Nr.470.36.Jahrg.
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Sozialdemokrat Boettu,
Vorwärts
Berliner Volksblatt.
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Sonntag, den 14. September 1919.
Deutsches Bündniswerben.
wegen einiger Grenzswiftigkeiten abhängen wirde. Es fprechen Die angekündigte Beröffentlichung der Aktenstüde über noch andere und schwerwiegendere Interessen mit. Ich würde es bie beutsch dänischen Berhandlungen wegen Ab. den dänischen Herren keinen Augenblick verdenken, wenn sie auf schluffes einer Militärkonvention gegen die Rüdgabe Grund reiflicher Ueberlegung zu der Anficht kommen, baß ein An Schleswigs liegt jest vor. Aus dem reichhaltigen Material fchluß Dänemarks an die voraussichtlichen Gegner Deutschlands werden zunächst einige Aeußerungen des Generalftabschefs von vorteilhaft für ihr Land ift, als ein offenes und ehrliches ZuMoltke, die er am 18. Februar 1906 an Bord des Schiffes fammengehen mit Deutschland . Jeder ist dafür nur sich und seinem Preußen dem damaligen Hauptmann Luetten vom dänischen Kriegs. Lande verantwortlich. Hat Dänemark sich aber in unserem Sinne ministerium gegenüber tat, hervorgehoben. Die Aeußerungen waren entschieden, so kann es nicht durch Reibereien zwischen Zollbeamten nicht für die Deffentlichkeit, jedoch zur Weitergabe an die dänische oder Gendarmen entgegengefesten Sinnes werden. Sollte man das Regierung bestimmt und wurden als Ergebnis eingehender Unter- annehmen, würde jede Sicherheit und jedes Vertrauen aufhören. Da ich dies nun nicht annehme, teile ich diese ganzen Bedenken nicht. redungen zwischen dem Kaiser, Bülow und Moltbe bezeichnet. Der Glaube, daß der deutsche Chauvinismus stärker fei als die Regierung, ist wohl kaum ernst
Ich will Ihnen zunächst sagen," erklärte Moltke , bak Ihre etwaigen Befürchtungen, wir beabsichtigten die bevorstehenden unruhigen Verhältnisse zu einem Angriff auf die Selbständigkeit Däne marks zu benutzen, unbegründet find. Wir denken nicht daran. Unser Wunsch ist, daß eine natürliche Annäherung zwischen den beiden Staaten erfolgen soll. Die Dinge in Schleswig , die zwischen uns stehen, wollen wir zu beseitigen suchen. Es ist Anweisung gegeben, daß eine grabweise Uebergangsaeit erfolgen soll. Aber Sie müssen auch Ihre Presse zügeln, daß ste z. B. durch Ausstoßung von Triumphschreie uns kein Hindernis in den Weg legt. Die öffentliche Meinung Deutschlands könnte dann leicht ein Hindernis für eine verföhnliche Politik
zu nehmen."
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Der Parlamentarismus und die Arbeiterklasse.
Was würde man von einem Lehrer der Medizin. halten, der seinen Hörern die Lehren und Probleme der Heilfunde nach Lehrbüchern aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts vortragen wollte? Was die Heilkunde damals war, ist mir in meinen Knabenjahren an einem Fall aus meiner Familie drastisch vor Augen geführt worden.
Wir hatten als Hausarzt den Betriebsarzt der BerlinAnhalter Bahn, bei der mein Vater Lokomotivführer war. Eines Tages( im Jahre 1864) mußte ich ihn holen, weil mein jüngster Bruder, ein dreijähriger Knabe, in Krämpfe verfallen war. Der zwischen 50 und 60 Jahre alte Mann kam, trat an das Bettchen des bewußtlos daliegenden Knaben, befühlte Puls und Kopf und erklärte:„ Der Junge hat Gehirnentzündung, Blutegel anlegen."
Am 7. Mai 1907 schreibt Moftte abermals an Lueffen mit Be zug auf gewisse Alarmnachrichten in der dänischen Presse:„ Es ift durchaus nicht erwünscht, daß jest schon Abmachungen getroffen Arzt, der es mit seinem Beruf sehr ernst nahm und nach eini Zum Glück für meinen Bruder hatte damals ein junger werden. Sie wiffen, daß ich immer betont habe, was das einzig gen Jahren Praris sich ausschließlich der Wissenschaft widmete, Nichtige ift, wenn der Schlußfall einmal eintreten sollte: eine flipp eine nahe Verwandte von uns geheiratet, und in ihrer und Flare Antwort auf die Frage Freund oder Herzensangst schickte meine Mutter mich auch zu ihm. Der sind. Weiter ist nichts nötig. Daß es eine direkte 2ge ift, Schüler der Du Bois- Reymond , Virchow, Traube Bam, unterwenn behauptet wird, Deutschland wolle Dänemark an einem suchte meinen Bruder nach modernen Grundsäßen, fand, daß Offenfivbündnis gegen England veranlaffen, wiffen baß er Diphtheritis mit hochgradig angeschwollenen Rachenwerden. Aber eins will ich Ihnen gerade heraus fagen: Gehen Sie Sie ebensogut wie ich. Wir müssen uns aber darauf einrichten, bah mandeln hatte, verordnete nun Entfernung des Belags durch uns einmal der Krieg aufgezwungen werden könnte, und mit England, erlauben Sie England, Ihr Gebiet zu besetzen, oder in dem Fall müssen wir wissen, wie fich der Nachbar vor unserer Umschläge und innere Mittel, und seiner sorgsamen BehandPinseln des Nachens sowie Bekämpfung des Fiebers durc) leisten Sie nur einen fingierten oder ungenügenden Widerstand, ja Tür zu uns stellt. Dänemark würde nur einen verhängnisvollen lung gelang es, den Knaben zu retten, den die Blutegel des bann ist meine Ueberzeugung, daß Dänemarts leste Behler machen können und das wäre det, eine zweifelhafte oder un Arztes aus der Schule der vierziger Jahre nicht vom Tode Stunde geschlagen hat. Die öffentliche Meinung Deutsch entschiebene Galtung einzunehmen. Wir müßten in diesem Falle lands wird verlangen, daß mit Dänemark ein Ende gemacht wird. uns auf die Antwort& eind einrichten. Denn die Ereignisse wet. Unsere Generalstäbe tönnten gut miteinander abmachen, wie wir ben mit einer solchen Schnelligkeit verlaufen, daß wir nicht ab. zusammenarbeiten sollten. Eine Abmachung zwischen den beiden warten können. Habe ich dagegen bie Gewißheit, daß die AntGeneralftäben bindet ja nicht die Regierung. Entsteht kein poli- wort Freund lauten wirb, fo gift mir hierüber bas Wort eines tisches Zusammengehen, so fallen die Abmachungen der Generalftäbe Ehrenmannes mehr als geschriebene Verträge. Ich würde ihm un ja von selber fort. Wir wollen nicht Ihre Neutralität brechen."
bedingt vertrauen."
Bon Interesse ist auch ein Brief Moltkes vom 27. Mai 1907 an Hiermit schließen bie Aftenstade. Die Berhandlungen blieben Hauptmann Luetken, worin er gewiffe Misstimmungen des däni- alfs ohne positives Ergebnis. Soviel dürfte feftftehen, schen Königs und des Ministerpräsidenten Christensen über die Bebas ber gebachte Anschlaf Dänemarks as Deutsch. fprechungen in Berlin an zerstreuen sucht. Moltke schreibt: land für ben Kriegsfall burch Rüdgabe Norb. Das, was wir besprochen haben, steht auf einem anderen fchleswigs an Dänemark su tompenfieren, wen Boben, und zwar auf Bertrauen, das durch die gesamte europäische Abbruch veranlakt hat, Erst zu biefem Zeitpunkt dürfte, Bolitik geschaffen wird und bei beffen Beurteilung es sich um Krieg worüber bie Aktenveröffentlichung allerdings nichts fagt, Moltke bie und Friebe, um die Frage, ob Freund oder Feinb, mit allen Regierung von den Berhandlungen verständigt haben, die jedoch ihren Konsequenzen handelt. Was wir abgemacht haben, würde sich ihrer ganzen Politik nach eine solche Möglichkeit für unausführschlecht lohnen, wenn es von einer augenblidlichen Mißftimmung bar hielt.
Die Heimkehr der Kriegsgefangenen.
am
Die Reichszentralftelle für Kriegs- und Zivilgefangene gibt bekannt, daß zur Abholung der von der italienischen Regierung in Florenz gesammelten deutschen Kriegsgefangenen 12. September ein deutscher Bug dorthin entsandt wurde. Die Heimsendung der in englischer Hand in Frank reich befindlichen Gefangenen macht gute Fortschritte. Ein mit der englischen Regierung getroffenes Einvernehmen bestimmt, daß deutscherseits täglich drei Züge und englischerseits täglich zwei Züge, zusammen also fünf 8üge mit zufammen 5000 Gefangenen aus Frankreich abtransportiert merden. Die Süge tommen aus der Gegend von Le Havre , Audrick, Bailleul, Bitry und Péronne und enden in KölnDeuß, wo die Uebernahme stattfindet.
bewahrt hätten.
Freilich, wäre der auf der Höhe der Beit stehende Arzt einen Tag später gekommen, jo hätte wahrscheinlich das Pinfeln auch nichts mehr gefruchtet. Wohl aber wave dann, wenn es damals schon bekannt gewesen wäre, Behringsches Serum noch am Plaze gewesen. Mikroskopie, enttoidelte Batterienforschung usw. haben die Heilkunde dahin gebracht, daß Erfrankungen, die früher in hohen Prozentfäßen der Fälle zum Tode führten, heute dort, wo Aerzte vorhanden sind, nur ausnahmsweise noch dies Ergebnis haben. Auf Grund jener Forschungen sehen wir jene Krankheiten heute mit ganz anderen Augen an, als es die Menschen bor 70 bis 80 Jahren taten und die Diskussionen der Mediziner aus jenen Tagen haben für die heutige medizinische Wissenschaft fast nur noch historischen Wert.
Mit den nötigen Modifikationen gilt das aber auch von anderen Wissensgebieten. Der„ Borwärts" hat auf die Diskussionen der Konferenz der Unabhängigen über burch den Vernichtungswillen unserer Feinde und durch die die Frage des Parlamentarismus das, Spottwort OIIe Uebergangsweben einer neuen Zeit bis ins Innerste erschüttert Se a mellen" angewandt. Auf den allgemeinen Geist der ift. Kehret heim als gute Deutsche, die an dem Bieberauf- Debatten bezogen, nicht mit Unrecht. Es find wirklich alte, bau des neuen republikanischen Baterlandes ja recht alte Schlagworte, mit denen auf jener Konferenz die mit allen Kräften mitarbeiten wollen, denn nur Besonnenbelt, Frage des Parlamentarismus abgetan tourde, beinahe so alt Ginigkeit und Arbeit können uns vor dem von unseren Feinden erstrebten Zusammenbruch retten.
Euren Wünschen und Sorgen wird, fotoeit es in der Macht der Regierung liegt, in jeder Hinsicht entgegenkommen werden. Möget Ihr Eure Angehörigen gesund wiederfinden und Euch von den erbuldeten Leiden bald seelisch und körperlich erholen. Dies ist mein aufrichtiger Wunsch! Ebert, Reichspräsident.
wie die Schlagworte der Mediziner aus der Beit, ehe noch die bedeutenden Fortschritte der wissenschaftlichen Phyfiologie, die sich an Namen, wie Briestley, Claude Bernard , Johannes Müller und noch eine ganze Galerie bahnbrechender Forscher knüpfen, die Heilkunde auf eine völlig neue Grundlage gestellt hatten, und nicht minder irreführend als sie. Wer nichts als die auf jener Konferenz zum besten gegebenen Schlagworte und Argumente fennt, der fann sich allerdings einbilden, die furchtbare Krankheit, an der der deutsche Boltstörper heute leidet, sei dadurch zu heilen, daß man- Blutegel anlegt. Aber wie gering im Verhältnis zu den Millionen der Arbeiter, die der politische Kampf in die Arena rust, ist die Zahl derer, die nennenswert mehr über das Wesen des Parlamentarismus und seine Bedeutung für die Arbeiterklasse wissen, als in jenen Debatten zum besten gegeben wurde. Es scheint mir deshalb angezeigt, diesen Fragen einige Artikel zu widmen. Sie werden in loser Folge erscheinen und jeder ein abgeschlossenes Ganzes bilden. Aber sie werden in einem inneren 3jammenhange stehen und in Bei der Ersaswahl in Widues wurde der Arbeiterführer ihrer Gesamtheit hoffentlich dazu beitragen, etwas mehr KlarSenberson mit 11 404 Stimmen gewählt. Der Koalitions- heit über eine der wichtigsten Fragen der Politik der Arfandidat Fisher erhielt 10 417 Stimmen. Bei der vorhergehenden beiterklasse zu bringen. Wahl im Jahre 1918 schlug ber Roalitionskandidat Walker ben Arbeiterfandidaten mit einer Mehrheit von 3694 Stimmen.
Neuer Sieg der Bolschewisten? Zwei weitere Büge werden deutscherseits gestellt, um die Drahtlos wird aus Horsea gemelbet, in Moskau fei die auf belgischem Gebiet in englischer Hand befindlichen Nachricht eingetroffen, daß die südliche Flanke vom Heere deutschen Kriegsgefangenen abzuholen, so daß bis auf wei- Rolts chats umzingelt worden sei und daß die Bolschewisten teres fieben Züge täglich in Deutschland einlaufen werden. hierbei 12 000 Gefangene gemacht hätten. Eine Abordnung der Bur Durchführung dieses Abkommens findet heute zwischen Freiwilligentruppen habe den Bolschewisten ein Friedensangebot den Beteiligten eine Konferenz bei der Eisenbahndirektion überbracht. Röln statt.
Henderson gewählt.
Dieses Abkommen widerlegt alle Gerüchte, die von gewiffer Seite ausgestreut werden, daß die deutsche Regierung nicht in der Lage sei, mehr als 1000 Gefangene täglich zu übernehmen. Eberts Willkommengruß. Reichspräsident Ebert ruft den heimkehrenden Ariegsgefangenen folgenden Auch diese Nachricht beweist gleich den vorhergegangenen ben folgenden Willkommengruß zu, der ihnen in allen Durchgangslagern in einer Umschlag der Stimmung in der Wählerschaft gegen die Hurra Sonderschrift des Kyffhäuser - Bundes der Deutschen Landes- wahlen, bei denen Henderson und Macdonald durchgefallen waren. Kriegerverbände übermittelt wird: Genosse Henderson ist seit dem Rücktritt Vanderveldes BprAuf heimischem Boden heiße ich Euch herzlich willkommen. figender des Internationalen Bureaus. Er führte auch auf der Schwere Beiten liegen hinter Euch, Zeiten der Entbehrungen, Buzerner Konferenz den Vorsitz und hat dort sowohl seine Gerechtig seelischer Niedergeschlagenheit und ungeftillter Sehnsucht nach feit gegenüber Deutschland , als auch feine unbedingte Gegnerschaft Familie und Heimat. Aus zahlreichen Berichten habe ich ersehen, gegen den Bolschewismus deutlich zum Ausdrud gebracht. wie Ihr, die Wehrlosen, den daß unserer Feinde habt fühlen müffen. Eure Lage und Eure Empfindungen weiß ich mit dem ganzen deutschen Wolfe voll zu würdigen. Wie Reuter melbet, hat das fanabische Unterhaus Eure Heimkehr fällt in eine Beit, in ber unser Baterland griebensvertrag ohne Abstimmung ratifiziert.
AP
Bunächst einige Bemerkungen über die Frage evo. Iution und Parlamentarismus. Daß da von einem ginndfäßlichen, unbedingten Gegensatz feine Rede sein kann, follte niemand ein Geheimnis sein, der die Geschichte der großen politischen Revolutionen der neueren Zeit kennt. Welche bedeutungsvolle schöpferische Nolle baben nicht in der großen Französischen Revolution die Nationalversammlungen gespielt! Die großen Borkämpfer des modernen Sozialismus, die Marr, die Engels, die Lassalle, haben das nie verkannt, der hervorragenden Leistungen jener Parlamente stets mit besonderer Anerkennung gedacht. Lassalle, der fich auf das eingehendste mit der Französischen Revolution den befaßt hat, deffen System der erworbenen Rechte beiläufig heute auch aus Gründen der Praxis fehr geitgemäß