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Nr. 265+ 36. Jahrgang

Mieternot.

Bon Dr. jur. 2. Holz.

2. Beilage des Vorwärts

a) Eine Kündigung von Wohnräumen ist nur zu­lässig nach vorheriger Zustimmung des Mietseinigungsamtes; b) bei Neuvermietungen von Wohnräumen kann die Ge­meindebehörde durch das Mietseinigungsamt den vereinbarten Mietspreis auf die angemessene Höhe herabsehen; c) die Gemeindebehörde kann sich auch zu weiteren Anordnungen ermächtigen lassen.

ftimmungen im Verein mit den sonstigen Bestimmungen der Was kann bei konsequenter Durchführung dieser Be­beiden Bekanntmachungen erreicht werden?

werden.

Sonntag, 25. Mai 1919

Noch ein besonderes Wort für die Mieteinigungs­ämter. Das Vertrauen weiter Kreise der Bevölkerung fehlt ihnen noch. Soweit Berlin   selbst dabei in Frage kommt, liegt das zum Teil an rein organisatorischen Dingen. Es geht Die Klagen über die Wohnungsnot häufen fich, und noch nicht an, daß für eine Stadt wie Berlin   ein Mieteinigungs­ist kein Ende dieses Uebelstandes abzusehen. Das radikalste amt, vor dem ja doch die Parteien sich meistens selbst ver­Mittel zu seiner Beseitigung, die Umsiedelung eines großen treten, für den ganzen Stadtbezirk existiert. Dadurch wird Teiles der Arbeiterschaft aufs Land, hat bisher versagt; die eine solche Ueberfüllung erzeugt, daß die Parteien ohne wei­Zahl der erfolglos Wohnung Suchenden ist die gleiche ge­würde nicht mit der nötigen Sorgfalt behandelt. Notwendig teres zu dem Glauben kommen fönnen, die einzelne Sache blieben oder vielleicht sogar noch gewachsen. Die Folge dieser riesigen Nachfrage ist natürlich, daß die Mietspreise ist daher Vermehrung der Mieteinigungsämter und Ver­immer höher werden und schon heute für weite Streise beinahe Zunächst können sämtliche in einer Gemeinde verfügbaren legung in die einzelnen Wohnquartiere, die sie zu bearbeiten unerschwinglich sind, daß insbesondere die kleinen und mitts Wohnräume von der Gemeindebehörde erfaßt werden. Die haben. Das ist um so notwendiger, als den Mieteinigungs­leren Einkommen durch die Mietsausgaben in einer Höhe be- Notstandsgemeinde kann nach§§ 2-5 der Bekanntmachung ämtern bei energischer Durchführung der städtischen Woh­lastet werden, die volkswirtschaftlich als ganz ungesund be- über Maßnahmen gegen den Wohnungsmangel untersagen, nungspolitik neue große Aufgaben zufallen, da sie geradezu zeichnet werden muß. Alle weiteren, vielfach in den daß bisher als Wohnräume benutzte oder dazu bestimmte ein Regulator für die Höhe der Mietpreise werden. Ob dann Zeitungen beklagten Uebelstände ergeben sich aus diesen Um- Räume zu anderen Zweden benutzt werden. Die Gemeinde die Mieteinigungsämter in ihrer jezigen Zusammensetzung, ständen von selbst: das Vermieten von Wohnungen unter der kann ferner eine Anzeigepflicht für alle unbenutten Räume, insbesondere unter dem Vorsitz eines Juristen, bleiben können Hand an den Meistbietenden, das Entstehen eines förmlichen gleich viel ob Wohn- oder andere Räume, einführen und oder ob nicht vielmehr hierfür besondere, anders zusammen­Zwischenhandels in Wohnungen, das Verwenden von Wohn- Wohnungsuchende in diese Räume einweisen. Die Gemeinde gejezte Kammern zu bilden sind, müßte wohl noch erwogen räumen für andere, einbringlichere Zwecke. fann schließlich verlangen, daß ihr unbenußte Fabrik- werden. Bleiben muß allerdings, wenn nicht die gesetzlichen Angesichts dieser Uebelstände kann mit einer Politik der und Geschäftsräume zur Herstellung von Wohnräumen Vorschriften geändert werden, die Zusammensetzung der Miet­Heinen Mittelchen nichts Durchgreifendes erreicht werden. überlassen werden. Alle diese Maßregeln, energisch und um einigungsämter für ihre Spruchtätigkeit. Auch diese wird ja Was nüßen die schönsten Wohnungsnachweise und Wohnungs- fichtig durchgeführt, sind sicherlich geeignet, einem Teil der umfangreicher werden, da fünftig in allen Fällen die An­ämter, wenn bei ihnen keine Wohnungen angemeldet wer- Wohnungsnot abzuhelfen. Eine durchgreifende, Abhilfe jedoch rufung des Mieteinigungsamtes, und zwar durch den Ver­ den  ! Was nügt die Herstellung von Notwohnungen, deren fann nur geschaffen werden, wenn noch zwei Maßregeln mieter notwendig ist. Da die Mieteinigungsämter insbeson­Anzahl immer nur eine beschränfte sein fann! Gs ift not hinzufommen, die die ganze Wohnungspolitik erst in ein ge- dere über die Höhe der Steigerungen zu befinden haben, wendig, das Uebel an der Wurzel anzufassen. Die Wurzel schlossenes System zu bringen geeignet sind. Zunächst muß dienen sie auch hier als Preisregulatoren. Wenn sie dieser des llebels aber liegt darin, daß man immer noch die Woh- sowohl der private Zwischenhandel als auch überhaupt die Aufgabe bisher fich nicht gewachsen gezeigt haben, so liegt das nungsfrage als eine rein zivilrechtliche ansieht, als eine private Wohnungsverteilung aufgehoben daran, daß sie sich bisher viel zu sehr als reine Gerichte und Frage, die nur durch Einzelvereinbarungen zwischen Daß der jetzige Zustand, wo Wohnungsuchende zu wenig als soziale Institution gefühlt haben. Der Vermieter und Mieter gelöst werden fann und daß Hunderte von Mark zahlen müssen, um überhaupt eine Woh Grundgedanke bei Schaffung der Mieteinigungsämter ist eben man immer noch den Verkehr mit Wohnräumen genau so nung nachgewiesen zu bekommen, und wo geschäftstüchtige ein sozialer gewesen; und dieser Grundgedanfe wird verwischt, behandelt wie den Verkehr mit irgend welchen anderen Elemente die Umstände ausnuten, um Wohnungen zu wenn sich die Angehörigen dieser Aemter lediglich als Richter Gegenständen. An die Spitze jeder Pehandlung der Woh- hamstern und dann gegen entsprechend hohe Provision zu und nicht in erster Linie als soziale Vermittler fühlen. Ent­nungsfrage gehört der Saz: Jeder Mensch hat ein bermieten, unhaltbar ist, darüber dürfte kein Wort zu weder also wird der ganze Geist in den Mieteinigungsämtern Recht auf Wohnung! Kann dieses Recht auf verlieren sein. wirkliche städtische Wohnungs- in dieser Richtung umgewandelt, oder ihre Wirksamkeit muß Wohnung infolge leberwiegens der Nachfrage über das politik ist aber auch undenkbar, wenn die Vermietung durch bindende Richtlinien so eingeengt werden, daß Sprüche Angebot nicht in wirtschaftlich zuverlässiger Weise sicher- weiter in der Hand der Vermieter bleibt. In der Hand der wie ein Teil derjenigen, die heute gefällt werden und Er­gestellt werden, so haben die öffentlichen Gewalten ein- Gemeinde muß ausnahmslos die gesamte Vermietung der regung in weite Kreise der Bevölkerung getragen haben, un­zugreifen. Es muß also eine staatliche und städtische Wohnräume zusammengefaßt werden. Dazu aber muß die möglich werden. Dazu gehört insbesondere die Festlegung Wohnungspolitik in größtem Stile betrieben werden, und Möglichkeit kommen, daß die Gemeindebehörde im Notfall einer Höchstgrenze für Mietsteigerungen und zwar schnellstens, damit die Unterlassungssünden der Ver- auch über bereits bewohnte Wohnräume verfügen kann, wenn einer Höchstgrenze für die Belastung des Gesamteinkommens gangenheit so schnell als möglich beseitigt werden. Wenn diese nicht gehörig ausgenugt sind. Selbstverständlich sind des Mieters durch die Miete. Schwierigkeiten werden bei der man nur ernstlich will, kann diese Wohnungspolitik schon bei die Uebertreibungen, die dieser Sag in Rußland  , in Ungarn   Festsetzung von Höchstsäzen nur entstehen bei Wohnungen mit Benuzung der heutigen Rechtsbehelfe betrieben werden, auch und einige Tage lang in München   erfahren hat, nicht zu Bentralheizung und Warmwasserversorgung, wo allerdings ohne daß man iofort an die Sozialisierung des städtischen muß in Zeiten der Not in vernünftigen Grenzen durchgeführt muß. Und hier gerade kann der Anfang gemacht werden mit billigen; aber der Grundgedante ist durchaus gesund und auf die steigenden Kohlenpreise Rücksicht genommen werden Die Rechtsgrundlage bietet die Bekannt werden. Es kommt dabei weniger auf eine Art Ein- einer Institution, die geeignet ist, das ganze Wohnungswesen machung zum Schuße der Mieter und die diese er- quartierung heraus als auf die Teilung besonders großer auf eine neue Grundlage zu stellen, nämlich mit der Hausver gänzende Bekanntmachung über Maßnahmen gegen Wohnungs. Wohnungen. waltung unter Beteiligung der Mieterschaft durch Mieter­mangel, beide vom 23. September 1918. Hier sind eine Die ganze städtische Wohnungspolitik ist aber praktisch räte. Bei der Verwendung der für ein Haus oder einen Neihe von Vorschriften gegeben, die geeignet sind, bei ener- nur möglich, wenn sie in geeigneter Weise unterstützt wird ganzen Häuserkompler zu liefernden Feuerung, aber auch in gischer Durchführung eine vernünftige Verteilung und Aus- von den damit betrauten Behörden, dem Wohnungsamt und allen anderen Fällen bei der Verwaltung der Häuser, der nuzung der vorhandenen Wohnräume zu erzielen. Alle diese dem Mieteinigungsamt. Insbesondere das Wohnungs- Vornahme von Reparaturen, bei allen sonstigen den Mietern Vorschriften haben jedoch eine Voraussetzung: daß die Ge- amt fann bei der wichtigen Stellung, die es einnehmen soll, zu bewirkenden Leistungen sollen diese Mieter selbst mit­meinde, die sie anwenden will, zum Notstandsbezirt nicht wie bisher fast überall nur rein bureaukratisch ar wirken. Die Organisierung der Mieter in dieser Form, wobei erklärt wird. Es ist sehr verwunderlich, daß die Gemeinden beiten. Nur unter Mitwirkung aller Interessentenkreise, ins- den Mieteinigungsämtern die Rolle der Aufsichtsbehörden zu­von Groß- Berlin noch nicht sämtlich zu Notstandsbezirken besondere der organisierten Mieterschaft, fann hier Erfprieß fällt, wird entscheidend sein für die Zukunft des Wohnungs­erflärt worden sind, obwohl das bereits seit September 1918 liches geleistet werden. Um eine wirkliche Fühlung mit allen wesens und der Wohnungspolitif. Gelingt es, hier lebens möglich gewesen wäre; das sonst so rückständige Wilmersdorf   in Betracht kommenden Faktoren zu wahren, ist neben einer fähige Gebilde zu schaffen, die ohne radikale Uebertreibungen sc war die erste und lange Zeit die einzige Gemeinde, die sich Bentralisierung der Leitung möglichst für ganz Groß- Berlin fruchtbringende Arbeit leisten, dann wird von allein eine Un­zum Notstandsbezirk hatte erflären lassen, und erst in neuerer eine Dezentralisierung der Verwaltung derart einzuführen, stellung des ganzen Wohnungswesens von der privatkapita­Zeit sind andere Gemeinden nachgefolgt. Jezt endlich hat daß jedes Wohnquartier seine eigenen Fragen selbständig, liftischen auf die sozialistische Grundlage vor sich gehen. Und auch Berlin   selbst einen entsprechenden Antrag gestellt, Die und zwar unter Mitarbeit aller für dieses Quartier in Be- wenn diese Einrichtung ein Schritt in der Richtung auf die Erklärung einer Gemeinde zum Notstandsbezirk hat im wesent- tracht kommenden Persönlichkeiten und Institutionen bear- Sozialisierung des städtischen Grund und Bodens wäre, so lichen drei Folgen: wäre dieser Etfolg nicht unerwünscht.

Grund und Bodens geht.

beitet.

Eine

AUSSTELLUNG

VON DAMENKLEIDUNG/ KINDERKLEIDUNG   UND DAMENHUTEN IM AUSSTELLUNGS  'SAALE/ AB MONTAG/ DEN 26/ MAÍ  /

HOCHSOMMER MMER

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RUDOLPH HERTZOG

BREITESTD/ BERLIN   C2/ BRÜDERSTR

Deutfcher Cognac

Winkelhausen

Cognacbrennereien Preuß.- Stargard