Nr.520.36.Jahrg.
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Vorwärts
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Sonnabend, den 11. Oktober 1919.
Unter französischer Gewaltherrschaft.
( Drahtbericht unseres Baseler Mitarbeiters.)
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In Elsaß- Lothringen haben die Liberalen und Kleritalen für die französischen Kammerwahlen ein Wahlbündnis gegen die Sozialisten aller Schattierungen unter der Dewise Frankreich vor allem" geschlossen. Die Vermitt Tungsverhandlungen der französischen Regierung im lohtringischen Kohlengebiet zur Regelung der Lohnfrage sind gescheitert. Der Ausschuß des lothringischen Bergarbeiterverbandes proklamiert für kommenden Montag den Streit im Kohlen- und Erzgebiet Lothringens , falls in der Lohnfrage nicht eingelenkt wird.
Jm Saargebiet und in Lothringen streifen bereits 20 000 Metall- und Hüttenarbeiter. Alle Unterdrückungsmaßnahmen verschärfen nur den Kampf, der im Saargebiet zugleich ein proletarischer und ein nationaler ist. Man hat dort alle öffentlichen Versammlungen einschließlich der Betriebsbesprechungen von mehr als 15 Personen verboten, man schiebt die deutschen Polizeibeamten ab, und unter dem französischen Polizeiinspektor Simon wird auf den Machen
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die Hundepeitsche
gegen berhaftete Deutsche geschtungen, das Militär der Freiheit- Gleichheit Brüderlichkeit"-Republik bat erhöhte Bereitschaft, die Schwarzen werden bereitgehalten gegen die deutschen Sklaven. Indessen beginnt da unten eine
Die fattsam befannten Generale Mangin, Gerard und Faholle find abberufen, und sowie der Versailler Vertrag in Kraft tritt, geht Die Gewalt an die interalliierte Rheinkommission über. Hoffen wir, daß sie aus Menschen bestehen wird.
Ueber den Abgang des Generals Mangin verbreitet Deuvre" eine Note, wonach die Maßnahme getroffen wurde, weil die leßten Verwaltungsmaßnahmen Mangins bewiesen hätten, daß er ein befferer Soldat als Diplomat fei. Sie hätten tatsäch lich in den Rheinlanden einen Widerhall gefunden, den die Regierung für wenig günstig für die Politif halte, die sie zu verfolgen gebente. Die Humanité" sagt zu der Abberufung Mangins: Darf man glauben, daß die Regierung, indem sie dem General Mangin sein Kommando entzog, seine lächerlichen Initiativen für die husarenstüdartige Proklamation der Wir können das Rhemischen Republik bat mißbilligen wollen, nicht glauben. Die Regierenden fahren mit ihrem verbrecherischen und wabnwißigen Feldzug zur Auseinander= reißung Deutschlands fort. E3 genügt ihnen nicht, Oesterreich Ungarn balfanisiert zu haben.
Selbst der" Temps" hatte tags zubor unter Hinweis auf die Mmigin, Pinot usw. Ueberwachung der Partei der Generale gefordert. Man erkennt, daß es mit der Peitsche nicht geht; will man es mit dem Zuderbrot versuchen oder wird man trotz der Denunziation des Hente( in der Nationalversammlung) demokratisch und vernünftig genug sein, die Verständigung und Aussöhnung mit dem deutschen Volke zu fördern?
& avas meldet aus Saarbrüden: Verdächtige Elemente versuchten am 30. September(?) abends unter Ausmuzung des Metallarbeiterausstandes Unruhen hervorzurufen. Eine Gruppe feldgrau gekleideter Leute, mit Revolvern bewaffnet, griff das Zentraltelegraphenamt an. Eine andere Bande organisierte die Plünderung von Läden, insbesondere von Lebensmittelgeschäften. Französische Truppen stellten die Ordnung wieder her, wobei ein französischer Solbat getötet wurde. Ein neuer Versuch, Unruhen zu stiften, scheiterte. Am 8. Oktober nahm der größte Teil der Ausständischen die Arbeit wieder auf, um nicht den Anschein zu ermeden, als ob sie mit den Aufrührern gemeinsame Sache machten. Das Kriegsgericht verurteilte einen von ihnen zum Tode und acht au 20 Jahren Zwangsarbeit.
Auch eine dunkle Sache!
Notschrei der Saarbevölkerung
Im Anschluß an die bereits gemeldeten leßten Unruhen im Saorrevier und die Verhängung des Belagerungszustandes hat ein Aufruf, der von Saarbrücken aus berbreitet wird und eine außerordentlich eindringliche Sprache redet, ganz besondere Bedutung. Der Aufruf hat folgenden Wortlaut:
Deutsche Brüber und Schwestern im unbefesten Gebiet Deutschlands !
Da alle unsere Bemühungen, unseren Wünschen und Forderungen bei der französischen Militärverwaltung des Saargebiets Geltung und Gehör zu verschaffen, an dem Widerstand und der Willkürherrschaft militärischer Zwischenstellen und Einzelpersonen gescheitert sind, wenden wir uns an Euch mit der bringenden Bitte, für unsere Wünsche an den maßgebenden Stellen einzutreten, um endlich von dem unerträglichen Joch franzöfifcher Militärbittatur befreit zu werSen. Das Bürgertum des Saargebiets ist völlig wehr- und machtlos der französischen Militärgewalt preisgegeben, da es
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nicht als festgeschlossene Organisation den franzöfifchen Uebergriffen gemeinsam entgegenstehen kann. In Erkenntnis dieser Schwäche des Saarbürgertums erlaubt sich die franzöfifche Militärbehörde fortgefest die brutalsten Uebergriffe gegen die ein zelnen Bürger, ohne daß diefen ein Mittel in die Hand gegeben ift, fich dagegen zu wehren. In Gemeinsamkeit mit allen Standes und Berufsorganisationen der Arbeiter, Angestellten und Beamtenschaft des Saargebiets erheben wir daher flammenden Protest gegen die Unterdrüdung unserer Wünsche, Forderungen und Beschwerden durch die Unterorgane der französischen Militärverwaltung und geben hiermit Euch und aller Welt unsere Klagen in Form folgender Forderungen bekannt, hoffend, daß es noch eine Gerechtigkeit in der Welt gibt, die uns gegen die So ist das Leben dieses seltenen Mannes von früher Nebergriffe und Vergewaltigungen des französischen Militaris- Jugend an ein Leben voller Tätigkeit gewesen, die von
Ein guter Mensch ist von uns gegangen, der besten einer.„ Edel sei der Mensch, hilfreich und gut" könnte man mit Fug einen Wahlspruch dieses Lebens nennen. Den Reichtum an irdischen Gütern, der Arons zuteil geworden, faßte er stets als eine ihm auferlegte Verpflichtung auf, ihn zu verwalten zum Segen möglichst vieler. Schon in den frühesten Knabenjahren empfand er den Umstand, einem begüterten Hause anzugehören, als besonderen Ansporn zur Pflichterfüllung und eifriger Arbeit, um zu zeigen, daß er aus eigener Kraft etwas leisten könne. In gleichem Sinne wirfte auf ihn die Zugehörigkeit zum Judentum, das ja noch unter blöder Verfolgungssucht zu leiden hat.
mus schützt:
1. Das Saarland ist deutsch und will deutsch bleiben; deshalb Anerkennung der deutschen Geseze und Bestimmungen und Wiederherstellung völlig freien Berkehrs mit
2. Ginsehung einer Boltsvertretung auf Grund des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts. 3. Einfegung eines provisorischen Regierungsausschusses für das Saargebiet.
4. Ausschaltung der Regierungsgewalt der
französischen Militärbehörden.
5. Rückgängigmachung aller erfolgten Ausweisungen; Wiederherstellung der freien Meinungsäußerung in Wort und Schrift, der vollen Versammlungs- und Pressefreiheit. Ausweisungen, Aufenthaltsbeschränkungen oder Maßregelungen irgendwelcher Art von Angehörigen des Deutschen Reiches haben in Zukunft unter allen Umständen zu unterbleiben, weshalb die deutsche Reichsverfassung Anwendung auch auf das Saargebiet zu
finden hat.
6. Sofortige Rüdführung aller Kolonial= truppen. Verminderung der Besagungstruppen auf eine friedensstarke Division und Unterbringung dieser wie aller übrigen militärischen Behörden in den reichlich zur Berfügung stehenden Kasernen und Verwaltungsgebäuden. Rückverlegung des deutschen Bezirkskommandos Saarbrüden von Sulzbach nach
Saarbrüden.
7. Sofortige Entfernung des franzöfifchen Polizei tommissars Simon aus dem Saargebiet und sämtlicher franzöfifcher Bolizeiorgane aus den deutschen Polizeiverwaltungen; Besetzung der offenen Polizeistellen nur mit deutschen Beamten.
8. Sofortige Ingültigkeitserklärung der Wahl des französischen Leutnants Favier zum Landrat des Kreises Saarlouis und Einsehung eines deutschen Landrates.
9. Aufhebung des Einflusses und der Bevorzugung elfaß lothringischer Verräter im Saargebiet.
10. Genehmigungszwang für die Niederlasung aller franzö fischen gewerblichen Unternehmungen, aller französischen Familien und Einzelpersonen durch die örtlichen bzw. Kreisverwaltungsbehörden mit rückwirkender Kraft.
11. Gofortige Aufhebung des Erlasses des Generals Mangin über die Grußpflicht gegen über französischen Fahnen usw. und beim Spielen der Nationalhymnen der Alliierten.
12. Sofortige Aufhebung der Berfügung über die 3 wangs. einquartierung franzöfifcher Offiziere und Familien in Wohnungen Einheimischer.
13. Ablegen aller französischen Abzeichen( Schleifen, Armbinden usw.) seitens französischer Zivipersonen; Berbot des Aufziehend französischer Fahnen auf nichtamtlichen Gebäuden.
14. Schus vor Nebergriffen französischer Behörden und Einzelpersonen, strengste Bestrafung aller Schuldigen und Rüdführung berselben nach Frankreich . Beröffent lichung der Namen dieser Personen unter Angabe der Schulddelitte und des Strafmaßes.
manchem schönen Erfolg gekrönt war. Schon auf der Schule wandte sich seine Neigung den Naturwissenschaften, besonders der Physik zu, der er sich später widmete. Seine wissenschaftlichen Leistungen zu würdigen ist bier nicht der Ort. Erinnert jei nur an seine Methode der Sichtbarmachung elettrischer Schwingungen in den Aronsschen Röhren, an die Quecksilberdampflampe, an den Farbenweiser, der Hunderttausend, ja Millionen von Farbennüancen zeigt und sie alle wirklich messen, zahlenmäßig bestimmen lebrt, so daß eine auf diese Weise festgelegte Farbe zu jeder Zeit und an jedem Orte wieder festgestellt werden kann.
Mit der Klarheit seiner wissenschaftlichen Erkenntnis verband sich eine hervorragende Gabe der Mitteilung und Darstellung, die ihn zu einem ganz besonders geeigneten Lehrer machte. Das wissen alle, die seine Vorlesungen an der Universität gehört, das wissen auch die zahlreichen Arbeiter, die in den neunziger Jahren an seinem Unterricht in der Arbeiterbildungsschule teilgenommen haben.
Und diesen ausgezeichneten Lehrer und hervorragenden Forscher, den die philosophische Fakultät der Berliner Universität mehrfach für eine Professur in Aussicht genommen hatte, konnte die alte Regierung in Preußen nicht ertragen. Weil die Fakultät ihr nicht den Willen tat, ihn zu entfernen, ließ sie von dem willfährigen Dreitlassenparla ment ein Gesetz bewilligen, das ihr allein diese Macht gab. Heuchlerisch wurde das Gesez ein Gesetz zum Schuße der Privatdozenten genannt; angewandt wurde es nur ein ein- 3ige 3 Mal, nämlich zu den Zwecke, zu dem es erlaffen war, zur Entfernung des Privatdozenten Aron, dessen physikalische Vorlesungen an der Universität die Wilhelminische Regierung nicht zulassen zu fönnen meinte, weil er der sozialdemokratischen Partei angehörte und aus dieser Gesinnung niemals ein Hebl machte. Die glänzende Rechtfertigung seines Verhaltens und die kraftvolle Verurteilung der Zumutung der Regierung, die ihm erlauben wollte, eine sozialdemokratische Gesinnung zu haben, sie aber nicht zu betätigen enthalten in den Aktenstücken zum Disziplinarverfahren Arons , Berlin , Georg Reimer , ist für jeden unbefangenen Lejer ein geradezu ästhetischer Genuß.
Aus Arons ' vielseitigem Wirken in der Arbeiter bewegung beben wir seine Bemühungen um die Schule hervor, der seine ganz besondere Sorge galt. Mit schonungsloser Kritik dedte er die Halbbeit des Liberalismus auf, der in der Zeit seiner stärksten Entfaltung in den siebziger Jahren die Schule den Funfern und der Kirche preisgegeben und sein eigenes Brogramm schmählich verraten hatte. Arons ' verschiedene Aufsäße über Schule und Sozialdemokratie in den Sozialistischen Monatsheften" zeigen deutlich die inneren Gründe der Rückständigkeit unseres Volksschulwesens und enthalten so zugleich eine ernste Mahnung für unsere Genossen, die heute an der Ausgestaltung unseres Schulwesens mitzuarbeiten berufen sind.
Ganz besonderes Verständnis und ernste Liebe brachte 15. Sofortige Aufklärung der Morde an der Stuben. Arons der Gewerkschaftsbewegung entgegen. Er in Schur und dem Architekten Lennis in Saarbrücken , Nen- war eben nicht liberaler Demokrat, sondern Sozialist, für nung der Schuldigen und Aburteilung nach dem geltenden Gefet. den eine politische Befreiung der Volksmassen ja nicht denk16. Schaffung billiger Lebensmittel, strengste Be- bar ist ohne gleichzeitigen wirtschaftlichen Aufstieg. Ein strafung aller Wucherer und Schieber, Festsetzung von Höchst schönes Denkmal seines Wirtens auf diesem Gebiet bildet preisen und Verbot des Einmischens franzöfifcher Behörden in das Berliner Gewerkschaftsbaus, das recht die Bewirtschaftung der vom Deutschen Reich gelieferten Lebens- eigentlich als eine persönliche Schöpfimg von Leo Arons bezeichnet werden darf.
mittel.
17. Ausreichende Bersorgung mit Rohlen.
18. Aufhebung der willkürlichen Festsegung des Reichsmartfurfes; Regelung der Geldverhältnisse entsprechend der Verhältnisse im Saargebiet.
Auch für das Genossenschaftswesen wirfte er unermüdlich, schon zu einer Zeit, in der die Masse der Ber liner Parteigenossen diesem Zweig der Arbeiterbewegung nicht nur gleichgültig, sondern geradezu feindselig gegenDas find unsere Forderungen, die den bürgerlichen und mo- überstand. Aber wo es galt, etwas für richtig Erkanntes ralischen Rechten aller Völker auf Erden entsprechen, die anzu durchzusehen, da kannte Arons fein Ermatten gegen noch so tasten keinem Erdgeborenen zusteht. Wir bitten Euch, macht sie unüberwindlich scheinende Widerstände. Das zeigte auch der zu den Euren! Und Ihr, die Ihr die Freiheit habt, laut vor aller Welt zu sprechen, tragt sie auch den Völkern aller Länder aller Welt zu sprechen, tragt sie auch den Bölkern aller Länder zu, wo die Freiheit und das Menschenrecht herrscht.
Die Verhältnisse im Saargebiet haben sich zu einem Standal ausgewachsen, der das Ansehen der Regierung der grande nation" faum erhöhen wird.
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ähe Kampf, den er für die Beteiligung an den preußischen Landtagswahlen führte, dessen Fruchtbarkeit und großen Wert für die Entwicklung der Arbeiterschaft heute wohl niemand mehr in Zweifel zieht.
Im Weltkrieg bewahrte er sich von Anfang an ein Flares Urteil. Sein Ausbruch überraschte ihn in der Schiveis,