' upb im Neichswehrmimsternrm wirkungslos blieben. Die i�oldatenräte waren in Verruf, folglich auch der Soldatenrat Libau . Nun wartete man auf den Gesandten Winnig, der sich angesagt hatte, aber nicht kam. Am 3. April st ü r z t e das Gouvernement Libau den Soldatenrat unter Hilse der landhungrigen Truppen, die zu diesem Zwecke seitens ihrer Offiziere mit allerhand Schauermären über ihn vollgepfropft worden waren. Am 16. April st ü r z t e die Baltische Landeswehr das Kabinett U I m a n i s durch eine� Affenkomödie, bei welcher dieselben deutschen Truppen. /Schmiere standen". Sie setzte ihre Männer an die Stelle. Die Entente mischte sich ein. Der Ausgang ist bekannt. Infolge der Vorgänge am 3. April fanden mehrere Pro- zesse vor dem Gericht der Kommandantur Libau statt, in denen vierzehn Freiwillige zu meist langjährigen Gefängnisstrafen— bis zu sechs Jahren— verurteilt wurden. Alles, was diese Soldaten sich gegen die Pflichten der militärischen Unterord» nung haben zuschulden kommen lassen, ist in dem festen Glauben geschehen� die Reichs- regierung damit gegen einen ihrer Gegner zu schützen. Es hört sich grauslich an, wenn sie dazu schritten, einen Leutnant und den Grafen v. d. Goltz selbst zu verhaften._ Ihr Handeln aber ist mehr als verständlich ge- Wesen. Sie sind durch die ganze Entwicklung der Dinge in ihr Unglück hineingehetzt worden, hineingehetzt von Leuten, welche nachher gegen sie zeugten. Dabei können doch unmög- lich d'e republikanischen Parteien untätig bleiben I Es muß ein Weg gefunden werden, den Verurteilten zu hel- fen. Am zweckdienlichsten wäre wohl der eines parla- mentarischen Untersuchungsausschusses, der ein objektives Urteil über die Politik in Lettland zu finden anstrebt. Ich bin gewiß, daß damit den Verurteilten ge- halfen ist. _ In unserer lettischen Politik gab es zwei Wege, einen optimistischen und einen pessimistischen. Entweder man glaubte oder man glaubte nicht an die Möglichkeit einer deutsch -lettischen Verstärrdigrmg. Die Gesandtschaft beschritt von vornherein den pessimistischen und nachher— nun nachher machte Goltz mit seinen Leuten die Politik. Es soll dem Gesandten Winnig nicht übel genommen werden, wenn er den Soldatenrat Libau bei seiner Dar- stellung der Entwicklung im baltischen Osten überging, ob- gleich es dieser Soldatenrat war, der in enger Zusammen- arbeit mit dem früheren Gouverneur, Generalleutnant Neu- gcbaner, und seinem Stabschef, Oberstleutnant v. Gaza , es überhaupt ermöglichte, daß im Januar die militärische Situa- tion gerettet werden konnte. Uebel nehmen aber muß man ihm, daß im Tanziger Festungsgefängnis immer noch vier- zehn deutsche Soldaten schmachten, die dieses Los wahrlich nicht verdient haben. Karl August Quer.
junkerliche Kriegserklärung an Sraun unz tzeine. Die Ortsgruppe Franzburg des pomtnerfchen Landbundes hat nach einer Meldung des„B. T." mehrere Entschließungen angenommen. In der ersten wird gegen den Minister Heine Stellung genommen. Trotz mehrfacher Aufforderung habe Minister Heine die Behauptung, daß der Landrat des Kreises Franzburg der Günstlingswirtschaft habe weichen müssen, nicht widerlegt. Den Landwirten des Kreises Franzburg bleibe daher nichts anderes übrig, als bIS auf weiteres der Negierung mit derselben Nichtachtung zu begegnou, wie sie der Minister Heine den Landwirten gegenüber zur Anwendung bringt. In einer weiteren Entschließung wird die Aufhebung
der Zwangswirtschaft gefordert. Ferner wird die Der- ordnung des Landwirtschaftsministers Braun vom 2. September betreffend Sicherstellung landwirtschaftlicher Arbeiten als nicht zu Recht bestehend erklärt.„Wir sehen", so wird gesagt,„in dem Vorgehen des Landwirtfchaftsministers die einseitige Stellung- nähme eines Parteimannes gegen die landwirtschaftlichen Arbeit- geber und weisen die Machenschaften des Ministers Braun mit Empörung zurück. Ter Landwirtschaftsminister huldigt kommunistischen Tendenzen(ftl), denn er will die Existenz des landwirtschaftlichen Eigenbesitzes durch Verordnungen untergraben und vernichten. In Erkenntnis dieser Tatsache rufen wir die gesamten Landwirte Deutschlands zum Kampf gegen den LandwirtfchaftSmiuifter Braun auf und er- klären uns mit allen unseren Bcrufsgenossen bis zur äußersten Konsequenz solidarisch." Den Herren wird in ihrer Tonart gedient werden I ★ Zu der Kampfansage des Pommer schen Land- b u n d s gegen den preußischen Landwirtschaftsminister erfahren die P. P. N., daß zunächst der Oberpräsident von Pommern sich mit dem Landwirtschaftsminister und dem neu einzuführenden Regierungspräsidenten von Stralsund , dem der Kreis Franzburg untersteht, wegen der z« treffenden Maßnahmen ins Einvernehmen fetzen würde. Es ist selbstverständlich, daß dem neuen Landrat des Kreises Franzburg die erforderliche Geltung verschafft werden wird, und ebenso versteht eS sich von selbst, daß die Durchführung der von dem Minister Braun rrlasirncn Notordnung, die im Jnter- esie der Ernte erforderlich war, gesichert wird.
Die Rechtsgiltigkeit öer verorünung vom 2. September. Zur Ergänzung der gestrigen Rede des Landwirtschaftsministers Gen. Braun gegen die vorpommersche Junterfronde dürsten die nachstehenden Ausführungen einer unterrichteten Stelle dienen: Die Presse hat in letzter Zeit aus den verschiedensten mehr oder weniger beteiligten Kreisen heftige Angriffe gegen den Landwirt- fchastsminister gebracht wegen des Erlasses der Verordnung vom 2. September 1919 betreffend die Sicherstellung landwirt- schaftlicher Arbeiten. Die Rechtmäßigkeit der Verordnung wird in Zweifel gezogen und eS wird weiter geltend gemacht, daß die Verordnung sich einseitig gegen den landwirtschaftlichen Ar- bei t geber richte, indem sie im Z 2 einen schweren Eingriff in seine Nutzungsrechte vorsehe, während von Zwangsmaßnahmen gegen den Arbeitnehmer keine Rede sei. Die hierdurch unter den Arbeit- gebern hervorgerufene Mißstimmung gefährde die Produktion in hohem Maße. Die Verordnung vom 2. September wird gestützt auf die 88 1 und 4 der Verordnung über die wirtschaftliche D e m o b l I- m a ch u n g vom 7. November 1918 fReichsgesetzbl. S. 1292), sowie auf Absatz 1 des Rundtelegramms des Preußischen Staatskommissars für Demobilmachung vom 12. November 1918 und auf die Erlasse der Preußischen Staatsregicrung vom 39. April 1919(Gesetzblatt S. Lö) und Ib. Mai 1919. Da der Gegenstand der Verordnung eine rein landwirtschaftliche Angelegenheit be- trifft, so war der Landwirtschaftsminister für die Regelung zu» ständig. Die noch dem Erlaß vom 16. Mai 1919 gebotene Mit- Wirkung des Handelsmini st ers hat stattgefunden; die Ansicht, daß diese Mitwirkung auch durch Gegen- oder M i t z e i ch- nung der Verordnung erfolgen müsse, ist mangels einer ausdrück- lichen Bestimmung hierüber nicht richtig. Kaum eine andere Frage hat bei der wirtschaftlichen Demobilmachung eine solche Bedeutung erlangt, wie die V e- schaffung der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte im Interesse der Erhaltung und Förderung der landwirtschaftlichen
brechenden 8. Armee folgende Rote Armee zustrebte, kam zugleich„Latwija" in Gefahr. Die Wahlen konnten vor- läufig nicht stattfinden. Riga war bedroht. Jetzt konnte sich zeigen, daß die Politik der Republik Deutschland gründlichst anderer Art war als die des Kaiser- reichs. Die Letten wünschten die Anwesenheit des deutschen Militärs als„Hilfskorps", nicht aber als„Okkupations- macht". Sie waren mit der Aufstellung nationaler Ver- bände(Deutschbalten, Letten) einverstanden, forderten aber die Benennung. /Lettlands Baltische Landeswehr" und das Tragen der Farben Latwijas für die aus Deutschbalten ge- bildeten Verbände. Wir verlangten aber nach wie vor Okkupationsmacht zu sein. Durch enges Zusammengehen mit den„Latwija"� sabotierenden Deutschbalten erweckten wir bedenkliches Mißtrauen, welches zur neuen offenen Feindschaft wurde, als der Gesandte Winnig in einem öffentlichen Vortrage nach dem Falle lstigas im Libauer Kurhaufe erklärte, die„Deutschbalten seien nicht reaktionär". Und das, trotzdem der entstandenen Baltischen Landeswehr der Staat Latwija und das Kabinett Ulmanis Lust waren. Der Nationalismus der Letten— so paradox das klingen mag— und ihre Feindschaft gegen die„baltischen Barone" haben der bolschewistischen Propaganda in Lettland Tür und Tor geöffnet. Politische Naivität der breiten unteren Volks- schichten begünstigte sie. Dem kbobinett Ulmanis gelang es chcht, populär zu werden, weil es— neben anderen Gründen —.die Aufstellung der Baltischen Landeswehr rn einer den Wünschen der Letten genau entgegengesetzten Form mit nur ichwachem Protest geschehen ließ. Hätten wir die Wünsche der Letten vor dem Falle Rigas erfüllt, so hätten wir uns Vertrauen erwerben können und dem Kabinett Ulmanis —„dem deutschfreundlichsten, das bei uns möglich ist", wie mir ein Mibgliad des Volksrats schrieb— wahr- scheinlich einen Boden im lettischen Volke verschafft. Damit wäre däe Grundlage zur deutsch -lettischen Verständigung vorhanden gewesen, und die junge deutsche Republik hätte sich den ersten großen Erfolg im Sinne der durch den Minister des Auswärtigen Hermann Müller vertretenen Ideen buchen können. Trotz Entente. Die Teutschbalten hätten von dieser Politik selbst den größten Vorteil gehabt. Es war verhästgnisvoll, daß der Gesandte Winnig durch seine Ernenmmg zum Reichs kommissar für den Osten im Januar zum Verlassen Lettlands veranlaßt wuyde. So er- lebte er nicht aus eigener Anschauung, wie Lettland nach und nach mit Anhängern der„guten, alten Zeit", Offizieren und Soldaten, vollgesogen wurde. Es kam die A e r a Goltz. Sie war gekennzeichnet durch zähe Arbeit, die R e o o l u t i o n im Baliikum mit Rumpf und Stumpf totzuschlagen. Im engsten Einvernehmen arbeiteten die„Latwija" feindliche Baltische Landeswehr und das mit seltenen Ausnahmen der deutschen Republik feind- liche Offizierkorps des deutschen Oberbefehlshabers. Durch die Land Versprechungen bekam man will- fährige Soldaten aus Deutschland in die Hand. Ten Letten wurde nach alter Manie? tüchttg auf den Kopf geklopft. Es war eben alles, wie es früher war. Auf verlorenem Posten standen der Soldatenrat Libau und die von ihm mit Erlaubnis der Reichsregierung geworbenen Truppen. Sie konnten sich nicht vorstellen, daß alles, was um sie herum vorging, mit Wissen der Reichs- regienmg imd auch des Gesandten Winnig geschehen könne. Es bemächtigte sich der Truppen eine große Erregung gegen das Gouvernement. Der Soldatenrat begann gegen die Aera Goltz zu kämpfen. Er glaubte sich damit den Dank der Reichs- regierung zu verdienen, obgleich ein Artikel im„Vorwärts" ww-e persönliche Unterhandlungen im Auswärttgen Amt >._____ LLJ_.1__ 1 1__ Ernst Toller :„dle Vanölung". ..' Die Tribüne. Bevor Ernst Toller von strengen Richtern inS Zuchthaus geschickt wurde, sagten liebenswürdige Professoren, daß sie in der Dichtung diese? jungen Aufwieglers mancherlei Stimmen innerer Vornehm- heit gehört hätten; waS keineswegs zu leugnen ist. Ja, wenn die Gesinnung, des Menschen Parteienverpanzerung und Bürgervuhm ausreichten, um dem Künstler da? Unirdischs des Genies und selbst nur der minderen Weihen zu schenken! Ernst Toller , der häufig mit Aposteln verwechselte Schwärmer, pulverte sich in ein unendliches Feuer hinein, als er alle Ruheorte dessen betrat, was er als seinen Leidensweg ansah. Er watete in Tränen, in Krampf, gespickt mit Auffuhr und Hohn und überquellender Menschenliebe, durch die „Wandlung", die hineinfuhrt geradeaus in das allerletzte Geschrei: Revolution! Revolution! Und dabei locht in ihm die Jugend, eine Jugend, die altklug ist. weil ihr AlltagSunbehagen und Gedankentrübsal allzu ftüh vertraut wurden; eine Jugend, die sehr emsig in die Wissenschaft hineinsteigt und keineswegs inS leere Vergnügen entartet; eine Jugend, die von Verrücktheit in Trunk und Liebesgeschichtcn nur so viel mitnimmt, wie schwache Nerven und ein bescheidener Monatswcchsel vertragen können; eine Jugend, die Tag und Nacht liest und von dem kleinen und dreckigen Leben nur so viel kennt, wie sich in Münchener Studentenbuden und mäßig gelüfteten Cafehäusern erfahren läßt. ES kommt der Krieg, der erst«inen Begeisterten trifft, weil das Blutabenteuer so kostbare, vielversprechende, aufpeitschende Abwcchse- lung bringt. Die eigentliche Natur, die zur Sanftheit neigt, wird für eine Weile aufgedonnert zur Jndianerlust, die mit brennendem Patriotismus verwechselt wird. Es kommt aber auch bald die Eni- täuschung: Der Krieg legt sich zuerst in die Knochen, und das müde Gebein, das nicht mehr weiter kann und auch in Lazaretten nicht mehr forsch wird, verleitet zum Nachdenken und Abschwenken. Aus Müdigkeit wird Abscheu, aus gekränktem Stolz wird Haß, mis Armut wird Liebe zu dem noch Aermeren, der ein Bundesgenosse werden soll, wenn eS gilt, die versperrten Schränke des Reichtums zu sprengen. O nein, man vermindert und entstellt die Sittlichkeit derartiger Wandlungen durchaus nicht, wenn man zeigt, wie der Weg zu dem Höchsten aus dem Winzigen, blutig Gewöhnlichen und tödlich Flachen herauskroch. Kurz, Toller wurde nicht als Menschen- erlöser geboren, er wollte die Welt befreien, weil ihm selber sehr sckecht ging. DaS Reich, das er vorbereiten wollte, mußte auch für i h n von dieser Welt sein. Die geborenen Erlöser und Menschen- »rcunde, die immer vollendete Revolutionäre waren, konnten von s i ch sagen, daß ihr Reich nicht von dieser Welt sei, mochten sie nun jüdische ZimmermannSsöhne oder indische Prinzen«der persische Hofleute oder chinesische Finanzministcr gewesen sein. Toller möchte als Zungenredner wirken, indem er die Wand- lnng des Jünglinge gestattet, der in die Kricgswirren eingemischt wird. Er enthüllt sich selber durch den Künstler seiner Theater- dichlung, der ein Standbild der freiem Menschheit zu formen be- ginnt, dann aber vom Soldatendiemst'eingepfercht wird. Noch meint der Sofdm, daß et für eine große Sache des Vaterlandes
kämpfe. Doch das Leid der Verstümmelten und der Aussatz der krätzigen Bettler, alles das mahnt ihn: Hasse den Krieg! Predige die Revolutton, da ohne Aufstand nicht Glück und Frieden in der Welt fein wird. Hier der Aufmarsch der Krüppel, dort die kalte Betrachtung der handwerkenden Herzte, hier die schauderhafte Engnis in der Schlafburschen Wohnung, dort die gräßliche Ernüch- terung durch Menschen, die mit Geschwüren bedeckt sind, während der Künstler auS sich sein Menschendenkmal gestalten will. DaS find Tollersche Theaterbilder, das sind gewiß Formungen der schönsten Sehnsucht. Doch die Worte, die von all diesen Menschen, von den Leidenden und von den Spottenden und von den Aus- gehechelten und von den jungen Weibern und von den ausgemer- gelten Greisen geredet werden, sie sind sehr matt. Durch den Men- schenerlöser Toller, der für seine Gedanken als Dichter kämpfen will, rinnt auch nicht die geringste Welle der dichterischen Er- lösung. Er ist ohmnächtig zu reden. Auch dadurch unterscheidet er sich von den Menschenerlösern des großen Schlages. Die Worte Toller? brennen niemals, sie brodeln höchstens eine Sekunde auf, und dann sind sie bald gestorben und vergessen. Beinahe ist es be- schämend, daß von diesem Unbürgerlichon gesagt werden muß, er gebrauche eine Bürgerliteratursprache von schalster, abgestandener Markung. Es gehör! auch zum Geiste dieses unermüdlichen Schwärmers, der hemmungslos als Dilettant seinem Herzen folgt, daß er die Möglichkeit des Bühnenbildes unendlich erweitern möchte. Eigent- lich träumt er von unbegrenzten Räumen, aus denen die Masse zur Revolution strömt. Er steht phantastische Menschenverzerrun- gen, etwa einen Kreuzzug der Verstümmelten, die vor den blöden Augen des kleinen Spießers vorüberstampfen. AuS dem Friedhof sollen sich die klappernden Skelette erheben, und das Haupt der hundert Knochengerüste sei uns der kahlgefressene, beinerne Schädel. DaS Zwergentheater der„Tribüne" muß auf solche Phantastik ver- zichten. Man baute höchstens eine Schreckenskammer auf, be- bürdete mit dem furchtbaren Aussehen nur die spielenden Menschen und versuchte, dos Kasperletheater zu adeln. Die Einfachheit sollte siegen. Das Tröpflein Saft, das noch in den Tollerschen Menschen flutet, versiegte aber Es bedeutet wenig, daß Fritz K o r t n e r, der Abenteurer der schweren Seelenwandlung. Augen- blicke einer glühenden Befeuerung hatte. Dieser Schauspieler wußte nur nicht, was der Bildersteller und der ReDebildner, Herr Karlheinz Martin , von ihm verlangte. Er wurde bald gezwun- gen, altes Theater zu schreien, ihm wurde dann wieder empfohlen, die Ekstase ins mystisch Körnige hineinzutauchen, ins Expressionistische würde der Dogmatiker sagen. Solche Gebundenheit schadete dem Schauspi-eler. Ueberhaupt, die Freiheit wird hier unterdrückt, es wird zu arg gezirkelt, die Miniatur des Folterkammerbikdes wird geradezu sklavisch vorgeschrieben. Man mischt im Stil trockene Wirklichkeit und ausgelassene Nachnahmung tragischer Clownerien. Man versucht, wo man gestalten sollte. Man will um jeden Preis einer Jugendsünde, gewiß einer edlen und rührenden und des Tugendpreiscs würdigen, aber doch einer Jugendsünde, die Um- brämung verschaffe«, als toem«s sich um ganz neu«, unerhörte Kunst handelte.
Armer, junger, nach dem Heilandsamt sehnsüchtiger Toller, es genügt dir nicht, daß sie dich zu den schönen Geistern zählen. Tu bist der Eitelkeit nicht ledig genug, um nicht auf den Kampf mit den mäßigen Schöngeistern zu verzichten! Sie haben dich im Theater der„Tribüne" stürmisch ausgerufen. In deiner Zelle sollst du es erfahren: Liebe für dich, den MenWen! Achselzucken jedoch und mahnende Bitte an den jämmerlich falsch rechnenden Künstler: Nicht so weirer! Mar Hochdorf. Ein Heine-Abend der Arbeiterschaft, veranstaltet als Muster. abend vom Bezirksbildungsausschuß Groß- Berlin und von den Einzelausschüssen gut beschickt, fand gestern in der Aula des Königstädtischen Realgymnasiums statt. Genosse Dr. D i e d e r i ch sprach einführend über den Dichter als politischen Kämpfer, der von der Romantik vordrang zum Schaun und Er» fassen des in neue Bahnen übergehenden Lebens seiner revolutio- när gärenden und explodierenden Gegenwart. Heine der Sozialist wurde gezeichnet, der sich in glühender Begeisterung den Kreisen der französischen Saint-Simonisten verband und dann weiterschritt zur geistigen Gemeinschaft mit der neuen Generation von Sozia- listen, den Marx. Engels, Lassalle, die nicht mehr utopistisch aut die Hilfe von Besitzenden harrten, sondern dem Glauben Bahn brachal, daß die Befreiung der arbeitenden Klasse das Werk der Arbeiter- Nasse selbst sein müsse. Heine ist durch sein Werk als politisch schriftstellernder Denker und als sozialer, politischer, satirischer Dichter über den Tod hinaus der Mitlämpfer neuer Generationen geworden, und nun, im Durchbruch zur Demokratie des Sozialis- mus, fühlen wir abermals, wie nah er uns ist. Das Programm der künstlerischen Vorträge betonte in Har» monie mit den Ausführungen des Redners den politischen Dichter. Romantisch� unpolitische Lyrik wurde gesungen zwischen die Gruppen dieser Dichlung eingefügt: Frau Hart zur Rieden, begleitet von Fräulein W. zur Rieden, sang schönen Wohllauts mit bebe- vollem Beseelen Vertonungen von Schumann, Schüben und Hugo Wolf . Daß der Bildungeausschuß für da? Wichtigste des Abends, die gesprochene Dichtung, Ludwig Hardt gewann, war von höchster Bedeutung. Es gibt heute keinen Künstler, der Heine» gewaltigen Reichtum an belvegtcstem Leben besser zu erweisen ver- stände. Dieser Ruf ist fest begründet. Für Hardt, der alleS frei aus dem Gedächtnis wiedergibt, ist jedes Gedicht, an das er seine Kraft setzt, ein Organismus von innerlichst feingefügtem Bau; er hat be- griffen, wie sehr jedes Wort, jede Wendung eines Gedichtes von Kunstwert ein notwendiges Organ des ganzen ist und in Geist- und Blutsverbindungen lebt mit allen anderen diesen Organen. DaS will erfühlt, ergründel sein, damit die Wiedergabe der Gedichte in jedem Fall eine Einheit gestaltet, die al» ein immer sich durch neuen Inhalt bereicherndes Wesen in Steigerungen zur Fülle und Blüte ausivächst und immer Gleichgewicht und Zusammenhang auf allen Stufen des Aufsteigens bewahrt. So erfaßt Hardt das Eigene jedes lyrischen Werkes und die Kette all de? von ihm Vorgetragr- neu gelangt zu einer erstaunlichen wundervollen Vielgestalttgkeit. Die Hörer waren sofort gewonnen und jedes Gedicht siegte. Der Schlußbe.fall— nach den lebenumklammernden Gedichten der Leidenszeil Heines und dem kämpferisch groß aufgerichteten Hym- nus„Ich bin das Schwert, ich bin die Flamme"— faßte stürmtsch noch einmal all den einzeln gespendeten Tank zusammen. Die Veranstaltung mag nun ihr gutes Gelingen in der Wir- kung erweisen,, daß viele andere ähnliche Heine-Abende da und dort im Weichbild Berlins von der Arbeiterschaft gewünscht und geboten werde«. Dies zu erreichen war vox allem ihr Zweck,