Nr. 41236. Jahrgang
Beilage des Vorwärts
Donnerstag, 14. August 1919
Ordnung; deshalb werden wir die Beratungen durch grundsätzliche Säße für die Reichseinkommensteuer fönnen ja noch gar nicht auf( Lebh. Beifall im Zentrum.)
Nationalversammlung zu Weimar rörterungen weder in der Kommiſſion noch im Plenum aufhalten. geſtellt werden, da haben die Gliedſkaaten und Gemeinden voran
78. Sigung vom Mittwoch, 13. August 1919, 2 Uhr nachmittags. Am Regierungstische: Erzberger , Dr. Bell. Präsident Fehrenbach eröffnet die Sizung um 2 Uhr 15 Min. Die Beratung der Steuergesete( Reichsnotopfer, Umsatzsteuer usw.) wird fortgesetzt.
Abg. Dr. Braun- Franken( Soz.):
Wir bedauern, daß die heutige Tagesordnung auch noch mit der Umsatzsteuer bepackt worden ist. Bevor die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Volkes durch eine Steuer wie diese aufs äußerste angespannt wird, sollte man vor allem versuchen, aus der Erbschaftssteuer mehr herauszuholen.( Sehr richtig! bei den Soz.) Ueberhaupt müssen
Abg. Henrich( Dem.): Die bisher vorgeschlagenen Steuern werden immer noch einen Fehlbetrag von 11 Milliarden ergeben. Das Notopfer hat bei weitem die Bedeutung nicht, die ihm der Finanzminister beimißt, und das Vermögen des deutschen Volkes fann erschöpft werden; wenn bei der Erbschaftssteuer der gemeine Wert für den Ertragswert eingesetzt wird, so muß es selbstverständlich auch bei der Einkommensteuer geschehen, d. h. sie bringt nicht die angesetzte Einnahme,
Zur progressiven Einkommensteuer sind Ergänzungen zu schaffen, für die eine gewisse Kontrolle des Reiches vorgesehen werden kann. Das deutsche Volt ist einheitlich in Sprache, Geschichte und hoffentlich auch nationaler Gesinnung, in Verkehr und Wissen schaft, aber das Temperament und die Bedürfnisse der einzelnen Länder sind verschieden, zentralisieruung unter allen Umständen bedeutet deshalb nicht Einheit, sondern gefährdet sie geradezu. ( Sehr richtig!) Hinsichtlich ihres Anteiles an der Einkommensteuer dürfen die Gemeinden nicht vom Reiche abhängig gemacht werden. weil dadurch jede Verantwortlichkeit ertötet würde. Möge das deutsche Volk die Kraft und den Willen aufbringen, die schwere Last au tragen, die das Vaterland lange Zeit von ihm fordern wird. ( Beifall bei den Demokraten.) Abg. Kraut( Dnatl. Bp.): Es gilt jetzt ein wirkliches RechtsSteuergebäude zu errichten. Wir wollen auch unsererseits durchaus zur Sanierung der deutschen Finanzen beitragen, aber es fragt sich doch, ob eine zu starke Blutentziehung, wie sie das Reichsnotopfer uns zumutet, zu ertragen ist. Was die Reichsabgabenordnung betrifft, so find wir lehnen wir ab, nicht aus Rücksicht auf die großen. Kriegsanleihe- lagung und erhebung herbeizuführen, selbstverständlich einvermit ihrem Grundgedanken, eine Vereinheitlichung der Steuerteranzeichner, sondern weil dadurch das ganze deutsche Wirtschaftsleben standen. einfach zum Stillstand gebracht und die Kreditwürdigkeit des Reiches
erst die direkten Steuern angenommen sein, bevor wir zur Warenumsatzsteuer, die wir für eine der unglücklichsten steuerlichen Erfindungen halten( Beifall bei den Soz.), Stellung nehmen. Bei allem Vertrauen zur Regierung ist es uns überaus peinlich, ihr einen weiteren Kredit von 6 Milliarden Mark zur vorübergehenden Verstärkung der Betriebsmittel bewilligen su sollen. Hoffentlich wird uns spätestens im Herbst eine endgültige Abrechnung vorgelegt, so daß wir endlich aus der Kredittvirtschaft wieder in eine geregelte Gtatwirtschaft hineinkommen können. Es muß ein Ende gemacht werden mit dem Bureaukratismus, der heute noch eine Menge Papier unnüberweise beschreibt trotz der Papiernot.
Eine
Annullierung der Kriegsanleihen
restlos vernichtet werden würde. Im übrigen schrecken wir nicht zurück vor konfiskatorischen Steuern. Die Progression in den oberen Stufen muß noch verschärft werden. Millionäre darf es in Deutschland überhaupt nicht mehr geben.( Beifall bei den Soz.) Dagegen müßte auf die fleinen Rentner mehr Rücksicht genommen werden. An die Stelle der allgemeinen Wehrpflicht im Heere, diz
wir jetzt nicht mehr haben, muß
Abg. Wurm( U. Soz.): Man sucht die Lasten auf die indiretten Steuern, insbesondere auf die Verbrauchssteuern und damit auf die Schultern der breiten Massen abzuschieben. The wir irgendeine Steuer bewilligen, müssen wir wissen, ob und weiche neue Steuern noch geplant werden. Unter keinen Umständen werden wir für die Umsatzsteuer stimmen. Die bestehende Unordnung, deren Bejeitigung wir wünschen, wird erst aufhören, wenn die Regierung von den Vertrauensleuten der werftätigen Bevölkerung ausgeübt wird. Dazu bedeuten diese Steuervorlagen nur einen fleinen Schritt.( Lebh. Beifall bei den 11. Soz.)
die allgemeine Wehrpflicht des Kapitals treten( Beifall bei den Soz.), und an die Stelle der Wehrsteuer, die wir ja nun auch nicht mehr einführen können, müßte eine Vor- Abg. Becker- Hessen( D. Vp.): Das in der Nede Erzbergers und belastung aller derjenigen treten, die sich während des Krieges in der Denkschrift beigebrachte Zahlenmaterial über unsere Finanzhaben reklamieren lassen.( Zuruf rechts.) Ge sind ja in der Haupt- lage ist immer noch nicht erschöpfend. Angesichts dieser Lage dürfen fache nicht Proletarier und fleine Beitungsschreiber, wie ich einer wir unter Bewilligung sowohl direkter als auch indirekter Steuern. bin, die reklamiert worden sind, sondern große und einflußreiche nicht ängstlich sein. Es war das größte finanzpolitische Unglück Herren. Und deshalb meine ich, man sollte diese Sonderabgabe des Krieges, daß man die dauernden Einnahmen entsprechend den progressiv nach der Zahl der Jahre, die einer reflamiert gewesen riesig gestiegenen dauernden Ausgaben nicht erhöht hat. ist, abstufen. Mögen diejenigen, die den Krieg als ein Stahl Gegen die Steuerflucht werden die angekündigten Maßbad der Völker bezeichnet haben, dieses Bad noch jest nach dem nahmen nothwendig sein. In den letzten Monaten ist die Moral tief Kriege über sich ergehen lassen.( Beifall bei den Soz.) Allgemein ist gesunken, und unter der Steuerfurcht ist ein förmliches Gewerbe der Wunsch nach dem Generalpardon. Wir danken dem Staaten entstanden, die Vermögen der Besteuerung zu entziehen. Auf das ausschuß, daß er sich dagegen ausgesprochen hat, die Notopfer hat die Entente feinen Rechtsanspruch. Würde sie ihn doch haben, so wäre das eine Gewaltsamkeit, wie sie deren sich allerdings schon mehrfach erlaubt hat. Auch die Minister sind vergänglich, aber bauernd auf Jahre ist die Not Deutschlands , und in ihrer Abwehr müssen wir einmütig zusammenstehen.( Lebhafter Beifall.)
Steuerhinterzieher verdienen, feine Schonung. ( Zustimmung bei den Soz.) Auch die Besteuerung der„ toten Hand" muß in die vorliegenden Geseze hineingearbeitet werden. Die Reichsabgabenordnung bedeutet einen Niesenschritt zum Ginbeitsa staat, unmittelbar nach der Verabschiedung der Reichsverfassung, ein Beweis, wie rasch wir vorwärts fommen. Eine einheitliche, zu höchsten Erträgnissen führende und Vertrauen erweckende Steuerverwaltung wird uns für die Ueberwindung unserer finanziellen Notlage besonders dienlich sein.( Lebh. Beifall bei den Soz..) Abg. Tarwick( Zentr.): Der§ 12 des Gejebes erklärt die nach dem 31. Juli 1914 entgeltlich erworbenen Sammlungen aller Art für steuerbar, dazu machen wir darauf aufmerksam, daß es in Deutschland Kunst sammlungen von unendlichem Wert gibt, die während des Krieges entstanden sind, aber veräußert wurden. Bei den in§ 22 festgelegten Steuerfäßen scheint uns namentlich bei den unteren Reihen nicht genügend Rücksicht auf finder reiche Familien genommen zu sein.( Lebh. Zustimmung.) Dem § 29, der die dreißigjährige Tilgungsfrist enthält, steht man mit geteilten Gefühlen gegenüber. Bu dem§ 37 über die Annahme der Striegsanleihen verlangen wir, daß die Zeichner von Kriegsanleihen vom Reich nicht im Stich gelassen werden, da sie sich dem Vater lande in der Zeit der Not zur Verfügung gestellt haben.( Bustimmung.) In Geldsachen ist Promptheit das erste Erfordernis der
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Reichsfinanzminister Erzberger:
Ich ziehe aus der bisherigen Erörterung das erfreuliche Refultat, daß in der übergroßen Mehrheit des Hauses ein äußerst scharfer Wille vorhanden ist, an der Gesundung der Reichsfinanzen mitzuarbeiten. Einen abweichenden Standpunkt haben nur die äußerste Rechte und die äußerste inte eingenommen. Mit dem Rezept des Abg. Wurm kann eine Gesundung der Reichsfinanzen nicht bewirkt werden. Wenn er das Reichsnotopfer als etwas unbedeutendes beiseite schiebt, so seht er sich damit in Widerspruch mit feinem Parteigenossen Ballod, der in einer Schrift über die Sanierung der Reichsfinanzen 20, höchstens 33 Proz. als Maximum der Vermögensabgabe hingestellt hat. Die Vorlage geht bis 65 Prozent und stellt damit also auch die
tühnsten Phantasien eines Finanzpolitikers der Unabhängigen in den Schatten. Die Stellung der äußersten Rechten ist mir dunkel geblieben. Werden die Herren für oder gegen das Reichsnotopfer stimmen? Jedenfalls habe ich nur Kritik und Ablehnung, aber teine positiven Vorschläge vernommen. Die definitven
Ich riß die Tür auf. Ich folgte ihr in eine Bodenfammer. Ich stammelte etwas. Ihre Gegenwart streifte mich wieder. Ich streckte die Hand nach ihr aus. Sie entriß sich. Sie entglitt mir auf immer. Aber sie wurde betroffen von dem furchtbaren Entsehen.
zugehen. Mit den Ihnen bis jetzt unterbreiteten Vorlagen kommt die Vermögensabgabe im allgemeinen zum Abschluß und kann auch von der Nationalversammlung unbekümmert um die Einzeilheiten der Reichseinkommensteuer zum Abschluß gebracht werden.
Der Streif über direkte und indirekte Steuern
gehört der Vergangenheit an, Sie können dem Reich gar nicht genug direkte und indirekte Steuern bewilligen. Die Regierung ist entschlossen, das Gebiet der direkten Besteuerung bis zum
Höchstmaß der wirtschaftlichen Tragfähigkeit auszubauen. Aber auch, wenn das geschieht, wird keine der Ihnen vorgelegten und noch vorzulegende. indirekten Steuern überflüssig werden. Gine geordnete Statwirtschaft wird vom 1. Oktober ab eintreten. Die zahllosen fostspieligen Abrechnungsstellen werden eingezogen und die Vereinfachung der Abrechnung durch ein besonderes Gesez herbeigeführt werden. Die Abrechnung über die Ausgaben der A.- und S.- Räte werden Ihnen hoffentlich im Herbst ab= geschlossen vorliegen. Es sind große Bestände von Heeresaerät plöplich weggelaufen und verschwunden( Heiterkeit), allein in Koblenz hat die Bevölkerung sich tagelang mit Schuhen und Stiefeln aus den Magazinen versorgt, weil die Organisation zusammengebrochen war. Der bisherige Erlös aus Heeresgut beträgt gegen 4 Milliarden, auf eine weitere Milliarde ist vielleicht noch zu rechnen. Die Gegenüberstellung von 200 und 1700 Millionen als Kosten der Zivilverwaltung im Frieden und jetzt, wie sie Dr. Becker beliebt hat, ist durchaus fehlsam. Gin Rückschluß politischer Art darf aus dieser Gegenüberstellung nicht gezogen werden.
Die Befürchtung, daß durch die Reichseinkommensteuer das eigene Leben der Gemeinden unmöglich gemacht werde, ist unbegründet. Die Ausarbeitung des Gesetzes über die Landesbesteuerung erfolgt in fortgesetter Fühlunanahme mit den Ländern und Gemeinden. Ihr Hauptziel iſt, eine gleiche Behandlung in steuerlicher Beziehung für jeden Steuerpflichtigen herbeizuführen, ganz gleich, wo er wohnt, und die Steuern an der Quelle zu erheben, und zwar am besten bei jedem Lohn- und Gehaltsempfang. Nachdem von den Gegnern des Reichsnotopfers diese Frage in den Vordergrund des ganzen Kampfes gestellt worden ist, nachdem heute erst wieder gesagt worden ist, wir brächten der Entente die Erträge dieser Abgabe auf dem Präsentier feller entgegen, muß ich gegen eine solche Auffassung auf das entschiedenste Protest einlegen. Damit arbeiten Sie( nach rechts) nur den Feinden in die Hände.( Beifall und Widerspruch.) Für die Regierung gibt es jedenfalls nur einen Standpunkt in dieser Frage: Nach dem Friedensvertrage tann und darf der Feind unter feinen Umständen auf irgendeine Einnahmequelle, also auch nicht auf das Reichsnotopfer, Beschlag legen. Der Abg. Traub hat gemeint, wir dürften nicht eher an das Notopfer herangehen, als bis endgültig und unanfechtbar feftftebe, was wir an die Entente zu zahlen haben. Weiß denn Herr Traub nicht, daß wir die endgültige Höhe dieser Fordernugen erst im Mai 1921 erfahren werden und will er bis dahin mit der Herbeiführung einer finanziellen Gesundung des Reiches warten?
Dann ist der Staatsbankerott unabwendbar. ( Sehr richtig! und Zustimmung.) Es kann auch gar keine Rede davon sein, daß das Reichsnotopfer direkt zu einer Wegsteuerung des Vermögens führe. Ein Beispiel für viele. Ein Steuerpflichti ger mit einem Bermögen von 500 000 m., der im Kriege einen Butwachs von 100 Proz. gehabt hat, also ein ausgesprochener riegsgewinnler, würde nach der Kriegsabgabe und nach bem Reichsnotopfer noch ein Vermögen von 156 118 M. und wenn der Erbschaftsfall einträte, von 150 387 m. haben.( Buruf rechtsc Und ein Nichtsfriegsgewinnler?) Gin Steuerpflichtiger mit einem Vermögen von 500 000 M., der feinen Pfennig Zuwachs gehabt hat, würde nach der Kriegsabgabe und nach dem Neich notopfer noch ein Vermögen von rund 422 000 M. und beim Eintritt des Erbfalles von rund 403 000 m. haben.( Buruf bei den Soz.: Ist noch viel zu viel!) Der beste Beweis, daß die Säße nicht zu hoch find, ist wohl die Tatsache, daß nach ihrem Bekanntwerden an der Berfiner Börse sofort eine Hausfebewegung eingesetzt hat. Im übrigen wird durch Uebertragung weitgehender Befugnisse an die Landesfinanzämter für eine
gefunde Dezentralisation
Sorge getragen werden. Der Uebergang der Landesverwaltungen auf die Reichsverwaltung wird mit der größten Schonung der be= stehenden Organisationen geschehen, die beabsichtigte Neuordnung
Einer meiner Kameraden, dessen Blick ganz gestört war, fagte mir:„ Aber Du bist ja ganz von Blut bedeckt!"
Ich war noch wie vom Blitz erschlagen und hilflos vor Aufregung und blickte nur auf dieses Haus, auf dieses menschliche Haus, dessen Knochen und Wirbelsäule zerschmettert waren.
Von oben her war das Haus zerbrochen, und die ganze Borderfront lag auf den Boden geschleudert. Man sah nur die Höhlungen der ausgebrannten Simmer, wenn sekundenlang ein Bligen auffunfelte, und man sah nur die geome
schoffen und faßen wie angeschmiedet um einen Tisch. Dort hatten sie eben gefrühstückt, als der Blizz einschlug. Es mußte ein feines Essen gewesen sein, denn man unterschied deutlich Teller und Gläser und eine Champagnerflasche.
Ich ging die gepflasterte Dorfstraße hinunter. Die Blumen- Denn das Mauerwerk und die Deckenbalfen stürzten fnoipen in den Gärten und Gehegen streckten eine Menge plötzlich ineinander, und ein Gedonnere dröhnte auf, und ein lieblich winziger Händelein aus, die noch grün und ganz ge- fchrecklicher Schlund erschloß sich in der Decke, und alles wurde schlossen waren. Und an den Apfelbäumen hingen rosaweiße von schwarzem Feuer ausgefüllt: Und während mich ein Blütlein. Ueberall fam der Frühling mit Haft hervor. Jezt vulkanisches Atemgeschleudere gegen die Wand schleuderte, näherte ich mich dem rosafarbenen Hause. Das Gebäude während meine Augen brannten, während meine Ohren zer- trische Linie der Kamine. Auf dem Skelett eines Bettes lag stand einsam auf der Landstraße, und es loďte allen Sonnen- riffen und mein Hirn zerhämmert wurden, sah ich, wie die ein Rissen, einem bloßgelegten Gebärme gleich. In einem schein zu sich hinab. Ich zauderte. Ich ging vorbei. Lang Frau gespenstisch von roten und schwarzen Wolken verhüllt Stockwerk war ein Stück Fußboden geblieben, dessen dunkle sam und schwer wurden metne Schritte. Dann blieb ich wurde. Die Steine rings umber wurden losgerissen und zer- Farbe aus dem Ganzen bleiern herausstach, und dort bewieder stehen. Dann steuerte ich doch auf die Tür zu. Fast brödelt. Und die Frau geisterte auf, und sie wand sich in merkte man die Zeichen zweier Offiziere. Sie waren durchgegen meinen Willen trat ich ein. einem weißrötlichen Gemisch von Kleidern und von Wäsche. und etwas ungeheures, etwas ganz Unverhülltes und aus den Eingeweiden Hervorquellendes, das zwei Beine von fich streckte, das schnellte mir ins Gesicht, und das schüttete in meinen Mund einen Geschmack des lebendigen Blutes. Ich mußte schreien und schlucken. Die Sturmluft nach diesem furchtbaren Kuß, das lagerie not) auf mir, das Verlangen nach dieser nichtswürdigen sammerung spannte noch meine Hände, die ich nach der Schönheit dieser Frau ausgestreckt hatte. Ich wurde verschlungen von einem Wirbel aus Dampf und aus Asche und von dem entsetzlichen Geräusch, Das majestätisch verdröhnte. Und ich konnte endlich zwischen dem Mauerwerk entgleiten, das hin- und herschwankte, wie ich selber. Dann schmetterte das Haus in sich zusammen. Während ich mich über den rutschenden Boden rettete, streiften mich die Steintrümmer, die in Tollheit herniederstürzten, und es streifte mich das sausende Gebrande der zerbröckelnden Steine und deren hilfloses Berspringen, das in die wüsten Staubmassen hineinwirbelte. Und es war um mich wie ein meereswildbewegtes Flügelgerausche.
Zuerst nur Helligkeit! Eine rechteckige Sonneninsel verschwendete ihr Licht auf dem roten Ziegelpflaster der Küche. Töpfe, Schalen, alles strahlte im Lichte. Und sie war da Sie stand neben dem Ausguß. Ihre Arme und ihr Nacken waren entblößt. Sie ließ in einen schimmernden Eimer ein Silberwasserfädelein hineinsprudeln, während sie in dem rotflimmernden Gefunkel des Bodengeblitzes und in dem Gold des Kupfergeschirrs stand. Und auch eine grünlichglänzende Helligkeit huichte über ihre Haut. Sie sah mich, und sie lächelte mir zu.
Ich wußte, daß sie ja immer und zu jedermann lächelte. Aber wir waren allein. Ich spürte, daß eine wahnsinnige Begierde in mir aufbrodelte. In mir waltete eine Kraft, die stärker war als ich selber, und diese Kraft wollte ihrem Bilde Gewalt antun. Von Sekunde zu Sekunde wurde sie schöner. Ihr förperlich aufgewölbtes Kleid spendete den Augen ihre Gestalt. Ueber ihren glänzenden Schuhen zitterte und zuckte ihr Rock. Ich betrachtete ihren Nacken und ihre Kehle und alles, was dort so geheimnisvoll begann. Ein starker Duft umwallte ihre Schultern. Das war wie die Wahrhaftigkeit ihres Körpers. Ich wurde auf sie zugetrieben, ich schob mich ihr entgegen, und ich konnte kein Wort hervorbringen.
Sie hatte den Kopf ein wenig geneigt. Unter dem dich ten Flor ihrer Haare stießen die Augenbrauen zusammen. Unruhe glitt in, ihre Augen. Sie war an die findische Refferei der geblendeten Männer gewöhnt. Aber dieses Geschöpf war nicht für mich bestimmt! Ihr trockenes Lachen traf mich, sie entschlüpfte und schleuderte mir die Tür vor der Nase zu
Das ist Leutnant Norbert und Leutnant Ferriere," wurde gesagt.
Er dieser Gespenstergäste saß aufrecht gereckt da. Er lächelte seinem gespaltenen Kiefer, der um das Doppelte verbreitert faen und in dem Haupte klaffte. Mit einer festlichen Bewegung, mit der allerletzten Bewegung, hatte der Offizier den Arm erhoben, der derart starr blieb. Der andere stützte die Ellbogen auf das rote Tischtuch. Seine schönen blonden Haare waren noch wohlgeordnet, aber sein Ausdruck war scheußlich gespannt, sein Gesicht war besudelt von einem Blutglanz und bedeckt von unförmigen Flecken. Die beiden jungen Männer schienen von einem Entfeßen eingehüllt und trotzdem Standbilder der Jugend und der Lebensfreude. Einer rief: Da ist ja noch ein Dritter!"
Der Dritte, den man zuerst nicht bemerkt hatte, hing in Ein ganzes Gewitter von Geschossen fauste gerade auf der Luft. Seine Arme baumelten, er war mit dem Hosendiese Stelle nieder. Und etwas weiter konnten sich die Sol- boden an einen Balken genagelt, und dort hing er steil aufdaten vor Staunen nicht fassen, denn dort war vor ihnen ein recht an der Wand. Da er so an dem Wandputz hing, umHaus mitten durchgebrochen. Man fonnte gar nicht heran- schwamm ihn eine Blutlache, und er war anzusehen wie ein fommen, so schrecklich sausten die Geschoffe, die überall ein- Schatten, der sich unendlich in die Länge dehnte. Bei jedem schlugen, und die Splitter durchsiebten das Haus bei jedem neuen Schuß sprühten die Splitter um ihn herum und sie Aufdröhnen. Die Soldaten standen im Schuß eines Mauer- erschütterten ihn, als wenn dieser Tote noch von der blinden werkes und sahen zu, wie diese zerfallenden Bauten unter Macht der Vernichtung geliebfost und angezogen werden einem Gewölf von Dampf, leuchtenden Blizen und fünstlichen sollte. Gewitterorkanen aufblizten. Forts. folgt.)