fr. 244 36. Jahrgang
Mordprozeß Liebknecht- Luxemburg.
Schluß der Beweisaufnahme.
Beilage des Vorwärts
Dienstag nach der Mittagspause gab der Vorsitzende bekannt, daß nach einer Vereinbarung zwischen den Prozeßbeteiligten erst beure( Mittwoch) mit den Plädoyers begonnen werden soll.
Auflagevertreter Kriegsgerichtsrat Jörns teilte mit, während der Bause habe ihm ein junges Mädchen erzählt, eben gehört zu haben, daß ein Zeuge, der mit zwei anderen Herren sprach, gesagt habe, er bestehe darauf, daß
der Betrag fofort geteilt
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Mittwoch, 14. Mai 1919
Versammlung zu einer Demonstration" durch Absingung von straße 58; NO Königstädtisches Realgymnasium, Elisabethstr. 31/32; Deutschland , Deutschland über alles" und Gin' NO Königstädtische Oberrealschule, Pasteurstr. 44/46; NW Lufenfeste Burg ist unser Gott ". Inzwischen war von deutsch - cymnasium, Turmstr. 87; N Mommien- Gymnasium, Wormser Str, 7; nationaler Seite die Bürgerwehr, die Polizei und Regierungs- S Luisenstädtische Oberrealschule, Dresdener Straße 113; SW 3- truppen benachrichtigt, die auch sofort herbeieilten, das Lyzeum und fanisches Gymnasium, Hallesche Straße 24/26; O 5. Pflichtfortdie Umgebung beiegten und Feststellungen von Kriegsbeschädigten bildungsschule, Langeftr. 31; C Sophien Realgymnafium, Steinvornahmen. Nochmals fielen ein paar wütende Deutschnationale straße 31/34. Eintritt frei. über Kriegsbeschädigte her und hieben auf sie ein. Eitner, der vergebens ums Wort gebeten hatte, forderte schließlich die Kameraden auf, in Rube den Saal zu verlassen. Als er selber ihnen folgen wollte, wurde er zur Feststellung seiner Person auf die Polizeiwache gebracht.
Die Beamten der Stadt Berlin haben dem Magistrat neue Wünsche wegen Teuerungszulagen und einer Entschuldungszahlung von 2000 m. unterbreitet. Sie verlangen ferner Urlaubsregelungen. Die Mehraufwendungen würden sich auf rund 50 Millionen Mart Also Deutschnationale hauen auf Kriegs belaufen. Die Mannschaften der Berliner Feuerwehr sind an invaliden ein, die keinen neuen Krieg wollen, nachdem sie den Magistrat herangetreten und verlangen eine wesentliche Aufselber Opfer des entsetzlichsten aller Striege geworden sind! besserung ihrer Bezüge bis zu 6000 M. Die Rieselgutden Folgen dieses Krieges, den deutschnationale Heze mitverschuldet Millionen Mark belaufen. Dazu kommen noch einige neue Forde Und das geschieht in einem Augenblick, wo das deutsche Volf unter arbeiter haben Forderungen gestellt, die sich auf etwa fechs hat, zusammenbrechen will! Das muß man sagen: Mut haben rungen von Arbeitern und Angestellten. diese Deutschnationalen! Die Lehrer wollen ebenfalls an den Magistrat wegen Aufbesserung ihrer Gehälter Herantreten.
Militärische Aufklärungsstelle des Bezirksverbandes Groß- Berlin
werde. Er, der Anklagevertreter, habe sofort festgestellt, daß es sich um ein Gespräch zwischen den Zeugen Janschtow, Hall und einem britten handelte. Janschlow, vom Anflagebertreter zur Rede gestellt, habe zugegeben, die angeführte Bemerkung gemacht zu haben, die sich aber nicht auf den Prozeß beziebe, sondern auf eine Abmachung aus einem früheren Arbeitsverhältnis, in dem er mit den beiden- anderen geftanden habe. Janschkow babe auch ein Notizbuch mit der Abrechnung vorgezeigt. Das ab heute Lindenstr. 114 I, Tel.: Morigplay 9057. Wir bitten alle Mädchen habe zwar gefagt, es glaube nicht an die Richtigkeit der Genossen, Beschwerden und Mißstände, sowie lebergriffe, foweit fie Angabe Janschlows. Er, der Anklagevertreter, halte aber den Vor- sich auf einwandfreies Tatsachenmaterial stügen, an obige Adresse fall für aufgeklärt und habe keinen Anlaß, weiter darauf einzugehen. gelangen zu lassen. Der Vorsitzende bemerkt, auch das Gericht habe keine Ursache auf diese Angelegenheit einzugeben.
Der Antlagevertreter erflärt, im Laufe der Verhandlung sei wiederholt der
Hauptmann Betri
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Auch die Gesangvereine werden gesprengt! Der Sängerchor Wedding beschloß in seiner legten Mit gliederversammlung die Haupträdelsführer" Hein und Klinge aus dem Verein auszustoßen. Grund: Beide sind Mehrheitssozialisten. erwähnt worden, der im Edenhotel" gegen Liebknecht und Auf Grund dieses Beschlusses erklärten etwa 20 Gesinnungsgenossen Frau Lugemburg gebett babe. Die Freiheit" habe zum ihren Austritt aus dem Berein, welchem sie teilweise 20 Jahre Ausdruck gebracht. Hauptmann Petri hätte als Beuge ge- angehörten. Die ausgewiesenen Sangesbrüder hatten Montag ihre laben werden müssen. Hierzu fagt der Anklagevertreter erite Zusammenfunft bei Funke, Triftstr. 63. Nachdem der Parteiliege kein Anlaß vor. baben solle:„ Schlagt das Schwein tot" und was, der Sterl lebt unsere Gesinnungsfreunde in Vereinen, to nur 1. S. P. oder K. P. Was Hauptmann Betri gesagt ftreit auch in die Gesangvereine hineingetragen ist, ersuchen wir noch", sei durch Zeugen befundet. Ob nun Hauptmann Petri diese Mitgliederrechte haben, sich am fommenen Montag bei Reiß, Aeußerungen als Zeuge bestreite oder zugebe, darauf fomme es gar Sparr- Ecke Sprengelstraße einzufinden. nicht an. Da nicht festgestellt werden konnte, daß diese Aeußerungen an einen der späteren Täter gerichtet waren, so lag fein rechtlicher Grund vor, Anklage gegen Hauptmann Petri zu er heben.
Die Sigung wurde hierauf bis Mittwoch vertagt.
Groß- Berlin
Deutschnationale gegen Kriegsbeschädigte.
In frischer Erinnerung ist noch aus der Kriegszeit jene fchnei dige" Attade, die in einer Versammlung von Alldeutschen gegen Kriegsbeschädigte ausgeführt wurde. Eine ähnliche Heldentat hat fich am Montag in einer von der Deutschnationalen Boltspartei nach dem Stegliger 2hzenm einberufenen öffentlichen Versammlung abgespielt, in der der Alldeutsche Fuhrmann über die Friedensverhandlungen sprach. Wir erhalten darüber die folgende Schilderung:
Arbeiterräte Groß- Berlins. Kommunale Arbeiterräte und Soldatenräte. Heute, Mittwoch, nachmittags 3 Uhr, im Plenarsaat des Herrenhauses, gemeinsame Sigung. Tagesordnung: Um 1 Uhr: Die Einigungsfrage. Um 2 Uhr: Bericht von der Vollversamm lung. Um 3 Uhr: Verschiedenes. Legitimation ist mitzubringen. Der Fraktionsvorstand: Haase.
Achtung! Metallarbeiter( S. P. D.).
Alexanderplay, Versammlung der arbeitslofen Metall Heute, Mittwoch, mittags 12 Uhr, im Lehrervereinshaus arbeiter, die auf dem Boden der S. P. D. stehen. Mitgliedsbuch der Partei und des Verbandes legitimiert.
Am Mittwoch, den 14. Mai, findet die juristische Sprechstunde von 3 bis 6 Uhr statt.
Berlin, Potsdam, Brandenburg und Blaue usw. haben dem Reichs Die Diätare und Auwärter zahlreicher Reichsbehörden in Großfinanzministerium Forderungen unterbreitet. Die Beamten bellagen sich, daß man seit der Revolution die Stellen offen lasse und sie offensichtlich benachteilige.
Erhöhung der Erzeugerpreise für Braunkohlenbritefts hat die Sohlenstelle Kofsverteuerung. Mit Rücksicht auf die ab 15. de. Mts. erfolgende die Kohlenhändler ermächtigt, vom 15. ab für Groß- Berlin neben dem seit dem 1. 4. festgesetten Frachtzuschlag einen Zuschlag von 60 Pf. pro 3entner zu fordern. Höchstpreis für Gastofs( gebrochen), für Küchenund Dienbrand bei Selbstabholung ab Lager 7 M. pro Zentner, bei Lieferung frei Keller 7,55 W. pro Zentner.
Interfraktionelle Gemeinschaft sozialistischer geistiger Ar. der nächsten Bersammlung Montag, den 19. Mai, im Wilhelmsbeiterräte. Die Gründung hal am 7. Mai stattgefunden. Sämtliche gieftigen Arbeiterräte der S.P.D., U.S.P.D ., K.P.D . werden gebeten, zu hof, SW, Anhaltstr. 11, Ede Wilhelmstraße, abends 8 Uhr, zu erscheinen. Tagesordnung: Unsere praktischen Aufgaben. Dr. P. Krische, Berlina Lichterfelde, Berliner Str. 151.
Telegraphenarbeiter, Vorarbeiter und Handwerker GroßBerlins. Morgen Donnerstag, den 15. Mai, abends 6 Uhr, in den der Lohnkommission über die Verhandlungen beim Rohnamt ReichsarbeitsSophiensälen", Sophienstr. 17/18( Gr. Saal): Bericht des Obmannes ministerium. Beschlußfassung durch Geheimabstimmung über Annahme oder Ablehnung des Schiedsspruchs. Stellungnahme zu weiteren Maßs nahmen, um die gestellten Forderungen durchzusehen. Einlaß zum Saale nur durch Vorzeigung der Mitgliedstarte oder Mitgliedsbuch.
Geschützgießerei panau. Die Vertrauensleute der S. P. D. treffen fich Donnerstag mittag 1 Uhr in Spandau, Hamburger Str. 107 bei Lau. Walhalla Theater. Fretag wird die Sommerbühne eröffnet, das
Programm wird ein sehr vielseitiges ſein.
Frankfurter Allee 185, Laden, befindet sich jetzt eine Borwärts" Ausgabestelle, verbunden mit Buchhandel. Berufsfahrer- Radrennen im Stadion. Am kommenden Sonntag und Thomas. 100 Kilometer in einem Zuge. Die Herrenfahrer bestreiten Großer Preis der Freiheit": Saldow, Schipke, Krupkat, Bauer, Lewanow drei Fliegerrennen.
Boltsspeisungsgenüsse. Immer wieder macht die Berliner Boltsspeisung unliebsam von sich reden. Großen Verdruß gab es dieter Tage unter den Speifungsteilnehmern, die aus der Küche am ArDer Vorsitzende bob in der Begrüßung hervor, daß es sich um miniusplay in Moabit beliefert werden. Was ihnen auffeine Barteiversammlung handle, sondern Angehörige aller Parteien getischt wurde, sollte Rotkohl sein. Es sah aber ungefähr wie grüne zweiten Teil ihrer Sizung( über den ersten Teil berichteten wir in Schöneberg. Die Stadtverordnetenversammlung hatte in und Organisationen ohne Unterschied herzlichst eingeladen seien. Schnißelbohnen aus, roch ganz und gar nicht appetitanreizend Fuhrmann führte u. a. aus, Deutschland dürfe den Gewaltfrieden und schmeckte schandbar. Gedörrter Kohl war es, den die Lebensmitteldebatte. Ein Antrag der sozialet. der gestrigen Morgenausgabe) zu später Stunde noch eine lange nicht unterzeichnen, sondern müffe es nötigenfalls auf einen Stadt wohl irgendwoher aus dem Ausland hatte beziehen müssen, mofratischen Frattion, begründet durch Stadtv. Dr. euen Krieg ankommen lassen. Gegen diese Zumutung neuen um den starken Gemüsebedarf zu decken. Dieses Dörrgemüse war Völkermordens wandten sich viele in der Versammlung anwefende minderwertig auch deshalb, weil es reichliche Beimengungen Kriegsbef& ädigte( darunter Bein- und Armamputierte, die von Sand enthielt, der infolge von Mängeln des Dörrberfahrens noch Lazarettinsaffen find). indem sie durch Zwischenrufe, die im an dem Gemüse hängen geblieben war und dann auch beim Ein Rahmen des Parlamentarischen blieben, ihren Widerspruch be- weichen nicht vollständig beseitigt werden konnte. Die Unzufrieden fundeten. Darauf antworteten ihnen andere Bersammlungsteilnehmer, heit und Erregung der Speisungsteilnehmer, die für ihr Geld das Frauen wie Männer, mit groben Schimpfwörtern, wie„ Esel", Stohlgericht erhielten, äußerte sich oft schon an Ort und Stelle in Ochien"," Lumpen",„ Gefindet" usw., auch rief man den Striegs- heftigen Worten. Einer hat uns eine Probe überreicht, so daß wir beschädigten zu: Die müßte man gleich an die and selber uns ein Urteil bilden konnten. Er glaubt, daß bei den Gestellen! Lotfchlagen müßte mansie!" Der Kamerad fangenen in Rumänien, deren elende Beköstigung fürzlich im VorEiter, Borstandsmitglied im Reichsbund der Kriegsbeschädigten usw., wärts" geschildert wurde, das Essen nicht schlechter gewesen sein kann. forderte die Versammlung auf, sich nicht zu Tätlichkeiten gegen die Daß er nicht anspruchsvoll ist, wird bewiesen durch die Ausdauer, Striegsbeschädigten hinreißen zu laffen. Aber die Wut einzelner mit der er nun schon ziemlich drei Jahre hindurch sich aus der Volks Versammlungsteilnehmer war nicht zu bändigen und plöglich speisung beföſtigt hat. fielen die Herrschaften" über ihre herzlichst eingeladenen, Gäste" her und hieben mit Fäusten und Stöcken auf sie ein, auch auf Krüppel, die ihre gefunden Glieder dem Vaterland geopfert haben und jetzt webrlos waren. Nach dieser Heldentat tam es in der
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Die Verbreitung des Wortes.
Von Ludwig Barta.
Aus dem Ungarischen von Stefan J. Klein.
Im Anfang war das Wort.
Und das Wort ist Fleisch geworden... Viele tausend Jahre war bereits jener Erdstrich alt, von dem hier die Rede und von Wort noch unberührt. Mit unveränderter üppiger Fruchtbarkeit brachen Jahr um Jahr seine Furchen auf; holder Friede brütete über seinen frischen Wiesen, seine Luft war flar und prächtig, sein Antlig wechselte zwischen janit und erhaben; das Gefühl der Ewigkeit herrschte über seiner Ebene: als wären bereits alle Fragen der Zeiten gelöst.
Zwischen den sich verschlingenden zwei Armen der Drau und der Donau befinden sich diese urzeitigen Gefilde. Zwei Ebenen begegnen einander dortselbst. Die eine geht aus dem verborgenen Schoß der Pecjer Berge hervor und zieht blumengeschmückt, bekränzt gen Süden. In der Mitte liegt die unberührte und urkraftausatmende Ormandie; im bis zum Himmel dringenden dampfigen Glanz erhabener Sonnenuntergänge begegnen einander hier die Gemarkungen; die vom Norden kommenden jenen anderen Fluren, die vom Süden her mit wellenlosem, faltenlosem, blondem, glattem Antlitz gen Norden
streben..
Von der Donau her kommen diese ebenen Felder; ben dort, wo der rosenprunkenden, tiefstillen Seen, der ungeſtüm erhabenen Sumpfwiesen, der herzbetörenden Wildnisse feuchte dammerdige Welt berricht. Gejegnet ist dortselbst der Schoß der Natur, groß die Zahl der verschiedentlichen Vögel und mannigfach die Arten des Bildes.... Denn viele tausend Morgen Boden faulen dort unten im Winkel der Donau und Drau, damit in dem morastigen Didicht Kaiser und Könige etwas zu jagen haben....
Ihre Wiesen sendet diese Ebene weit gen Often, so weit hin, wo bereits mit fummerschwerem Ruhm in den Himmel starrende, mit mannigfachen feurigen Säften begnadete Gebirge ragen: blonde Beidenbäume, träumende Türme und heldenafte Bappeln drücken der Landschaft ihr Gebräge auf.... Ein stiller Landstrich ist dies: die Märsche des Frühlings und die Sinfonien des Sommers mufizieren in unendlicher Höhe über ihm....
Bendiner, forderte vom Magistrat, bei der Regierung auf Gindämmung des Schleich handels hinzuwirken und zur Mitarbeit an der Eindämmung in gemischtem Ausschuß mit den Stadtverordneten zu beraten. Auch soll der Magistrat für den Verkauf der vom Ausland hereinkommenden und durch die Stadt zu verteilenden Lebensmittel eine Staffelung der Preise nach dem Einkommen einführen. Den Verkauf von Fleisch und Seefischen soll er so regeln, daß mit Hilfe von Kundennummern jedem sein Anteil gesichert wird. Stadtrat Jacobs suchte in der üblichen Weise beschwichtigen: Die Seefischbelieferung werde besser werden. Von der Fleischbelieferung sei Aehnliches zu hoffen. Für gewissenhafte Berteilung werde gesorgt. Zur Betämpfung des Schleichhandels habe gerade jeßt der Reichsernäh rungsminister einschneidende Maßnahmen angeordnet, Für die Tätigkeit der Gemeinde im Kampf gegen den Lichtbildvorträge über Geschlechtskrankheiten. Schleichhandel genüge die bestehende Lebensmitteldeputation. Heute, Mittwoch, abends 8 Uhr, an folgenden Stellen für Stadtv. Paste( Wirtsch. Vereinigung) erzählte, im Schleichhandel Frauen und Mädchen: N Luisenstädtisches Gymnasium, Gleim- gebe es schon förmliche Organisationen nach Art von Genossen
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Ein stiller Landstrich: nichts anderes denn die toten Spuren| gefegt.... Der Landarbeiter lebte und verreckte zwischen den allein, welche die tausendjährigen humusbereitenden geologischen Schollen der Felder, auf den Ufern der Landstraße, und ist sich Evolutionen geschaffen, sind sichtbar; auch die Blutströme bereits auch heute nicht im flaren darüber, welch unfaßbares Reid sein abgeronnen, die Knochen der Fronbauern zu Staub im Staube geworden....
Ein stiller Bandstrich: als wäre er noch niemals von völfer aufrüttelnden, mächtigen, geistigen Bewegungen berührt worden! Obschon sich auch dort bereits einmal ein großer Umschwung begeben hat: da sich vor geraumen Zeitläuften feine urmadjarische Bevölkerung zu Calvins Glauben bekannt.
Eine stattliche Staffe, eine stolze Nation, ein schönäugiges Bolt, kluge Madjaren; doch bewohnen fie vergeblich dieses Fruchtland. Denn festgelegt ist ihr Schicksal! Die ungeheuren Domänen der Erzherzöge, Fürsten, Grafen und Pfaffen zwingen die schwangeren Bäuerinnen, ihre Frucht im Leibe zu ersticken; denn brächten sie diese zur Welt, es gäbe kein Land für sie.
Wanderer, der du in diesen Gemarkungen Halt machst und den glorreichen Himmel siehst, das gelbe Gold der Saaten, den fröhlichen Sang der Lerchen hörst, den flüggen Lärm des Lebens; dessen Herz vom mutwilligen Stampfen der prächtigen Roffe lauter geht, der du beim Anblick der stattlichen Väter und förperstarken Mütter um deine Schläfen den Hauch der Ewigkeit fühlst: entsage jeder Hoffnung! Auf einem schicksalgeschlagenen Boden, auf dem Friedhof eines aussterbenden Volkes stehst du! Die Heimat der Latifundien und des Einkindersystems ist dies.
Der blaugekleidete Mann. Woher kommen die Landstraßen?... Sie scheinen von der Endlosigkeit auszugehen; kommen aus der Ferne der Träume und Verwunderungen, streben über die Berge, schwingen über die Wasser, ziehen durch Länder dahin weiße Bänder: als Perlen hat an sie das Bestreben der Völker Dörfer und Städte gereiht....
Stets ist die Landstraße der Wanderer voll; Wagen raiſeln über sie dahin; Pferdehuse schmettern auf ihren Steinen; Serden, Rudel trotten fie entlang, weltverlorene Landstreicher ziehen auf ihren weißen Straßensaumpfaden; oft wirbelt der Wind ihren Staub auf, oft wajcht Gewitterregen ihren Rücken... ergeben schickt sich die tapfere Landstraße in ihr Los... Manche der Straßen erinnern sich sogar der Zeiten, da über ihren Rücken die Heere der einitigen römischen Weltmacht gewogt..
Schon lange hat die Landstraße fein Wunder gebracht; lange ist's her, daß hölferaufwirbelnde Stürme über sie dahin
Herz abtötet. Er weiß nicht, daß die Seele des Volkes des neuen Frühlings harrt, er selbst aber in sich die todbringende Fruchtlosigkeit trägt!... In seinem engen Käfig, den ihm die Ratifundien aufgezwungen, trappelt er auf einem Fled, und das Schicksal gleitet in seinen Söhnen und Töchtern, wie Schatten auf Schatten folgt, über den endlosen Bogen dahin.... Auf des Hügels Gipfel steht eine Burg. Gleichsam wie ein mürrisches Geficht blickt sie über die Ebene hinweg. Ein stolzes, zorniges, gestrenges Auge; schaut: wohin, zu welchem Schicksal ftreben die Felder ringsum? Zudt noch nicht der getöteten Bauernführer su Asche verbranntes Herz unter den Schollen? Rührt sich noch nicht das Bauernland, um die Domänen zu verschlingen?...
Dach ist der Felder Antlig sanft, und das Volk mordet sich schweigend und stolz.
Da das Wort in den Qualen des Jahrhunderts und dem
Elend der Völker geboren ward, zog es anfangs wirrhaarig und in einem bloßen roten Hemd aus, die Welt zu erobern und das Elend niederzuringen. Von Europas fernen, getreideschweren Feldern, aus seinen schlotigen. Menschenmühlen, unterirdischen Bergwerkhöllen kam es auch nach diesem Landstrich. Doch erihre an Hoffnungslosigkeit gewöhnten Augen; in ihr Kreuz fuhr fannten es die Kleinbauern nicht; seine rote Farbe blendete mit einem Male wieder der aus früheren Jahrhunderten ver erbte Rehnbauernschreck der Väter; vorsichtig versperrten sie die Tore und schnauzten hinter ihren Zäunen hervor jeden an, der ihnen die Botschaft brachte, daß das Wort durch die Welt zöge! ,, Ein Sozialist! Man muß ihn aufhängen!"
Doch zog das Wort weiter dahin, über Landstraßen, Eisenbahndämme, auf Schiffen, Flößen, die unsichtbaren Pfade der Luft....
Und eines Tages fam ins Dorf ein blaugekleideter Mann. Die Landstraße führte ihn herbei. Und er fam: war jung, an die dreißig, von geradem Wuchs, flarem Gesicht, hatte blaue Augen, einen spitzen blonden Schnurrbart, war etwas feck, doch heiteren Mutes und beschwingten Herzens.
Fort. folgt.)