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Venen die st!ll!egenöe Industrie keine Beschäftigung bieten kann, demoralisierte, zu allem Umsturz fähige Elemente, glaubt man am sichersten in der A r ni c e aufgehoben, wo sie wenigstens genährt, gekleidet und, was das wesentlichste ist, einigermaßen in Zucht gehalten werden können. Aber diese Armee muß beschäftigt werden, wenn sie nicht in sich selbst zerfallen und dem Staat zur selbstgeschaffenen Gefahr werden soll. Dazu eben braucht man den Krieg, dessen Schein- ch a r a k t e r durch die lächerlichen Verlustziffern genügenö charakterisiert wird. Oder will man in der Provinz Posen  die Notwendigkeit von zirka 100 000 Mann Fronttruppen dadurch dokumentieren, daß die wöchentlichen(!) Heeres- berichte seit Monaten 1 bis 3 angeblich Verwundete verzeich- neu? Man weiß in Warschau   und namentlich in Posen sehr wohl, daß ini Augenblick der Demobilisierung der Hundert- tausende von polnischen Soldaten eine allerdings blutigere Wiederholung der Novembervorgänge� in Dw u t s ch l a n d dem verhaßten volksfeindlichen Regime der Schlachta und Geistlichkeit, die sich Demokraten nennen, ein plötzliches, wenn auch.tvohlverdientes Ende bereiten würde. Das polnische Proletariat Kongreßpolens wie auch Posens ist es müde geworden, auf die Erfüllung von Versprechungen zu warten, die ihm vor bald einem Jähre gemacht wurden, als man die Massen brauchte, um sich auf die wohlgepolster- ten und gut dotierten Dhrönchen mit seiner Hilfe zu setzen. Eine ungeheure Arbeitslosigkeit, beispielslose Teuerung, Schleichhandel, Hungertyphus, Wohnungselend auf der einen «seile  , rauschende Feste, Kriegsgewistne, Bestechung und Korruption auf der anderen Seite treiben die polnischen Massen unaufhaltsam dem Kommunismus in die Arme. Weiß man in Warschau   die Zeichen von Lodz  , Sos- nowice und u. a. nicht zu deuten? Noch ist es Zeit, dem drohenden Unheil zu steuern, wenn den polnischen Staats- lenkern die Notwendigkeit klar wird, die Geschicke des Volkes in die Hände derer zu legen, die eZ vor dem völligen Ruin retteil können. Weiß man in Warschaunichtsvom Sozialismus? Kennt man Moraczewski nicht? Was von der spärlichen polnischen Gesetzgebung heute gut ist, verdankt man den Sozialisten. Man setze also dort fort, wo� man im Januar aufgehört hat. Das polnische Prole- tariat wartet längst darauf. Mit geballten Fäusten! Die ftngft vor üer Wahrheit. Wie unangenehm den Alldeutschen   eine wirkliche Volks- aufklärung ist, beweist folgende von ihnen in der National- Versammlung gestellte Anfrage: Unter den heimkehrenden Kriegsgefangenen wird eine von der Reichszentralstelle für Kriegs- und Zivrlgefangene heraus- gegebene Schrift verteiltWas ist in Deutschland ge- s ch eh e n?" Ihr Inhalt stellt sich als eine Schilderung der Revolution in ausgesprochen sozialdemokratischem Sinne dar, die in weiten Kretfen, namentlich auch der anders denken- den Kriegsgefangenen der schärfsten Ablehnung begegnet. Sind der Reichsregierung diese Tatsachen bekannt? Was gedenkt sie zu tun, uni dieser aus Kosten der Steuerzahler betriebenen ein- scitigen politischen Propaganda unter den Kriegsge- fangcnen alsbald Einhalt zu gebieten. Tie' kleine Schrift gibt einen völlig sachgemäßen und objektiven U eberblick über Gründe, Entstehung und Verlauf der großen Umwälzung in Deutschland  . Daß sie dabei nicht die alldeutsche Geschichtslegende nachbetet, son- dern die inneren und äußeren Gründe auszeigt, welche die Katastrophe und den Umsturz im November unumgänglich machten, stempelt sie noch lange nicht zu einer sozialdemo­kratischen Parteischrist. Voni sozialdemokratischen Stand- punkt aus wären eine Anzahl Punkte noch ganz anders zu beleuchten gewesen. Die Wut der Alldeutschen zeigt nur, wie unangenehm sie eine objektive Tarstellung der RevolntionS- geschichte empfinden, empfinden snüssen, da natürlich eine solche ih reVerbrechen am Volk nicht mit Stillschwei- gen übergehen kann..._ Rolf Lauckner  : Xhrifta öle Tontet Lessing-Theater. Der? neue Stück Lauckners, der m dem AufführungszhkluS des .jungen Deutschland  " mit seinem.Apostel Paulus" zuerst auf der Bühne erschien, ist beseelt von einem warmen Strom der Stim- mung und des Aiitempfindcus. Ein konzentrierter ernster künst- lsrischer Wille spricht sich darin aus und zieht den Hörer, auch ohne groß: Mannigfaltigkeit und Fülle der Beziehungen, in seinen Bann. Das Werk hat die heute bei der jungen Dramatikergeneration be- liebte Form einer lose geknüpften Bilde rreihe von jenem Stil, m welchem Georg Büchner   seinen Wozzeck schrieb. Vom Aufbau einer Handlung ist da kaum die Rede. Wohl aber fallen in den knapp umrifsenen Situation«, Lichter auf die Verborgenheiten inneren Geschehens. Der Druck der monotonen, öden Leere, der so oft auf einsam gebliebenen Frauensoelen lastet auch auf gütigen und braven, die in der Hingabe und Sorge für andere nach tätigem Gehn Ire suchen kam in der großzügig schlichten Wiederggte der weib- lüften Hauptfigur durch Jlka Grüning zu ergreifendem Ausdruck. Beim Aufgehen des Vorhangs sieht man die Tante, die in dem Haus des Schwagers, des eitlen Mediziners, unh ihrer robust der- gnügungssüchtigen Schwester als geduldetes von jedermann ve- nutztes Faktotum ihre Jahre hinbringt, und die den Jungen treuer als' die Eltern hegte: wie sie schwermütig aus dem Fenster ihres Stübchens inZ Abendrot himeinstarrt. In der Windstille ihres Schicksals ist jede Hoffnungsregung eingetrocknet. In ewig gleicher Folge ziehen die Stunden und Tage vorüber. Aber hinter dem quälenden Gefühle des Erstorbenseins glüht im geheimen ein helles unbestimmtes erotisches Glücköverlongen, das sie sich selbst nicht einzugestehen wagt. Die zermürbende Spannung hat eine Dis­position zum Pathologischen geschaffen. Ein Zufall macht sie zur Zeugin eines Liebesabenteuers ihres Neffen, des hübschen frischen Burschen, den sie so lange auf Schritt und Tritt behütet. Sie will den Unbesonnenen warnen, ihn zurückhalten. Aber die noch schwingende Erregung, die der Anblick in ihr ausgelöst hat, lähmt jede Kraft der früheren Selbstbeherrschung. Ist sie denn wirklich gar so alt? Kann sie nicht selbst genießen, ihm geben, was er bei einer anderen, einer Fremden suchte. Jlka Grüning gelang es. die Gefühlsverwirrung des gealterten Mädchens, das, vom Im- pulse fortgerissen, sich dem Jungen an den Hals wirft, bei allem Pathologischen so menschlich zu beseelen, daß der Gestalt die Sym- pathie gewahrt blieb, daS Abstoßende durch Tragik gemildert wurde. Eime   der stimmungsvollsten Szenen war ihr Gespräch mit der armen verwitweten Näherin, der fie als Schicksalsgenossin ihr Herz öffnet. Ein Nervenffeber wirst Christa nach der Enttäuschung auf da» Krankenbett. Der Austritt, in welchem die Freundinnen, lauter Sitzengebliebene wie sie selbst, vor ihrem Lager einander lüsterne Methoüe Freiheit". TieFreiheit" bringt die Nachricht, daß der Haushalisaus- schuß die von der Regierung beantragte Mehrforderung an Gehalt und Anfwanbsentfchädigumg für den Reichspräsidenten von der Nattonalversammlnng abgelehnt hat unter der geschmackvollen �Überschrift:Fritz Ebert muß sich einschränken" und knüpft daran noch ein paar Bemerkungen gegen den Präsidenten, die auf ähnlichem Niveau stehen. Dabei ist derFreiheit" genau bekannt, daß die Erhöhung seitens der Regierung gegen den Willen des jetzigen Reichspräsidenten beantragt worden ist, der selber mir den bisherigen Etat eingereicht hat. Zu Anwürfen gegen die Persern Fritz Ebert» ist die ganze Angelegen- heit so ungeeignet wie möglich, das heißt natürlich für einen an- ständigen Menschen, nicht für einen, der aus jeder Blüte Treck zu saugen weiß. Im der gleichen Nummer(Seite 2) wärmt dieFreiheit" ihre alberne Behauptung auf, derVorwärts" dürfte über militärische Angelegenheiten nicht mehr reden undstammele" nur noch. Das hindert sie nicht, uns auf Seite 3 ziemlicheine Spalte lang unsere Meldung über die Untersuchung im Falle Vieweg Wort für Wortnachzustammeln". Wie denn ihre militä- rischemEnthüllungen" meist unhonorierte Nachdrucke aus dem Vorwärts" bald mit, bald ohne Quellenangabe sind. Wohl dem Blatte, das zu der Intelligenz seiner Leser das feste Zutrauen Haiden kann, daß dieser Widerspruch keinem von ihnen auffällt! Gewährte soziale Errungensthafien. Nach den gewöhnlichen AgitcotionSreden der Unabhängigen sind die sozialen Errungenschaften seil der Revolution keinen Pfiffer- ling wert. In gewissen Situationen hört man es oder auch anders. In Köln   a. Rh. ist bekanntlich ein Teil der unabhängigen Führer zurRheinischen RepiMik" übergcschwemkt. Die U. S. P hat sie zwar ausgeschlossen, aber man kann doch nicht glauben, daß diese Leute desWogen plötzlich ihre radikal-sozialistische Ge- finnung, namentlich in wirtschaftlicher Beziehung ausgegeben haben. Um so erstaunlicher ist es, wenn man den Aufruf des Rheinlandbundos" liest, der unterzeichnet ist von Josef S m e e t s, ehemaligem Vorsitzenden der ll. S. P. in Köln  . Und da sehen wir alsForderungen des Rheinlawdbnndes im Innern" ein Programm aufgestellt, fast genau gleich dem, daS der dentschnationäl« Abgeoi�meie Hergth gestern in der Preußischen LandeSverfammlung entwickelte; seine sozial«! Haupt- punkte lauten:Aufrichtige Abwägung der Arbeiter- und Bauern- interessen, dem jeweiligen Stand der wirtschaftlichen Entwicklung enffprechend", und ein paar Zeilen späterGewinnbeteiligung der arbeitenden Klassen an den Unternehmungen zur Hebung der Arbeitsluft", und am SchlüsseHochhaltung und Ausbau bewährter sozialer Errungenschaften, wie z. B. des Achtstunden­tages". Also es gibt doch sozial« Errungenschaften in Deutschland  , Errungenschaften, deren Hochhaltung sogar Herrn Smcets und Konsorten bei einer Loslösung der Rheinlande von Deutschland  ziemlich gefährdet erscheint. Trotzdem erzählt Herr Smeets seinen Gläubigen, daß sich chrübsn"(gemeint rechts deS Rheins) die Reakiion auf Kosten der Arbeitermäste und stärke". Das sind so kleine Ungereimtheiten, wi« fie in einem unabhängigen Gehirn gern nebeneinander schlummern. Und in diesen Rahnien paßt es auch, wenn Herr Smeets an die Alliierten als besondere Forderung. V e r m e idung von Streiks" richtet. Ein königlicher Bräutigam. Einen Bräutigam vonKnig- lichem" Aussehen zu bekommen, ist Wohl der Wunsch jeder Maid. Aber einen Bräutigam erhalten zu haben, der jetzt noch wirklich k Jjjr i g l i ch ist, das heiß, sich Königlich preußischer Re- gierungsassessor schimpft, dessen kann sich allein Fräulein Olga von Helldorff rühmen, und sie tut dGhalb ganz recht, ihre" Verlobung mit Otto Heinrich von Saucken- J'u l i e n- selbe. Königlich preußischem Regierungsassessor auf Tar- putschen, imOstpteußischen Tageblatt" recht auffällig anzuzeigen. Zweideutigkeiten zutuscheln, fiel auS der Stileinheit des Stückes heraus. Man weiß nicht, wie sie, die doch im Grunde eine gerad- gewachsene, aufrechte Natur ist, zu so fragwürdiger Gesellschaft kommt. Aber der Schluß nimmt die angesponnenen Fäden mit glücklichem Empfinden wieder auf. Der jung« Mensch, der er- schreckt vor ihr geflohen, kehrt zur Genesenden in der Erinnerung was er ihr dankt, zurück. Er sagt ihr, was sie ihm gewesen un» ihre alte, gute, mütterliche Liebe taucht auS dem Wirrwarr krank- hafter Ueberbitztheit tröstend und versöhnend wieder aus, wird ihn auch in der Ferne begleiten, bis der Tod sie abruft. Eine Aufführung von erlesener, künstlerischer Geschlossenheit verhalf dem schwierigen Stück zu starkem, trotz der Peinlichkeit des Themas unumstrittenen Erfolge. Von der Meisterschaft der Jlka Grüning war schon die Rede. Aber auch die vom Dichter nur obenhin skizzierten Nebenrollen gelangten in der Darstellung zu überraschend lebensvoller Plastik: So der fahrig aufgeregte, selbst- gefällige Medizinerpapa durch Claus Fischer, die grobkörnig sinnliche Mama durch C e n t a B r e, der liebenswürdige Pri- manerjunge durch Kurt Vespermann  . Unter den Episoden- figuren wären besonders die arme Näherin Maria Hart- mann? und der jungen M a y a Hart verliebtes Mädel zu nennen. Feinstilisterte dekorative Bilder nach Entwürfen von Cesar Klein   rahmten das Ganze ein. Conrad Schmidt  . Kammerspiele: Der buntscheckige Russe Ossip D y m o w, der bei d'Annunzio  und Strindberg ftucbtbare Anleihen machte und unterwegs noch einiges von der Marlitt und ihrer Verwandtschaft mitnahm, soll in den Kammerspielen des Deutschen Theater? die Herbstwochen ein- leiten.Nju", seine Alltagstragödie, bald Dichtung, bald Kino, bald Zartheit, bald tränenbeschüttete Grobheit und 5tulissenreitzerei, wurde von Felix Holländer   neu einstudiert. Werner K r a u ß ist der betrogene, sehr edle Gatte; er spielt sonst das Verbogene, das Intrigante, er muß diesmal daS Grade und Vornehme bc- wältigen. Es zieht in seine Kehle ein herber Biedermannston, es zwingt seine Bewegungen zu einer oft schmerzlich rührenden Un- geschicklichkeit. Ihm trotzen, melodiös weich, verräterisch schön, die schrankenlos Liebenden im Stücke, M o i s s i, der dickiende Ver- sührer, Fräulein T e r z i n die Dame, die sich bald Whmen läßt und artig stirbt, weil sie nicht mehr genommen wird. Moissi   dämpft, Fräulein Terzin betont, Leierkasten, Harmonium und Diakonen- litanei müssen hie und da ihr Wort begleiten. Das singt alle? sehr vollendet, das ist mit Literatur ausstaffiert und wird von den Beiden so sorgsam abgestimmt, daß tausend abgeschabte Talmi- Wörtlein wie wirkliche Musik aufklingen. Max Hochdorf  . Lichtenftein zum Gedächtnis. Eine Kerze, im ersten Lichtgewinne» schon vom KriegSsturm anSgelöscht: Alfred Li ch t e n st e i n. Was für Flamme er noch geworden wäre, keiner kann? wissen. Es kümmert auch nicht viele, wenn der Besuch deS Abends, den Rest Langer dem toten Deutsthnatlonale 5e!chensthänAung. Selbst die wehrlosen Toten des Wellkrieges sind vor der deutschnationalen Propaganda nich� sicher. In denLeipz. Neuestre Nachrichten" vom 23. Seplember 1919 veröffentlicht ein Obern- leutnant F r e n k e l als Führer der Abwicklungsstelle des 9. In- fanterie-Regiments Nr. 133 die Ehrentafel für die Toten seines Regiments. Natürlich, wie man das schon gewohnt ist, vom Major bis zum Fähnrich die Namen aller Offiziere und dann lakonisch: mit ihnen 2328 brave Ilnlerosfiziere und Mannschaflen. Aber als Entschädigung für diese Kürze vergißt Herr Frenkel nicht, an? Kopf seiner Ehrentafel zu vermerken, daß die Totenfür Kaiser und Reich, für König und Vaterland" starben. Die Toten sind tot und können sich gegen die Behauptung nicht mehr wehren, daß sie für den übergeschnappten Wilhelm oder den ver- I offenen Friedrich August gern in den Tod gegangen seien. Aber eine andere Frage sei hier erlaubt: Wer bezahlt diese monarchistische Reklame? Herr Frenkel aus eigener Taiche oder die A b w i ck e l u n g s st e l l e, das heißt die R e p u b I i I?> wie es zugeht. Genosse Otto Hue   hat bereits in seinem Artikel(Nr. 487 des Vorwärts") darauf hingewiesen, daß die betriebstechnischen Mängel in den Bergwerken einen erheblichen Teil der Schuld an der Kohlennot tragen. Wir erhalten zu diesem Kapitel eine Zu- schrift eines Bergmannes aus dem Ruhrrevier, die in geradezu«r- schütternder Weise die Schwierigkeiten darlegt, unter denen die Bergleute zu arbeite» haben. Es heißt darin u. a.: Auf meiner Arbeitsstelle ist es der mir und allen Arbeiis- kameraden unerklärliche Mangel an Preßluft. Bi�anntlich werden fast alleunter Tage" befindlichen Ma- schinen, wie Haspel, Bohrhämmer, Pumpen, Ventilatoren usw, durch komprimierte Lust getrieben. Dieselbe ist also für den Be- trieb unbedingt notwendig. Während wir früher immer ge- nügendLuft" hatten, haben wir jetzt nur noch soviel, daß sich der Betrieb nur noch so eben hinschleppt. Tis Bohrmaschinen laufen träge. Früher bohrte ich in 3 bis 19 Mi- nuten einenSchuß" in die Kohle, jetzt brauche ich für ein Bohr- loch von derselben Länge eine Stunde und mehr. Verschiedene Kameraden heben schon zu dem alten Handbohrer gegriffen und bohren nun Wieoer mühselig mit der Hand, nur weil sie sich nickü länger mit der Maschine herumärgern wollen. Hat man nun einmal einige Kohlen losgcschafft, so kann man sich getrost da- neben legen, denn es fehlt an leeren Wagen, um die Kohlen fortzubringen. Die Maschinen, welche die Wagen, Bremsberge und Stapel hinaufziehen, laufen nicht, weil dw Preßluft zu schwach ist. Geht man nach beendeter Schicht zum Schacht, so läßt man Haufen gelöster Kohle vor Ort liegen. In den Strecken aber stehN, überall lange Reiben geladener Förder- wagen; einen leeren findet man nicht. Alles Folgen des Luft- mangels. Ist aber an einem Tage ausnahmsweise einmal ge- nügend Preßluft da. so hat die Fördermaschine bestimmt Strom- mangel und kann die vollen Fördertoagen nur langsam ans Tages- licht ziehen. Weil infolgedessen auch nur wenig leere Wagen wieder hinunter kommen, stockt natürlich der ganze Betrieb. Soll man da noch Lust zum arbeiten haben? Es ist nicht zu er- gründen, wie es kommt, daß dieselben Kompressaren und Thna- mos, die bis zum% November 1918 immer genügend Druckluft und Hochspannung erzeugten, dieses auf einmal nicht mebr können. Sollte diesem fatalen Luft- und Strommangel nicht ein« feine Politik zugrunde liegen? Muß man nicht zu der Ein. ficht kommen, daß diese Betriebsstörungen von den Werksleitun- gen selbst inszeniert werben, um die FZrderung noch mehr ber- abzudrücken, bis die Entente wegen der nicht erfüllten Kohlen- lieferungen den rheinisch-westfälischen Jndustriebczirk besetzt und die Bergleute zwingt, wieder 8 10 Stunden zu arbeiten? Sollten die Kohlenbarone nicht boffen, bei der kapitalistischen  Entente wieder zu ihrer alten Macht zu gelangen, die man ihnen im neuen Deutschlang zum Teil entrissen hat?" Diese Schlußfolgerungen des Einsenders mögen an sich und?- rechtigt sein, sie kennzeichnen aber die Stimmung den Mißmut und die Erregung, welche den Arbeiter erfüllen muß, wenn er solche Erfolge seiner Tätigkeit sieht. Sie beweisen jedenfalls, daß ohne ein Mitbestimmungsrecht der Arbeiter«ine Besserung der Produktionsbedingungen undenkbar ist. nachdem die Kapitalisten in unglaublicher Lässigkeit die Dinge gehen lassen wie sie wollen. Dichter im Harmoniumsaal widmete, ein Zeichen heißen kann. Kein Vorwurf deswegen, es fft heute erklärlich. Was von der jungen, dichterisch bewegten Generation den Massengräbern enl- rann, schaut nicht zurück. Es wirbelt in neuem Anfang. Die Zeit vor dem Kriege war anders, ein fieser Bruch trennt sie von heute und es ist schwer, jetzt Brücken nach rückwärts zu schlagen. Es ist auch im Augenblick nicht.wichtig, wenn nicht mit Sicherheit Ge- winn für morgen zu holen ist. Das fühlte' wohl auch Kurt Lubasch, der seines Freundes dichterisckien Nachlaß jüngst in zwei schmächtigen Bändchen(bei Georg Müller, München  ) heraus- gab und nun den Lichtenstein-Abend mit literarischen Erwägungen einleitete. Als ein Werdender der Wedekindepoche kann Lichtenstein bezeichnet werden. Seine Prosa hat diesen Zug."DaS Eindringen in sexuell Absonderliches hat ihn gereizt. Alsdann: seelische Eigen- heit und Bewegung fing er, wie das Altenbergs merkwürdige Art war, bisweilen in Worten auf, die überraschend Wesentliches aus- sagen. Er war ein Suchender, der die Welt nahm als ein herbes Schicksal ohne rechten Sinn, ein Pessimist, dem Spott und Gro- teske Mittel waren, sich mit den Verwirrungen und Verzerrtheiten des Daseins abzufinden. Dies Anschauen tastete nach Gestalten, die seinen Inhalt greifbar geben sollen. Hier ist künstlerischer Wille unverkennbar an der Arbeit gewesen und er hatte auch, was jene Zeit besaßfidas scharfe Sehen und geschliffene Fassen nnv Spiegeln des Einzelnen der Wirklichkeit. Zu Lichtensteins Bilde gehört, daßSimplizissimus" undAktion" seine Arbeiten druckte!» Daß Lubasch die breitspinnende GeschichteDer Sieger" las, die ohne Entwicklung fft, immer nur denselben winzigen Punkt umspäht, war eine verfehlte Wahl; die Skizzen hätten mehr ge» sagt, denn sie zeigen, wie sehr dieser junge Dichter in der Epoche impressionistischer Zeichenkunst wurzelte. Und die stempelt auch seine Lyrik ab: Großstadtlyrik einer jungen Seele, die zwischen Haß und Liebe hintreibt, von den tausend Fratzen der Gassenwelt umglotzt, inik offenstem Blick für die Gemeinheiten ihres Sumpfes, für die Oedheiten ihres Gewirrs, grell gepeinigt, bis sein Gefühl sich mit dem Hohn von Weltdämmerungsgesichten rächt. Dies Dichteichasein gab sein Letztes aus der Sphäre des Kasernenhofs und des Schlachtfeldes: Ende September 1914 fiel Lichtenstein bei Rheims. Was seine Lyrik birgt, kam durch Rest Langers strich- sicher formende Vortragskunst wirkungsvoll zum Ausdruck. Immer trifft fie den Kern der Natur, aus dem die Lebenskraft eines Ge- dichtes pulsiert. ird. Notizen. Theater. Im Kleinen Schauspielhaus finden im Lause des Winter? an den Sonntagnachmittagen Vorstellungen für den Bildungsausschuß Groß-Berlin statt. Als erste Aufführung geht Sonntagnachmittag HebbelsM a r i a Magdalene' in Szene. U e b e r politische Dichtung spricht Rudolf Leonhard  im TheaterDie Tribüne" morgen, Sonntag, vormittags lisch Uhr. Roma Bahn  , Karlheinz Marfin und Fritz Jessner lesen Ge» dichte und Prosastücke von Johannes R. Becher  , Iwan Göll, Walt« Hasenclever, Kurt Hiller, Rudolf Leonhard  , Karl Otten  , Ludwig' Rubiner  .