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Nr. 195.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer att illuftr. Sonntags- Beilage Feue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Oesterreich Ungarn& Mt., für das übrige Auslands Mr.pr.Monat. Eingetr. in der kost Zeitungs- Preisliste für 1894 unter Nr. 6919.

Vorwärts

11. Jahrg.

Infertions Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder beren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Versammlungs Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müffen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor mittags geöffnet.

Strafprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse:

Sozialdemokrat Berlin !

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Donnerstag, den 23. August 1894. Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.

Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!

Die Spaltung

der sozialdemokratischen Partei Bu gleicher Zeit tommen einige der bekanntesten Agitatoren

in Holland.

verein" Utrecht " sah das ein, und ergriff die Initiative, I wollen eine Abtheilung im großen internationalen Arbeiterheere um einen Kongreß aller Sozialdemokraten zu veranlassen. werden. Es wird unsere Aufgabe sein, das Organ der unterdrückten mit Vertretern der örtlichen sozialdemokratischen Organi- Klasse in ihrem Kampfe gegen die Unterdrücker zu werden. Und diesen Kampf wollen wir auf jedem Gebiete führen. Auf sationen zusammen um zu besprechen, was jetzt zu thun ökonomischem Gebiete wollen wir den Lohnarbeitern helfen in fei. Das Ergebniß dieser Zusammenkunft war ein ihrem Kampfe gegen die tapitalistische Tyrannei; auf dem Gebiete der Politik wollen wir der Macht der herrschenden Manifest, dessen Inhalt wir auszugsweise folgen lassen: eine" Verwirrung, die den Erfolg unserer Propaganda nur be- und Seit einiger Zeit herrscht in den Reihen unserer Genossen Klasse Abbruch thun, um dieselbe schließlich völlig zu vernichten; einträchtigen kann. Der Zustand des Volkes wird immer elender. Die Bourgeois- Regierung verhält sich dem gegenüber durchaus thatlos. Während in den meisten Ländern der sog. Kulturwelt die Regierungen durch den Drang von unten gezwungen werden, den Weg der Reform einzuschlagen, lebt in den Niederlanden die herrschende Klasse im ruhigen Bewußtsein, daß hier keine Ver Das Manifest ist unterzeichnet von den Genossen änderung nothwendig ist. Die Ursache davon ist nicht weit zu Cohen, Fortuyn, A. H. Gerhard, F. van der Goes, suchen. Die Wünsche, die Forderungen des Volkes haben W. P. G. Helsdingen, H. van Kol, H. Polak, Schaper, diesen Forderungen Kraft zu verleihen; die unterdrückte Klaffe Vliegen. unserem Lande Organ, das imstande wäre, Spiekmann, P. J. Troelsttra, van der Vegt und W. H. entbehrt der unumgänglich nothwendigen Organisation, um die Aufmerksamkeit der regierenden Klasse auf sich zu lenken. Der konstituirende Kongreß der neuen sozialdemokrati­

in

fein

sollte die Nothwendigkeit einst von uns fordern, daß wir gegenüber der Gewalt der Herrschenden die Gewalt der Beherrschten stellen, so wird die Sozialdemokratie ihr rothes Banner nicht verleugnen. Je nach den den augenblicklichen Verhältnissen wollen wir den Kampf führen mit allen Mitteln, soweit Ehre und Gewissen sie uns erlauben."

Gott sei Dank!- Endlich ist es denn so weit ge= tommen, daß die holländischen Sozialdemokraten es müde geworden sind, noch länger in einer Organisation zu bleiben, dic, obgleich ihre Mehrheit anarchistisch gesinnt ist, unter der falschen Flagge der Sozialdemokratie segelt. Sie haben genug Geduld gehabt; mit der Schwerfälligkeit, die uns Holländern eigen ist, sind wir noch eine gute Strecke mit gegangen auf dem Wege, den wir als falsch bezeichneten. Wir konnten uns lange nicht ermannen, uns von den früheren Kampfesgenossen zu trennen, und den eigenen Weg einzuschlagen. Und dennoch that die Trennung Noth. Es herrschte eine vollständige Verwirrung in dem kleinen Ar­beiterheere, das den Kampf gegen den Kapitalismus an gefangen hat, und die Bourgeoisie freute sich über die bedauernswerthe Desorganisation der einst so begeisterten Dem sozialdemokratischen Bund, den manschen Partei wird am 26. d, M. stattfinden. Truppe. Nur eine fühne That konnte die Arbeiterbewegung in Jahre lang als das Organ der arbeitenden Klasse betrachtete, Mit diesem Kongreß wird eine neue Epoche für die Holland retten. Man brauchte Aufklärung durch eine That; gelang es nie, eine große Schaar von Arbeitern unter seinem holländische Arbeiterbewegung angebrochen sein. Der der Kampf mit Worten verwirrte die Köpfe. Man glaubte Banner zu vereinen, und dies durch eigene Schuld. Statt die Bond voor Algemeen Kiese Stemrecht allgemein, daß diese That auf dem neulich in Almelo ab- Forderungen des Augenblicks in den Vordergrund zu stellen und( Verein für allgemeines Wahlrecht) wird mit der neuen gehaltenen allgemeinen Kongreß des sozialdemokra für thatsächliche Verbesserung der Zustände zu kämpfen, hat der Organisation zusammenschmelzen, da er auf dem am ver Bund dem sogenannten ultrarevolutionären Standpunkte tischen Bundes geschehen würde. Dieser Kongreß huldigt und sich auf das Reden über eine gewaltthätige Re- gangenen Sonntag in Utrecht abgehaltenen Kongreß be wurde einberufen, um zu verhandeln über eine Namens- volution, die wie ein neuer Messias Rettung bringen sollte, beschlossen hat, ein sozialdemokratisches Programm anzu­änderung des S.-D. B.- Das Urtheil des Leeuwardener schränkt. Jede andere Arbeit zur Hebung des Volkes wurde als nehmen.- Gerichtshofes, das den Bund für einen verbotenen Verein zwecklos, fogar als schädlich gebrandmarkt. Der utopistische erklärt hatte, hatte den Anstoß zu diesem Kongreß gegeben. Standpunkt des Bundes hat das Volk von ihm entfremdet. Die Was wäre logischer gewesen, als daß man diese Gelegen- breiten Massen verstanden seine hochtrabenden Lügen nicht, er Berlin , den 22. August. heit benutzt hätte, um zu einer prinzipiellen Auseinander- lebte über, nicht in, nicht mit dem Volke. Mit wahrem fehung zu kommen, und dem Bund jetzt auch einen Namen im Bund unterdrückt, und der Bund zeigte sich seiner Aufgabe von der gesammten Presse mitgetheilt, aber nur von Despotismus wurde jede andere Meinung als die der Tonangeber Die Tagesordnung unseres Parteitages wird zwar zu geben, der thatsächlich seinem Charakter Ausdruck gab. nicht gewachsen.". Allein, von anarchistischer Seite wagte man es nicht, den wenigen kommentirt. Einige Blätter sind erstaunt darüber, Dann bringt das Manifest in Erinnerung, wie der daß nicht die eigentlichen Führer" sondern die Größen Stier bei den Hörnern zu fassen, und so verlief Bund immer mehr in anarchistischer Richtung segelt, und zweiten Ranges" die Referate übernommen haben. In dieser Kongreß erfolglos. daß der Kongreß ein geheimer war, obgleich Schreiber dieser wie sein Name eine Lüge ist. Einem solchen Vereine kann Beilen bestimmt weiß, daß man durchaus keine Dynamit fein Sozialdemokrat länger angehören. Das Manifest fährt oder Dolchattentate geplant hat. Der Name der Partei dann fort: wurde also nicht verändert, und der Zustand blieb derselbe, landen auf, eine Wir fordern deshalb die Sozialdemokratie in den Nieder­das heißt: ein jämmerlicher. Neue sozialdemokratische Partei

Und trotzdem war die Lage eine solche, daß es nur einer kräftigen Anregung bedurfte, um zu flaren Partei verhältnissen zu kommen. Der sozialdemokratische Wahl

Feuilleton.

Der Jude.

Deutsches Sittengemälde

aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Von C. Spindler .

"

Politische Uebersicht.

unserer Partei giebt es keine derartigen Unterschiede, wir sind eben frei von jeder Hierarchie. Wenn übrigens an früheren Kongressen Bebel und Liebknecht als Referenten auftraten, wußten unsere Gegner darüber zu nörgeln, daß die Führer" ängstlich über die Erhaltung ihres Einflusses zu gründen, eine Partei, die sich ihrer Fahne nicht schämt. wachen und den Nachwuchs nicht zu Worte fommen laffen. Wir wollen mit neuem Muthe, mit Lust und Kraft kämpfen für Die Quadratur des Birkels zu finden ist sicherlich eine die Verwirklichung der Prinzipien, die uns theuer find. Wir leichtere Arbeit, als unsere Gegner zufrieden zu stellen.

wackern Kämpen die Freundschaft zu versagen, hochmüthiger des Naths Vorsteher überhäuften, seines Treu- und Frie Dieb. Sieh her, wie Du den armen Mann zugerichtet densbruches wegen, überstieg an Frechheit alles, was man haft," setzte er hinzu, auf den Kaufmann zeigend, der sich bisher aus Räubersmund vernommen hatte. Seine Knechte, mühsam herbeischleppte: armer Heinz Duke! wohl erkenne in der Schule des. Verbrechens groß gezogen, folgten dem 420 ich Dich in dieser Jammergestalt. Ich habe schon manches Beispiele ihres Gebieters, bis der Oberstrichter ihnen mit Wollwamms bei Dir gekauft und auch manches geborgt. der Folter drohte, und zum Beweise, daß er es ernstlich Stehe ich allenfalls noch auf Deinem Kerbholze, so fannst meine, die schrecklichsten Folterwerkzeuge herbeibringen ließ. Du mich dieses Dienstes wegen auslöschen, und Dir die Dieser grausenvolle Anblick erschütterte die Standhaftigkeit Freude machen, aus Deinem schönen Hanf einen Strick für der Reisigen; sie wankten, ließen nach von ihrem Starr­diesen Buben zu drehen, der ihm fein und glatt zum dicken sinn, und bekannten endlich unter der Bedingung, ihr Zum Glück für den Kaufmann, der unter dem Halse stehen soll." elendes Leben zu behalten, eine Unzahl von blutigen Thaten Eisen der Knechte sein letztes Stündlein mit Zittern Niederträchtiger Klopffechter!" schnaubte Bechtram wild, und Raubfreveln, die ihr Brotherr binnen der letzten Frist und Bagen erwartete, waren die Retter schnell da, und dieses Wort wäre mit einer entsetzlichen Mißhandlung verübt hatte. Keine Schandthat war zu denken, die nicht wie Gottes Blitz und seine Gerichte. Gezwungen, sich bestraft worden, hätte sich nicht Dagobert des Gefangenen von Bechtram und seiner wilden Jagd begangen worden vor den einhagelnden Hieben zu schüßen, und zum Beistand angenommen, den Ueberwindern Mäßigung gepredigt, und wäre, und der graue Sünder erblaßte selbst, da man ihm ihres Herrn angerufen, ließen die reisigen Knechte den Miß- darauf gedrungen, schnell nach der Stadt zurückzukehren die Litanei seiner Bubenstücke vorhielt. Sein Troß und handelten ledig, und das Handgemenge begann zu wüthen. mit der guten Beute. Seine Worte wurden befolgt, Uebermuth verwandelte sich, da er seine Helfershelfer von Dagobert war auf den Ritter losgestürzt und beschäftigte Ritter und Knechte auf die Gäule geschnürt, und Reiter, ihm gewendet sah, in plötzliche Muthlosigkeit und in eine ihn mit blizschneller Klinge, während Gerhard einen nach Fußknechte und Wagen zogen bald wie stolze Sieger in finstere Ahnung des Schicksals, das ihn betreffen möchte. dem andern die Knechte vom Gaule rannte, durch die der wichtigsten Fehde in Frankfurt ein. Der Jubel des Unter solchen Umständen wurde es dem Oberstrichter leicht, Wucht seines Ansprengens allein. Gieb Dich, grauer Volkes donnerte auf allen Gassen, da es den gefürchteten noch in der Nacht desselben Tages das Bekenntniß von ihm Raubknecht!" donnerte er hierauf dem Herrn von Vilbel Feind in seiner Gewalt sah, und Dagobert's wie Gerhard's zu erringen, daß Wallrade und der Kaufdiener Schwarz zu, und hieb ihn mit der flachen Klinge auf die Faust, daß Namen schwebten gepriesen und erhoben zum Himmel auf und noch einige andere arme Leute in seinem Raubueste fie des Pferdes Bügel fahren lassen mußte.-Kreuz, allen Zungen. Sogleich versammelten sich Bürgermeister, gefangen gehalten würden; und die Furcht vor einem Stein und Strahl! Vermaledeiter Hülshofen!"" fluchte Schöffen und Rath, und der Schultheiß, an der Spitze der schmählichen Tode,-die Hoffnung, Leben und Freiheit Bechtram, und Dagobert riß ihn vollends vom Pferde. gesammten Väter der Stadt, mußte, so schwer es ihm auch zu erhalten, bewog den an der Vorsehung und seinen Der alte Raubgeselle wehrte sich noch am Boden wie ver- wurde, dem verhaßten Sohne Diether's den Dank der Bürger- Freunden Verzweifelnden, an seine Hausfrau folgende zweifelt, aber sein Grimm erstarb in Ohnmacht, und Thränen schaft verheißen. Diether umarmte seinen Dagobert mit Beilen zu schreiben:" Der ehrsamen Else von Vilwyl, der Wuth perlten in seinen grauen Bart, da er seine der Liebe, die den Knaben ins Leben geleitet hatte, und meiner lieben Hausfrauen, meinen freundlichen Gruß zuvor. Hände gebunden und sich aller Waffen beraubt fühlte. rief: Ja, Du bist ein treuer Mensch. Die Feindin zu Liebe Hausfrau! Ich lasse Dich wissen, daß mich die von Die Söldner der Stadt, die mittlerweile über den Strom retten, wagst Du Dein Leben!" Die Feindin?" fragte Frankfurt gefangen haben; darum befehle ich Dir, die Ge­gesetzt hatten, machten vollends reine Arbeit und fnebelten Dagobert wehmüthig entgegen:" Verhüt es Gott, Wallrade fangenen von Stund an laufen zu lassen, weil ich ges= Die beiden Knechte des Stegreifritters. Ritterliche Haft! ist meine Schwester, aber unwürdig leider unsres Namens. funden habe, daß ich nichts mit ihnen, noch sie etwas mit ritterliche Haft!" bat der überwundene und gedehmüthigte Ich hasse sie jedoch nicht, und würde, sie zu befreien, wohl mir zu schaffen haben. So Du das thust, ist mir's lieb. Gegeben unter meinem Jusiegel. Zum Wahrzeichen schicke Bechtram, die gebundenen Hände zu Gerhard und Dagobert noch mehr thun, als einen Räuber niederwerfen." aufhebend. Den Teufel auf Deinen Schurkenschädel!" Dieser Räuber war ein Felsen von Verstocktheit. Sein ich Dir Teinen eigenen Siegelring. Bechtram von Vilwyl, antwortete ihm der Hülshofen:" Ich will Dir lehren, Leugnen, sein Hohn gegen die Vorwürfe, mit welchen ihn Ritter."

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