Nr. 411. 36.Jahrg.
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Mittwoch, den 13. August 1919.
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Begrenzung des Privatvermögens.
Zu dem drohenden Streik der belgischen Staatsbeamten erfahren wir noch, daß der außerordentliche Kongreß des nationalen Syndikats der Arbeiter, die bei der Eisenbahn, Post, Telegraphic, Telephon und Echiffahrt angestellt sind, und an dem auch Vertreter des Bundes der Ministerialbeamten teilnahmen, mit 72 539 gegen 4000 Stimmen prinzipiell den Generalausstand beschloß. Als äußerstes Datum wurde der 17. August Mitternacht genannt. Jedoch wurde beschlossen, noch einen letzten Schritt bei der Regierung zu tun.
In Paris sind die Gemüsehändler in den Ausstand getreten. Es ist möglich, daß der Streif sich auch auf andere Zweige der Nahrungsmittelversorgung ausbreitet. Die C. G. T. gibt zu, daß die Hauptursachen des teuren Lebens die Strife im Transportbetriebe und die Krise in der Rohstoffzufuhr sei.
England.
Ablehnung der politischen Streiks.
Der„ Nieuwe Rotterdamsche Courant" meldet aus London , daß die ersten Ergebnisse der unter den Mitgliedern der drei größten englischen Gewerkschaften über die Frage der direkten Aftion vorgenommene Abstimmung eine große Mehrheit gegen die direkte Aktion, den Generalstreit, ergeben habe.
Dies ist von um so größerer Bedeutung, als die bisher gegen die direkte Aktion abgegebenen Stimmen von den Bergarbeitern herrühren.
Pressestelle schreibt: Dienstagabend fand in Kattowiß auf Einladung und unter dem Vorsitz des Vertreters des Staatskommissars in Sachen des neuen Bergarbeiterstreits eine Verhandlung statt, an der teilnahmen: Gewertschaftsvertreter sämtlicher Richtungen, ein
Vertreter des Arbeitgeberverbandes und achtzig Obleute der Streikenden. Gegenstand der Verhandlung waren die Streitforderungen der Obleute. Nach längerer Verhandlung wurde seitens des Vertreters des Staatskommissars folgender Vermittlungsvorschlag gemacht:
Die Vertreter der Gewerkschaften erklären sich bereit, für folgende Forderungen einzutreten und deren Verwirklichung herbeizuführen:
1. Wiedereinstellung der Arbeiter gemäß den Forderun
gen unter 1.
2. Wiedereröffnung der stillgelegten Betriebe.
3. Milderung des Belagerungszustandes, damit Konferen zen und Versammlungen wirtschaftlicher Art unangemeldet und unbewacht tagen fönnen.
4. Mit dem Beitritt des Polnischen Zentralverbandes in die Arbeitsgemeinschaft der Berg- und Metallarbeiter erklären sich die Organisationsvertreter einverstanden.
5. Die Behörde verspricht, für die Haftentlassung etwaiger verhafteter politischer Führer, die sich eines Verbrechens nicht fchuldig gemacht haben, einzutreten. Gegen politische Führer, die sich eines Verbrechens nicht schuldig gemacht haben, bestehen teine Haftbefehle.
fehlen zu wollen.
Die Ver eter der Gewerkschaften nahmen diese Vorschläge an. Die Obleute der Streifenden erklärten, mit diesen Vorschlä gen an ihre Belegschaften heranzutreten und die Annahme emplleber bie Streiflage ist mitzuteilen, daß die Belegschaft der Nichterschächte die Arbeit bedingungslos aufgenommen hat. Neu in Ausstand getreten sind Prinzengrube, Giesegrube und Ferdinand. Der Streikstand beträgt etwa 65 bis 70 Prozent im oberSchlesischen Kohlenrevier.
Der Bankbeamtenstreik.
Bu dem Bankbeamtenstreit wird von der Bentralstreifleitung mitgeteilt, daß bisher eine Klärung der Lage nicht erfolgt sei. Nachmittags waren Vertreter der Streifleitung zum Demobil machungskommissar geladen. Die Verhandlungen hatten jedoch nur informatorischen Charakter. Auch in Chemnik und Dresden spist sich die Lage zu. Die Berliner Bankangestellten werden heute in zwei Versammlungen zum Hamburger Ausstand und der Haltung der Berliner Bankleitungen Stellung nehmen.
Einberufung der Washingtoner Arbeiter
konferenz.
Die Rumänen fügen sich nicht.
Die Numänen haben noch immer nicht auf die Note des Obersten Rates geantwortet.
Vermögensgrenze.
Als harte Notwendigkeit ist die große Vermögensabgabe, das Reichsnotopfer, im Entwurf der Reichsregierung vor die Nationalversammlung geDas Pariser Petit Journal" rechtfertigt die Haltung der bracht. Alliierten mit folgenden Worten:„ Es ist klar, daß die Anerken- obersten Stufen bis gegen zwei Drittel des Ver= Die Abgabe soll, in scharfem Anstieg, auf den mung der Regierung des Erzherzogs nicht von der vumäiſchen mögens zur Einziehung bringen. Sie zielt vor Frage getrennt werden kann. Der Oberste Rat sandte an Ru- allem auf eine kräftige Entschuldung des Reichs. Im Zumänien drei Noten, um sich über die Besetzung der ungari sammenhang hiermit ist in rascher Folge ein weiteres Erschen Hauptstadt zu äußern. Diese sind bisher unbeantwortet ge- holen unserer Währung zu erhoffen. Dieser Fortschritt der blieben. Die Regierung Rumäniens wird sicherlich ihre Haltung Währung verbessert auch den Stand des Restvermögens, der erflären können. Es ist nicht unmöglich, daß diese Auseinander nach Entrichtung der großen Abgabe bleibt. Er erleichtert setzungen den ersten Eindruck, den die Mitglieder des Rates er- also das Opfer, welches die Begüterten für die Gesundung, hielten, rechtfertigen tönnen. Es scheint, daß der Widerstand, den der Reichsfinanzen zu bringen haben werden. einige Mitglieder der rumänischen Besetzung leisteten, noch nicht vermindert ist. Die Entente muß sich nun für das Ergebnis wirksamer und sozialer gestalten durch die EinLäßt sich die geplante große Vermögensabgabe noch der Wahlen, welche über die politische Zukunft Ungarns entführung einer, Vermögensgrenze"? scheiden werden, interessieren. Ihre Vertreter müssen der Der Gedanke einer Vermögensgrenze beruht auf den nachBevölkerung die Freiheit sichern, ihre Meinung zum Ausdruck zu folgenden einfachen Erwägungen. bringen. Diese Aufgabe ist nicht leicht zu erfüllen, da man sich Es sollte in keinem zivilisierten Lande in Zukunft noch im ungewissen befindet. Es ist nicht unmöglich, daß das Ende st atthaft sein, das in trassem Gegensatz zum unsein wird, daß man erkennt, daß die rumänische Besetzung der Ent- verschuldeten Massenelend daneben ungeheure ente die Kontrolle über die Handlungen der neuen Regierung gibt." und unbeschränkte Privatvermägen bestehen, Um der Monarchie der Staatsbürger den Weg zu öffnen, deren Maß den Bedarf an erträglichem Lurus und an ver wollen die französischen Imperialisien gern den Uebermut der Ru- nünftiger Sicherstellung weif überschreitet. mänen ertragen.
Maffenflucht ungarischer Kommunisten. Dem Bariser Temps" wird aus Wien gemeldet: Bahlreiche Mitglieder der ungarischen roten Armee flüchteten außer Landes, um den Repreffalien der Alliierten zu entgehen. Sie wurden an der deutsch österreichischen Grenze entwaffnet und in Trupps an der Leitha interniert.
Damit die Staaten um so eher in die Lage kommen, allen mühselig Beladenen ein menschenwürdiges Eristenzminimum an gesichertem Einkommen zu garantieren, sollten sie einhellig auf der anderen. Seite ein Vermögensmarimum, eine Privatvermögensgrenze, festsehen und die jenseits des Grenzbetrags angewachsenen Uebervermögen periodisch zu allgemeinen Wohlfahrtszwecken einziehen.
Die Vermögensgrenze follte nur die Einzelvermögen treffen, nicht die volkswirtschaftlich und kulturell notwendigen St apitalassoziationen der Handelsgesellschaften, der sonstigen Wirtschaftsvereini
Die neue ungarisch - rumänische Grenze. Der französische General Franchet d'Esperah ist in Szege din eingetroffen, um die neue Abgrenzungslinie zwischen Ru- gungen, der Körperschaften und dergleichen. mänien und Ungarn festzusetzen.
Die Kommunistenführer unter Anklage. Das Budapester Amtsblatt veröffentlicht die Ernennung des Bizeadmirals Nikolaus Horthy in Siofok zum Oberkomman danten der gesamten ungarischen Wehrmacht und die Ernennung des Generals Karl Soor.zum Generalstabschef.
Die Budapester Staatsanwaltschaft hat gegen Bela Ahun und Genossen ein Strafverfahren wegen des Verbrechens der Aufreizung und des Verbrechens des Mordes und der Geldfälschung sowie anderer strafbarer Handlungen eingeleitet und einen stedbrief gegen sie erlassen.
Die geheimen Vorbesprechungen. Den Frankfuter Nachrichten" wird aus Paris gemeldet:
Wie uns von unterrichteter Seite mitgeteilt wird, sollen schon seit dem 22. Juli in Luzern 8usammenfünfte hochgestellter" österreichisch - ungarischer Persönlichkeiten stattgefunden haben, die sich auch auf den bevorstehenden Sturz Bela Khuns bezogen. Der Ertaiser Karl war bei diesen Zusammenkünften ebenfalls vertreten. Ferner nahmen daran teil der Erzherzog Friedrich, Julius Andrassy , die Prinzen Windischgräb und Schönburg und andere mehr. Nach Beendigung dieser Zusammenkünfte soll sich Andrassy nach Wien begeben haben, um dort mit Vertretern der alliierten Mächte und arit Martin Lovassy au beraten, den man bis jetzt noch immer als Standidaten für die Präsidentschaft des ungarischen Staatsrats bezeichnet.
Ein Koalitionskabinett?
Es laufen Meldungen um, wonach an dem Zustandekommen eines Koalitionsministeriums gearbeitet wird. Der Habsburger Joseph wünscht ein breiteres Fundament für seine weiteren Bicle. Auch mit Sozialdemokraten sucht die Reaktion unter Beteuerung ihrer republikanischen Gesinnungstreue Anknüpfungen.
Griechisch- italienische Verständigung.
Wie der„ Secolo" aus Paris erfährt, soll die griechisch- italieAmsterdam, 13. August. Das Neutersche Bureau meldet nische Verständigung vollendete Tatsache und von großer Bebeuaus Washington , daß Wilson die vom Friedensvertrag vorgesehene tung für die beiden Mittelmeerländer sein. internationale Arbeiterkonferenz zum Oktober nach Washington Man wird erst abwarten müssen, wie die Verständigung aussehen soll, bevor man über ihre Bedeutung ein Urteil abgeben
einberufen hat.
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Unsere Leser werden sich der vier Forderungen erinnern, die kann. auf dem Amsterdamer Gewerkschaftstongreß als Vorbedingung für die Teilnahme der organisierten Arbeiterschaft an der Ablehnung der französischen Gewerkschaften. Wie„ Matin" Washingtoner Konferenz aufgestellt wurden. Die obige Depesche aus Straßburg meldet, haben die dortigen Eisenbahn-, Post- und fagt nichts über Wilsons Stellung zu ihnen, man wird also ab- anderen Staatsbeamten beschlossen, sich nicht den allgemeinen warten müssen. französischen Gewerkschaften anzuschließen.
Die Vermögensgrenze brauchte feineswegs in aller Welt schematisch gleich zu liegen. Sie wäre für die durch den Krieg. besonders start verschuldeten Völker enger zu ziehen als für die anderen. Sie könnte in den Schuldner staaten bei einem Vermögenswert von etwa zwei Millionen Mart in Einzelhand angesetzt werden, in den Gläubiger staaten bei einem solchen von etwa zehn bis zwanzig Millionen Mart.
Die Vermögensgrenze brauchte auch für ein und dasselbe Staatswesen nicht starr und unveränderlich feftzuliegen. Sie wäre vielmehr von Zeit zu Zeit dem jeweiligen Stande der Volkswirtschaft anzupassen. Sie wäre auch insofern beweglich zu gestalten, als das Erwerbsinteresse über den prinzipiellen Endpunkt hinaus in gedämpfter Weise wach erhalten werden sollte. Zu diesem Zweck wären nach der erster Teilfonsistation des Großbesites regelmäßiger Erneuerung zu wiederholenvermögens auf sehr geräumige Perioden, vielleicht von je Einziehungen nachgewachsenen Ueberzwölf Zwischenjahren abzustellen und auf einen Teil des neuerstandenen Uebervermögens, etwa auf die älfte zu beschränken.
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Die grundsätzliche Durchführung der Vermögensgrenze wäre eine Aufgabe von allgemeiner staatssittlicher Bedeutung für den wahren, sozialgerichteten Bölferbund. Die verbündeten Staaten hätten sich gegen Steuerflucht der Uebervermögen Rechtshilfe zu leisten.
Die nähere Begründung des Gedankens und der NachSchrift Vermögensgrenze.( 8wischen Sozialismus und Kameis seiner gefeßlichen Formulierbarkeit findet sich in meiner pitalismus) von einem deutschen Richter", 1916, Verlag Dr. pitalismus) von einem deutschen Richter", 1916, Verlag Dr. S. Laufer, Berlin- Schöneberg.
Für Deutschland würde eine Privatvermögensgrenze von 2 Millionen Mark bei der ersten Anlage, im Zusammentreffen mit dem Reichsnotopfer, dessen Ergebnis beträchtlich erhöhen. Ich enthalte mich einer ziffernmäßigen Ertragschäzung und verweise auf die landesamtliche statistische Korrespondenz für Breußen vom 13. November 1915 betreffend den letzten Friedensstand der preußischen Vermögensschichtung. Aus der dort beigegebenen Tabelle ist zu entnehmen, daß die dama- igen Höchstvermögen über 2 Millionen Mark für Preußen allein eine Gesamtsumme von mindestens 15 Milliarden Mark ausmachten. Diese Summe wird für das Reich und für die Gegenwart, nach der Geldaufblähung der Striegszeit, weit höher anzusetzen sein. Es ist klar, daß in jenen obersten Schichten des steuerbaren Nationalvermögens wenigstens bei den Einzel