Nr.254.36.Jahrg.

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.Sozialdemokrat Berlin

Abend- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

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Montag, den 19. Mai 1919.

Vorwärts- Verlag G.m. b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morisplat, Str. 117 53-54.

Amerika gegen Verschärfung der Blockade?

Bern , 19. Mai. ( T. K.) Pariser Meldungen zufolge hat]. fich der Oberste Kriegsrat am Sonnabend mit den Maßnahmen beschäftigt, die von Seiten der Alliierten für den Fall zu treffen find, daß Deutschland die Unterzeichnung des Friedensvertrages verweigert. Bon amerikanischer Seite ist entschieden Protest dagegen erhoben worden, daß eine Verschärfung der Blockade und Abspertung der Lebensmittelzufuhr er folgen soll. Wie der Vertreter der Telegrafenkompagnie aus un terrichteten Pariser Kreisen erfährt, tragen sich die leitenden Mi­litärs der Alliierten mit der Absicht, durch eine Beseyung Süddeutschlands die Verbindung zwischen Deutschland und der Schweiz abzuschneiden. In Paris erwartet man eine end­gültige Entscheidung der Alliierten noch im Laufe dieser Woche. Wie es heißt, beabsichtigt der Viererrat, den Notenwechsel mit der deutschen Regierung abzubrechen und ein ultima tum auf Annahme oder Ablehnung der Friedensbedingungen au Wie die P. P. N. an zuständiger Stelle erfahren, hatte die amerikanische Regierung am 27. April gebeten, einem amerikanischen Spezialkommissar nebst Begleitung zum Zwecke der Auskunftsein holung über amerikanisches Gigentum die Einreise nach Deutsch lanb zu gestatten. Die deutsche Regierung ließ am 18. Mai er­widern, fie sei dazu bereit, wenn demnächst auch die Ginreise ent­sprechender deutscher

stellen.

Nervosität in Paris .

Mutmaßungen über den weiteren Verlauf

der Verhandlungen.

W

Die rein sozialistische Regierung.

Ein beliebtes Locmittel der unabhängigen Propaganda daß Graf Broddorff Rantau im Sonderzuge gegen berung jedem sozialistischen Arbeiter höchst sympathisch sein Versailles, 19. Mai. Die Pariser Morgenblätter teilen mit, ist die Forderung nach der rein sozialistischen Re­Versailles, 19. Mai. Die Pariser Morgenblätter teilen mft, gierung". Es ist ganz selbstverständlich, daß diese For­Mittag aus Spa nach Versailles zurüdfehren wird. Es wird nicht muß. Eine rein sozialistische Regierung oder, was noch viel bekanntgegeben, auf welchem Bahnhof die Ankunft erfolgt, da man mehr ist, eine Regierung, die nach rein sozialistischen Grund­jedes Aufsehen und jeden zwischenfall vermeiden will. Trotz dieser sätzen zu regieren bereit und imstande ist, das ist unser aller offiziösen Meldung ergehen sich zahlreiche Blätter in Mut gemeinsames Ziel. Fragt sich nur, wie man zu ihm fomnit. maßungen darüber, ob Graf Brockdorff zurückkehren würde oder nicht, ob er vielleicht gar bis Berlin reisen werde, und wer listischen Grundsätzen regierenden Regierung fehlen heute so Für die Bildung einer rein sozialistischen, nach sozia­übernehmen könnte. Wie außerordentlich phantafiereich die Be- der Richtigkeit der sozialistischen Grundsäße durchdrungene an seiner Stelle die Nachfolge als erster deutscher Delegierter ziemlich alle Voraussetzungen. Denn dazu gehört eine von sprechungen und Berichte der Pariser Sensationspresse find, geht Bolts mehrheit, und die ist heute noch nicht vorhanden, aus einem Artikel des Matin" hervor, dessen ganze Ausführun dazu gehört weiter Klarheit und Einmütigkeit über die stunde in Versailles zirkulierendes Gerücht aufbauen. Es sei Arbeiterbewegung, und von ihr sind wir noch sehr gen sich auf ein angebliches, gestern in der ersten Mittas: Grundlinien der sozialistischen Politik, Einigkeit der bei der deutschen Delegatin um die Mittagsstunde ein Chiffre- weit entfernt, dazu gehört schließlich das Vorhandensein der telegramm aus Spa eingetroffen, demzufolge die Unterre äußeren Voraussetzungen, unter denen das Regieren nach dung Brockdorff- Ransqus in Spa äußerst stür mi ich erlaufen seien. Brockdorff, sei, mit den aus Deutschland sozialistischen Grundsäzen möglich ist, und wann hätten die gekommenen Abgesandten völlig uneinig, und es sei be- Deutschland , das nur noch eine Kolonie des Ententerapita­gründlicher gefehlt als im gegenwärtigen Augenblic? Ein ähnlichen Telegramm ift

finden kann und ihnen hinsichtlich ihrer Bewegungsfreiheit die chlossen worden, daß er nicht nach Versailles zurückkehre. Volismus ist, kann zwar sozialistisch überzeugte Minister haben,

entsprechenden Rechte gewährt werden.

Die Friedensverhandlungen.

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von deutscher Seite unter allen Umständen abgelehnt werden. licher Stelle erklärt, daß die Antwort auf die feindlichen Be­dingungen noch nicht fertiggestellt ist; sie wird gegen­wärtig noch im Reichskabinett beraten und wird vielleicht im letzten Augenblick fertiggestellt werden. Auch alle bisherigen Nachrichten der ausländischen Preſſe über den Inhalt der deutschen Gegen vorschläge beruhen auf Kombination. Wie die deutsche Antwort im einzelnen lauten wird, steht zur Stunde noch nicht fest. Nach amtlicher Information aus Versailles werden in diesen Tagen noch folgende weitere Naten abgehen: 1. über die territorialen Ost fragen, 2. über Elsaß- Lothringen und die beſezten Geticie, 3. über Rechtsgrund, Umfang und Durch führung der Wiederherstellungsarbeiten, 4. über die Vorbehalte betr. die noch ausstehenden Fragen der Behandlung deutschen betr. die noch ausstehenden Fragen der Behandlung deutschen Privateigentums im Auslande. Auch über die arbeiterrechtlichen Fragen befindet sich Wie wir weiter hören, sind zu den Beratungen der deutschen Friedensdelegation über die Schuld frage noch die Herren Prof. Hans Delbrück , Graf Montgelas und Prof. Max Weber nach Bersailles terufen worden.

in den Kreifen der hiesigen Delegation nicht das Geringste bekannt. Wieder andere Blätter fuchen aus Iuftig. Ueber den Einwand, daß keine Volksmehrheit hin­Trotzdem sind die Unabhängigen sehr regierungs­Aeußerungen deutscher Führer und deutscher Zeitungen einen ter ihnen stehe, setzen sie sich an dem Sprungstod der neuen Rückschluß darauf zu ziehen, ob Deutschland unterzeich- Theorien fehr leicht hinweg. Es genügt ihnen, die politisch Die deutsche Antwort noch nicht fertig. net oder nicht. Die Reden der Berliner Staatsmänner über aktivsten Elemente" hinter sich zu haben. Für die fehlende Weitere Noten. diese Frage seien zweideutig und vermieden jegliche Gegenüber andersleutenden Angaben in der Ententepreſſe Präzision. Der„ Homme Libre" weist dann auf den Umstand Einigkeit der Arbeiterbewegung hoffen jie Ersatz zu finden, wird von zuständiger Stelle erneut auf das bestimmteste versichert, hin, daß die Lage sich heute noch anders darstellt: erst wenn Brod- indem sie die sozialdemokratische Partei spalten und einen daß die feindlichen Vorschläge, so wie sie jetzt vorliegen, borff- Rankau den Alüierten die Gegenvorschläge der deutschen Re- größeren oder kleineren Teil von ihr zu sich hinüberziehen. Die Durchführung der sozialistischen Grundsätze aber, die Weiter wird gegenüber anderslautenden Meldungen von amt gierung unterbreitet haben werde und dann die Müierten sie ges durch den Gewaltfrieden der Entente unmöglich gemacht werde man fragen, was der Feind tun werde. Auf diese Frage staltet sich für die unabhängigen Regierungskandidaten die prüft und selbst einen definitiven Beschluß gefaßt haben werden, wird, wird bis nach der Weltrevolution" vertagt. So ge antwortet dann der„ Homme Libre", der Feind würde das tun, wozu die Alliierten ihn bringen würden. Wenn Deutsch Sache höchst einfach, wenigstens in der Phantasie. band das geringste Zögern oder die geringste Unstimmigkeit bei Es ist aber ein Irrtum anzunehmen, daß durch den den Alliierten bemerke, dann werde es sie sofort zu einer Zuzug einiger Rechtssozialisten ein tragfähiger Boden für Offensivaltion gegen den ihm angebotenen Frie eine unabhängige Regierung geschaffen werden kann. Die bensvertrag benüßen, denn der Feind wolle vor allem ver- Verächter der bloßen Bahl müssen immer wieder darauf hin­handeln und diskutieren und sich den Anschein geben, als verhandle gewiesen werden, daß die beiden sozialdemokratischen Par­als Gleichberechtigter, beinahe als Wiedergutmacher des Unrechts. Mehrheit hatten, und daß die Gruppe der Unabhängigen er in Versailles nicht als Besiegter oder Angeklagter, sondern teien bei den Januarwahlen zusammen noch gar nicht die Aber wenn der Feind sebe, daß er einem festgeschlossenen Blod für sich allein noch nicht über den achtzehnten Teil aller ab­gegenüberstehe, so würde er sich dann nicht etwa den allierten gegebenen Stimmen verfügte. Auch wenn es den Unabhän­Friedensbedingungen, sondern dem Wunsche des deutschen gigen gelänge, einen verhältnismäßig großen Teil der Mehr­Homme Libre" schließt seine Mahnungen zur Besonnenheit und lage viel zu schmal. Boltes nach einem fofortigen Frieden fügen. beitssozialisten zu sich herüberzuziehen, so bliebe die Grund­Ginigkeit folgendermaßen: Jebt, in den letzten Tagen, die uns Was soll das Programm der ,, rein sozialistischen Regie­von den letzten entscheidenden Besprechungen trennen, ist es bie rung" in der auswärtigen Bolitik sein? Wir haben Pflicht der Bevollmächtigten der alliierten Demokratien, einiger als es schon gehört. Unterzeichnen! Sofort unterzeichnen! Alles je zu sein und unerschütterlich ihren Gegnern standzuhalten. unterzeichnen! Später wird ja die Weltrevolution kommen und alles wieder gutmachen, was mit dieser Politif der glatten Unterwürfigkeit gegen den Weltkapitalis. mus verdorben worden ist. Aber hier drängt sich sofort die Frage auf: Wenn man schon von der Weltrevolution alles Heil erwartet, wodurch kann diese wohltätige Umwälzung wohl am ehesten beschleunigt werden? Durch die Unter­zeichnung oder durch die Nichtunterzeichnung? Die glatte fofortige Unterzeichnung der schamlojen Friedensbedingun gen der Entente bedeutet für ihre leitenden Staatsmänner einen ungeheuren Erfolg. Sie fönnen sich dann rühmen, den Krieg durch einen glorreichen Frieden abge­schlossen zu haben und können jahrelang ihre Bölfer hin­halten mit der Vortäuschung, die Folgen dieses Friedens würden sich ihnen mit der Zeit schon angenehm bemerkbar machen. Mit dem Geläut der Friedensglocken wird die Welt­revolution eingeschläfert werden.

noch eine besondere Note in Vorbereitung.

Die neue Saargebiets- Note.

Am 17. d. Mts. ist dem Präsidenten der Friedenskonferenz Clemenceau

eine weitere, das Saargebiet betreffende

"

Flucht des Oberleutnants Vogel. Oberleutnant Vogel, der im Mordprozeß Biebknecht- Lugem Note der deutschen Friedensdelegation übergeben worden. Die burg zu 2 Jahren 4 Monaten Gefängnis verurteilt worden war, Note enthält, wie die Pariser Presse bereits heute morgen mit ift von S a meraben in Aufsehen erregender Weise aus dem Ge­teilt, Borschläge deutscher Sachverständiger zur Dedung des fran- fängnis befreit worden. Wir erwarten einschneidende Maßnahmen, zöfifchu Kohlenbedarfs durch geeignetere Mittel, als die durch die der Zuchtlosigkeit gewiffer Offiziere endlich ein in dem Friedensentwurf vorgesehenen. Eine Veröffenlichung Siel gesetzt wird. des Wortlauts der Borschläge ist für den Fall in Aussicht genommen, daß hierauf auch von gegnerischer Seite Wert gelegt wird.

Ceilnahme Italiens an der Aktion

gegen Deutschland .

Lugano , 19. Mai. Nach Mailänder Meldungen hat die ita­ lienische Regierung der italienischen Heeresleitung Auftrag erteilt, Maßnahmen zur Unterstützung der Entente für den eventuellen Einmarsch in Deutschland vorzubereiten. General Dias wird sich am Montag vom Bariser Kriegsrat nach dem italienischen Hauptquartier begeben.

Krieg zwischen Rußland und Rumänien ?

Amsterdam , 19. Mai. Nach einer Reutermeldung hat die russische Sowjetregierung ein Ultimatum an Rumänien gerichtet, nach dessen Ablauf sich beide Staaten im Kriegszu stand befinden.

Das Garde- Kavallerie- Schütentorps teilt, mit: Am Sonn­abend, den 17. Mai 1919, nachmittags 3 Uhr 45 ist ein Infanterie offizier in Müße und Umhang in einem dunkelblauen geschlossenen Privatkraftwagen vor dem Zellengefängnis in Moabit , Lehrter Straße , vorgefahren. Der Offizier hat auf Grund eines ge­fälschten Ausweises den im Zellengefängnis wegen Ermordung der Wie kann man den fremden Völkern zumuten, sie sollten leutnant Sturt Bogel abgeholt und ist mit ihm 4 Uhr 15 in dem walthaber stürzen, wenn das deutsche Volt selbst, das durch den Frau Rosa Lugemburg in Untersuchungshaft befindlichen Ober- fich für einen gerechten Frieden in den Kampf gegen ihre Ge­erwähnten Kraftwagen vom Zellengefängnis afgefahren. Für die ungerechten Frieden betroffen wird, nicht die geringste Neigung Ermittlung des flüchtigen Oberleutnants Vogel und des begleiten zeigt, im Rampf um den gerechten Frieden Obfer zu bringen? den Infanterieoffiziere oder für fachdienliche Angaben zu beren Umgekehrt aber: muß nicht die Richtunterzeichnung auf die Ermittlung wird eine Belohnung von 3000 m. ausgesetzt. Der anderen Bölfer eine aufrüttelnde Wirkung haben? Man Führer des Kraftwagens wird aufgefordert, fich zu melden. Be- glaube doch nicht, daß irgendein Volk der Welt geneigt ist, hreibung des Oberleutnants Bogel : Größe 1,72 Meter, Haupt wegen des Unrechts, das einem anderen Wolf geschieht, Re­haar dunkel, englisch geschnittener dunkler Schnurrbart, graue bolution zu machen! Revolutionen entstehen erst, wenn sich die Augen, hageres Geficht mit etwas vorstehenden Badentnochen, trug Völker durch die Politik ihrer Gewalthaber in eine Lage ver­sonst Ginglas, besitzt wahrscheinlich falschen Baß. Eine etwa nötig fegt finden, die ihnen selbst unerträglich ist. Eine solche Lage werdende Verteilung der Belohnung behält sich das unterzeichnete entsteht aber nicht durch die Unterzeichnung des Vertrags, fon­Gericht unter Ausschluß des Rechtsweges bor. Idern fie kann nur entstehen durch. die Nicht unterzeichnung,