nun endlich einmal das groß« Lügensystem der.cheutschön Pro- paganda" in den KriegSjahren als solches erkennen,... mögen sie bedenken, daß man keinen erhebenderen Beweis mnsS neuen Lebens geben kann, als gründlich« und furcht- lose S c l b st a n k l ag«, und daß Deutschland zurzeit keine gefährlicheren Feinde hat als diejenigen, die ihm e«t- reden wollen, zu solcher nationalen GeroissenSforschung und Eetbstan klage sei jetzt nicht der rechte Zeitpunkt." Das trifft den Nagel auf öen Kopf. Und leider hat Förster nicht minder recht, wenn er fortfährt:„Für den Politiker"— d. h. den Opportunisten der Politik—„kommt dieser Zeitpunkt niemals. Noch sind wir in der Tat das System der sogenannten deutschen Propaganda der Kriegs- zeit, das niemand mehr geschadet hat als Deutschland selbst, bei weitem nicht losgeworden, noch wuchert es fast unver- »ndsrt fort und betrügt niemand als— das deutsche Volk." Da läuft gerade jetzt wieder eine Notiz durch die deutsche Presse, die an die vom schweizerischen Bureau Republika ver- ösfentlichten Berichte der Sachverständigenkomnlission der Alliierten über die Frage der Schuld am Kriege anknüpft. Sie erzählt unserem Volke, daß die amerikanischen Mtglieder dieser Kommission gegen deren Bericht ein Sondergutachten abgegeben haben, in dem sie erklären, daß dieser die juridische Aerantwortung nicht streng genug von der lediglich morali- schen Schuld trenne. Das tut das Gutachten in der Tat und ist schon deshalb gewiß van Interesse. Was aber dem deut- schen Volke nicht mitgeteilt wird, ist das scharfe Urteil, das dies amerikanische Gutachten dort fällt, wo es auf die ma- tsrielle Seite der Schnldfrage eintritt, zu einem für die Re- gierung Wichelms II. noch viel schärferen Urteil kommt, als der Kommisflonsbericht. Es führt eine Anzahl von belastenden Tatsachen zur Schuldfrage vor, die der Be- richt nicht erwähnt und auS denen es die Folgerung zieht, „daß der Krieg vermieden werden konnte, wenn Deutschland nicht, von der Hoffnung auf den Sieg und Früchte der Er- oberung entflammt, entschlossen gewesen wäre, ihn aufzuzwingen, und schließt: amerikanischen Delegierten sind der Meinung, daß«S nicht genügt, mit der Kommission zu erklären oder zu folgern, daß der Krieg von den Zentralmächten vorbedacht war. daß Deutschland im Einvernehmen mit Oesterreich-Ungarn geflifsent- lich daran gearbeitet hat, die zahlreichen SchlichtungSvorschläge der Ententemächte zu Fall zu bringen und deren wiederholte Bc- mühungen für die Bermerdung deS Krieges zunichte zu machen, und zu sagen, daß die durch den Vertrag vom 19. April 1L39 ver- bürgte Neutralität Belgiens sowie die durch den Vertrag vom 11. Mai 1847 verbürgte Neutralität Luxemburgs von Deutsch - land und Oesterreich-Ungarn geflissentlich verletzt worden sei. Sie halten dafür, daß diese Handlungen in ausdrücklichen Worten verdammt und chre Urheber dem Fluch btx Menschheit überantwortet werde» müssen." Wie immer man über dieses Urteil denkt, es war Pflicht dem deutschen Volke gegenüber, wenn man überhaupt ihm von der Meinungsverschiedenheit zwischen den amerikanischen und den anderen Kommissionsmitgliedern Mitteilung machte, dann auch klar zu sagen, welches die Stellung der Amerikaner zur Sache selbst ist. Nur wenn das deutsche Volk genau weiß, wie die öffentliche Meinung der ganzen Nationen, die ihm im Krieg gegenüberstanden, über die Schuldfrage ur- teilt, wird es verstehen, warum die Friedensbedingungen so hart ausgefallen sind und welche Haltung von ihm und seinen Vertretern beobachtet werden muß, um die überhaupt mög- lichen Verbesserungen zu erlangen.
Nachwort der Redaktion. Ww geben diesen Artikel unseres Mitarbeiters unter dem gleichen, womöglich noch schärferen Vorbehalt als den «steu wieder, namentlich was die Ausführungen zu Anfang über die angeblich nicht erdrückende Härte der Friedensbedingungen anbetrifft. Statt eigener Ausführungen wollen wir uns damit bsgnügen, gegen Eduavd Bernstein— Eduard Bernstain zu zitieren, der am 14, Mai 1919 an dieser Stelle schrieb: Die FriedenSbedingunnen enthalten Bestimmungen, die ich alz internattonaler Sozialist nicht unterzeichne« könnte, ohne
Wohnungsnot vor 2000 Jahren. Von Rudolf Rößler . Mmt ist leichk geneigt, die Wohnungskakamität, dieses Haupt- übel unfseer Zeit, als ein speziell charakteristisches Merkmal de? neuzeitlichen Industriestaats anzusehen. ES mag daher zunächst edwaS sonderbar, erscheinen, wenn uns die Schriftsteller des römischen Tltertums aus den damaligen Großstädten, besonders aus Rom , von einer Wohnungsnot berichten, die hinter der unserer Tage kaum zurückstand. Bedenkt man aber, daß in jenen alten Zeiten— sehr im Gegensatz zu heute— der Besitz an Boden vor allem Quelle des Reichtums war, so versteht man, daß die Künste der Bodenspeku- lation rürgends so üppig gediehen wie im Rom der Kaiserzeit. Rom war der Mittelpunkt der ganzen damals bekannten Welt-, als Sitz des Imperators und der RcichSbe Hörden, als Pflegestätte von Kunst und Wissenschast zog die Steben-Hügel-Stadt am Tiber eine Unzahl von Beamten, Soldaten und Fremden in die Stadt. Zu denen, die'Erwerb und Beruf an die Hauptstadt fesselten, ge- sellten sich im Lauf der Zeit noch Hunderttausende von bennatloS gewordenen, ursprünglich freien italischen Landleuten hinzu, d-ie durch die immer mohr sich ausdehnende Sklavenwirffchaft der Größgrrmd- desitzer von ihrer Scholle vertrieben worden waren. Sa«, die einst das Mark des römischen Volke» waren, bildeten nun das Prole- tariat der Weltstadt, ein williges Werkzeug der Großen, von öffent. lichen Spenden und gelegentlich sich bietender Arbeit ein kümmer- liches Leben fristend. So stieg die Ginwohnerzahl 5ioms immer höher und höher; in den Zeiten des Kaisers TrojanuS(98— 117 n, Chr.) dürste sie mit etwa l�h Millionen Seelen(ohne Sklaven) ihr« höchste Stufe erreicht haben. Von diesen gewaltigen Volksmassen aber lebten mehr als 99 Proz. in Mietskasernen, die gleich dem weitaus größten Teil des städtischen Baulandes einer kleinen Schicht von Vornehmen und Reichen gehörten. So war der Bodenspekulation und Hausbesitzer- Willkür Tür und Tor geöffnet. Kairsleute und Gewerbetreibende, die nicht nur wie heute ihr Geschäft, sondern, da billige Verkehrs- mittel fohlten, auch ihre Wohnung im Innern der Stadt aufschlagen mußten, waren gezwungen, einfach fabelhafte Mieten zu bezahlen. Di» Bodenpreise i« Stadtzentrum waren kaum erschwinglich; schon zu Cäsar? Zeiten wird der Wert einer etwa 600 Quadratmeter großen Baustelle auf dem Palatm auf nahezu 1»00 000 Sesterzien lungefähr 270 000 M.) angegeben. Aber auch in den proletarischen Außenvievteln der Stadt verstand es der Grund- und Hausbesitzer, sich Einnahmen zu verschaffen, di� in keinem Verhältnis zu seinen Auslagen standen. So erzielte z. B. Cicero nach seinem eigenem Bericht an Atftcus aus einigen Mietshäusern in de» proletarrschen Stadtvierteln einen Gewinn von rund 100 000 Sesterzien gleich 18 000 M. im Jahre. Um dies« Zahlen richtig zu würdigen, ver- gegenwärtige man sich, daß zur selben Zeit in der Provinz der Kaufpreis eines schönen Landhauses etwa 10— 20 000 Sesterzien betrug. eine Summe, die m Rom den durchschntttttchen Mietpreis einer mittelmäßigen Wohnung darstellte. Neben der Höhe der Miefforderungen war weiterhin auch der 3Bgng4 an Bauplatz mttx tax Hauptgründe für dte ungeheure
mich an den Grundsätzen der International« über daS Recht der Völker, wie sie jetzt erst wieder von der Berner Internationalen Sozialistenkonferenz bekräftigt worden sind, gröblich zu verflln. digen. Und diese, wie andere Bestimmungen kann ich als Denffcher nicht unterzeichnen, ohne berechtigte LcbenSinteresse« einer großen Anzahl meiner LandSlentc elend zu»erraten. Ein Ja kam also diesen Bedingungen gegenüber, wenn es hieß, sie bis auf den i-Punkt zu unterschreiben, für mich ganz außer Betrachte ES konnte sich da meines ErachtenS zunächst nur um ein Nein handeln... Aber unser Nein kann kein un- bedingte« Nein sein, denn das meiste wird, so hart eS uns ankommt, schließlich doch unterschrieben werden müssen... Unser Nein ist.«» qualifizierte» Nein, kann»ur ein qualifiziertes Nein fem. Was Eduard Bernstein am 14. Mai als„eleuden Ver- rat" an den Interessen seiner Landsleute bezeichnet, das ist khm jetzt zu acht bis neun Zehntel durchaus genießbar und notwendig, das verteidigt er jetzt, obwohl er am 14. Mai seinen schärfsten Widerspruch als internationaler Sozial fft wie als Deutscher angemeldet hat. Erwähnen wollen wir noch, daß über die polnische Frage in dem Artikel vom 14. Mai Eduard Bernstein folgendes schrieb: Es ist schwer ersichtlich, von welchen Gesichtspunkten die Alliierten sich bei Ziehung der Grenze zwischen Deutschland und dem neuen Polen haben leiten lassen. Haben sie daS Polen wiederherstellen wollen, wie es bei der erste« Teilung(177S> bs- schaffen war? Das würde schon mit den Grundsätze» der sozio- listischen International« im Mderspruch stehen, deren in Bern gefaßte Resolution ausdrücklich die gewaltsamen oder verschleierten Annexionen auf Grund sogenannter historischer Ansprüche oder angeblicher ökonomischer Notwendig- keft teerwirst und für Gebietsabänderungen die Willens- erklärung der Bevölkerung fordert. Immerhin wäre es, so sehr eS die LebensansprSche lebender Generationen ganzer Bezirke ignoriert, wenigstens ein in fich einheitlicher Gesichts- Punkt. Dagegen" höre man Eduard Bernstein im ersten Teil dieses Artikels vom 4. Juli 1919, wo er sein Austreten auf dem Parteitag schildert: Statt mich aber ruhig anzuhören, hat man schon die bloße Erwähnung der Tatsache, daß unsere großen Vorkampfer Marx und Engels noch in den 70er Jahren des vorigen Jahr- Hunderts die Wiederherstellung Polens in den Grenzen gefordert haben, die es vor der ersten Teilung(1772) hatte, und daß auch heute noch die Sprachgrenze ziemlich dieselbe Liaie innehält, mit stürmischen Zwischenrufe« aufgenommen. Ist dieser stürmische Widerspruch nicht nur allzu berechtigt bei allen denen, die Eduard Bernsteins Artikel vom 14. Mai gelesen und gebilligt hatten? Am 14. Mai weiß Eduard Bernstein noch, daß die Grenze von 1772 mit den Grund- sähen der sozialistischen Internationale in Widerspruch steht und die Bevölkerung ganzer Bezirk«»«rgewaltigt. Genau vier Wochen später behauptet derselbe Eduard Bernstein . daß die Sprachgrenze sich mit der Grenze von 1772 ziemlich decke und daß die Internationale verpflichtet sei, für diese Grenze einzutreten. Da stände einem wirklich der Verstand still, wenn man nicht seit Kriegsausbruch von Eduard Bernstein wüßte, daß er gerade in den allerentscheidensten politischen Fra - gen nach vier Wochen seinen Standpunkt verläßt mtt dem Be- merken, fich leider geirrt zu haben. Uns scheint eS nur, daß sich Bernstein immer beim zweiten Mal irrt.
Viel Lärm um nichts. „Eitthürtauge«" der Freiheit". Unter der großen Manschette„Die ReichSregierrmg und ihre Spitzel" bringt die heulige„Freiheit" auf fast zwei Zeitung-- feiten Enthüllungen. Wer freilich nach der großen Aufmachung auf Sensation gerechnet hat, ist einigermaßen enttäuscht, denn der mit großem Pomp aufgemachte sachliche Inhalt ist mehr als dürftig. Zunächst ist vo« der ReichSregirrtmg l« der ganze« Ge» schichte kei»e Rede, und nirgend» wird der Beweis angetreren, geschweige denn erbracht, daß die Reichsregierung mit der Sachs etwas zu tun habe. Al» einzige amtliche Stelle wird genannt die Garde-Kavallerie-Schützendivision, von der wir annehmen, daß fie auch hier einmal wieder— unterstützt durch
Wohnungsnot des damaligen Rom . Soweit an der Peripherie der Stadt überhaupt unbebautes Land vorhanden war, befand«s fich im festen Besitz der reichen und vornehmen Familien, die dort meist LuxuSgärten, Bäder und dergleichen für ihre» und ihrer Freunde Gebrauch errichten ließen. Der Mangel an freiem Bau- gnind wurde noch verschärft durch den Charakter der Stadt als eine mit hohen Mauern umgürtete Festung, der lange Zeit hindurch eine planmäßige Stadterweitsrung hintanhielt. So wuchsen die Mietshäuser immer mehr in die Höhe, oft bis zu 8 und 10 Stockwecken. bei einer Straßenbrsite von selten mehr als 6 Metern. Di« Wohnräume waren in den plebejischen Stadtvierteln oft kaum 2 Meter hoch, meist ohne Fenster, dumpf und feucht. Zu den hoch- gelegenen Mansarde« des armen Volks führten nach Martial, der zur Zeit der ssavischen Kaiser lebte, häufig nicht weniger als 200 Stufen hinauf I Die Bauiveise dieser Mietskasernen war natür- lich die denwac schlechteste. Häusereinstürze waren nach Catull , einem Zeitgenossen CäsarS, in jenen Stadtteilen an der Tages» ordnung. Wie hoch aber trotz des elenden Zustandes dieser Be» hausungen der MietSpreis war, geht aus Diodors Bericht hervor, nach dem der nicht unbegüierte ägyptische Exkönig PtolemäoS Philo- meivr in einer solchen„Wohnung" zu leben gezwungen war. DaS enge Zusammenleben in den Stadtteilen der ärmeren Bevölkerung zeitigte natürlich auch in gesundheitlicher Beziehung die übelsten Folgen: ansteckende Krankheiten breiteten sich, nament- lich in den heißen Jahreszeiten, rasch und ungehemmt aus und forderten in den Zeiten der Pest oft täglich Tausend« von Todes- opfern. Gegen die immer weiter um sich greifende Wohnungsnot und ihre verheerenden Begleit- und Folgeerscheinungen geschah von den römischen Kaisern und Behörden soviel wie nichts, was einer durch- greifenden Lösung der Bodenfrage, dem alleinige« Heilmittel des UebelS, den Weg gebahnt hätte. Man fürchtete im geheimen die Macht der„Stützen der Gefellschaft" und scheute sich, ihre Grund- und Hausbesitzerprivilegien anzugroison. Wenn eS zu öffentlichen Krawallen kam und die Erbttterung der proletarischen Massen aufs höchste gesttegen war, verstand sich wohl mancher Herrscher einmal dazu, unter geschickter Ausnützung der Volksstimmung, sin Dekret auf Erlaffung sämtlich« Mieten bis zu«ner bestimmten Grenz« zu unterzeichnen. AIS „BoflSfreund" bejubelt, hatte i» den Tagen der Begeisterung er eS dann doppelt leicht, unter der Zustimmung der„souveränen Bürger RomS" seine Macht zu befestigen und zu erweitecn. Solche von demagogischen Erwägungen diktierten ein- maligen Zugeständnisse hatten naturgemäß keine dauerhafte Linde- rung, sondern vielmehr ein« erneute Verschärfung der Wohnung»- not zur Folge; denn, betört von der scheinhare« sozialen Maß. nähme, zogen immer weitere Tausende vom Land in die an seichten Vergnügungen überreiche Stadt, die ihnen zwar den Anblick präch- ttger Gebäude und glänzender Dpiete, doch nicht ein mensche«- würdiges Obdach zu bieten vermochte. Auch in der späteren Kaiserzeit konnte« die staatss ozi cckfftts-b-". Mäßnahmen der römischen Bureaukrame kein« dauernde Besserung der elenden WohnungSverhältniss« erzielen. In der Stadt wie aus dem wetten italische» Saud« war de, einstige Kern deji römische«
pvidate Mittel— auf eigene Faust gehandelt hat. eine Handlung?- weise, die ihr allerdings untersagt werden müßte. Im übrigen werden Briefe abgedruckt eines DetekiivinstituiZ Oskar Kreusch, der mit verschiedenen anderen Stellen in Ver- bindung steht. Aus den Briefen erfährt man im Grunde nicht mehr, al» daß Herr Kreusch mit seinen Helfern spartafistische Versammlungen, Druckereien usw. überwacht und darüber Mel- düngen gibt. Wie natürlich, sind e» meist keine sauberen Ele- mente, die fich zu solcher Tätigkeit hergeben. Daß von solchen Leuten Gelder verschwendet und luxuriöse Ausgaben gemacht w«r- den, wollen wir gern glauben, obgleich es aus den Angaben der „Freiheit" nicht einmal mit Sicherheit hervorgeht, da sie nur AuSgabeposten veröffentlicht, ohne im geringste« anzudeuten, wo- für die Ausgaben gemacht sind. Da» eigentlich Gensattenelle sind unbewiesene Behauptungen der„Freiheit', die in den von ihr veröffentlichten Dokumenten keinen Beweis finden. Es wird wieder die Existenz einer Mörderzentrale behauptet, die angebliche Fluchtversuche von Gefangenen mit nachfolgender Erschießung veranstalten soll. Aus dem veröffentlichten Material der„Freiheit" geht aber auch nicht der kleinste Beweis für diese Behauptung hervor. Wenn übrigens die„Freiheit" stets positiv behauptet. Fluchtversuche der- hasteter Kommunisten gäbe e» gar nicht, so wollen wir uns doch die Frage gestatten, wie sich die„Freiheit" zurFluchtdeSHerrn E m o n t S stellt EmontS ist nicht nur geflohen, er hat zu dieser Flucht eine ihm vom Untersuchungsrichter bereitwilligst zuge- standen« Erlaubnis, an Verhandlungen teilzunehmen, mißbraucht. Wir hätten einmal das Geschrei der„Freiheit" hören wollen, wenn irgend ein verhafteter Leutnant unter ähnlichen Begleitum- ständen wie EmontS geflohen wäre. Da hätten wir etwas von „offener Begünstigung der Flucht" und ähnlichem zu hören be- kommen. Doch zurück zu den„Enthüllungen" der„Freiheit". Für das unsaubeve Gewerbe des Herrn Kreusch und feiner Helfer haben wir keinerlei Sympathie. DaS geht schon daraus hervor, daß wir von Zuschriften, mit denen unS Herr Kreusch(der fich uns gegen- über als Privat-Detekttv ausgab) öfter beehrte, keinerlei Notiz genommen haben. Aber die„Freiheit" hat das Recht zur mora- fischen Entrüstung nur unter zwei Voraussetzungen: 1. daß sie mit voller Offenheit erklärt: Es existieren in Deutschland keine geheimen Verschwörungen und Zusammenkünfte. in denen gewaltsame Erhebungen, bewaffnete Putsche und ähnliche» vorbereitet werden, wenn auch nicht im Name« einer be» stimmten Partei; 2. wenn fie ebenso offen erklärt: Bon spartakistischer und unabhängiger Seite werden keine Spitzel in Re- gierungsstellen, Truppenteile usw. entsandt, die von dort ihre Partei mtt Rachrichten versehen. Wir sind gespannt, ob die.Freiheit" diese beiden Erklärungen abgebe» wird.
Was«irü mit Wilhelm! (Eigene Meldung des.Vorwärt»".) Wie u«S vo« informierter Seite mitgeteilt wird, glaubt man in holländischen diplomatischen Kreise», daß die Entente die Aus- lieferungSfrage mit einer ablehnende» Antwort Hollands als e r l e d i g t ansehen werbe. Sollte aber Holland dem Völker. b»« d e bettrete« und dieser die Auslieferung wünschen, so müßt« sich Holland natürlich füge». Wir geben diese Nachricht auf die Gefahr wieder, daß irgendwelche Verleumder uns beschuldigen. unS über das Schicksal Wilhelms besondere Sorgen zu bereiten. Lord Summer Gerichtspräsident. Haag, ö. Juli.(H.N.)„Eveinng News" melde«, daß Lord Summer, eine große juristische Au-terttät, den fünf Richtarn präsidieren soll, welche Großbritannien , Amerika , Frankreich . Italien und Japan vertreten werden, und vor denen der Kaiser in London erscheinen soll. Sir Gordon Howard, der Generalstaatsanwalt, soll die öffentliche Anklage führen. Der Kaiser wird durch eine« deutschen und einen britischen Advokaten verteidigt werden. Di« B e r h a n d. lungen sollen öffentlich sein; alle Vorsichtsmaßnahmen werden getroffen.
Volke« durch die schrankenlose Ausbreitung des Großgrundbesitzes heimatlos geworden; draußen als geplagter Pächter, m der Stadt als arbeitsloser und notgehetzter Proletarier hatte der Man» des Volkes nichts mehr zu verlieren als seine Ketten... Rom » Untergang war besiegelt.
Notizen. — Das Orchester des Deutschen Opernhauses f Eharlottenburg veranstaltet für gewerkschaftliche und arteikreise am Sonnabend, den 12. Juli d. I., nachmittags 4 Uhr. ein Konzert unter Leitung seines Dirigenten Rudolf Krasselt . Zur Aufführung gelangen die Freischütz-Ouvettüre, die unvollendete Sinfonie von Schubert und das Meistersinger-Vor- spiel. Ntedrige Eintrittspreis«: für Parkett mtt» 1. Rang 1 M, 2. und 3. Rang 7b Pf., 4. Rang bO Pf.. Eintrittskarten von heute ab an der Kasse des Deutschen Opernhauses und(in größerer An- zahl für Verein« usw.) beim Orchestervorstand. — Thalia-Theater.»Jungfer Sonnenschein", die Ope- rette von Bernhard Buchbinder (Text) und Georg Jarno (Musik), ist offenbar aus Hans: Niese zugeschnitten. Typus viel Schmalz— da? Wienerische Goldherz— mtt Lustigkeit und öligem Lokal- patriottsmus gemischt. Anstatt Franz Joseph wird diesmal Prinz Eugen der edle Ritter zum Hauptmatador der zur wirksam zu- rechteemachten, nichtsdestoweniger aber übersüßlichen Handlung erhoben. Man steht: von da bis zur republikanischen Denkart iit bei allen denen, die sich an solcher Schlagsahn« in Worten und Tönen ergötzen, noch ein weiter Weg. Die Aufführung war lobe- sam. Die aus Bestellung zäh herbeigeklaffchten Wiederholungen von gewissen Gesangsnummern, die als Schlager gelten sollen, find ei» Unfug in diesen Tagen des BerkehrSftreikS. ek. — Erinnerungen an Gottfried Keller . DeS Schweizer Lyrikers Adolf Frey so betiteltes Buch, entstanden au» fast anderthalb Jahrzehnten freundschaftlichen Verkehrs mi: dem Dichter, dessen hundertsten Geburtstag dieser Monat bringt, ist jetzt vom Leipziger Verlag H. Haessel in dritter erweiterter Auflage er- schienen. Frey» Dankbarkeit bekennt:.Wer vermöchte zu sagen, wie eindringend und nachhaltig die Eindrücke de« Verkehrs mit einem großen Dichter wirken, der zugleich ein bedeutender und ganzer Mann war und zu dessen Füßen man fich mit der hin- gebenden Verehrung der bildsamen Jugend setzt?" Nun geht eine wärmende Freuds aus von jedem Strich des Bildes, das Adolf Frey vom Wesen Keller« mit sorgfältigem Sinnen über Inhalt und Wert all de» persönlich Erlebten entwarf. Wie der gefestet naturgemnd« Mensch, der Keller war, nur fich selber gab in den Werken, die er schui, wie sein Charakter mit diesen ein» ist, daS ist so recht Sern und Seele der Frcyschen Schil- derungen. Auf Frey selber hat die Art eingewirkt, wie Keller in ruhig erzählendem Fluß, durch Berinnerlichung erweiternd, dichterffch darstellte. Der Scküler hat dem Meister verwandte Züge, und da? mag der Grund gewesen lein, daß der nicht eben leicht zugängliche Keller fich dem jüngeren Freunde schnell zuwandte und ihm mtt treu« Ausdauer bis zum Tode zugetan blieb.