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Nr.395.36.Jahrg.

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Telegramm- Adresse: Sozialdemofrat Berlin".

Morgen- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Ferniprecher: Amt Morisplak, Nr. 15190-15197.

Dienstag, den 5. August 1919.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morikplatz, Nr. 117 53-54.

Meutereien in Posen.

Kein Wunder daher, daß die Soldaten meutern. Die Augen sind ihnen geöffnet über die Bestrebungen der Regierenden im freien und gleichen" Polen  .

Wie in diefen Tagen über Thorn   gemeldet wurde, hat der Höchstkommandierende der großpolnischen Truppen in Posen, Ge­neral Dowbor Musnicki, den Oberbefehl niedergelegt, angeblich wegen Unstimmigkeiten im Offizierkorps. Nun wird dem Vor­Schlimmer noch als im Posenschen sind die Zustände wärts" von zuverlässiger Seite aus Bromberg   ergänzend dazu bein Rongreßpolen. Dort beträgt die Löhnung gar nur 1,50 richtet, daß der wahre Grund dieses Rücktritts in blutigen Re- Mart. Dabei fehlt es den Soldaten an dem Nötigsten. Die we­bolten der Bofener polnischen Truppen zu suchen ist, nigsten haben eine Uniform oder Stiefel erhalten; fie find ge­die in Posen, Gnesen  , dem Truppenübungsplan Warthelager und zwungen, in ihren dürftigen Zivilkleidern Dienst zu machen. Wie teilweise auch an der Front ausgebrochen sind. Ganze Kompa- groß die Not ist, ersteht man am besten aus den Plakaten der gnien und Bataillone haben den Gehorsam verweigert, polnischen Weißkreuzgesellschaft", auf denen zu lesen ist: Raft ihre Offiziere mishandelt, im Warthelager sogar Offiziere, die zolnierze bez koszuli na froncie, niech kazdy pomoze"( Unfere mit Waffengewalt vorzugehen versuchten, erschossen oder Soldaten ohne Hemd an der Front, helfe jeder usw.). schwer verwundet.

wird.

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Dabei jagt in Warschau   ein Fest das andere, Champagner fließt und Seide rauscht. Dicht daneben aber stirbt das Volk vor Hunger. Das Volk, das für den polnischen Mag­naten nur ,, bydlo"( Bich) ist, gut genug für die Wahlen und für die Front, seine Schlachten zu schlagen.

Gegenrevolutionäre Pläne.

Die Gegner der neuen Republik werden nicht müde, immer zu neuen Mitteln zu greifen, die ihnen geeigner erscheinen, der gegenwärtigen Regierung Schwierigkeiten zu bereiten und die alte, in der Nationalversammlung jüngst ge­fennzeichnete Ordnung" wiederherzustellen. Man ist jetzt auf den Plan verfallen, die Angehörigen der Kriegs gefangenen und später diese, selbst zum Sturmbod für diese reaktionären Absichten zu gebrauchen. Das will man dadurch erreichen, daß man immer wieder die Behauptung aufstellt, die Regierung fümmere fich nicht um die Kriegsgefangenen, die längst in der Heimat sein müßten, wenn die Regierung ihre Schuldigkeit getan hätte.

Die Leute, die solche Behauptungen aufstellen, handeln aus geradezu erschreckender Unkenntnis heraus oder aber sie handeln wider besseres Wissen. Für den Zweck, den sie ver­folgen, ist ihnen schließlich jedes Mittel recht und ihre an den Tag gelegte Sorge für die Kriegsgefangenen ist in Wirklich­feit nur ein Mittel zu dem oben angedeuteten Zweck. So behauptet eine gewiffe Marie Diers   in der Täglichen

Der Grund dieser Unruhen ist in der von Tag zu Tag stärker werdenden Unzufriedenheit der Soldaten über das russische   System zu suchen, das der General Dowbor Mus­nicki, der aus der russischen Schule hervorgegangen ist, auch im polnischen Heere eingeführt hat. Alte, aus der besten russischen Knutenzeit stammende Dienstvorschriften, Kirchenzwang, tägliche Wie wenig foziales Empfinden die polnischen Machthaber be­Andachtsübungen, entwürdigende Anredeformen und Grußvor- figen, zeigen mit erschreckender Deutlichkeit Bedingungen, unter schriften so werden Soldaten bis zum Sergeanten hinauf denen die in Frankreich   formierten Haller- Soldaten an nicht mit ,, Sie", sondern mit der aus der Leibeigenschaft stammen geworben wurden. Danach mußten fie fich schriftlich verpflichten, den Anredeform Ihr" oder auch glattweg Du" angesprochen im Falle einer Berwundung oder des Todes keine Renten- Rundschau", daß die Regierung nichts für die Gefangenen kurz, alle diese aus der Rüstkammer des Zarismus hervorgetram- ansprüche für sich oder ihre Sinterbliebenen zu stellen. Die getan hätte, daß insbesondere dem Minister Erzberger   absolut ten Bestimmungen lassen diese ehemals deutschen   Soldaten, denen armen Teufel haben, um nur aus der Hölle des Gefangenenlagers nichts an dem Schicksal der Gefangenen gelegen sei. Ohne man im Dezember v. 3. Freiheit und Gleichheit" versprochen hat, befreit zu werden, und auf diese Weise in die Heimat zu kommen. Frage hätten wir nach ihrer Ansicht bei entschlossenem Auf­erkennen, in welchem Geiste das neue Polen   regiert unterschrieben. Obwohl man ihnen in Frankreich   ausdrücklich treten der Regierung schon den letzten Kriegsgefangenen versprochen hatte, nur als Befagungstruppen in wieder zu Hause. Deshalb steige der Verdacht auf, daß die Adel und Geistlichkeit find Trumpf. Das erfieht Oberschlesien   verwandt zu werden, schickt man sie heute a 18 Regierung die Gefangenen nicht mehr zurückhaben wolle(!), man am besten aus der heillosen Betternwirtschaft, Kanonenfutter an die ukrainische Front. Der fie fürchte ihre laut gewordenen Anklagen, sie fürchte die Un­bie bei der Ernennung von Offizieren vorherrscht. Nicht mili- Ländergier der polnischen Imperialisten zuliebe, die Oftgalizien, bequemlichkeit, fie fürchte die Schwierigkeit, freiwillige Ar­tärische, sondern gesellschaftliche Gesichtspunkte sind ausschlag dieses rein ruthenische Gebiet, für die großpolnischen Latifundien- beiter zu schicken. Da lasse man besser alles wie es iſt. Man gebend. Wer einen Geistlichen oder Schlachzizen" zum Better befizer beanspruchen. Und was ist des polnischen Baterlandes spare auch eine ganze Menge, die hier unseren dicken, wohl­hat, kann bestimmt darauf rechnen, in kürzester Zeit Offizier zu Dank dafür: 68 Pfennig tägliche Löhnung! genährten Herren mit ihren Millionen von Einkünften zu­werden. Es ist ein offenes Geheimnis unter den Soldaten, daß gute kommen. ein großer Teil ihrer Offiziere nicht einmal imftande ist, ein Ge­wehrschloß zu öffnen. Dafür glänzen fie in filberverzierten und betreßten Uniformen in allen Kaffeehäusern und feiern in zweifelhafter weiblicher Gesellschaft bis in die Nacht hinein wüste Orgien, während den Soldaten nicht einmal die Möglichkeit ge­boten ist, sich bei der horrenden Teuerung Zigaretten kosten 3. B. 1,50 M. das Stüd, Zigarren 4 M.- die geringste Annehm lichkeit zu verschaffen.

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Während blutjunge Leutnants über 900 m. monatlich erhal ten, beträgt die Löhnung des Soldaten 2 M. täglich. Da­bei sind das meist altgediente Leute, zum großen Teil verheiratet. Denn in Posen werden, entgegen den Warschauer gesetzlichen Be­stimmungen, alle Männer bis zum 45. Jahre eingezogen.

Sprengversuch der Internationele durch die U. S. p. D.

Die Diktatur des Proletariats in Luzern   abgelehnt.

Kein Wunder daher, daß den polnischen Soldaten allmählich die Schuppen von den Augen fallen. Immer zahlreicher werden die Desertionen, immer häufiger Empörungen.

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Staum jemals ist die Wahrheit in so dreister Weise auf den Kopf gestellt worden, wie dies in den Auslassungen der Marie Diers   geschieht. Gerade der Minister Erzberger  Aber die polnischen ,, Boltsbeglücker" find wie mit Blindheit war es, der die 150 millionen Mark zu Beihilfen für die geschlagen. Sie glauben mit Strafen, Berhaftungen, unter Kriegsgefangenen im Einverständnis mit dem Kabinett zur brückung der öffentlichen Meinung, mit allen Mitteln des Verfügung stellte, und das in einer Beit, in der Deutschland  früheren zaristischen Nagaita- Regiments, die sich in den schwierigsten Finanznöten befindet. Schon diese Bestie Bolk" zur Raison zu bringen. Hat man nicht vor kurzem eine Tatsache beweist, daß die Regierung bereit ist, alles zu 186 Arbeiterführer in Sosnowice verhaftet? Wurden tun, um den Kriegsgefangenen zu helfen. nicht in Warschau   am 3. Juli unschuldige Arbeitslofe, In die gleiche Kerbe schlägt der Volksbund zum die nach Brot und Arbeit riefen, wie tolle unde von den Schuße der deutschen   Kriegs- und Zivilgefangenen", eine Schergen der Warschauer   Regierung erschossen? Wird nicht Gründung von Offizieren, die heute Mittel an­in Bosen jede sozialistische Propaganda mit dem Tode bestraft? wenden, die außerordentlich bedenklich sind. Auch dieser Volksbund behauptet, daß Regierung und Nationalversamm. lung ihre Schuldigkeit den Gefangenen gegenüber nicht getan Silferdings darauf hin, daß die Unabhängigen un haben. In Wirklichkeit ist, wie erst dieser Tage wieder in der ter dem Diktat der Kommunisten stehen und Nationalversammíung festgestellt wurde, alles getan, um die unter diesem Einfluß jest auch die Inter- Gefangenen der Heimat wieder zuzuführen. Die Befreiung nationale sprengen wollen. Die sozialistischen der Gefangenen hängt aber nicht von dem Willen der Parteien aller Länder würden bald vor die gleiche Frage ge- deutschen   Regierung allein ab, sondern von der Zu ( Eigener Drahtbericht des Vorwärts".) stellt sein wie die deutsche Mehrheit. stimmung der gegnerischen Mächte. Luzern  , 4. August. In der Fortseßung der Kom- Auch Eduard Bernstein   wandte sich gegen missionsberatung über den Wiederaufbau der Internatio- Hilferding. Er betonte u. a., daß die deutsche Volks- laufen und sich zu diesem Zwecke der Kriegsgefangenen und Die Herrschaften, die heute gegen die Regierung Sturm nale machte Dr. Hilferding   Ausführungen im Namen wirtschaft auf die Tätigkeit der Unternehmer der unabhängigen Parteileitung, daß die unabhängige noch nicht verzichten könne, daß diese Tätigkeit aber ihrer Angehörigen bedienen, kennen natürlich den Inhalt des Partei nur dann der Internationale angefowohl der Ruhe, wie des Ueberschusses bedarf. Friedensvertrages ganz genau, und sie wissen recht gut, daß hören könnte, wenn in dieser kein Raum für die im Friedensvertrag vorgesehen ist, daß der Rücktransport In der Organisationskommission wurde der Antrag der Gefangenen mit möglichster Beschleunigung erfolgen soll, Mehrheitssozialisten sei. Crispiens zugunsten einer Erklärung für die Diktatur sobald der Friede ratifiziert ist. Sie wissen auch, Longuet( Frankreich  ) schloß sich im großen und gan- des Proletariats mit allen gegen die Stimme Saß Deutschland   nicht zuletzt gerade im Interesse der zen diesen Ausführungen an. Wenn die Internationale fich Crispiens abgelehnt. Gefangenen den Frieden schleunigst ratifiziert hat. Wäre nicht auf den revolutionären Standpunkt stelle, dann würde An der Konferenz nehmen nach der vorläufigen Anwesen es nach dem Wunsche gewisser Elemente gegangen, dann wäre die Mehrheit der französischen   Arbeiter sich ebenfalls nach der Friede nicht ratifiziert worden, und das hätte bedeutet, Moskau   orientieren; denn innerlich seien die Mehrheits. England: Henderson. Macdonald; Frankreich  : Re- daß die Leidenszeit der Gefangenen unendlich fozialisten in Deutschland   mit den Gesin- naudel, Mistral, Poissons, Grumbach  , Severaz, Cachin, Frossard, verlängert worden wäre. Es hat weder eines Ein­nungsgenossen Renaudels einig. In der Kommission für die Organisation der Inter. Renoult; olland: Troelstra, Vilegen; Dänemark  : Borg- greifens des Volksbundes noch irgendwelcher sonstiger Ber­nationale machte Crispien weitere Ausführungen nach Nemec, Schmeral; Georgien  : Tseretelli, Tschenkeli; Ruß- an ihre felbstverständliche Pflicht zu erinnern. nationale machte Crispien weitere Ausführungen nach bjerg; Ukraine  : vier Delegierte; Tschechoslowakei  : jönlichkeiten oder Organisationen bedurft, um die Regierung der Richtung, sich für die Diktatur des Proleta- land: Axelrod, Ruffanoff, Gawrensky, Tschupast; Palästina: Die Regierung hat neuerdings wieder mit aller Ent­riats auszusprechen. Ein Beschluß ist noch nicht gefaßt. Kalansty, Chaffanowitsch; Deutschland  : Wels und Molten schiedenheit darauf gedrängt, daß endlich die Hauptkom. buhr, Eduard Bernstein   als Gast; Armenien  : zwei Dele mission eingesetzt werden möge, die den Rücktrans­tret den Ausführungen Hilferdings entgegen und widerlegte gierte; Belgien  : Vandervelde  , de Broudère; Italien  : Bor- port der Gefangenen zu regeln hat. Der Vorsitzende der deut­feine Behauptungen über die Entstehung der Revolution und zelloni und zwei weitere Delegierte; Litauen  : zwei Delegierte; fchen Hauptfommission weilt seit Wochen in Paris  , um mit über die angeblichen Verdienste der Unabhängigen hierbei. Schweden  : Emberg; Lettland  : Soja; Estland   und Infeiner Tätigkeit zu beginnen in dem Augenblick, in dem die Wels beschäftigte sich eingehend auch mit den inneren Zu- dien: je einen Delegierten. ständen in Deutschland  , die Hilferding   als schlimmer wie die Rußlands   bezeichnet hatte, und rechtfertigte die staatlichen Beginn der preußisch- polnischen Verhandlungen. Die,. 3. n. Maßnahmen in Deutschland  , weil sie zur Rettung des deut- erfahren, daß die Verhandlungen zur Regelung des llebergangs der schen Volkes und feiner Wirtschaft aus äußerster Lebensge- abzutretenden Gebiete und aller weiteren einfchlägigen Fragen fahr notwendig seien. Er mies unter lebhaftem Widerspruch( Uebernahme der Beamten usw.) am Mittwoch in Berlin   beginnen.

Otto Wels  

heitsliste teil:

Gegner auch ihrerseits ihre Mitglieder für diese Haupt­fommission ernannt haben. Die Gegner haben das bisher nicht getan und sie stüßen sich dabei darauf, daß sie den Frieden noch nicht ratifiziert hätten und daß die Hauptkom­miffion erst nach der Ratifikation des Vertrages gebildet werden könne.