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Nr.509.36.Jahrg.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3.

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Sonntag, den 5. Oktober 1919.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H.  , SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Moritzplak, Nr. 117 53-54.

Volle Entwaffnung Deutschlands   verlangt

Vor einem Jahre.

Bon Philipp Scheidemann  .

Baris, 4. Oktober.  ( Havas.) Die Kammer hat auch die Zustimmung der Regierung gefunden hatten. Wie den Antrag Lefèvre in folgender Fassung angenommen: die Katze das Mausen nicht lassen fann, so wollten sich gewisse Die Kammer lädt die Regierung ein, sich mit allen alliierten einflußreiche Behörden nicht an die Beseitigung der Zenfur und assoziierten Mächten hinsichtlich der Ausführung von gewöhnen. Als ein Vertreter der Presseabteilung im Aus­Maßnahmen, die die Entwaffnung Deutschlands   wärtigen Amt den Versuch machte, mich für die Beibehaltung und seiner Berbündeten verwirklichen, und die darin der Zensur in der Kaiserfrage, die inzwischen akut ge­bestehen, daß die Fabrikation von Kriegsmaterial worden war, zu gewinnen, schrieb ich ihm u. a.: verboten wird, ins Benehmen zu sehen.

Am 29. September des Jahres 1918 fand im Saale des Bundesrats im Reichstag eine vertrauliche Sigung des Hauptausschusses statt, in der Herr von Hinge über die Vorgänge in Bulgarien   berichtete. Als im Verlaufe der Aussprache Anschauungen vertreten wurden, die mir unjaẞ­Die Kammer hat ferner ohne Aussprache einstimmig bar erschienen, rief ich in einer kurzen Rede den immer noch folgende Entschließung Auriol, die von der Regierung gut­nicht klarsehenden Herren die Worte zu: Verkennen Sie doch geheißen worden war, angenommen: Die Kammer nicht vollkonummen die Situation, machen Sie sich doch bitte lädt die Regierung ein, mit den Alliierten in finanzielle Ber­mit dem Gedanken vertraut, daß hier vielleicht sehr bald handlungen einzutreten und zu verlangen, daß die von den ein Arbeiter und Soldatenrat seine Sigun- Deutschen geleisteten Zahlungen in erster Linie für die gen abhalten wird." Wiedergutmachung der in den besetzten nnd ver­Mancher der Anwesenden hat mich damals mit überlege- wüsteten Gebieten verursachten Schäden verwendet werden. nem Lächeln, mancher aber auch sehr erschrocken angeschaut. Herr von Hinge, der mich viele Monate später, als ich bereits Ministerpräsident war, einmal besuchte, hat mich an jene Worte erinnert und dabei gesagt, daß sie auf ihn einen tiefen

Eindruck gemacht hatten.

In der Debatte hatte Lefèvre wiederum behauptet, die Wiederaufrichtung der deutschen   Armee, die über 600 000 bis 800 000( 1) Mann verfüge, nehme ihren Fortgang. Deshalb müsse die Herstellung von Geschüßen in Deutschland   vollständig

Ich werde mich entschieden gegen jeden Versuch sträu­ben, der Presse weitere Fesseln anzulegen. In dem Programm der Regierung ist genau sbizziert worden, unter welchen Umständen die Zensur das Recht hat, einzugreifen. Ueber die durch den Krieg bedingten vier Punkte hinaus darf die Preise unter gar keinen Umständen gehindert werden, frei und offen ihre Meinung zu bekennen.

Das Thema von der Abdankung des Kaisers ist nach meiner Auffassung ein politisches, tein militärisches. Aber selbst wenn man gewaltsam konstruieren wollte, daß, weil der Kaiser   Oberster Kriegsherr ist, deshalb das Thema von der Abdantung ein militärisches sei, so könnte die Zenjur dennoch nicht einschreiten. Es ist nicht schlechthin die Erörterung eines jeden militärischen Themas unter Benjur gestellt, sondern nur Fragen strategischer und taktischer Art und außerdem Fragen, die sich auf die Munitionsherstellung beziehen. Ich kaun also nicht einsehen, woher das Recht abgeleitet werden soll, der Presse die Erörterungen des erwähnten Themas zu berbieten oder auch nur zu erschweren..

unterdrückt werden. Gr forderte die Regierung auf, mit ihren Es kam in den ersten Oktobertagen der Kampf um den neuen, den ersten parlamentarischen Reichs- Alliierten in Verhandlungen einzutreten, um Deutschland   in jeder fangler. Bir Sozialdemokraten plädierten im interfraktio- Form zu verhindern, den Krieg von neuem zu beginnen(!). nellen Ausschuß für einen Barlamentarier, weil der Reichs. Cachin erklärbe, daß die Sozialisten für den Antrag Lefèvre stihumen würden. Er fragte an, ob es richtig sei, daß die AIIi, Die weiteren Versuche, die Presse in der Kaiserfrage zu tag vor aller Welt klar und deutlich bekennen müsse, daß es iersea Deutschland   ermächtigt hätten, zur Befämpfung fesseln, veranlaßten mich dann Ende Oktober, dem Reichs­ihm mit der Demokratisierung und Barlamentarisierung ernst der Revolution mehr Soldaten zu halten, als nach dem Verkanzler den bekomitgewordenen Brief zu schreiben, in dem es sei. Fehrenbach, den wir als Vertreter der stärksten trag zugestanden werde. Clemenceau   erklärte, das sei un hieß, daß es munmehr Pflicht der Staatssekretäre sei, dem Partei nannten, lehnte ab. Payer, gegen den wir wegen einiger Wendungen in einer furz zuvor von ihm gehaltenen genau. Frankreich   habe unter der Politik des Waffenstillstandes Kaiser durch den Reichsfangler zu empfehlen, zurüdzutreten. gestanden, der die Anzahl der Soldaten nicht begrenzt habe. Die Ereignisse überstürzten sich dann. Am 4. No­Nede Bedenken äußerten, lehnte ebenfalls ab, empfahl aber als Cadyin einirarf, daß die Armee von der Golk   in Litauen   an- vember zeigte mir der Marineminister von Mann, der im sehr warm den Prinzen Mar von Baden. Obwohl man fehr warm den Prinzen May von Baden. Obwohl man ſcheinend absichtlich von den Alliierten unterſtüßt würde, er Stabinett zumeist neben mir jaß, alarmierende Nach­uns sehr viel vortrug, was für die gute Eignung des Prinzen widerte Elemenceau, bas sei falsch. Tardieu legte die Berichten aus Kiel  . Sofort sollte ein energischer Ver­als Reichskanzler sprechen sollte, berhielten wir uns durchaus mügen Clemenceaus dar, die dahin gezielt hätten, auf der treter der sozialdemokratischen Partei nach Niel kommen. Ein ablehnend. Im vollkommenen Einverständnis mit allen Ver.mmgen tretern der sozialdemokratischen Mitglieder des interfraktio- Friedenskonferens ein Höchstmaß von Beschränkungen der deutschen   energischer Mann? Noske! Ich verständigte mich tele­interfraktio- Effektivbestände zu sichern. Als die franzöfifchen Delegierten graphisch mit Ebert im Parteibureau, der einverstanden war. nellen Ausschusses fette ich am 1. Oktober auseinander, daß völlige Beseitigung der deutschen   Artillerie verlangt hätten, sei von Innerhalb einer halben Stunde war Noste bei mir in der der Reichstag   die parlamentarisch- demokratische Aera unmög- den Alliierten eingewendet worden, man tönne jich nicht an die Reichskanzlei. Er war bereit, sofort zu reisen. Das Kabinett lich damit beginnen dürfe, einen Prinzen auf den Stuhl Stelle Deutschlands   sehen, um die Sicherheit feines Geerklärte sich auf meinen Vorschlag damit einverstanden, schickte feßen, des Reichskanzlers zu setzen. Der eifrigste Befürworter der sietes zu gewährleisten. Tardieu führte weiter aus, weam aber den Staatssekretär Haußmann mit nach Kiel  . Noske Kandidatur des Prinzen Mar von Baden war der Abgeord- defèbre den Beweis erbrachte, daß bie Deutschen   mit ihren Rüftam aber den Staatssekretär Haußmann mit nach Kiel  . Noske Rüftum- war am 6. November dann Kieler   Gouverneur, Hauß­nete Haußmann, von dem angenommen werden durfte, daß er den Prinzen, mit dem er sehr befreundet war, genau gen fortführen, so würde das den Alltierten eine Handhabe geben, mann fehrte an diesem Tage bereits nach Berlin   zurüd. Am fannte. Als Ebert und ich am 2. Oktober im Amtszimmer boten sei, Geschüße herzustellen und daß die Miierten ihmen die des Vizekanzlers von Bayer eine Aussprache mit dem Prinzen nötigen Teichten und 28,8(?) Bentimeter- Geschübe liefern wür­hatten, gewannen wir zwar den besten Eindruck von ihm, verden. Viviani unterstützte Tardieu. Deutschland   sollte ange= mochten aber nicht unseren kritischen Standpunkt aufzugeben. balten werden, das dem Friedensvertrag zamvider hergestellte Der Prinz erklärte mit Bestimmtheit, daß er mrr dann das Material zu zerstören. Man folle eine einzige Fabrik ermächtigen, Amt des Reichskanzlers übernehmen würde, wenn auch So- Kriegsmaterial herzustellen, um die Aufsicht zu erleichtern. An­zialdemokraten in sein Kabinett eintreten würden. Wir be- gesichts der deutschen   Verfassung, die die beutschen Rüstun richteten in der Fraktion, die unseren Standpunkt vollkommen gen verrate, felen die Alliierten gezwungen, die verlangten billigte. Maßnahmen durchzuführen.

Die Situation gestaltete sich von Tag zu Tag Noste hat letthin erklärt, daß die Reichswehr 400 000 Mann schlimmer. Das Parlament hatte feinen geeigneten Ran­didaten in Vorschlag zu bringen, die Gefahr war also sehr start sei. Sollte man das in Frankreich   noch nicht wissen? Die groß, daß wieder irgendein Michaelis für das wichtige Amt Debatte zeigt, wie sehr man drüben von der Angst vor einer berufen würde. Die allgemeine Lage gestaltete sich inzwischen Revanche des ohnmächtigen Deutschlands   besessen ist. Nun, dann so furchtbar für unser Land, daß die Fraktion schließlich sollte man um so mehr alles unterlassen, was den Nationalis ben demokratischen Prinzen akzeptierte und Bauer und mich mus bei uns wieder hochbringen muß. Das tun aber die ewi­zum Eintritt in das scabinett bestimmte, wenngleich ich bis gen Drohungen der Entente und die empörenden Erlasse der zum letzten Augenblick nicht zu den Befürwortern einer Teil- Herren Pineau- Wiesbaden und Gerard- Pfalz­nahme der sozialdemokratischen Partei an dieser meines Er­achtens sicher zum Zusammenbruch verurteilten Regierung ge­hört hatte.

7. November depeschierte mir Noske:

Ich mußte soeben die Leitung der Marineangelegenheiten in Kiel   übernehmen, der bisherige Stationschef hat mir die Ge­schäfte übergeben. Wie die Aufgabe zu überwältigen ist, bermag ich noch nicht zu übersehen. Soeben traf auch Haase noch hier ein. Wenn es Streitigkeiten gibt, ist die Sache natürlich unmöglich zu machen. Heute gab er mir die Versicherung, daß Ginigkeit nicht gestört werden soll. Grwarte dafür Gegenleistung in Berlin  . Wahnschaffe sagte mir heute am Telephon, als ich ihm andeutete, wie die Sache hier laufen werde, die Regierung ermarte, daß ich so lange wie möglich hier ausharre. Ich bin ge­spannt darauf, ob sie diese Anschauung jetzt noch hegen wird. Noste.

Natürlich waren alle froh, daß Roske auszubarren be­reit war. Mittlerweile liesen neue Weldungen über revo­Intionäre Erhebungen aut s zahlreichen reit war. Mittlerweile liefen neue Meldungen über rebo­Städten des Reiches ein. Allen Versuchen, die Bewegung mit Gewalt niederzuschlagen, seßte ich den heftigsten Wider­stand entgegen. Als der Oberbefehlshaber in den Marken die Gründung von Arbeiter. nnd Soldaten­räten und die für den Abend des 7. November in Berlin  einberirfenen Versammlungen berbieten wollte, widerseßte ich mich energisch. Der preußische Staatsminister Drews, der die Situation vollkominen flar überschaute, berhielt sich sehr verständig und pflichtete nrir bei.

Bauer, der Staatssekretär im Reichsarbeitsamt war und als Im Kabinett erwies sich der neue Reichskanzler solcher dem engeren Kabinett nicht angehörte, und von mir als ein durchaus modern denkender Mann, dessen aufrichtig für alle Fälle unterzeichnet, damit wir ihn eventuell sofort volksfreundliche Gesinnung ihm die berechtigte Hochachtung übergeben konnten. Dr. David und Dr. August Müller, aller Rabinettmitglieder gewann. Leider kam ich schon nach die als Unterstaatssekretäre amtierten, erklärten sich mit un­wenigen Tagen in eine überaus peinliche Situation. Ein ferem Verhalten solidarisch. Die Verhältnisse waren derart zugespigt, daß ich es für Brief, den der Prinz früher an seinen Standesgenossen Infolge der Briefaffäre gab es dann lange Verhand- immöglich hielt, weiter in der Regierung zu bleiben. Ich ver­Hohenlohe geschrieben hatte, wurde im Ausland ver- lungen im interfraktionellen Ausschuß, Verhandlungen des langte von der Partei die Ermächtigung zum Aus­öffentlicht. Der Inhalt des Briefes war nicht in Ein- Ausschusses und der Fraktionen mit dem Prinzen. Der tritt, den ich auf eigene Fauft nicht vornehmen durfte. In flang zu bringen mit dem vom Prinzen jezt vertretenen Bro- deutschen Presse war der Abdruck des Briefes der kurzen Debatte, die in der Fraktion stattfand, unter­gramm. Also eine Zweideutigkeit? Am 11. Oktober, abends bis dahin untersagt worden. Am 13. Oktober segte ich stüßten mich We Is und Braun in der energischsten Weise. gegen 9 Uhr, im Anschluß an eine Kabinettsißung bat ich den im Kabinett seine Freigabe durch. Die Angelegenheit Es wurde der Versuch gemacht, Bedingungen für ein etwaiges Brinzen in Gegenwart der Abgeordneten Gröber und Erz- wurde schließlich als beigelegt angesehen, nachdem alle unsere Verbleiben in der Regierung zu formulieren: Versammlungen berger um Aufklärung. Er suchte den Widerspruch zwischen Vertreter in den neutralen Rändern übereinstimmend ver- müssen gestattet werden; jedwedes gewaltsame Eingreifen feinen Ausführungen in diesem Brief und seinen öffentlichen sichert hatten, daß das Vertrauen zu dem Kanzler nirgends muß unterbleiben; der Kaiser muß bis morgen mittag zurück­Erklärungen zu entfräften, erklärte sich aber sofort beerschüttert sei. treten; Angebot an die 11. S. P. D., ebenfalls in die Regie­reit, zurückzutreten, falls wir der Meinung sein Es tamen dann im Kabinett die Erörterungen wegen des rung einzutreten usw. sollten, daß sein Verbleiben im Amte die Bandesinteressen Waffenstillstandes und Friedensangebots, Das Schicksal nahm indessen seinen Bauf. Am 9. Ne­schädige. Ich bat ihn, nicht voreilig zu handeln, fügte aber über die in der Presse bereits sehr viel geschrieben worden bember brach das morsche Gebäude des pren. hinzu: Ob ich im Kabinett bleiben fann, wird fich morgen war. Die Auseinandersetzungen über die Handhabung Bisch- deutschen Raisertums" zusammen. Im entscheiden." Ich war entschlossen, in der Fraktion die Er der Zensur rissen nicht ab, obgleich flare Bestimmungen Laufe des 10. November übernahmen Ebert, Sands­laubnis zum Rücktritt zu erbitten. Ein Brief, durch den wir über deren Beschränkung auf genau firierte militärische berg, Barth, Haase, Dittmann und ich als Bizetangler von Baper unseren Stüdtritt anzeigten, wurde von Fragen im interfrattionellen Ausschuß beschloffen waren und Boltsbeauftragte die Regierungsgeschäfte