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Nr.312. 36.Jahrg.

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Telegramm- Abreffe: Sozialdemokrat Berlin ".

Morgen- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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BY

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutfchlands.

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morisplag, Nr. 15190-15197.

Sonnabend, den 21. Juni 1919.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Moritplan, Nr. 117 53-54.

Noch immer keine Lösung.

Weimar , 20. Juni. Auch am Nachmittag sind die Fraktionen zu Sibungen zusammengetr.. ten und, wie wir aus parlamentarischen Kreisen hören, besteht nach dem jebigen Stande der Verhandlungen Aussicht auf Erhaltung des bisherigen Mehrheits­

blods.

Im Schlosse finden in Gegenwart des Reichspräsidenten Ebert Verhandlungen statt, die die Neubildung des Kabinetts zum Gegenstand haben.

Die für heute nachmittag angesetzte Sigung des rie­densausschusses ist vorläufig bis auf weiteres ver­schoben worden. Desgleichen ist über den Zusammentritt der Vollversammlung noch nichts beschlossen.

Diese Meldung ist einigermaßen rätselhaft. Rätselhaft wie die Verwirrung, aus der man in Weimar nicht herausfommt. Es steht bisher fest, daß der Mehrheitsblock in der Frage der Annahme oder Ablehnung nicht einheitlich ist. Die Demokraten müßten aus scheiden. Wie man bei geteilter Saltung eine Geschlossenheit fonftruieren will, ist nicht ersichtlich. Oder haben die Demokraten ihre Stellung geändert?

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Die Schwierigkeiten der Kabinettsbildung.

Ungarn und der Friede.

Und Stunde auf Stunde verrinnet...

Bon Friedrich Stampfer .

Weimar , 20. Juni.

Und Stunde auf Stunde verrinnet... Der Weg zur Ablehnung ist berrammelt, der Weg zur Annahme nicht geöffnet.

die fie in dieser Zeit zu spielen berufen war, entgehen lassen.

Rede Bela Kuns auf dem ungarischen Rätekongref. Budapest , 19. Juni. In der heutigen Sitzung des Rätekons greffes hielt Bela un eine große Nede über die aus­wärtige Politit. Er führte aus: Mit antimilitaristischen Schlagworten haben die westlichen Demokratien ihre Proletarier in den Weltkrieg geschickt, sie haben sich aber nicht besser erwiesen als die mitteleuropäischen Monarchien. Der Friede von Brest­Litowsk und Bukarest war um nichts erniedrigender als der, den sie Deutschland , Deutschösterreich und der jungen ungarischen Räte- Der Weg zur Ablehnung ist verrammelt, weil nur ein Republik aufzwingen wollen, und, wenn auch nur provisorisch, auf- fast einmütiges, ebenfalls ein auf eine übergroße, ent zwingen werden. Unser revolutionärer Krieg war eine schlossene Mehrheit gestüztes Votum der Nationalversammlung notwendige Folge des Entente- Pazifismus, der kein anderes Ziel ihn aufschließen könnte, eine solche Mehrheit ist nicht da. hatte, als die Niedertretung jeder Revolution, und der Einmischung Das Bemühen Scheidemanns, Landsbergs, Rankaus, der seitens der Vasallenstaaten der Entente, deren Imperialismus ganzen Friedensdelegation, sie zu schaffen, ist vergeblich hungriger und gefräßiger ist als der jedes Großstaates. Diese geblieben. Die Unterlegenen haben Abschied genommen. großen Gegenfäße beziehen sich auf die Frage der Freiheit der bert, der mit dem ganzen Herzen auf ihrer Seite Meere, den Völkerbund, die Kolonien und deren Internationali- steht, ist noch geblieben, weil sein Abschied die hoffnungs­fierung. England fann die Freiheit der Meere nicht akzeptieren, lose Auflösung dedeutet hätte. Italien auf die Herrschaft über die. Adria nicht verzichten, Frank Unsere Frattion hat sich die geschichtliche Führerrolle, reich der Internationalisierung der Kolonien nicht zustimmen. Die entscheidende Stunde fand sie uneinig und in ihrer Aus dieser Untlarheit entspringen die zahllosen wilden Ge- internationale Auf diesen und anderen Momenten können wir unsere Mehrheit hoffnungslos. Aber wenigstens soviel fann zu ihrer rüchte, die dem Bolte das Bewußtsein einimpfen, daß es in seiner internationale Politik ruhig aufbauen, die Entente wird Ehre gesagt werden, daß ihre beiden divergierenden Teile fich schwersten Stunde keine Führung hat. unmöglich einheitlich gegen Ungarn auftreten können. Der flar darüber waren, was sie wollten. Die einen sahen in der Schwerpunkt der internationalen Frage liegt heute Nichtunterzeichnung eines unmöglichen, unerfüllbaren, ent­darin, daß die Deutschland und Deutschösterreich diftierten Frie- ehrenden Vertrages die einzige Hoffnung auf Rettung. Die möglich machen. Aber wie in Deutschland die Revolution aus der moralische Zustand unseres Volkes lasse bensbedingungen jede tapitalistische Wirtschaft un- anderen dachten über den Vertrag nicht anders, meinten aber, Hermann Müller war nicht beauftragt. brach, wird auch die Entente dieses Schicksal erreichen. Mein teine andere Möglichkeit mehr zu als die be­Die gestern Mittag von verschiedenen Nachrichtenbureaus, Wunsch wäre, daß Deutschland unterschriebe, denn damit verliert dingungslose Unterzeichnung. darunter auch WTB, ausgegebene Meldung, wonach Her der Scheidemannismus den Boden unter den Füßen, und die Massen Das Verhalten der anderen Koalitionsparteien ist ge­mann Müller mit der Bildung eines Rabinetts beauf des deutschen Volkes schließen sich dem revolutionären Flügel der radezu entfeßlich. Den Herren ist nicht beizubringen, daß tragt gewesen sein sollte, entsprach nicht den Tatarbeiterschaft an, wie das schon in Desterreich begonnen hat. Auch es sich um Annahme oder Ablehnung handelt, und daß dar­sachen. Genosse Müller hat einen solchen Auftrag nie ge- in der tschechischen Republik steht die Sache der Revolution nicht über bis Montag entschieden werden muß. Sie versuchen habt, vielmehr war Genosse David vom Reichspräsidenten schlecht, und das Proletariat Italiens , Frankreichs und Englands noch immer, sich durch parlamentarische Stunststücke zwischen ersucht worden, eine Kabinettsbildung vorzunehmen; diese ist gleichfalls erwacht. Trotzdem sage ich: Schließen wir den Frieben, ia und nein hindurchzuwvinden und suchen ein unmögliches ist ihm jedoch nicht geglüdt. Die Parteiverhältnisse sind wenn es geht. Auf die Note Clemenceaus fönnen wir heute nur Stompromiß. Die Demokraten sagen Nein- aber, die immer noch so unübersichtlich und die Mehrheiten von Stunde antworten, daß wir bereit sind, über den Frieden zu beraten. Wir Bentrumstente sagen Ja- aber, getreu dem Dichterwort: zu Stunde so wechselnd, daß die Lage sich nur sehr langfam Staaten um uns her verhandeln, die auf uns angewiesen sind, und wollen nicht nur mit der Entente, sondern auch mit den feindlichen Die Schwierigkeiten beruhen darin, daß die Mehrheits- auf die wir angewiesen sind. Wir betonen aber im voraus: Wir parteien innerlich gespalten sind, wie denn auch das Kabinett schließen einen Frieden, der nicht länger gelten wird, als der Friede in der Nacht zum Freitag nicht nach Barteien, sondern nach von Brest . Jedoch werden wir ihn nicht umstürzen, sondern das druck dafür viel kostbare Zeit vertrödelt worden. Und doch So ist mit Narrenspossen es gibt keinen anderen Aus­persönlichen Meinungen auseinandergefallen ist. In der tschecho- slowakische, südslawische und zumänische Proletariat. ist die Gache jetzt fürchterlich Flar. Hauptsache fann man drei Gruppen unterscheiden, deren( Beifall.) Nachdem sich die Mehrheit der sozialdemokratischen Frat­eine für das Ablehnen, deren zweite für das Annehmen und Redner unterbreitet dann einen Beschlußantrag, der tion für die Annahme der Friedensbedingungen ent­deren dritte für ein modifiziertes Annehmen unter gewissen einstimmig angenommen wurde und nach welchem der Räte- schlossen hatte, ist ihr gesagt worden, es sei nunmehr Bedingungen ist. Aber auch innerhalb dieser Gruppen gibt fongreß feierlich erklärt, daß er nicht nur nicht auf der Grundlage ihre Aufgabe, ein Unterzeichnungskabinett mit es wieder Schattierungen, wodurch die Lage noch komplizierter dec territorialen Integrität stehe, sondern alle Selassenunterschiede, der dazu gehörigen Mehrheit zustande zu bringen. Es ist wird. Ein positiver Ausweg aus den Schwierigkeiten ist zur alle Nationalenunterdrückung, alle Scheidewände zwischen den Ar- ihr auch gesagt worden, die anders denkenden Fraktions­Stunde noch nicht zu erblicken, auch eine rein sozialistische beitenden mit verschiedener Sprache, also auch die politischen und mitglieder wollten nur ihren Gewissensstandpunkt wahren, Regierung würde keine Mehrheit finden. Wenn aber| Bollgrenzen beseitigen wolle. Die Räte republik erblide in aber der Mehrheit ihre Aufgabe in feiner Weise erschweren. diefe Schwierigkeiten in einigen Stöpfen, wie behauptet wird jedem Proletarierstaat einen natürlichen Ver- Ebert hat dem Genossen David die Bildung eines Kabinetts - in welchen, wird nicht gesagt, den Gedanken haben ent- bünbeten und wolle mit den Arbeitenden aller Staaten im übertragen, Scheidemann und andere haben nach Kräften ge­stehen lassen, in der Einsetzung einer Diktatur den retten- Frieden leben. Die Verhältnisse auf den Gebieten der ehemaligen holfen, den Uebergang zu erleichtern. Bergebens. Das den Ausweg zu sehen, so müssen wir schon sagen, daß die Monarchie sollen durch eine Konferenz der neuen Staaten geregelt Unterzeichnungsfabinett ist nicht zustande gekommen, tropische site der letzten Tage, verbunden mit der werden. und das Ergebnis tagelanger qualvoller Beratungen ist gleich folierung, offenbar auch in Weimar ihre Opfer ge­Null. funden hat. Es ist verbrecherisch, mit einem solchen Gedanken auch nur zu spielen.

flärt.

Aber die Weimarer Angelegenheit scheint überhaupt einen günstigen Nährboden für Intriguen aller Art zu bieten. Einige Anhänger der Nichtunterzeichnung nicht in unserer Partei fehen die Schwierigkeiten der sehen die Schwierigkeiten der

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Pariser Presse und Volksabstimmung.

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Schwarz und weiß, das sind Extreme,

Grau, das ist das Angenehme, Das so schwarz wie weiß enthält.

Ein Einmarsch der Entente, der nach einem festen Nein der Regierung und der Nationalversammlung begonnen hätte, wäre zu ertragen gewefen. Ein Einmarsch, der erfolgt, weil in Deutschland das Chaos ausgebrochen ist, weil man hier nicht rechtzeitig zu einem unvermeidlich gewordenen Entschluß tommen fann, würde alle Nachteile einer

jezigen Kabinettsbildung offenbar nicht ungern und suchen Befürchtung, daß der ganze Vertrag umgestoßen wird. offenen Ablehnung bringen, aber feinen ihrer Vorteile. fie zu bergrößern. Eine neue Hoffnung tut sich ihnen auf, Berlin , 20. Juni. Die französische Presse vom 19. Juni Ein Entschluß, sei er auch noch so wenig heroisch, verdient nämlich daß die Kabinettsbildung nicht mehr recht- abends äußert die widersprechendsten Ansichten über die Unter- und findet immer noch mehr Respekt, als die eingestandene zeitig bis Montag zustandekommt, und daß an dieser Tat- zeichnungsfrage. Die rechtssozialistische Heure" sowie laut In- Entschlußunfähigkeit. Können wir nicht mehr handeln, so fache einfach die Unterzeichnung des Friedens scheitert. Diefe transigeant" die diplomatischen Streise denten pessimistisch. dürfen wir uns nicht wundern, wenn es andere in ihrer Hoffnung darf auf keinen Fall fich verwirklichen. Temps" und der nationalistische Intransigeant" erwarten die Weise und ihrem Interesse für uns tun. Nachdem die Nichtunterzeichnung von ihren eigenen Anhän- Unterzeichnung erst nach dem Einsehen einer militärischen und So schuldet die Fraktionsmehrheit, nachdem sie eine gern als unmöglich erkannt worden ist, muß es zur Kabinetts- wirtschaftlichen Zwangsaktion. Der lintssozialistische Populaire" andere Politik unmöglich gemacht hat, den Beweis, daß ihre bildung fommen, und die Mehrheitsparteien würden sicher und die nationalistische Batrie" prophezeien rechtzeitige die richtige ist, und daß sie imftande ist, zunächst nur ihr dem Barlamentarismus das traurigste Zeugnis ausstellen, unterzeichnung. Information" und Journal de Débats" erstes vorausjegliches Ziel, die Unterzeichnung der Friedens wenn sie sie nicht zustande brächten. bedingungen, zu erreichen. Die Minderheit der Fraktion, die ihr Spiel als verloren betrachten muß, wird der Mehr­heit feine Schwierigkeiten bereiten, sondern sie im Gegenteil überall unterstützen, wo sich das mit ihrem Gewissen in Ein­Klang bringen läßt.

Wie wir in legter Stunde von zuständiger Stelle er. fahren, schreitet die Kabinettsbildung jest doch günstiger, und mit mehr Aussicht auf Erfolg vorwärts, so daß die Hoffnung besteht, bis Sonnabend früh das neue Kabinett doch noch zu­stande zu bringen.

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befürchten dilatorische Manöver. Information" meint, Deutsch land werde vielleicht unter Einhaltung des Termins erklären, daß die Regierung grundsätzlich zur Unterzeichnung bereit sei, aber eine Befragung des Volkes für notwendig halte. Während der dadurch bedingten neuen Frift würde der amerikanische Senat den Vertrag Bündeten ein Ersuchen um Fristverlängerung zwecks Volksbefragung schließen, dazu bedarf es einer parlamentarischen, auf eine vielleicht umstoßen. Journal des Débats " deutet an, daß die Ber - Darüber darf man sich nicht täuschen: Um Frieden zu taum ablehnen können. Mittlerweile tönnte der Beschluß des Parlamentsmehrheit gestützte Regierung, und die muß auf amerikanischen Senats den ganzen Vertrag in Frage stellen. jeden Fall geschaffen werden, und zwar so rasch