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Nr.517. 36.Jahrg. as spl

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Trist

Abend- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutfchlands.

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Moritplas, Nr. 15190-15197.

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Donnerstag, den 9. Oktober 1919.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Moritzplatz  , Mr. 117 53-54.

Neue Ausstände in England.

Mit der Beendigung des englischen Eisenbahner daß für den einzelnen Beschwerdeführer solche Dinge, die in

,, Entschiedene Schulreform". reis, ber, wie wir von Anfang an gejagt hatten, mit Zauſenden von zällen noch auf die Zeit des alten Regimes

Von Konrad Haenish ciner Niederlage der englischen Arbeiterschaft endete, zurückgehen, alles andere eher sind als Kleintram, daß es sich find die Unruhen in England und die Erschütterungen des Wirtschaftslebens noch keineswegs beigelegt, wie aus folgen­der Mitteilung hervorgeht:

I.

"

Laut Telegraaf" nimmt der schon vierzehn Tage dauernde Ausstand von 50 000 englischen Metallarbeitern immer ernstere Formen an. Der Times" schreibt man ans Man chester, man müsse mit der Gefahr rechnen, daß eine Million Arbeiter der Maschinenfabriken zur Arbeitsnieber Tegung gezwungen sein könnte.

im

oft genug für den Betroffenen um Existenzfragen der ernſtaſten Art handelt. Und es ist die strikteste Anordnung ergangen, daß jeder einzelne dieser Fälle mit der größten Gewissenhaftig­feit untersucht wird. Trotzdem bleibt natürlich bestehen, daß die große Reformarbeit aufs allerschwerste darunter leiden muß, wenn Tag für Tag rund ein Dutzend Deputationen aus allen Teilen des Landes und mindestens drei Dußend Einzelbesucher den Kultusminister persönlich zu sprechen wünschen und wenn feine wichtigsten Mitarbeiter tagaus tagein in der gleichen Weise überlaufen werden. Und wie mündlich, so schriftlich: die Bahl der Eingaben, die allein in persönlichen Angelegen. beiten an das Ministerium gerichtet worden find, hat im ersten Halbjahr 1919 schon eine größere Höhe erreicht als im ganzen abre 1918. In ähnlicher Weise ist die Ziffer der Eingänge auf allen anderen Gebieten gestiegen. Und das alles muß mit etwa dem zahlenmäßig gleichstarken Beamtenpersonal er­ledigt werden wie früher, ganz abgesehen davon, daß sich natur­gemäß heute der Minister selbst außerordentlich viel mehr Sachen zur persönlichen Bearbeitung vorbehalten muß, als in irgendeiner früheren Zeit.

Diefer Lage fand in Berlin   eine Versammlung des Bun­des Entschiedener Schulreformer statt. Von mehr als einer Seite wurden bei dieser Gelegenheit scharfe Angriffe gegen das Kultusministerium gerichtet. Es sei untätig, es übe nach rechts hin eine allzu große Nachgiebigkeit und was dergleichen An­schuldigungen mehr waren. Schon auf der Tagung selbst habe ich erklärt, daß mir jede Kritik, auch wenn sie noch so scharf ist, durchaus willkommen sei, sobald ich den Eindruck gewinne, Es handelt sich bei den von Zeit zu Zeit auftretenden daß ihr der ehrliche Wunsch zugrunde liegt, vorwärts zu trei- größeren Ausständen um Folgeerscheinungen einer schleichen­ben und zu beffern. Nur Kritik um der bloßen Kritik willen, ben rise, die zwar zurzeit nicht imstande ist, die englische hämische und unfruchtbare Nörgelei lehne ich ab. Regierung zu stürzen und der Arbeiterklasse die Es ist kein Wort darüber zu verlieren, daß die scharfe Macht in die Hand zu geben, die aber immerhin geeignet ist, Sprache, die auf der Berliner   Tagung der Entschiedenen Schul- dem durch den Krieg gestörten englischen Wirtschafts. reformer gegen mich und das Kultusministerium geführt leben die Wiederaufrichtung außerordentlich zu erschweren. wurde, zu jener ersten Gattung von Kritik gehört, daß aus­schließlich heiße Liebe zur Schule und zur Jugend die Trieb­feber dieser Kritik war. Deshalb sebe ich mich gern auch an Typs bestellen, dann werden sie eben einfach angefertigt. Der dieser Stelle noch einmal mit meinen Gegnern auseinander. Geist der Schule hingegen läßt sich durch eine solche bloße Ver­Ich tue das um so lieber, als ähnliche Angriffe neuerdings fügung nicht von heute auf morgen umwandeln. Sowohl bei Was trotz aller dieser widrigen äußeren Umstände feit mehrfach auch von anderer Seite erhoben worden find-jo den Lehrern wie bei den Schülern haben wir es mit Menschen- der Bildung der verfassungsmäßigen Regierung durch die 3. B. unlängst von Theodor Wolf   in einem seiner Montags. feelen zu tun, von denen jede ihr Eigenleben führt. Da darf Preußische Landesversammlung, d. h. also seit den letzten März artikel im Berliner Tageblatt". man nicht mit blumper Faust dreinfahren, wenn man nicht tagen dieses Jahres( die Uebergangszeit von Mitte November sch wiederhole, was ich bereits am Sonnabend im Herren- alles verderben will. Wir haben, dächte ich, in den ersten Re- 1918 bis Mitte März 1919 scheidet aus) geschehen ist, das ist haus fagte: Es fann in Breußen und Deutschland   so leicht volutionsmonaten nach dieser Richtung hin schon Erfahrungen zwar auch für meinen Tatendrang gewiß viel zu wenig, es kann feinen ungeduldigeren Schulreformper geben als ich selbst es bin, gemacht, die dringend zu äußerster Vorsicht mahnen. Der Geist sich aber, glaube ich, immerhin sehen lassen. feinen, der die tausenderlei Verzögerungen im Abbau der alten ists, der lebendig macht, nicht der tote Buchstabe von Erlassen Zunächst ein Wort über die Maßnahmen persönlicher und im Aufbau der neuen Schule, tiefer und schmerzlicher emp- und Verfügungen! Art. Die Reformen müssen im Kultusministerium selbst be findet als ich. Zugleich aber gibt, es bielleicht niemanden, dem Aber warum mirft der Kultusminister nicht einfach ein ginnen," sagte einer der Redner im Herrenhause. Nun­auch die Gründe dieser Verzögerungen und Hemmungen oder zwei Dugend von Schulräten des alten Stils zum Tempel biefe Mahnung war überflüssig! Es sind im Kultusministerium fich tagtäglich so far ins Bewußtsein drängen. Auf einige hinaus, warum befreit er sich und die Schule nicht von ein feit dem April dieses Jahres sämtliche leitenden dieser Gründe wies ich schon im Herrenhause hin. Da ist zu- paar hundert reaktionären Direktoren, warum fehrt er nicht mit Stellen mit neuen Männern besept worden. nächst die katastrophale Finanzlage unseres eisernem Besen aus unter der alldeutschen Oberlehrerschaft? Mit Männern, die, wenn sie auch gewiß nicht organisierte Staates, die selbst so elementare Reformforderungen, wie So schallt es aus zahllosen Zuschriften heraus, jo lese ichs im- Sozialdemokraten sind, so doch rückhaltlos und ehrlich, mit die Beseitigung der Vorschulen, die Berringerung der Schüler- mer wieder nicht nur in der unabhängigen Presse, sondern Kopf und mit Herz bei der neuen Ordnung der Dinge find, die zahl in den einzelnen Klassen, die durchgreifende Reform der auch in den Blättern unserer eigenen Partei und in den großen mit Tatkraft und Sachverständnis an den großen Aufgaben Lehrerbildung, vor allem auch die zur Erhaltung der Unter- Beitungen der bürgerlichen Demokratie. Darauf ist zu er der neuen Zeit mitarbeiten und die sich eines uneingeschränkten richtsfreudigkeit so dringlich gebotene Reform der Lehrer- widern: Schulräte, Kreisschulinspektoren, Direktoren usw. sind Vertrauens in den weitesten reformfreundlichen Kreisen rüh­besoldung usw. immer wieder durchkreuzt. Meine Kritiker feine politischen Beamten Sinne des men dürfen. Das gilt von dem neuen geschäftsführenden übersehen leider nur allzu oft, daß bei der Schulreform nicht Gesetzes. Sie fönnen also nicht auf bloße Anordnung hin Unterstaatssekretär ebenso sehr wie von den neuen Ministerial­nur der Kultusminister, sondern auch der ihres Dienstes enthoben werden. In jedem einzelnen Falls direttoren, die das Volksschulwesen und das höhere Schulwajen Finanzminister ein sehr gewichtiges Wort mitzusprechen ist ein umständliches Disziplinarverfahren erforderlich, und da unter sich haben. Neuerdings ist auch der Ministerialdirektor hat. Und ich verrate fein Geheimnis, wenn ich hier sage, daß nur sehr wenige dieser Herren sich Verstöße zuschulden kommen der Kirchen politischen Abteilung ausgeschieden. Auch an feine­schon so manche vom Kultusministerium, auf das dringendste lassen, die unter den Begriff des Disziplinarbergebens fallen, so Stelle wird eine entschieden demokratische Persönlichkeit treten. geforderte Reformmaßnahme daran gescheitert ist, daß der Im Bestande und in der Tätigkeitsbegrenzung der vor. Finanzminister nach pflichtgemäßem Ermessen schließlich er­tragenden Räte sind gleichfalls einschneidende Aenderun­flären mußte: es ist schlechterdings kein Geld da! Unter diesem gen vorgenommen worden. Eine Reihe frischer Kräfte sind ein­Verhängnis leidet übrigens nicht nur die Schulreform im enge­getreten, unter ihnen zwei Sozialdemokraten. Behn weitere ren Sinne. Auch persönliche und fachliche Erneuerungsmaß Sozialisten arbeiten zurzeit als wissenschaftliche Hilfsarbeiter nahmen auf dem Gebiete des Universitäts  - und Tech Dazu kommt noch etwas anderes. Der Gewaltfrieden von im Ministerium, unter ihnen zwei Unabhängige. Auch nach nischen Hochschulwesens, die nicht weniger dringlich Versailles   hat uns gezwungen, in eine sehr beträchtliche Ver- dem Ausscheiden der Unabhängigen aus der Regierung scheue ich find, Reformen im Theater-, Musik- und Ausstellungswesen fleinerung Preußens zu willigen. Das hat dazu geführt, daß mich gar nicht, Mitglieder dieser Partei in den Dienst des scheitern immer wieder an der gleichen Klippe unserer über aus den verlorenen Provinzen auch aus Elsaß- Lothringen   Kultusministeriums zu stellen, wenn es sich um tüchtige Leute alles Maß traurigen Finanzlage. zahllose Lehrpersonen und Schulaufsichtsbeamte aller Grade ver- handelt, die wirklich etwas leisten können und leisten wollen. Der zweite Umstand, den die Herren Kritifer nur allzu trieben worden sind, die irgendwie unterzubringen ebenso sehr Ein weiteres Mitglied der unabhängigen Bartei ist außerhalb leicht vergessen, ist die Tatsache, daß wir keine rein sozialistische, eine nationale wie eine soziale Pflicht ist. Auch finanziell ist des Ministeriums mit der Sonderaufgabe des Studiums aller auch nicht einmal eine sozialistisch- demokratische Regierung es schlechterdings unmöglich, die vielen, vielen Tausende dieser freien reformpädagogischen Unternehmungen beschäftigt( Ueber­haben, sondern eine Roalitionsregierung mit Einschluß des Männer und Frauen jahrelang beschäftigungslos zu unter- gangshochschule für Proletarier, Bertold Ottosche Schule in 8entrums. Man wird es verstehen, daß ich mich über halten. Schon manchen tüchtigen sozialistischen   oder demokra- Lichterfelde usw.). Zwei dieser Hilfsarbeiter sind Frauen. Un­diesen Punkt nur mit großer Burückhaltung äußere. Aber wer fischen Schulmann hätte ich sehr gern in die eine oder andere nötig zu sagen, daß diese Sozialdemokraten keineswegs aus­den Kampf um das Gesetz über die Aufhebung der geistlichen freigewordene Stelle gebracht, die unter den gegebenen Um- schließlich wegen ihrer Parteizugehörigkeit ins Ministerium be Schulaufsicht aufmerksam verfolgt hat, wer die parlamentari- ständen unbedingt einem vertriebenen Landsmann vorbehalten rufen worden sind. Es wird selbstverständlich in jedem Fall schen Schwierigkeiten fennt, die seit Monaten in der Preußischen bleiben mußte. Schließlich muß auch gesagt werden, daß wir sorgsam geprüft, ob der oder die Betreffende sich für die ihm Landesversammlung der Verabschiedung des Gejeges über die awar gewiß eine ganze Reihe sehr tüchtiger jüngerer Schul- oder ihr zugedachte besondere Aufgabe eignet. Die Hilfsarbeiter Neuwahl der Schulvorstände und Schuldeputationen bereitet reformer von der entschiedenen Richtung haben, daß manchen bleiben auch durchaus nicht alle dauernd im Ministerium, son­werden, wird mich verstehen. Die Rämpfe um das Schulkom- von ihnen aber doch noch die nötige Verwaltungserfahrung dern werden, sobald sie verwaltungstechnisch einigermaßen ein­promiß in Weimar  , die auf demselben Blatte stehen, sind ja fehlt, die zur Ausfüllung leiten der Posten im Schulwesen geschult sind, in geeignete Stellen in der Provinz versezt. noch in frischer Erinnerung. Mit der Tatsache dieser Koali- nun einmal gehört. Ein Uebelstand, den ich durch besondere Hier in der Provinz ist die allmähliche Personalerneue­tionsregierung und dieser parlamentarischen Mehrheitsbildung Maßnahmen( Einberufung solcher Männer und Frauen einst- rung ebenso notwendig, aber noch weit schwieriger als im müssen wir uns bis zu den nächsten Wahlen abfinden. Sie weilen in die Stellung von Hilfsarbeitern) in einiger Beit Ministerium selbst, da den einzelnen Bezirksregierungen bisher entspricht dem Willen des Volfes, wie er unter dem freiesten überwunden zu haben hoffe. leider feinerlei Fonds für die Beschäftigung von Hilfsarbeitern aller denkbaren Stimmrechte bei den Wahlen zur Nationalver- Bu alledem kommt als hemmender Faktor noch hinzu, daß zu Gebote stehen und alle etatmäßigen Stellen besetzt sind. sammlung und zur Preußischen Landesversammlung nun ein- die neue Reichsverfassung in der bekannten Sperr- Trozdem ist es unter großen Schwierigkeiten ermöglicht wor­mal zum Ausdruck gekommen ist. Ein deal ist solche Roali- bestimmung des Schulkompromisses der einzelstaatlichen Gesetz- den, wenigstens in die eine oder die andere Bezirksregierung tionsregierung niemals das hat Scheidemann in seinem gebung die Betätigungsgrenzen außerordentlich eng ge- und auch in zwei Oberpräsidien entschiedene Schulreformer und neulich im Vorwärts" veröffentlichten Artikel sehr richtig aus- 3ogen bat. Vertrauensleute der Lehrerschaft hineinzubringen. Auch die einandergefekt und das kann ich ihm aus meiner Erfahrung Das sind so ein paar aus der großen Bahl von Schwierig- Umbefeßung der Kreisschulinspektionen stößt aus den vorhin heraus nur bestätigen. feiten, die fich der raschen und großzügigen Durchführung ent- angegebenen Gründen( Ueberflutung mit Schulaufsichtsbeam­Nicht weniger wichtig ist folgendes: Wenn irgendwo, so schiebener Schulreformen hemmend in den Weg stellen. Hinzuten aus den uns geraubten Provinsen usw.) auf die aller­fann man im Schulleben Reformen nur mit leben tritt die jeder Beschreibung spottende Ueberlastung des Ministe- größten Schwierigkeiten. Troßdem haben zum Beispiel neuc:. digen Menschen machen. Die Eisenbahnverwaltung riums mit dem, was ich einmal Ieintram nennen dings allein in Pommern   vior Kreisschulinspektoren mit tüch fann mit einem Federstrich tausend Lokomotiven eines neuen will. Ich möchte nicht misverstanden werden: Ich weiß genau, tigen sozialistischen Schulmännern besetzt werden können,

ist dieser Weg nur in ganz vereinzelten Fällen gangbar. Nach dieser Richtung hin hat mein verehrter Sollege vom Ministe rium des Innern es mit seinen Oberpräsidenten, Regierungs­präsidenten und Landräten, die sämtlich politische Beamte und als solche ohne weiteres absetzbar sind, sehr viel leichter.

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