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Nr. 22936. Jahrgang

Groß- Berlin

Beilage des Vorwärts

Die Vollversammlungsfrage der A.- und S.- Räte. Dem Vollzugsrat Groß- Berlin wurde am Montag folgendes

unterbreitet:

ab:

fern."

Erklärung

1. Die gegenwärtige Zusammenschung der kommunalen Ar­beiterräte Groß Berlins ist unhaltbar. Sie entspricht nicht im mindesten den Grundsäßen des Rätesystems.

2. Ein Polizeipräsidert tann niemals zugleich als tommus naler Arbeiterrat tätig sein. Die fommunalen Arbeiterräte sind berufen, die Stadtverwaltungen zu kontrollieren. Die Bolizei­verwaltung ist ein Teil der Stadtverwaltung. Der Vorsteher dieser Verwaltungen( der Polizeipräsident) tann also nicht in seiner Person den Kontrolleur und den zu Kontrollierenden bereinigen.

3. Die Bestimmungen über die Wahl der kommunalen Ar­beiterräte sind unflar und lassen Unzuträglichkeiten, wie die vor. ftebend festgestellte, zu, und folange diese Bestimmungen nicht flar gefaßt sind, muß sich jeder mit den daraus entstehenden Unzu­träglichkeiten abfinden

Preußischer Hausbesitzertag.

Dienstag, 6. Mai 1919

Der Mai- Jugendtag. noffenschaften. Am wirksamsten seien ihre bevechtigten Inter­An 80 Treffpunkten traf sich in Groß- Berlin die arbeitende effen in den Stadtschaften gewahrt. Das landschaftliche Jugend, um sich mittags am Bahnhof Köpenid zu sammeln. System, dem die Stadtschaften zum Teil nachgebildet feien, ent­Hier wurde ein imposanter Bug formiert; die einzelnen Abtei- spreche allen Anforderungen, die durch Sozialisierung lungen führten Schilder mit. Zahlreiche rote Fahnen mit und des Grundkredits erreicht werden fönnen. Eine beffere ohne Inschrift waren im Buge. Außerdem wurden Schilder mit Sozialisierung sei nicht denkbar. Mit diesen Ausführungen deden Inschriften, welche Forderungen der Jugend enthielten, sowie fich die Leitfäße des Verbandsvorstandes. Sie wurden gebilligt Inschriften: Proletarierjugend, vereinigt Euch!" u. a. getragen. mit der Einschränkung, daß die Hinweise auf die Sozialisierung Ein Referat bon Baumert über den Die Vollzugsratsmitglieder der S. P. D. werden beauf­Auf der malerischen Spielwiese bei Saulsdorf- Süd fand die gestrichen wurden. Entwurf einer Landesbaupolizeiverordnung" tragt, im Vollzugsrat dahin zu wirken, daß der Beschluß der Feier statt. Nach einem von der Mandolinenkapelle stimmungs­Bollversammlung betreffs des Genoffen Richter wieder aufge- boll vorgetragenen Lied hielt Gen. Dr. Rich. Lohmann eine bezeichnete die vom Staatskommiffar für das Wohnungswesen fo= hoben wird. Wird die Aufhebung dieses Beschluffes von den Wit- zündende Ansprache an die Jugend. Verschant wurde der Tag durch eben veröffentlichte Wiusterbaupolizeiordnung als sehr wohl ge­gliedern der U. S. P. und K. P. D. des Vollzugsrats in ihren einige vom Gen. Sturm vorgetragene Rezitationen, sowie von eignet, die Grundlage eines Baugesezes für Preußen Fraktionsversammlungen nicht erreicht, bleiben sowohl die Mit Köpenider Jugendgenossen aufgeführten Bolfstänzen. Nachdem abzugeben. Dagegen erscheine nicht empfehlenswert, derartige glieder des Vollzugsrats wie die gesamten Arbeiter und Sol- die einzelnen Abteilungen noch im Sport ihre Kräfte gemessen umfangreiche Bestimmungen nur für Bezirke als bloße Bolizei­berordnung zu erlassen. Jedenfalls sei ein Baugesetz für ganz datenräte der S. P. D. und D. P. D. den Vollversammlungen hatten, erfolgte abends der gemeinsame Abmarsch nach Köpenid. Preußen dringendes Bedürfnis. In ihm sei ein Baurecht für Auf dem Edloßplatz sprach ein Jugendgenosse mit jugendlichem den Grundbesitz zu schaffen, damit besonders Bau von Eigen­Nach längerer Aussprache gaben die II. S. P.- Mitglieder des Idealismus von der Einheitsfront der proletarischen Jugend, bom häusern und eine Ansiedlungen erleichtert und ge Vollzugsrats folgende Wachsen und Erstarken der Betwegung und schloß mit den Wor­ ben : Wir sind nicht tot, wir leben". In das Hoch auf die inter - fördert wird. In diesem Sine äußerten sich auch die Leitsätze des Verbandevorstandes. Stadtverordneter Bissing Berlin be­nationale Jugendbewegung wurde begeistert eingestimmt. mängelte, daß viele rigorose Bestimmungen in dem Verordnungs­entwurf stehen. Als Grundlage eines Baugesetes tönnte er nur dienen, weim wesentliche Bestimmungen gemildert würden. Am Montag tagte ber Preußische Landesverband Bissing beantragte Einfügung dieser Bedingung in die Leitsätze. der aus, und Grundbesiberbereine Der Ver Andere Redner äußerten Bedenken gegen sofortige Stellungnahme treter des Staatstommiffars für das Wohnung zu dem Entwurf, und die Beschlußfassung hierüber wurde dann mesen Geb. Regierungsrat Pringen versicherte, daß der ausgesetzt. Angenommen wurde die Erklärung, die ein Bau­Staatskommissar auch die Tätigkeit der Hauslefiberbereine mit gese für Preußen als dringendes Bedürfnis be­regem Intereffe verfolgt. Es tönne vielleicht scheinen, daß die zeichnet. Eine Kommission soll die Angelegenheit meiterbearbeiten. preußische Wohnungsbehörde eine Behörde nur für Mieter Den letzten Teil der Tagung bildete die Diskussion über den Vor­und nicht für Hausbesiger jei. Das ist begreiflich, weil trag Oehmes. Stadtverordneter Ladendorff Berlin eröff­jetzt Wohnungsmangel herrscht, der die Tätigkeit des Wohnungs- nete fie mit der Klage, daß die Presse und besonders der Vor­Fest= fommissars start in Anspruch nimmt. Aber wir vergeffen in feiner märts" immer wieder über Mietswucher schreibt. Weise, daß die Bedürfnisse der Mieter nur durch einen leiftungsstellungen hätten engeben, daß die Behauptungen untvahr seien. fähigen Hausbesitz befriedigt werden können. Wir werden die( Uns ist von solchen Feststellungen" nichts bekannt. Red. d. Interessen auch der ausbesiber berüdfichtigen Vorm.) Die Zusammensetzung der Gemeindeparlamente nach und absolut paritätisch vorgehen. Der Vorfißende Juftigrat politischen Gesichtspunkten bereitet dem Demofraten" Laden Baumeri- Epandau erwiderte, er hoffe, daß die Mietervereine borff schwere Sorge; er erwartet Ruinierung der Großstädte durch nicht mehr Würdigung finden als die Hausbesiterbereine. Im die Kosten der von den Sozialdemokraten geforderten Reformen. übrigen müffe man danach streben, zu einem friedlichen Verhält. Im übrigen tröstet er sich mit der Hoffnung, daß einstweilen die nis zavischen Hausbesitzern und Mietern zu tommen. Gin Referat Sozialisierung des Grundbesißes noch nicht zu be­des Oberregierungsrats a. D. Fuhrmann. Weimar über fürchten sei. Generalsekretär Diefte Charlottenburg ha in Die Aufteilung Pre ußens" wandte fich gegen die Be Anbetracht des Programms der Sozialdemokratie starte Zweifel, strebungen, die auf Losreizung einzelner Landesbeile von dem ob in den Kammern der Arbeit die Interessen" auch der Unter­preußischen Staatsförper oder auf eine Aufteilung Preußens in nehmer und somit auch der Hausbesitzer gewahrt sein würden. andere selbständige Gliedstaaten( Republiken) gerichtet sind. Beit Herr van der Borghi vom Echutverband für den deutschen fäße in diesem Sinne wurden angenommen. Schriftsteller Grundbefiz bekannte offen: Wir verlangen für uns die Mitwir Oehme referierte über Die neue Gemeindeverfaftung durch berufsständische Vertretung, um zu verhindern fung und die neue Gemeindeverwaltung Breu daß wir zur sozialistischen Wirtschaft im eigentlichen Er mies darauf hin, daß es doch en 3". Er wolle die Hausbesitzer über das Ratesystem und Sinne des Wortes tommen. deffen Bedeutung auch für den Grundbesi belehren. noch feine Sozialisierung" fei, menn Unternehmer und Arbeiter In gewiffer Weise sei es paradox, vor Vertretern des Haus- und oder Hausbesiber und Mieter zusammenwirken. Im Schlußwort Grundbesibes über die Frage des sozialistischen Rätesystems au hob Deh me herbor, felbstverständlich sei das Rätesystem nur sprechen. Aber die wirtschaftliche Enitvidelung strebe zur fogia- ein Weg zur Sozialisierung. Für den Neuaufbau der Wirtschaft Die Fraktion der U. S. P stellt an der Hand des stenographi - listischen Wirtschaft hin, auch in Unternehmerfreisen redne man müsse nicht das Interesse des Unternehmers oder Arbeiters, son­schen Protokolls der Vollversammlung fest, daß fein Antrag immer mehr mit der Sozialisierung und sie fom me.( Wider dern nur die Produktion als solche maßgebend sein und das auf Ausschluß des Polizeipräsidenten Richter gestellt worden ist, spruch.) Wir lehnen jebe Form der wilden Soziali folle durch die Kammer der Arbeit erreicht werden. Gegen sondern nur ein Protest vorgelegen hat. Der Vorsitzende hat den fierung ab, sagte Cehme. Wir find gegen jede Sozialisie Sie Leitfäbe erhob der Hausbesikertag feinen Widerspruch. An­Protest als Antrag aufgefaßt und irrtümlich als Antrag zur rung, die den Interessen einzelner Erwerbsgruppen dient. Wir träge, die eine Berufungsinstang gegen Beschlüsse der Miet Geschäftsordnung zur Abstimmung gebracht. Dadurch ist eine Verhalten das für die allerschwerste Gefährdung der einigungsämter und Begründung ihrer Erfenntnisse for­wirrung innerhalb der Versammlung entstanden, die dann den sozialistischen Wirtschaft überhaupt. Nötig Nötig ist dern, wurden dem Vorstand übertviesen. In der Satzung wurde Beschluß zur Folge hatte. Aber auch wenn ein Antrag auf Aus eine Vereinigung der Konsumentenintereffen mit den Produs die Bestimmung, daß alle politischen Parteifragen aus­schluß des Polizeipräsidenten Richter gestellt worden wäre, durfte genteninteressen, und die Lösung fehen wir in den Kammern geschlossen fein follen, gestrichen. Mit diesem Zugeſtändifie er nicht im Rahmen der Geschäftsordnung behandelt, sondern mußte ber Arbeit. Nur durch die in ihnen verwirklichte Stooperation an die neue Zeit schloß der Haustefibertag. sur Distussion gestellt werden, wobei nach einem bereits bestehenden aller Produktionsschichten ist der Wiederaufbau der Wirtschaft Beschluß der Vollversammlung dem Angeschuldigten die Möglichkeit möglich. Eine der wichtigsten Fragen für den Wiederaufbau ist einer Rechtfertigung gegeben werden mußte. die Wohnungsfrage Refilofe Sozialisierung halte ich auch Der Vollzugsrat ist der Meinung, daß durch eine erneute Aus- ba für nötig( 8uruf: Weil Sie nichts davon verstehen!) Auch Eine Norrespondenz berichtet: Die vom Reichsamt des Innern sprache in der Bollversammlung dieser Zwischenfall ohne Schwierig der Hausbesitz ist ein Broduktionsfaltor unserer Wirtschaft und eingesetzte Untersuchungsfommission hat feststellen müssen, daß das teiten erledigt werden tann. muß als solcher gewertet werden.( Beifall.) Der Verbandsbor- ganze Reichstagsgebäude von 2äusen verseucht ist. Die zunächst Diese Erklärung wurde dann den Fraktionen überwiesen. stand legte Leitsäße vor, die im Hinblid auf die Reugufam in Anvendung gebrachten Mittel haben sich als wirtungslos er= Die nächste Vollversammlung findet am Sonnabend, den menseßung der Parlamente nach neuen Wahlrechten eine leber- wiesen, da die Säle au hoch sind, um gänzlich von den Desinfet 10. Mai, statt. Ale 1. Punkt der Tagesordnung ist die Erledigung machung der Gemeindeverwaltung durch fommunale Arbeiterräte tionsbämpfen erfüllt zu werden. So ist denn über den Reichstag des Antrags der S. P. D. vorgesehen. ablehnen, aber berufsständisch aufammengefeßte irischaft& eine Sperre von vierzig Tagen verhängt worden. Die im Gebäude Des weiteren nahm der Vollzugsrat Stellung zu ber Entbetriebe zur Vertretung wirtschaftlicyer Interessen der Ein- wohnenden Angestellten mit ihren Familien haben den Reichstag schädigung der Arbeiterräte. Die Verordnung des wohner neben dem Gemeindeparlament afzeptieren. Solche verlassen müssen, in dem sich lediglich noch ein von der Straße zu Finanzministeriums vom 13. Januar hat erhebliche Unflarheiten Wirtschaftsbeträte müßten fich jedoch aus allen Schichten ber ar- erreichendes Bureau befindet. Die Sperre dürfte nach Ansicht der geschaffen, sodaß sich ein Teil der Unternehmer weigert, die durch beitenden Bevölkerung zusammensehen. Auch der Hausbefizer Sachverständigen genügen, um das Ungeziefer a bsterben zu Die Tätigkeit der Arbeiterräte entstehenden Kosten zu übernehmen. leifte durch Vertvaltung seines Hauses produktive nübliche Arbeit. laffen. Die in dem Gebäude angerichteten Schäden werden auf Der Vollzugsrat wird erneut mit dem Finanzministerium über die Jm weiteren Verlauf der Tagung referierte Justizrat Bauüber eine halbe Million Mart geschäßt. Jm ehemaligen Bundes­Frage verhandeln und glaubt dadurch eine schnelle Entscheidung mert Spandau über Die 3utunft des Realkredits". ratsjaal find allein 20 Ledersesset, deren Anfertigung im Frieden herbeiführen zu können. Sozialisiert" hätten die Hausbesitzer schon längst in ihren Ge- pro Stüd 2500 m. toftete, abgelebert" worden. Außerdem sind die

4. Da die Wahl eines Polizeipräsidenten als tommunaler Arbeiterrat den elementarsten Grundfäßen des Rätesystems ins Gesicht schlägt und dagegen Protest eingelegt werden muß, kann ein Polizeipräsident nur so lange Mitglied der Vollversammlung sein, bis seine Wahl rückgängig gemacht worden ist. Solange das nicht geschehen ist, kann er nicht aus der Boliver sammlung ausgeschlossen werden. Der fommunale Ausschuß des Vollzugsrats wird beauftragt, dahin zu wirken, daß bei der Zusammensetzung der kommunalen Arbeiterräte teine groben Verstöße gegen den Rätegedanken berübt werden. 5. Der Antrag der S. P. D. und D. P., der von den Frat­tionen der U. S. P. D. und K. D. P. eine Aufhebung des Be schlusses der letzten Vollversammlung berlangt, ist un annehm bar, da Beschlüsse der Vollversammlung nur von dieser, niemals aber ron Fraktionen aufgehoben werden können. Es muß der nächsten Vollversammlung überlassen bleiben, zu dem Antrag der S. P.D. und D. P. Stellung zu nehmen.

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Ein Doppelgänger.

Erzählung von Theodor Storm .

,, Sehr wohl, Herr Bürgermeister; aber sie waren vordem zusammen im Buchthaus; es dürfte nicht ohne Bedeutung zufammen im Buchthaus; es dürfte nicht ohne Bedeutung sein, daß sie auch hier gleich wiederum zusammenstehen.".

Aber der Bürgermeister schüttelte den Kopf. Er hatte John im Winter ein kleines Darlehen gegeben und es in diefen Frühlingstagen zurüderhalten. Nein, Lorenzen," sprach er, stören Sie mir den Mann nicht; den fenn ich besser: auch hat er Arbeit jekt, die er nicht aufs Spiel fezen wird. Und nun lassen Sie den Wenzel kommen!"

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Schande!"

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Der Reichstag verlauft!

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So war das Ende des August herangekommen und ein in der ihren, bis auch die kleinen Finger sich lösten und das Abend, wo für den anderen Tag fein Mundvoll mehr im rubigere Atmen den festen Schlaf bekundete. Hause war. Er saß am Bette seines Kindes, das schon mit Er blieb noch immer sizen; das erste Viertel des Mon­dem Schlafe kämpfte, und sah starr auf das liebliche Gesicht des war heraufgekommen und schimmerte trübe in die lein; aber so ftill er saß, er mußte vor Angst nicht, wo er Kammer. Der Mann starrte in Verzweiflung auf sein Kind: mit seinen Gedanken bleiben sollte. Da, als das Kind die was sollte er beginnen? Bur Sparkasse?- Aber wer würde tine!" aber er stodte einen Augenblic; Christine," sagte um ein Darlehen bitten und das im hohen Sommer?- Augen zu ihm aufschlug, brach es auch ihm hervor: Chri- für ihn Bürgschaft leisten? Zum Bürgermeister gehen und er nochmals ,,, könntest du wohl betteln?" Im Winter hatte er es getan; er wußte genau die Zeit: die Betteln!" Das Kind erschraf über das Wort. ,, Betteln, Bretter des Brunnens waren verbrannt und die Rammer Bater?" wiederholte fie; wie meinst du?" Die Kinder- wieder falt gewefen. Der Bürgermeister hatte es ihm da­mals auch gegeben; aber die scharfen Augen des alten Herrn augen waren plöglich erregt auf ihn gerichtet. Sch meine," sagte er langsam, aber dentlich, au frem- batten ihn so seltsam angefehen. Damit Er nicht wieder den Beuten geben und sie um einen Sechsling oder noch in Versuchung komme, John!" hatte er dabei gesagt; ihm weniger um einen Dreiling bitten, oder um ein Stüd Brot." aber hatten plötzlich die Beine unterm Leib gezittert. Ob Dem Kinde stürzten die Tränen aus den Augen: ,, Bater, denn der Bürgermeister von jener Sache wisse oder nur Ge­Dem Kinde stürzten die Tränen aus den Augen: Bater, warum fragit du so? Du jagtest immer, betteln sei eine danken habe, frug er sich jetzt; dann fiels ihm auf die Bust, er war ein Züchtling, dem wird alles zugerechnet; weshalb war denn seitdem schon immer wieder feine Arbeit für ihn dagewesen? Wie eine drückende Wolfe fühlte er den Ver­dacht ob seinem Haupte schweben. Das geliehene Geld zwar hatte er zurückgezahlt; aber, nein nicht noch einmal zum - Nebenan im Garten des Tischlers Bürgermeister!- standen wohl noch ein paar Reihen Kartoffeln, sie schienen ganz vergessen zu sein aber Sohn biß die Zähne zusammen: er hatte durch ihn sein totes Weib begraben tönnen. Einen Augenblid entflohen ihm die Gedanken; sie hafteten dort, wo der Ofen stand, wo ein schwacher Mondschimmer auf dem Messingfnopfe schimmerte. Sanna!" murmelte er ,,, du bist schon recht gestorben!" Wie in unausdenkbarem Elend streckie er die Hände mit ausgespreizten Fingern vor sich hin; aber die Bilder in seinem Stopfe wechselten, und die des Hungers waren doch die stärksten. Da plöglich streckte fich ein weites Kartoffelfeld vor seinen Augen; es war draußen auf dem Felde neben den von ihm beraubten Brunnen, der jetzt in einem hohen Wehrenfeld verborgen stand. Die Kartoffeln waren noch immer nicht aufgenommen; andere Feldarbeit war im Wege gewesen. Nur ein paar Bülte!" murmelte er ,,, nur um einmal satt zu werden!" Etwas von dem Trot der Ausgestoßenen fam über ihn: ,, Es kann ja morgen wieder Arbeit fommen wenn nicht, so muß ichs mit dem lieben ( Forti. folgt.) Gott versuchent"

Er antwortete nicht; aber ihr war, als fühlte sie ihn schluchzen, als er feinen Kopf gegen ihren Fleinen Körper barg. Da wischte sie sich die Tränen vom Gesicht: und als fie eine Weile wie grübelnd dagelegen, brachte fie ihren kleinen Mund zu seinem Ohr. Bater!" flüsterte sie leise.

,, Befehlen," sagte der Gendarm und drehte sich militä. risch nach der Tür. Aber die Zurückweisung seiner so wohl ausgesonnenen Schlüsse auf John Glückstadt hatte heimlich ihn ergrimmt. Drum erzählte er noch am selben Tage Arbeitern und fleinen Sandwerkern, mit denen er zusam- ,, Es kann auch kommen, daß Schande noch nicht das mentraf, und mit noch stärkeren Afzenten, die verdächtige Schlimmste ist. Nein, nein!" rief er dann laut und riß Geschichte; die brachten es an die Dienstboten und diese sie heftig in seine Arme. Weine nicht, oh, weine nicht so, an die Herrschaften, und so war bald die ganze Stadt voll mein Kind! Du sollst nicht betteln: nimmer sollst du das! von den gefährlichen Plänen, welche Wenzel und John Glüd- Wir effen nur ein bißchen weniger!" stadt in erneuerter Kameradschaft miteinander geschmiedet ,, Noch weniger, Bater?" frug die Kleine zögernd. hätten; und obwohl Wenzel schon am folgenden Tage wieder entlassen und dann von Behörde zu Behörde gewiesen war und hier niemals wiedergesehen wurde, so hatte er doch für John des Teufels Spur zurückgelassen. Dieser hatte ge­hofft, die Arbeit in dem großen Garten drunten in der Stadt ,, a, mein Kind?" und er richtete sich empor. den ganzen Sommer, jo gar für fünftige Jahre behalten zu Bater, ich glaub, ich könnte doch wohl betteln!" fönnen, denn der Besiger hatte ihm wiederholt die Sauber­keit und Raschheit seiner Arbeit gelobt; jest aber kam die ,, Nein, nein, Christine: denk nicht mehr daran!" Botschaft von demselben, John brauche nicht wiederzukom­Ja, Vater," und sie schloß ihre Nermchen feft um feinen men. Bei Anfragen in anderen Häusern erhielt er troce Sals, wenn du krank und hungrig wärest, dann wollte ich nen Abschlag; mit Mühe bekam er endlich in einem nahe. es doch!" gelegenen Dorfe eine schlechtbezahlte Feldarbeit; aber auch ,, Nun, Kind; du weißt ja, ich bin ferngesund!" Die ging bald zu Ende. Sein Mut sant; seines Kindes Ant- Sie blidte ihn an; er sah nicht sehr gesund aus; aber lizz drückte ihn noch tiefer; das Elend war schon halb in feiner State; nur der Kleinen wußte die kluge Alte unter immer neuen Vorwänden ein Teilchen von ihren Suppen­gängen zukommen zu laffen.

er lächelte ja doch. So, schlaf nun!" sagte er und löfte die Aermchen sanft von seinem Nacken und legte fie in ihr Bett zurück. Und sie tat, wie getröstet, ihre Augen zu und war bald. entschlafen; nur ihres Vaters Hand behielt sie noch fest

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