"xisienz. Das moj die Anschauung von Leuten sein, die -amilienoäter zwingen, sich für einen»dummen Jungen" irgenldeines Angetrunkenen vor die Pistolenmündung zu Zellen; für das Volk existiert der korpsstudentische Ehren- kodex glücklicherweise nicht. Der heutige Montag, der 23. Juni, wird als Tag des Friedensschlusses in der Weltgeschichte stehen. Ein Freudentn? ist er deswegen nicht und erst recht kein Tag, ■'M dem es erlaubt wäre, nun die Hände mützig in den Schoß ;,a legen. Wenn wir den Frieden unterzeichnet haben in dem Bewußtsein, daß sein Inhalt, so wie er jetzt dasteht, das deutsche Volk zu ewiger Knechtschaft und Zwangsarbeit im Dienst des Ententekapitals verurteilt, so ist damit von selber gesagt, dafc es unsere moralische Pflicht ist, nicht rwa Jahr auf Jahr in stumpfer Passivität die Bedingun- gen dieses Friedens über uns ergehen zu lassen. Es ist der historische Beruf der Sozialdemokratie, die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen' in jeder Form zu bekämpfen, nicht nur die Ausbeutung einer Klasse durch die andere, sondern auch die Ausbeutung eines Volkes durch das andere. Durch diesen Friedensschluß erhält unser Klassenkampf ein doppeltes Gesicht: denn wenn wir auch die Ausbeutung des deutschen Arbeiters durch das deutsche Kapital beseitigen, wozu uns durch die Revolution der Weg geebnet ist, so bliebe danach die Ausbeutung der deutschen Arbeit durch den Ententekapitalismus 'bestehen und würde doppelt drückend in die Erscheinung treten., Der Kampf gegen diesen Frieden bedeutet also e i n notwendiges Stück unseres künftigen Klassenkampfes. Nicht vom nationalistischen, sondern vom proletarischen Standpunkt aus ist dieser Kampf als innerste Angelegenheit der deutschen A r b e i t e r k l a s se zu führen. Dabei können wir freilich nicht so vorgehen wie die„Deutsche Tageszeitung", die ein- wch erklärt, daß für sie und ihre Gesinnungsgenossen die U Unterzeichnung des Friedens„keine Gültigkeit habe, weder jetzt noch später", und daß dies ihre Parole sei. Wir müssen den Kampf gegen diesen Frieden ebenso führen, wie wir den Kampf gegen den alten Klassenstaat geführt haben, in dem wir lebten: Obwohl seine Gesetze von unseren Feinden und Ausbeutern gegen uns gemacht waren, haben wir ihre Gültigkeit anerkannt, aber sie 'einen Augenblick unbekämpst gelassen, son- dorn Stück für Stück von ihnen niedergerungen und zu Fall gebracht. So auch stellen wir uns den Kampf gegen diesen Frieden vor, und wir hoffen dabei nicht schlecht zu fahren. Herr Clemenceau soll noch verzweifelt wie sein .Ninisterkollege Odilon Barrot vor dem Sturm von 1348 ausrufen:„La Ichwlitö norm tue"— d i e Gesetz- Mäßigkeit ist unser Tod, während wir, um mit den � Worten Friedrich Engels zu sprechen, bei dieser Gesetzlichkeit uralle Muskeln und rote Backen bekommen und aussehen, wie das ewige Leben. Das hoffen wir zu erreichen, nicht mit irgend welcher Waffengewalt, sondern durch die Macht des Rechts, des Gedankens der Völkerversöhnung und des unaufhaltsam fortschreitenden internationalen Sozialismus. Der 23. Juni 1919 siebt in der Geschichte als der Tag eines Gewaltfriedens, der schon in der Stunde der Geburt .-um Absterben verurteilt ist.— E s lebe der Tag der Völkerversöhnung und der Völker- freiheit!_
Die Diktatur ües Klubs Casilm. Unserem Frankfurter Parteiorgan entnehmen wir folgende bezeichnende Ausführungen: „In Berlin hat am Freitag ein Wechsel im Bestand der 'teichstruppen stattgefunden. Verschiedene Trupenteile wurden der- gt, andere traten an ihre Stelle. Die Unabhängigen, die sich be- -nntlich eifrig an die Berliner Soldaten heranmachten, müssen r.fyt sehen, wie sie die neuen Ankömmlinge für die Diktatur eines Klubs Cas sirer gewinnen können, den sie als»Dil- '.atur des Proletariats" zu bezeichnen belieben.
Iranz vsn Liszt . Mit Franz von Lrszt, den der Tod im Sä. Lebensjahre von schwerem Siechtum erläst hat, ist einer der besten Männer der ' rutschen Gelehrten- und Kulturwelt von uns geschieden. Er war ein Gelehrter deS seltenen TypuS, der nicht im Spezialistentum seines Faches verknöchert, sondern dem sein« Wissenschaft die Grundlage ist, um sich zu höherer Menschlichkeit zu ent- wickeln. Franz von Liszt. der geborene Wiener, hat fast zwei Jahrzehnte als Lehrer an der Berliner Universität gewirkt, nachdem er vorher -i Gießen , Marburg und Halle tätig gewesen war. Seine Straf- rechtsvorlefungen waren berühmt, aber trotz des regen Zulaufs ist »an dem Geiste Liszt » bis heute wenig in die praktische Straf- Rechtspflege eingedrungen; denn bei dem heutigen Studenten- ruaterial mußte Liszt seine Erziehungsversuche zu ideal-mensch- licherer DenkungZwetse meistenteils„am untauglichen Objekt" machen. RichiSdestoweniger hat Franz von Liszt auf dem Gebiete der Strafrechtspflege bahnbrechend gewirkt. Das kam, weil er rein kalter Verstandesmensch und bloßer Formaljurist war— obwohl gerade auch« r es ist, der das von den Buchstaben-Pandektisten stets verachtete und als minderwissenschaftlich betrachtete Gebiet des Strafrechts auf die Höhe«irrer gleichberechtigten Wissen sch aft gehoben hat. Nein, Liszt war mit warmem Herzen bei d-en u nschuldig Verurteilten und den Falsch- beurteilten, bei den zahllosen Opfern der immer noch von mittelalterlichen Gesichtspunkten beherrschten Strafrechtspflege unserer Zeit. DaS zeigte sich auch darin, daß er u. a. dem Straf- Vollzug und seiner Reform die lebhafteste Beachtung entgegen- brachte, während das Interesse der durchschnittlichen Formaljuristen am Angeklebten mit der Urteilsfällung meist völlig erschöpft ist» Liszt hat mit Leidenschast alle jenen Theorien bekämpft, an denen der größte Teil seiner rückständigen Kollegen noch heute fest- hält, wonach der Zweck deS StrafrcchtS die Abschreckung oder Rache ist. Ihm kam es darauf an, den Verbrecher, in dessen Tun er Mangel an sozialer Gesinnung sah, zu bessern und als nützliches Glied der Gesellschaft zurückzugeben. Deshalb drang er auf di« psychologische Erforschung des Verbrechens und auf die Be- seitigung starrer EtrafrechtSdorschriften» namentlich aber auch auf cm menschliches Stvastecht für Jugendliche. Neben dem Strafrecht war Lifzts Domäne das Völkerrecht. -hier hat er schon vor Jahren manchen Gedanken entwickelt, der jetzt erst langsam Anerkennung ftndet, namentlich war er auch Anhänger der obligatorischen Schietsgerichte. �
Der vielfache Millionär Paul Cassirer hak nämlich einen eleganten Klub gegründet, in dem der elegant gekleidete Teil der Berliner Unabhängigen sich ein Stelldichein gibt. Dort wurde neulich in einem Raum, dessen luxuriösen Stil der Geist von Cassirers graziösen Gattin, der unvergleichlichen Schauspielerin T i l l a T u r i e u x, die Herr v. Jagow einst vergeblich zu minnen suchte, beherrscht. In der Bcllevuestraße im Berliner Westen hat der Klud Cassirer eine ganze Etage gemietet, in der jüngst verab- .redet wurde, wer die neue Revolutionsregierung übernehmen solle. Ter Chef des Klub-, der begüterte Herr Cassirer , der- größerte sein enormes'Vermögen in den neunziger Jahren durch Berkauf von Bildern aus den Kreisen der Berliner Sezession . Bei Kriegsausbruch meldete er sich als Kriegsfreiwilliger— nicht gerade in den Schützengraben, sondern als Mitglied des Kaiserlichen Automobilklubs, nicht ohne vorher die vaterländische Konjunktur für die Grundlage einer Luxuszeit- s ch r i f t benutzt zu haben, die Liebermann und andere führende moderne Meister in den Dienst der Kriegsbegeisterung stellte. Paul Cassirers persönliche KriegSbegeisterung ließ etwas nach, als aus dem Kaiserlichen Automobilkorps die kriegSver- wendungsfähigen Mitglieder in Jnfanterieuniform gesteckt wurden. Gute Beziehungen lösten ihn aber von diesem Schicksal bald ab und sandten ihn für Zwecke der»deutschen Kulturpropa- g a n d a" in die Schweiz . Als im Sommer 1918 daS deutsche Kriegsglück im Westen sich wendete, fühlte der Millionär in seinem kaufmännischen Instinkt, daß hohe Tuchhändlergewinne nur noch mit Radikalismus zu erzielen feien. Er schloß sich plötzlich der Partei der Unabhängigen an, vereinbarte Verlagsverträge mit den hervorragendsten Schriftstellern der U. S. P. Im Klub Cassierer, von dem gewöhnliche„Proleten" ferngehalten werden, wie ein Komposthaufcn vom Speisezimmer des Königs von England, verkehren Herr Dr. B r e i t s ch e i d, Ex- minister Simon, der Chefredakteur der„Freiheit", Dr. H i l f f e r- ding, und Helmut v. G e r l a ch, de? in seiner„Welt am Montag" alle Parteien außer den Unabhängigen und Kommunisten herabsetzt. Die Verschwörer des Klubs Cassirer lieben nicht Gewalt. Sie wollen„die Revolution weitcrtreibcn", indem sie den Kommu- nisten und erregten Proletariern, die die„Freibeit" lesen, überlassen, sich gegen die Maschinengewehr« der.,Ro?ke-Garde" aufzulehnen. Mißlingt der Putsch, so legen sie in der„Freiheit" dar. daß sie die kommunistische Taktik immer schon ablehnten. Glückt die Revolte, so stürzen sie vom Klubsessel in der Bellevuestraße schnell auf und eilen spornstreichs auf die Straße mit dem Rufe:„Genossen, w i r haben gesiegt." Und dann verteilen die Mitglieder des Klubs Cassirer unter- einander die Ministerposten und sonstigen Stellen der Staats- Würdenträger. Einstweilen werden die Herren, wenn sie einander begegnen, nur lächeln, wie die römischen Auguren, jener Wahr - sager, die sich gegenseitig kannten."
»Es ist kemer öabe!.. „Freihüt" und„Republik " vom Sonnabend groben ein Gedicht meiner Feder aus, das in einer der im fremden Hutje erschienenen Nummern des„Vorwärts" aus den Januartagen erschienen ist. Die Schlußstrophe hat es ihnen angetan: „SZielhundsrt Tote in einer Reih— Proletarier! Karl. Rosa, Radek und Kumpanei— es ist keiner dabei, es ist keiner dabei. Proletarier!"' Aus diesen Zeilen ziehen sie die ungeheuerliche Schlußfolge. rung, ich bsdauce, daß die drei nicht zu den Toten gehörten; ich habe damit die Freiwilligen zur Ermordung aufgefordert. Ich habe im Gegensatz zu manchem, der sich jetzt als Kom- munist aufführt, dem Kriege nicht eine Zeil: der Unterstützung geliehen, die gleiche konsequente Abneigung bringe ich der Vruderschlächterei des Bürgerkrieges entgegen Verschiedentlich ist mir von linksradikaler Seite die Leichtfertigkeit und Sinn- losigkeit des Januarpuffches zugestanden worden. Das un- mittelbare Erleben jener Scheußlichkeiten läßt begreiflich er- scheinen, daß ich ein Gedicht schrieb, welches sich dagegen wendet, daß sich Proletarier um Leitartikel willen zum gegenseitigen Totschlagen verleiten lassen: da die Offensive von links kam, wandte es sich gegen deren Führer._ Auch politisch war Liszt tätig, er gehörte der fortschritt- lichen Volkspartei an und wurde von dieser 1908 in das Preußische Abgeordnetenhaus, 1912 in den Reichstag entsandt. Doch war seine Bedeutung auf eigentlich politischem Gebiet gering, als Abgeordneter enttäuschte er viele Erwartungen. In den letzten Jahren trat er infolge zunehmenden Leidens immer weniger hervor. Nicht dem Politiker, aber dem Wissenschaftler und Menschen Liszt bewahrt auch die Arbeiterschaft ein ehrendes Andenken. Die Kuast in öe? ungarklAjen Räterepublik. Die Budapester Räteregierung hat sich der Kunstpflege und Kunstfördernng mit großem Eifer angenommen, wie aus einem von Bruno Adler in der Kunstchronik veröffentlichten Bericht her- vorgeht. Dem Volksamt für Erziehungs- und BildungSwesen wurde ein Kommissariat für Kunst angegliedert, daS mit erstaun- licher Präzision die Sozialisierung des privaten Kunstbesitzes durchführte.(In Deutschland haben wir dank der ruhig weiter amtierenden Geheimratswirtschast nicht einmal ein Ausfuhrverbot für unersetzliche Kunstwerke zustande gebracht! Die Red.) Die Rüteregierung kam so innerhalb weniger Wochen in den Besitz eines Museums, das sich den hervorragendsten Gale- rien zur Seite stellen kann und in dem die großen Meister all-»! Epochen, besonders die Klassiker der nordischen Kunst und oie Meister des französischen Impressionismus, fast vollzählig ver- treten sind. Die besten der auf diese Weise zusammengebrachten Gemälde, Plastiken und kunstgewerblichen Geyenstände sollen daS Vudapester Nationalmuseum bereichern. Außerdem sollen eine zweite Galerie und eine Anzahl von Provinzmuseen errichtet wer» den. Schwieriger gestaltet sich die Sorge für Kunst und Künstler der Gegenwart. Da die kommunistische Wirr- schaftsform den Kunsthandel und den Mäzen ganz, den gelegent- lichen Käufer �fast ausschließt, mutz der Staat den Künstlern Lebens- und Schaffensmöglichkeit sichern. ES wurden daber oon Fachkommissionen Kataster angelegt, in die alle jene Künstler aufgenommen werden, deren Erhaltung der Staat übernimmt. Aehnlich wie die Schriftsteller sollen die bildenden Künstler monatliche Gehälter beziehen, die sich je nach der Bedeutung zwischen 1699 und 3999 Kronen bewegen. Für die Verwertung der Kunstwerke durch den Staat ergeben sich Schwierigkeiten, die noch lange nicht überwunden sind. Ter beste Teil der zeitgenössi- scheu Produktion soll Eigentum des Staates bleiben und für die öffentlichen Sammlungen oder zum Schmuck von Staatsgebäuden und Schulen bestimmt werden. Für jeden Kunstzweig ist ein be- sonderer Kommissar ernannt. Die Budapester Hochschule ist durch sieben Lehrstühle für Kunstwissenschaft be- reichert worden; auch auf der neugegründeten Arbeiteruniversität soll die künstlerische Volkserziehung gepflegt werden; eine neue Kunstzeitschrift wird vom Staate vorbereitet. Die Budapester Künstler haben ihre Arbeit zum erstenmal bei der.Feier deS 1. Mai in den Dienst des Staates gestellt.„Die Dekoration der
Daß Rosa Lttremsiurg und.Karl Liebknecht , deren Tod mir trotz politischer Gegnerschaft als unersetzlicher Verlust des Ptole- tariats und der Revolution erscheiich, auf die schändlichste Weise ermordet werden könnten, kam mir erst durch die traurige Tat- fache zum Bewußtsein. Daß mir von feiten der linksradikalen Presse Absichten der Begünstigung untergeschoben werden, recht- fertigt den Vorwurf jener Verantwortungslosigkeit, der gerade von dieser Seite gegen andere erhoben wird. Ich persönlich nehme den Sozialismus viel zu ernst, als daß ich durch solche .Kampfesart die wesentlichste Voraussetzung seines hoffentlich baldigen Erfolges zerstören helfen könnte. Artur Zickler. woher öie Serechtigung I Nebergriff eines Kommandanturgerichts. Ter Verlag der«Rätezeitung" sandte am 28. Mai an eine Buchhandlung in Hindenburg (Oberschlesien ) auf deren Bestellung eine Anzahl Exemplare der„Rätezeitung" unter Kreuzband als Drucksache. Diese Sendung kam dieser Tage mit folgendem Be- gleitschreiben zurück. «gl.(l!) Gericht der Kommandantur Glatz Glatz, dkn 18. Juni 197 Tagb.-Nr..... An den Verlan der Räte. Zeitung in Berlin NW. L, Luisenstr. 28. Die Zeüungen folgen mit dem Vermerk zurück, daß sie sich nicht zur Aushändigung eignen. Auf Anordnung (Folgt Unterschrift) KriezsgerichtS-Se!r.-Stellverrr. Wir würden gern erfahren, woher das Kommandantu-er 4t die Berechtigung zu diesem Tun nimmt.
deutscher SszialistentLg. Konferenz für Einigung der Sozialisten. Die Konferenz trat in die Diskussion über die Referate zum Rätcshstem ein, die aber, nachdem zwei Redner gesprochen hatten, abgebrochen wurde. Um den Fortgang der Vcvhand'unaen zu beschleunigen, wird jetzt der vierte Punkt der TageSerdm- behandelt: Der Einigungsweg. Der Referent Dr. Joel söhn(S. P. T.) führte aus. zur Wiedervereinigung der getrennten Parteien bedürfe eZ nur dc-S festen Willens auf beiden Seiten. Die bis heute veranstalteten gemeinsamen Versammlungen und Aussprachen seien recht gut gewesen es sei aber fraglich, ob sie in absehbarer Zeit zur Eini» gung führen. Nur Menschen mit politischem und menschlichem Takt könnten etwas für die Einigung leisten. Nachdem der Sinigungsgedanke jetzt ein halbes Jahr propagiert worden sei, sei es an der Zeit, ein Einigungeprogramm aufzustellen und es den Massen vorzulegen, die dann die Führer zur Einigung drängen würden.— Ter Redner besprach die Hindernisse der Einigung. Da gebe eS zunächst gefühlsmäßige Hindernisse, die zurückzu- führen seien auf die Kreditbewilligung, ferner durch getäuschte Hoffnungen nach der Revolution, welche die Arbeiterklasse völlig unvorbereitet getroffen und ihren Vertretern im Staat und in der Verwaltung Aufgaben zugewiesen habe, denen sie noch nicht gc- wachsen seien. Eine Klasse, die so lange in Unterdrückung gelebt habe, könne nicht über Nacbt die Macht Lbernebmcn. Die'e Tat- fache müsse den Arbeitern klargemacht werden, damit sie einsehen, daß der reine Rätegedanke, die Diltatur des Proletariats, nicht durchgeführt werden könne. Die Rätediktatur sei eine- kommu- nistische Forderung, die sich ein konsequenter Sozialdemokrat nicht zu eigen machen könne. Redner verliest eine lange Ausarbeitung, welche Richtlinien' für die Einigung aufstellt. Er geht davon aus, daß da? Ziel der Revolution die Beseitigung der kapitalistischen und die Errichtung der sozialistschen Gesellschaft sei. Er fordert für die äußere Politik Frieden und Freundschaft mit allen Völkerp, Propagierung des Rätcgedankens unter den Proletariern aller Länder zum Zweck der Durchführung deS Sozialismus. Ein europäischer WirtschafiSbnnd auf proletarischer Basis sei anzustreben. In der inneren Politik müsse di« Einigung auf einer mittleren Linie zustandckoinmen. Fallen müsse aus der Rechten de� Gedanke der reinen bürgerlichen Demokratie und auf der Linken der Gedanke der reinen Rätedikt atur. : gsaaai» Stadt erreichte mit verhältnismäßig geringen Mitteln eine vei solchen Anlässen seltene künstlerische Höhe. Ob aber der expresiio- nistische Bildschmuck, der da? Stadtbild dauernd beherrscht, dem ungarischen Proletariat wirklich zu Herzen spricht, bleibe da.hst" gestellt."_
TolManer und S»lschew!stM. In der„Humaniiö" beschließt Paul Biiukow einen Zoklu« fco-rf Aufsätzen über das bolschewistische Rußland . Er wirft die Frage ausr„Wie stellen sich nun die Bolschewisten zu den Anhängern Tolstois?" Antwort: Sie nehmen eine sympathische Haltung ein. Ich durste in voller Freiheit Vorträge halten, und bin dabei nicmals beunruhigt worden. Alle Tolstoische» Zeitungen und Zeitschtislen erscheinen regelmäßig. Die Tolstoianer find gern gesehen, weil alle Politik aus ihrem Programm ausscheidet. Wir erkennen keine Macht an. sind aber auch keiner Macht feindlicher als der anvereu. und für diese Neutralität weiß uns die Regierung Dank. Wir haben von unserem Ideal nicht? aufgegeben. Wir kennen die Mängel der Marxlchen Theorien, deren- wichtigster nach unserer Meinung das Fehlen jedes moralischen Faktors ist. Das Tolstoische Ideal eignet sich am besten für dx»s ruisische Volk. Die bolichewistische Regierung hat die Presse monopolisiert, uni ihre Ideen zu verbreiten. AuS diesem Grunde läßt sie auch unzählige Propagonda-Broschüren verteilen. Das Volk aber, das an der- artigen Schriften keinerlei Gefallen findet, verlangt nach den Werken Tolstois. Und die Bolichewislen lassen sich die Kritik der Tolstoianer gesallen. Daraus folgt, daß die Lage der geistigen Anhänger Tolstoi « heute viel bester ist als zur Zeit des Zarismus. LunatscharSky, der junge intelligente Minister des öffent- lichen Unterricht«, bat nach einem Uebereinkommen mit Ticherkoff, dem Freunde Tolstoi », 15099 990 Rubel sür eine Tolstoi-Stiitung bewilligt, deren Zweck eS ist, die Werke Tolstois und seiner Jünger j so weit wie möglich zu verbreiten. Sodann stellt Bifuivw die Frage: Ist es wabr, daß sich Gorki der bolschewistischen Regierung dollständig angeschlossen hat? Aul» wort: DaS ist nicht ganz richtig. Gorki und die Bolschewisten be- urteilen und kritisieren sich unter gegenseitiger Duldung. Gorki organisierte bei meiner Abreite von Rußland ein großes Unter» nehmen: die Herausgabe ausländischer SÄriflsieller. Aber ein der- artiges Unternehmen stößt beute auf zahlreiche Schwierigkeiten, unter denen die Papierknappheit die schlimmste ist.