ueidissch, scheelsüchtig, egoistisch. Armut demoralisiert. Und Armut wird Opfer. „Mensch, woS givts denn da noch zu überlegen l" redet der
die Urheber öes berliner Monarchisten- karnevals. Der„Nationalverbanv deutscher Offiziere". Die von dem Ministecpiäsidcmen Scheidemann in der National- Versammlung als Urheber des Berliner monarchistischen Spektakels gekennzeichnete Ocfiziersvereiiiigung ist der. N a t« o n a l v e r b a n d deutscher Oisistere", eine ausgesprochen polirische und der repu- blikaiiischen Regierung ieiridlich gegenüberstehende Vereinigung von nur etwa tausend Mitgliedern. Sie darf nicht verwechselt werden mir dem großen.Deutschen O s ft z i e r S b u n d", der nür Wirt- schädliche und Srandesinteressen vertritt, unpolirrsch rst und etwa 80 000 Mitglieder in 200 Ortsgruppen hat. Verhandlungen zwischen beiden Vereinigungen sind an dem Standpunkt deS .NationalverbandeS" gescheitert. Ter Leutnant Molkenlin, der Anführer des Berliner Monarchisienpulsches vom vorigen Sonntag. ist der Agitator dieses„Natianalverbandes", dem übrigens von dem Beilurer Gouverneur Schöpflin jetzt jede Tätigkeit untersagt worden ist.
Der preußische Staatshaushaltplan. Berlin , 27. März. In dem Vorberrcht zum preußi- fchen Staatshaushaltsplan für 1919 heißt es: Während der Staatshaushaltsplan für 1918 nur mit einem Fehlbetrage von 100 Millionen M. abschloß, hat sich die Finanzlage im Laufe des Rechnungsjahres und besonders in den letzten vier Monaten der- ort verschlechtert, daß jetzt mit einem Abschlußergebnis gerechnet werden muß, wie es in Preußen bis dahin für undenk- bar gehalten ist. Nach den zurzeit möglichen Schätzungen dürfte sich ein Fehlbetrag von mehr als 2 Milliarden ergeben, hervorgerufen im wesentlichen durch die Steigerung der Löhne aller StaatSarbeiter, namentlich der Eisenbahnarbeiter, der Kriegsbeihilfen und Kriegsteuerungszulagen für die Beamten unld Volksschullehrer usw., der Preise aller Materialien, durch Not- sdandSarbciten, Einführung der Erwerbslosenfürsorge, Auftven- düngen für die Arbeiter- und Soldatenräte usw. Bei der Eisenbahnverwaltung, die im Haushalt für 1918 noch mit einem Reinüberschuß von 12SB Milliarden M. rechnete, ergab sich ein Fehlbetrag von 2222 Millionen Mark und im gesamten übrigen Staatshaushalt von 400 Millionen Mark. Um das Gleich- gewicht herzustellen, beidurfte es daher einer Ergänzung der Einnahmen um insgesamt 2622 Millionen M. Vom Standpunkt gesunder Finanzgebarung und im Interesse des StaatSkredits mußte versucht werden, die Deckung de? Fehlbs- trags, soweit irgend angängig, durch Erschließung neuer Einnah- men zu finden. Es ist in Aussicht genommen, das Aufkommen an Einkommensteuer und Ergänzungssteuew in einer Weise zu erhöhen, daß daraus ein Mehrertrag von 400 Mil- lionen M. zu erwarten ist. Eine organische Abänderung der Bestimmungen des Einkom- mensteuer- und l s ErgänzungSgesetzeS, die seit längerer Zeit ge- plant und in Vorbereitung ist, konnte für 1919 nicht mehr in Frage kommen. Es bot sich vielmehr der Wog der Erhöhung der Zuschläge. Für 1919 ist durch die Verordnung vom 31. Januar 1919 zunächst sichergestellt worden, daß die bisherigen Zuschläge auch für 1919 weiter zu erheben seien. Sodann soll eine weitere Erhöhung vorgenommen werden. Bei den jetzigen Lebens- und Teuerungsverhältnissen können die niedrigen Einkommenssteuer st ufcn eine Er- höhung ihrer Steuerleistung nicht ertragen. Die Erhöhung der Zuschläge zur Einkommensteuer soll daher erst beginnen in den Stufen über 3000 M. In der Einkommenssteuerstufe von mehr als 3000 bis 8300 M. soll der Zuschlag anstatt 12 P roz. 15 P r oz. betragen. Die Erhöhung steigt bei den höheren EmkommenLsteuerstufen mehr und mehr an; bei den einkommenssteuerpflichtigen physischen Personen mit mehr als 1 Million Mark Einkommen soll der Zuschlag statt bisher 100 Proz. 300 Proz. ausmachen. Die Zuschläge zur Ergänzungssteuer stellen sich
Mann am Fenster auf seine Genossen«in.„Die Sache ist absolut sicher. Ich rufe haute noch an." Sie verabreden irgendein Schieberyeschäft. Unverblümt und ähne Scheu vor fvewtden Ohren, aiber das Eigentliche bleibt ihr Geheimnis. Sie deuten an und sie verstehen sich. Der Zug ruckelt weiter. Mit Zerrungen in allen Gliedern. Schlechter TalakSqualm verdickt die kalte, verbrauchte Luft. In der Ecke buchstabiert das kleine Mädchen versunken vor sich hin:„Die Stern— äa— ler." Es liest mit dem Eifer des Kindes, das die neuerlernte Kunst ülll „Es war einmal ein kleines Mädchen, dem war Vater und Mutter gestorben, und eS war so arm. daß eS kein Kämmcrchen mehr hatte, darin zu wohnen und kein Bettchen, darin zu schlafen und endlich gar nichts mehr, als die Kleider auf dem Leibe und ein Stückchen Brot in der Tasche, das ihm ein mitleidiges Herz geschenkt hatte." Gespräche schleppen sich fort, halblaut und mit geringem Interesse geführt. Kälte, Kohlennot, Teuerung. „Einen Hektoliter Köhlen für den ganzen Monat. Wer so<l denn da langen?" „Und Trocha?" Der Schieber klopft sich mit dem Elfenbein- griff gegen die Zähne. Er lchbelt, aber er lauert. Der andere fährt zurück. Brüsk, ohne all« Form. „Meinetwegen— machs mit Trocha. Ich— na— ich kann mich ja danach richten. Andermal." Ter mit dem Swck fühlt eine Grenze. „Zehn Mille, sagst Du?" „Zehn Mille." Der Gefragte bröckelt Zigarettenasche vor sich hin, spielt einen Augenblick den Ueberlegenen. Dann beugt er sich weit vor und redet gegen die Scheibe. Der Zug hält. Ein Mann steigt ein und wuchtet einen prallen Rucksack ins Gepäcknetz. Er schnauft zufrieden. Die Leute sehen ihn an und mustern den Rucksack. Sie wittern Beute und fühlen Neid, Verdruß, Neugier und so etwa? wie Achtung vor dem Manne, dem es glückte. „Nun, Herr Nachbar, hat? geschafft?" fragt ein verdorrtes Männchen. In seiner Stimme klingen Gelüste. „Na. es geht. Viel ist es nicht." Keiner glaubt ihm daS.„Wer man tut sich eben um. Sonst...1" „So— und die anderen?" wirft eine Frau bitter ein. Der Dicke locht gutmütig. „Ja, was wollen Sie, holen Sie es nicht, holt? ein anderer. Schließlich ist sich jeder selbst der Nächste. Na— und so denkt heilte schliesstich jeder." Die Kinderstimme buchstabiert. „Und als es noch eine Weile gegangen war, kam wieder ein Kind und hatte kein Leibchen an und fror. Da gab eS ihm seins. Und noch weiter, da bat eins um ein Röcklein, das gab es auch hin." „Wie hübsch die Kleine liest," sagt eine Frau halblaut zu ihrer Nachbarin. Die hört dem Kinde zu. Und auch andere hören daS Märchen. „Endlich gelangte es in einen Wald, und eS war schon dunkel geworden." .Ausgeschlossen'." wehrt der Mann am Fenster ab.„Schaffe daS Geld her— dann hast Du morgen die Waren. Abgemacht?" „Abgemacht." Ewer forscht im Gesicht des anderen.
bisher kür alle Ergänzungssieuerpflichiigen auf 50 Proz. der zu entrichtenden Slcuer. Dieser Prozentsatz soll erhöhl werden für d-e Vermögcnsstufe von 6000 bis 20 000 M. aus 100 Proz. Für d.c höheren Vermögensstufen soll die Mehrbelastung wieder an- steigen und der Zuschlag für die Vermögen von mehr als 2 Mil- lionen Mar? 100 Proz. beiragen. Die in Aussicht genommene Erhöhung der Steuer- zu�cbläge ergibt em Mehraufkommen von rund 290, bei der Ergänznngssteuer von rund 110. zusammen also von 400 Millionen Mark. Da die Einkommensteuerzuschläge an kommunale oder andere öffentliche Verbände, insbesondere an die Gemeinden und an die Kirche zusammen etwa 300 vom Hundert des StaatssteuersatzeS ausmachen dürften, stellt sich in der Einkom- mensteuerstufe von mehr als 1 Million bis 1 005 000 M. die Be- lastung einer steuerpflichtigen physischen Person mit Einkommen- steuer aus 27,93 vom Hundert des Einkommens. Dazu kommen die etwaigen Rcalsteucrzuschläge und die verschiedenen Reichssteuern. Ter Fehlbetrag im Haushalt der Eisenbahn- Verwaltung von 2222 Millionen Mark soll teilweise durch eine weitere Erhöhung der Tarife vom 1. April 1919 ab gedeckt werden. Es wird daraus ein« Mchreinnahme von 1436 Millionen Mark erwartet; außerdem ist eine Anleihe von 736 148 743 M. eingestellt. Weimar , 27. März. Der Wirtschaftsausschuß der Nationalversammlung beschäftigte sich gestern mit Fragen deS Verkaufes von Web-, Wirk- und Strickwaren und der Rohstoffversorgung für die Textilindustrie. E.n Antrag wurde an- genommen, wonach die Reichsregierung er sackt wird, durch dos Reichswirtschaftsamt bzw. die Reichsstelle'ür die Textivwirlschait eine Verordnung zu erlassen, die sich'm wesentlichen mil den B.'r» schristen der Bekanntmachung vom 25. Februar 1916 deck.. In Einzelheiten.wurden im Laufe der Debatte Abänderungen ge- wünscht. Der.Vertreter des ReichSwirtfchaftsminifterS stellte den Erlaß einer solchen neuen Verordnung in Aussicht, lieber die Roh- stoffbestände machte ein Regierungsvertreter vertrauliche Mittel- lungen.
Eine sächsische Zrieüenstunögebung. Gegen die Stimmen der Unabhängigen. Dreödcn, 27. März. Tie sächsische Volkskammer nahm heute mit allen gegen acht Stimmen der Unabhängigen eine Enlichließung an, die einen Frieden gemäß den 14 Punkten Wilsons verlangt und erklärt: Unannehmbar wäre eine Ab. trennung von Teilen Westpreußens und OberschlesienS oder deS SaarbeckenS und eine Kriegsentschädigung, die geeignet wäre, den Wiederaufbau des deutschen WirtichaUSlebenS unmöglich zu machen. In den umstrittenen Bedielen PosenS müssen unbeein- flußte Volksabstimmungen stansinden, ebenso muß Deutschösterreich daS Recht der Selbstbestimmung in vollem Umfange gewahrt bleiben. Zum Schluß wird in der Enischließung die sofortige Herausgabe unserer Kriegs- und Zivilgeiangenenen, die sofortige Aushebung der Hungerblockade, unter der Sachsen am schwersten zu leiden habe, und die sofortige Räumung der besetzten Gebiete gefordert.
Wie die„Freiheit" für die Einigung eintritt. Ein MitgljeL der Zentralstelle für Einigung der Soziaidemolratie schreibt uns: Soeben richteten wir die Bitte an die Redaktion der„Freiheit", sie möge aus Interesse zur Sache in ihrer.heutiaen Nummer unter der Rubrik. Parteinachrichten" eine Notiz veröffentlichen, daß der Nordbczirk der Zentralstelle für Einigung der sozialdemokratischen Parteien am Freitag in einem Lokal im Norden ein« Bezirksver- sammluyg abHalt. Zu diesem Zweck ließ ich einen politischen Redakteur an das Telephon bitten. Aus die Frage des Herrn: Wer ist dort? meldete ich mich unter Zentralstelle für die Eini- gung der sozialistischen Parteien und wollte ihn meine Bitte vor- tragen. Der Herr ließ mich aber gar nicht erst ausreden, sondern erwiderte:„Das sind alles große Namen' diese Vereinigung kenne ich nicht. Ist ja alles Blech, ist ja olle« Ouatfchi" und be- endete damit das Gespräch. Ich empfehle diesem Herrn, sich das Buch von Knigge„Umgang mit Menschen" zu beschaffen.
„Hast Du schon Nachricht aus Breslau ?" Der Gefragte nickt, tupft Asche ab und mustert mit einem Streifblick die Nachbarn. Die Gespräche stocken. Draußen wühlt Rauch um die Fenster. Im Wagen ist es ganz still geworden. Nur die Schieber am" Fenster reden gedämpft in verschleierten Stichworten. Und daS kleine Mädchen liest laut in seinem Eifer. ,.Ta kam noch eins und bat um ein Hemdlein, und das fromme Mädchen dachte: Es ist dunkle Nacht, da sieht Dich niemand. Du kannst wohl Dein Hemd weggeben, und zog daS Hemd ab und gab es auch noch hin." Das Kind liest und weiß nichts von der Stille, die ihm lauscht. Das Märchen sprich! wie ein Evangelium der Menschenliebe aus dem hellen Kindermunde. Die Leute, frierend, schlecht geUeidt, hun- grig, Schakale um sich, hören auf die Kinderftimmc und schweigen, seltsam ergriffen. „Und wie eS so stand und gar nichts mehr hatte, fielen auf ein- mal die Sterne vom Himmel und waren lauter hart« blanke Taler.. Da lächeln die Leute einander an. Es rieselt wie silberner Segen ins Schweigen dieser Menschen. Aber es ist nicht das Geld, � an das sie denken. GcldI Sic meinen die rührende Einfalt des Kindes, sie ahnen einen Hauch eines Glückes, nach dem sie sich seh- nen. Und sie wissen, was verloren ging und wieder zu erlernen ist — die Güte, die Hilfsbereitschaft, die Liebe, die Menschlichkeit. Sie sehen in die bellen Augen deS einfältigen, märchengläübigen Kindes und sie schweigen, beladen mit ihrem Neid, Ihrer ScheeljutW. ihrem Egoismus, ihrer Scham. Und irgendwie erhellt und beschenkt. Der Zug hämmert über die Schienen. Im Takte rollt der schweigende Wagen, beladen mit aufgetanen Herzen. „Ja— die Sterntaler könnte man brauchen— jetzt, wenn man rauSgeht auss Land." Der Ticke sagt eS und lacht. Plump fällt eS in das Schweigen wie ein Stein, der den zitternden Spiegel eines Teiches zerbricht.
Notizen. Deutschlands Einwohnerzahl, die Bei Krieg«- beginn 68 Millionen betrug, ist nach einer Berechnung von Tr. Frei- sing in der„Teuischen Meeizini'chen Wochenichiifl" inner balb der bisherigen Grenzen für den Zeiipnnki vom 1. Januar 1919 auf 65 Millionen zu ichäyen. Wird da« Gebiet im Ouen. Westen und Norden lEffaß-Loihringen. Posen, Schleswig ) beschnitten, so bleiben 61,4 Millionen Einwohner Ter Anichluß Dkut'ch. Oesterreich« würde die Zahl im günstigsten Falle aus 70 8, bei staiker Bcschneidung zugunsten der ilawischen Völker aus 63 M il l i« o n e n erhöben. — Sozialisierung der Budapester Privat« theater. Die Räteregientng der ungarischen voltsbeauitraglen bat t'ämtliche Budapester Privat iheaier, Kabarett«, Orpheen ui». als öffentlichen Besiy erklärt. E-ne an« neun Mitgliedern: Schriftstellern. Schauspielern und Regisseuren, bestehende Kommission regelt die zutünftiye Arbeit der Theater, bestimmt auch den Spiel- plan in seinen Hauptrichtungen. In den nächsten zwei Wochen sollen nach Möglich-leit Stücke von revsluiianärem Geiste und sozialistischer Tendenz, und wenn es daran fehlt, llasstjche Werts aufgejüh« werden.