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Der Msturm von rechts unö links.
Nationalversammlung   zu Weimar  30. Sitzung, Donnerstag, den 2 7. März 1319, nachmittags 3 Uhr. Am Ministertisch: Scheidemann  , Schiffer, Graf Brockdorff  , Roste, Gotheln, Bell, David. Auf der Tagesordnung steht der vierte Rachtragsetat für 1918. Ter Nachtragsetat enthält die Anforderungen für den Reichsptäsi- denten(monatlich 199 OVO M. Aufwandsgelder), sowie für das ReichSarbeitSminlsterium und da? ReichZschatzministerium. Der Not- etat sieht die vorläufige Regelung der laufenden Ausgaben für das Rechnungsjahr 1919 vor. Reichöfinanzmintster Schiffer begründet beide Vorlagen unter Hinweis auf ihren vorläufigen Charakter. Abg. Schulz Ostpreußen(Soz.): Jedesmal wenn die politische Entwicklung einen etwas ruhigeren Gang anzunehmen schien, kamen Bedrohungen von innen und außen. Ein Wunder ist es ja nicht, denn die Hoffnung auf schnellen Frieden hat sich nicht erfüllt. Hierfür wäre die Aufhebung der Hunger- b l o ck a d e ein besseres Mittel gewesen, als irgendeine militärische Maßnahme. Tamrt wäre zugleich gegen den Bolschewismus ein wirksamer Damm aufgerichtet worden. Solange der Bolsche- wisnrus sich darauf beschränkt, seine Ideen mit g e i st i g e n Waffen zu propagieren, wollen wir ihm mit geistigen Waffen antworten. Sowie er aber mit Handgranaten zu überzeugen sucht, billigen und verlangen wir, daß der Staat seine s ch ä r f st e n Machtmittel dagegen anwendet. ÖaS gleiche erwarten und verlangen wir von ihm bezüglich der Gefahren, die von rechts drohen. Roch sehen wir nicht die unmittelbare Gefahr einer Gegen- revolution, aber hier heißt es schon den Anfängen entgegenzu- treten.(Sehr richtig! b. b. Soz.) Bei der gestrigen Rede des Herrn Schcidcmann kam von rechts der Ruf:Unwürdig!" Ich nebme an, mit diesem Ausdruck sollten gewisse Straßendemonstra- t i o n e n gekennzeichnet werden. Denn unwürdig ist eS in der Tat, wenn gewissenlose und politisch verhetzte Männer eine Kund- gebung des gesamten Volkes und aller Parteien in aufhetzender und herausfordernder Weise ausnutzen, um erbärmliche politische Geschäfte zu machen, und eZ heißt die Würde des deutschen   Volke? wahren, wenn man ein derartiges politisches Bubenstück abschüttelt. Aber diese Vorgänge vom Sonntag waren nur ein vergleichsweise harmloser Auftakt zu den gestrigen Vorgängen in der Preußi- schenLandesversaminlung. Hier hat Herr v. Kardorff eine aufreizende Rede gehalten, die nichts weiter als die Schilderhebung der Gegenrevolution bedeutet.(Sehr richtig! b. d. Soz.) Ich sehe davon ab, daß er die niedrige Verdächtigung aussprach, sozialistische Agitatoren hätten sich in unehrenhafter Weise an öffentlichen Geldern bereichert.(Sehr richtig! rechts.) Das sagt der Vertreter einer Klasse, die aus der alten Ordnung die größten Profite und ungemessene Reichtümer gszogen hat, und er wagt es gar, Einzelfälle zu verallgemeinern und Ehrenmännern ehrenrührige Vorwurfe zu machen.(Sehr richtig! b. d. Soz.) Dagegen mug ein Wort der leiden schaftlich st enAbwehr gesprochen werden gegen einen anderen Satz, den er ausgesprochen hat:Tie Revolution ist das größte Verbrechen, das je am deutschen   Volle begangen worden ist." (Stürmische Rufe: Sehr richtig! rechts, Unruhe, Lärmen und Pfui- rufe b. d- Soz.) Weiß denn Herr v. Kardorff nicht, daß er damit die Gefühle von Millionen Deutscher(Zuruf rechts: Millionen Verbrecher! Große Unruhe b. d. Soz.) in unerhörter Weise verletzt?(Beifall b. d.®oz.) Wir Sozialdemokraten haben die Revolution nicht gewollt. Wir hätten gewünscht, daß freie Bahn auch ohne die Gewaltsamkeiten einer Revolution geschaffen worden wäre.(Hört, hört!) Revolutionen werden nicht gemacht.(Widerspruch und Gelächter rechts.) Revolutionen kommen wie elenu-ntare Ereignisse. Sobald die Revolution einmal da war, gilt und galt sirr uns Sozial- demokraten. sie den Interessen des deutschen   Volkes dienstbar zu machen. Daran haben wir unablässig gearbeitet seit dem 9. Novem- der, und nur wir konnten es, die Partei des positiven schöpferischen Ausbaues des Sozialismus.(Gelächter und Zuruf rechts: Was haben Sie denn erreicht?) Was haben Sie(nach rechts) denn er- reicht, als Sie sich in den Novembertagen zitternd vor der Revo- lution verkrochen? Wir haben versucht zu retten, was noch zu retten war, und trotz der trüben Gegenwart verzagen wir nicht und wir sind der festen Ueberzeugung: Man wird dermaleinst die Revolution preisen als die große breite Pforte für eine glückliche Zukunft des deutschen  Volkes.(Beifall b. d. Soz.) Leider werden uns immer wieder Knüppel zwischen die Beine gctborftn, wenn wir zur Ordnung zu- rückkehren wollen. Einen der schlimmsten Knüppel hat uns gestern Herr von Kardorff zwischen die Beine geworfen. Es soll keine Drohung, aber eine Warnung sein. Hüten Sie sich, meine Herren, die Sie etwa Kardorffschen Ideen folgen, wir lassen uns die revolutionären Errungenschaften weder besudeln nocb zer- trümmern.(Lebhafte Zustimmung b. d. Soz.) Hüten Sic sich, daß Sie nicht ein« neue Revolution vorberclteu! Die erste ist gezügelt worden durch den deutschen   Sozialismus. Ein zweites Mal könnte«S anders kommen.(Lebhaste Zustimmung b. d. Soz.) An die Regierung richte ich die Frage, ob die Erklärung des russischen Volkskommissars Tschit scher im richtig ist, daß deutsche Truppen den linken Flügel einer großen Offensive gegen Rußland  darstellen, die offenbar im Auftrage der Entente unter- nommen sei. Ich beantrage die llcberweisung des Nachtragsetats an den.Aus, lchuß. Wir wünschen dort nähere Mitteilungen der Regierung darüber, wodurch d:e hohe Summe von 199 999 M. monatlich an Aufwandsentschädigung für den Reichspräsidenten notwendig geworden ist. Wir Sozialdemokraten haben gewiß das größte Ver- trauen, aber wir sehen in einer schlichten und einfachen Gc- staltung der Amtsführung des Reichspräsidenten   eine dringende Notwendigkeit, auch mit Rücksicht auf die jetzige Lage Deutsch  - landS.(Sehr richtig! links.) Die mit dem Amte des ReichSvräsi- denten verbundenen sachlichen Aufwendungen müssen streng g«. trennt werden von dxn persönlichen Aufwendungen. Bei der Beratung des ordentlichen Etats werden wir auch die Frage prüfen, ob an den Ministergehältern nicht Abstriche ange- zeigt sind.(Sehr richtig! links.) Wir wünschen weiter Auf- klärung darüber, warum das Flugwesen jetzt schon privaten Reedereien überlassen worden ist, während es sich dock ganz besonder? zur Sozialisierung eignet.(Sehr richtig links.) Eine Erhöhung der Alters-, Invaliden- und Unfall- reuten und der Unterstützungen der Angehörigen von Kriegs- gefangenen ist notwendig. Wir müssen endlich wieder Ordnung schaffen in unseren Finanzen und in unserem ganzen politischen Leben.(Lebhafter Beifall b. d. Soz.) Reichswehrminister Noske  : Auf die Anfrage des Abg. Schulz wegen der Aeußerung des russtscben Volkskommissars Tschiischerin habe ich zu erklären: Wenn der russische Staatsmann von anstürmenden deutschen   und pol- nischen Truppen gesprochen hat, so entspricht diese Behauptung, so- weit deutsche   Truppen in Betracht kommen, nicht den Tatsachen. l'Hört! hört!) An den Kämpfen im Baltikum sind hauptsächlich lettisch? und littauische Truppen beteiligt. Deutsche   Truppen haben in den letzten Wochen nur eine Operation von ganz gering-
fügiger Bedeutung vorgenommen, die in der Presse zu! Unrecht als ein großer Sieg der deutschen   Truppen über die Russen gefeiert worden ist. Es handelte sich dabei lediglich um die Besetzung einer Bahnlinie auf beschränktem Raum, um den Nach- schub besser sicherzustellen. Seitdem ist ein Stillstand der Opera- tionen eingetreten. Es best.ht zwischen der Obersten Heeresleitung und und der Reichsregierung Uebereinstimmung darüber, daß von den deutschen   Truppen keine Offensivbewegung in Kurlaivd und Littauen unternommen wird. Eine gewisse Siche- rung der deutschen   Ostgrenzen wird leider noch erforderlich sein. aber die Reichsrcgierung ist nur von dem lebhaften Wunsche erfüllt, auch mit Rußland   in Frieden und guter Nachbarschaft zu leben. Abg. Graf v. PvsadowSky(Deutschn.): Das Sozialisierungsgesetz entzieht dem Unternehmer sein Eigentum zu einer Zeit, da es der persönlichen Tätigkeit und Sachkenntnis des Eigentümers bedarf, um den Betrieb wieder ins Leben zu rufen. Die Sozialisierung erfährt eine immer weitere k o m m u- nistische Auslegung und die Regierung tritt solchen p h a n- tastischen Projekten nicht entgegen. Die Besteuerung des Vermögens und Einkommens darf nicht bis zur Enteig- n u n g gehen. Das Eigentum ist die Grundlage jeder Familie, jedes geordneten Staatswesens, jeder geordneten Gesellschaft; aus dem Gefühl, daß das Eigentum heilig und gesichert ist, beruht unser ganzes wirtschaftliches Leben.(Sehr richtig! rechts.) Das Experiment der Sozialisierung und die Aeußerungen der Re­gierung über die Steuerpolitik haben weite Kreise tief be- unruhigt.(Sehr richtig I rechts.) Diese Kreise sagen, wozu sollten sie sich abarbeiten und Geld in wirtschaftliche Untcrnehmun- gen stecken, wenn der Gewinn durch Besteuerung ihnen wieder ent- zogen wird?(Sehr richtig! rechts.) Der Ministerpräsident hat gestern die Teilnehmer der | Versammlung im Zirkus Busch hart angegriffen. Kann der Ministerpräsident sich wundern, wenn unter den Verhältnissen der Revolution man sich in weiten Kreisen des Volkes nach dem Zustand vor der Revolution zurücksehnt? (Sehr gut! rechts. Rufe links Kriegsgewinnler!) Wenn die Re- gierung die Arbeiter- und Soldmenräte nicht aus den: Staatsleben ausschaltet, so werden bald die Füße derer vor dem Hause stehen, die diese Re- gierung hinaustragen werden. (Sehr wahr! rechts.) Das deutsche   Volk fühlt sich um die Hoffnung auf einen gerechten Frieden, die ihm die Revolutions- regierung gemacht bat, betrogen, ganz von selbst fordert die Gegenwart die breitesten Kreise des Volkes zum Vergleich mit früheren besseren Zuständen heraus. Die T a t s a ch'e n sind es, die gegenrevolutionär wirken, nicht reaktiv- näre Verschwörungen.(Lebhafter Beifall und Zustimmung rechts.) Jene Umzüge wollten auf der Straße nichts anderes ausdrücken, als was vorher im Zirkus Busch erklärt wurde: Den leiden- schasttichen Protest gegen die Zerstückelung des Deutschen Reiches! Diesem Willen gab sie elementar Ausdruck durch die Erinnerung an die alte Zeit, in der eine solche Zerstückelung«unmöglich gewesen wäre.(Sehr richtig! rechts.) Daß Ge'neral Ludeildorffnicht zufällig" auf der Straß« war(Zuruf b. d. Soz.: Nein, zufällig nicht) oder gar die Ovationen der Teilnehmer absichtlich herbeigeführt hätte, ist eine nachweislich unwahre Unterstelluna.(Widerspruch, Lärm und Zurufe bei den Sozialdemokraten: Das glauben Sie doch selber nicht!) Aus der Rede des Herrn Ministerpräsidenten und aus der Rade des Vertreters der Sozialdemokratie ging gegen- über der Rechten ein Zug der Drohung hervor. Ich kann der Regierung und den Mehrheitsparteien der Linken versichern, daß wir un? durch keine Drohung abhalten lassen ioerden, unsere politische Pflicht zu tun, und die Regierung zu bekämpfen, wo wir der Ansicht sind, daß sie schädlich durch ihre Maßregeln wirkt. (Lebhafter Beifall reclFs.) Dr. Pachnicke(Dem.): die Kriegsfinanzen ist ein politisches Sie legt überreichlich dar, was ein un- An diesen Ziffern darf kein Politiker und Historiker vorübergehen. Besonders empfehle ich das Äudium dieser Denkschrift den Alldeutschen angesichts der Unheil- vollen Rolle, die sie während des.Krieges und auch schon vor dem Kriege gespielt haben.(Sehr richtig! links.) Graf Posa- dowsky wird einmal gründlich prüfen müssen, warum sich die Dinge so anders entwickelt haben.(Sehr richtig! links.) Eine Hauptursach« der Revolution war, daß die Parteien, deren Wort- tübrer er ist, die inneren Wandlungen nicht begreifen wollten, die sich während des Krieges in der geistigen Verfassung unseres Volkes vollzogen hatten und vollziehen mußten, daß diese Parteien alle Zugeständnisse in der inneren Politik jahrelang verweigert hatten(Sehr wahr! links), und daß sie isinen erst abgerungen werden konnten, als eS zu spät war.(Lebh. Zustimmung links.) Wir hoffen, daß der L u f t p o st d i c n st nach allen Richtungen Deutschlands   möglichst bald durchgeführt wird und erwarten eine zweckmäßiqc Entscheidung der Frage, wieweit in diesem Betrieb die private Initiative beizubohalie» ist. Wir haben in der Rede des Mi-nisterpräsidenten Scheide mann nichts Un- würd'igeS und auch nichts Ungeheuerliches gefunden. Er hat die monarchistische» und militaristischen Demonstrationen mit Recht verurteilt CBeifall links), wenn er in dieser Zurückweisung eine gewisse Schärfe gelegt hat, so ist das bei der Lage, in der wir uns befinden, wohl begreiflich.(Beifall links.) Graf PvsadowSky ist nicht berechtigt, seine Erklärung im Namen des deutschen Volkes abzugeben.(Lebhafte Zustimmung links.)-Jetzt ist der Augenblick nicht gekommen, Herr Graf PosadowSky  , um für ein« überwundene StaatSform zu demonstrieren.(Sehr richtigl links.) Abg. H-ase(U. Soz.): Me Auswandsentschädigung für den Reichspräsidenten erscheint uns reichlich hoch. Der Notetat stellt uns vor die Frage, ob wir der Regierung unser Vertrauen schenken können. Die polt- tischen Zustände sind schlimmer als in der KriegSzeit. Der Belagerungszustand herrscht in vielen Städten und die außer- ordentlichen Kriegsgerichte sind bei der Arbeit. Für nationalistische Kundgebungen ist die Straße frei. Unabhängige Versammlungen aber werden vevbotcn. Wesb-'b wurden die.Freiheit" und' die Republik  " verboten? Die RegienrngStruppen pfeifen aus Gesetz und Verfassung. In Berlin   sind in den letzten Wochen über tausend Personen verhaftet worden. Angeblich besteht ein Befehl Noskes, wonach alle Mit- avbeiter derRoten Fahne" und alle maßgebenden Mitglieder der kommunistischen   Partei verhaftet werden sollen.(Hört! hört! bei den U. Soz.) Das Material für die Verhaftungen liefern die alten Polizeispitzel. Die Denunziationswut hat einen Um- sang angenommen, wie in der Zeit des Verfalls des römischen Reiches.(Widerspruch.) In Berlin   hatte jeder Soldat das Recht jeden niederzuknallen, den er mit der Waffe kämpfend antraf.! (Lärm bei den U. S.  ) Wehrlose Gefangene, die sich schon ergeben I hatten, sind niedergeschossen worden. Es sollte eben kein Pardon t
Abg. Tie Denkschrift über Dokument ersten Ranges. glücklicher Krieg bedeutet.
gegeben werden. Das ist eine Barbarei. Hunderte von Per- sonrn sind gegen das Gesetz hingerichtet worden.(Pfuirufe bei den U. Soz.) Ueberall wohin die Truppen kommen, entsteht Unruhe. (Lachen.) Der Anlaß zu dem Noskeschen Erlaß war das Märchen von Lichtenberg  . Es war kein Spartakusputsch, sondern in Berlin   ist es nur deshalb, zu Kämpfen gekommen, weil die Volks- marinedivision und die Republikanische Soldatenwehr sich gegen- über den Freiwilligentruppen benachteiligt hielten.(Sehr richtig! oei den U. Soz.) Reichswehrminister Noske  : Die Antwort, die Major von Gilsa dem Abg. Haase gegeben hat, war von mir verfaßt. In der Antwort ist festgestellt, daß die Freiheit" in gemeingefährlicher Weise die an sich schon gereizt« Stimmung der Berliner   Bevölkerung dauernd weiter schürt. Das weiß jeder Leser des Blattes. Nur Herr Haase weiß das nicht. Bei nächster Gelegenheit wird ihn mit einem Stfmif Zitate gedient werden. Nun zu Halle. Der Eisenbahnverkehr zwischen Berlin  und Weimar   war lahmgelegt. Der Streik hatte das Ziel, die Regierung und die Nationalversammlung   zu stürzen. Eisenbahnschienen waren aufgerissen, ein zuchthauswürdiges Ver- brechen. Wenn solche Verbrechen gegen die Regierung und gegen die Nationalversammlung   verübt werden, i'o ist das für Herrn Haase eine Wonne.(Sehr richtig!) Wenn bei der Abwehr dieser Ver- brechen Dinge vorkommen, die wir alle beklagen, dann vergießt Herr Haase Tränen. In Halle kam es darauf an, den Bahnverkeho schnell wieder herzustellen. Dabei ist Oberstleutnant von Klueber in bestialischer Weise ermordet worden.(Pfuirufe.) Andere Ossi- ziere wurden schwer mißhandelt und das unabhängige Blatt in Halle stellte mit Bedauern fest, daß einer dieser Offiziere entwischt sei. (Pfuirufe.) Wenn solche Gemeinheiten vorkommen, darf sich nie- mand wundern, wenn entsprechende Gegenwirkungen ausgelöst werden.(Sehr richtig!) Das bedauern wir, lehnen die Verantwortung dafür aber ab. Wie wird denn mit den Arbe�rn Schindludcr gespielt, nur zur Förderung der pontischen Ziele des Herrn Haase? Eine Bergaobeiterkonferenz in Halle hat festgestellt, daß eS zum General- streik in Mitteldeutschland   nicht gekommen wäre, wenn die Berg- arbeiter von den Unterhändlern nicht belogen und be- trogen worden wären.(Stürmisches Hört! hört!) Also, man belügt und betrügt die Arbeiter. Man hetzt sie in gewissenlose Streiks hinein, die daraus hinauslaufen, daß jeder Tag neue Stock- schlage auf den Magen des Arbeiters bedeutet, und dann stellt sich Herr Haase wieder hin und vergießt Tränen.  (Sehr gut!) Sogar gegen die Nationalversammlung   sollen sich die Regierung?- truppen vergangen haben! Wenn in den Wohnungen der Herren Haase und Cohn Haussuchungen stattgefunden haben> so liegen ihre Häuser in einem Häuserblock, in dem alle Wohnungen nach Waffen durchsucht wurden..Haussuchungen sind peinlich und unerwünscht. Wenn tagelang der Bürgerkrieg tobt/ kommen eben üble Dinge vor, die wobl niemand verteidigt. Dem Verlangen nach einer Unter- suchngskomm'ission ist stattgegeben worden, aber Herr Haase ist mit seinem Urteil schon fertig, bevor die Untersuchungskommission nur eine Sitzung abgehalten hat. In Berlin   war höchste Gefahr im Verzuge. Das Leben von Zehntausenden von Menschen stand auf dem Spiel. Ich war verpflichtet, dazu beizutragen, um wieder Ord- nung und Sicherheit zu schaffen. Da gelten Paragraphen nicht, da gilt lediglich der Erfolg, der war auf meiner Seite.(Widerspruch, Unruhe und Zurufe bei den U. Soz.) Seit November haben Sie es sich angelegen sein lassen; in klarer Erkenntnis der folgen, die nicht ausbleiben konnten, trieben Sie Ihre Leute zum Streik und zum Bürgerkrieg. Um so mehr wundere ich mich, daß Si»(zu den U. Soz.) hier in diesem Saale  , wo Sie Immunität genießen, nicht einmal den Mut haben, sich zu Ihren-Taten offen zu bekennen. (Unruhe und lärmende Zurufe bei den U. Soz.) Statt dessen sitzen die Herren jetzt hier und reden von ihrer Schuldlosigkeit und be- klagen das Grauen und die Schrecknisse des Bürgerkrieges. Die beklage ich auch, aber ich klgpe an die Brandstifter, und das sind Herr Haase und seine Freunde. Auf ihr Haupt kommt das Blut, das vergossen worden ist.(Stürmischer Beifall und Händeklatjcken, Unruhe und Lärmen und Zischen bei den U. Soz.) Präsident Fchrenbach: Es verstößt gegen die Ordnung des Hauses, ein Mitglied dieses Hauses als Brandstifter zu bezeichnen. (Zurufe bei den U. Soz.: DaS berührt uns nicht.) Ich muß diesen Ausdruck rügen. Nach einer Rede deS Abg. Becker(D. Vp.) spricht Ministerpräsident Scheidemann  : Man hat sich über meinen Ton beschwert. In Wirklichkeit hat den Herren der Inhalt meiner Rede nicht gefallen.(Wider- spruch und Zurufe rechts: Nein, der Ton, der Ton!) Ich soll die Vorgänge vom Sonntag aufgebauscht haben.(Sehr richtig! rechts.) Man lese nur dieDeutsch  « Zeitung" nach. Ich habe keinen Haß gegen Ludendorff  . Wer gibt irgend jemandem das Recht, so etwas zu behaupten? (Lachen rechts.) Ich bekämpf« nur die politische Rolle, die einzelne dieser Herren spielen. Das ist meine Pflicht.(Zustimmung links.) Auch mein Wort vomgenialen Hazardeur" war keine Beschimpfung.(Widerspruch rechts.) Ich habe dieses Wort von ihm selbst entlehnt. In dieser?lrt Ihres Widerspruchs liegt eine gewisse Dreistigkeit, um den Gegner zu ver- bluffen.(Lärm rechts.) Ich habe auch die Offiziere nicht be- schimpft, sondern immer nur von einem Teil der Offiziere gesprochen. In meiner Rede steht überhaupt nichts, was zu irgend einem Vorwurf berechtigen könnte.(Lachen rechts.) Wir haben wirklich nicht danach gelechzt, einen Sündenbock vor den Staatsgerichtshof zu schleppen. General Ludendorff   hat den Ge- richtshof ja selber verlangt. Wir hatten uns mit der Frage längst beschäftigt. Nach den Vorkommnissen vorn Sonntag aber haben wir uns gesagt, wenn er es selber verlangt, dann soll er eS haben. ebenso wie Bcthmann es verlangt hat. Man bleibe mir also fort mit der Entrüstung über meinen Ton, in der man sich nur ergeht, um draußen die Wirkung zu erzielen, als ob ich ein aus- gemachter Rüpel wäre.(Heiterkeit.) Die Republik   gibt jedem Meinungsfreiheit, aber Vorrechte, wie sie die Spar- takisten und die Herren um PosadowSky fordern, können niemanden eingeräumt werden.(Beifall links, Lachen rechts.) Reichs-minister Erzbcrgcr bleibt gegenüber einer Behauptung deS Slbg. Haase dabei, daß in einer Kabinettsitzung, in der auch die Unabhängigen in der Re- gierung anwesend waren, die Notwendigkeit eines gemein- samen Kampfes Deutschlands   und der Alliierten gegen den Bolschewismus betont wortden.'und daß eine entsprechende Note an die Alliierten gerichtet worden ist.(SörtI HörtI) Abg. Haase: Herr Erzberger   irrt, ich weiß von dieser Note nichts. Ich habe sie erst in der Presse gelesen und sofort be- anstandet. ReichSminister Erzberger  : Von einem Protest Haases gegen die Note ist nichts bekanntgeworden. Meine Darstellung ist richtig. Es ist kein Irrtum möglich.(Hört! Hört!) Abg. Haase: Das Auswärtige Ami hat häufig selbständig Noten herausgegeben, von denen wir keine Kenntnis hatten. Die Vorlagen gehen an den Haushaltsausschutz. Nächste Sitzung: Freitag, nachmittags 3 Uhr.(Anfragen, kleine Vorlagen, Verordnungen.) Schluß gegen 9 llhr.