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hergostellt ist, unter Zusatz' von 10 oder 12 Botznen eHten Kaffees. In den meisten Cafes wird es nicht anders macht, wenn man dort auch die TasseMokka" mit 1,30 M. berechnet. Ganz ähnlich steht es mit dem Kakao. Dieser gilt de- kenntlich schon längst nicht mehr als blotzcS Genußmitte!, obwohl bekannt ist, daß er nur einen relativen Nährwert bat. Er hat die Eigenschaften der wohlschmeckenden Ve- kömmlichkeit und der Beförderung des Verdauungsprozesses. Die Hausfrauen fragen, was sie z. B. abends den Kindern und den Kranken vorsetzen sollen. Da sei der Kakao eine - wohltätige Hilfe. Die verständige HauSfrau, die Volkswirt- schaftlichen Mahnungen zugänglich �ist, weiß sich auch hier zu bellen, indem sie nicht reinen Kakao gibt, sondern diesen mit Weizenmehl oder noch besserMorgentrank" zu gleichen Teilen(und einer Prise SaZlz zum Mehl) mischt. Das gibt - ein nicht zu teures, wohlschmeckendes und zugleich nahrhaftes Getränk, das gern genommen wird,.und das teure Pfund Kakao wird dadurch sorgsam gestreckt. Bei allen anderen Artikeln aber muß der LuxuSbegriff voll erfaßt werden. Hier'muß seine volkswirtschaftliche Schadenssite erkannt werden. Hier muß der sinnlose Trieb des Menschen gezügelt werden. Hier muß die Willens- kraft, die Charakterstärke des einzelnen zum Durchbruch ge- bracht werden. Kaufen wir weiter wahllos und skrupellos, ..was durch das verhängnisvolle Loch im Westen nur herein- kommen kann, dann bleibt es dabei: Wir kaufen uns t o tl Wir begehen einen schleickzenden wirtschaftlichen Selbst- mord, wie der Opiumrancher, der Morphinist sich allmäh- lich, olW sicher und total zugrunde richtet. Geht daher sorgsam und sparsam um mit der Ausgabe der Bapiermark für Luxuswaren, damit wir mit der dann im.Kurse wwder steigenden Papicrmark um so mehr Fleisch, Fett und Milch vom Ausland für die hungernden und dar- J Bolksgenossen hereinholen können! ogramm öer Deutsthen Volkspartei. c Leipzig «? Parteitag der Deutschen Volkspartei hat ein- «in Programck beschloffen, da» in erster Linie die erHerstellung der schwarz-weitz-roten RsichZfarben und die Wiederaufrichtung de» Kaisertum» der- langt. In seinem begründeten Referat führte aus, daß die Partei kein« Gegenrevolution wolle, sonverA die Erfüllung de» monarchischen Ziel» von einer Umwandlung der ehrlichen VolklüSerzeugung" erhoffe. Die» wird auch in dem Programm ausgedrückt, welche» die Wiederaufrichtung de» Kaiser- tum»»durch freien Entschluß de» Volke» aus gesetzmäßigem Wege" lorfcert. Wieweit dem im Notsall mit Gewalt nachgehofen wer- den soll, wird nicht gesagt. Da» monarchisch« Programm, zu dem sich die Deutsch « Volk»» Partei jetzt bekennt bei den Januarwahlen Wlg hatte man e» few vorsichtig in der Tasche behalten> erfährt immerhin «ine beachtenswerte Einschränkung. Wie Professor Kahl ausführt«, erstrebt die Partei nicht eine Wiederherstellung der monarchistischen Kleinstaaten. Die Wcltgeschichie habe hier einen Schnitt gemacht. Die Wiederkehr dieser Monarchen sei nicht mög- lich, so schmerzlich diese Erkenntnis auch sein möge. Gewiß hätten die klcinstaailichen Fürstenhäuser ihre Nxsidenzen zu Kulturzentren gemacht, aber in dem Verhältnis zwischen Fürsten und Volk könne nicht all«» in Ordnung gewesen sein, so wäre der Abschied nicht so kurz gewesen. Sehr richtig aber wieso trifft da» nicht genau so auf die Person de» deutschen Kaiser» zu? War hier der Abschied etwa länger?! Im weiteren fordert da» Programm der deutschen Volkspartei . aaf der Grundlage nationaler Staatsgesinnung die Vertiefung und Aussöhnung der liberalen und sozialen Gedanken. Tee nationalliberale Abstammung der Partei tritt in diesem Phrasenschwulst deutlich zutage. In. der bu-rdeSstaatlichen Frag« wird der deutsch « Einheit» st aat� g. fordert mit weitgehender Selbstverwaltung und Sicherung der i Eigenart der einzelnen gcschichtlich-kulturell und wirtschaftlich zu- c,-/' hängenden Landschaften. Solange sich aber nicht alle!

deutschen Länder gleichmäßig in den MncheisSstmck eknfiigen, widersetzt sich die Partei jedem Versuch einer Zertrümme- rung Preußen». Der einzig« Programmpunkt, der noch einen stärkeren Einfluß de» S. November erkennen läßt, ist die Forderung doller politischer Gleichberechtigung aller Staatsbürger. In der Schulfrage forderte der Referent Dr. BAik die nationale Einheitsschule, aber gleichzeitig Beibehaltung der Kon- f e s s i o n s s ch u.l e. Er war besonder» stolz darauf, daß nicht nur die Deuischnationale, sondern auch die Deutsch « Volkipartei Hüterin de» frommen Kirchenglauben» ist. Im ganzen bestätigt da» Programm den überwiegend r«oktio- nären Charakter des ganzen Parteigebilde». ZDo öle Agrarier herrschen... Voll Zeit zu Zeit muß man feststellen, daß eS immer noch Schlupfwinkel der Reaktion gibt, in welche die Revolution nickt mit der genügenden Helligkeit hineingeleuchtet hat. Naturlich sind es immer diejenigen Kreise, die sich früher so gern als die staatserhaltenden bezeichnet haben, die heute alles tun, um den Angehörigen des Staates das Leben möglichst zu erschweren, indem sie ihr altes Ausbeutung?- s y st e m in vollem Umfange fortsetzen, so, als ob gar nichts geschehen wäre. Folgende Zuschrift eines Lesers dürfte ge- eignet sein, derartige empörende Vorkommnisse grell zu be- leuchten und hoffentlich so schnell wie möglich zu beseitigen. .In Berlin besteht da» allbekannte Kred tt inst i tut. die kur» und neumärkische Ritterschaftsdirektion, WilbelmS- platz 7. ES war schon früber gut fundiert und hat im Kriege, wie die meisten agrarischen Unternehmungen, schweren Reich» tum erworben. Nur die Angestellten spüren von diesem Ueberfluß wenig. Die weiblichen Angestellten beziehen vielfach ein Monatseinkommen, da» noch nicht die Hälft« dessen erreicht, wa« in ähnlichen Betrieben durchschnittlich gezahlt wird. Rur besonder» Begnadete mit mehrjähriger Dienstzeit erhalten Ge- hälter von 200 M. und eine Kleinigkeit mehr. Die meisten, ob tüchtig, oder untüchtig, müssen fich mit er- heblich geringeren Beträgen IKki bi» 17ö M. begnügen. Im vorigen Jahr« erhielten Einzeln« von ihnen eine laufende Teuerungszulage von 2,60 M. monatlich. Da» Glück der hiermit Beschenkten kann man stch vorstellen. Al« ein­malige Teuerungszulage erhielten verschiedene weibliche Ange- stellte einmal 100 M., wozu jetzt endlich 800 M. kamen. Aber die Gehälter bleiben niedrig. Der Chef de» Unternehmen», die schwerreiche Exzellenz 3». Buch, kennt die Leute gar nicht und will sie auch nicht sehen, und die Bureauleiter, die selbstverständlich besser bezahlt werden, bekunden kein genügende» Interesse für ihr Personal. Von einem Bureauleiter stammt die von tiefer sozialer Einsicht zeugende Aeußerung, er stelle vorzugsweise Töchter besserer Familien ein, die nicht lediglich auf da» Gehalt angewiesen seien. Die Wirksamkeit de» Angrstelltenausschuss«» ist dadurch in seiner Tätigkeit lahmgelegt, daß stch pensionsberechtigte Beamte unzulässiger Weise haben mit hineinwählen lassen, darunter auch der Herr Bureauvorsteher, der natürlich nur die Interessen der Direktion wahrnimmt. E» bleibt also alle» beim alten, ganz wie e» iin Sinne de» Herrn v. B u ch liegt, der für da» alte Regime schwärmt, und dessen wirlschaslliche Ideale sich auf stark« Belastung und schwache Bezahlung der Angestellten beschränlen." Wir hob sn diesem Beschwerdeschreiben in seiner ganzen Ausführlichkeit Raum gegeben, weil wir hoffen, daß schon dieser Hinweis aus die unerhörten Zustände in dem feudalen Hause zur Abstellung genügen dürfte. ES muß hier schleu­nigst etwas geschehen, um die dort beschäftigten Frauen und Mädchen vor weiterer Ausbeutung zu schützen. Auch diese Herren müssen mit der Zeit einsehen, daß eS feit der Re> volutioa mit der Autokratie vorüber ist und daß sich die Angestellten das Mitbestimmungsrecht erkämpft haben, daS sie sich auch durch halsstarrige nnd bösartige Exzellenzen nehmen zu lassen keineswegs gewillt sind.

Schkn gesagt. Der Treubundtag, über dessen erhebenden Verlaus wir schon in der SonnabendabendauSgab« eine kurze Uebersicht gaben qal inzw fchen seine Slilübungen forlgesetzt, und wir können nur' lonstalicren, daß die Sprache an Schwung und Kraft wesentlich zu- genommen hat; ob da» auf die Wein Vorräte des Espla- nade-Hotel» oder auf innere Erhebung zurückzuführen ist. lassen wir dahingestellt. Daß die Herren eine Monarchie wiederhaben wollen, ist Ansichtssache, daß sie gerade nach den Hohenzollera schreien, ist ein vewei», daß sie nichts Besseres gewöhnt find und auch nichts Besseres verdienen. Den Schlußtart der Sitzung jedoch wollen wir unseren Lesern seiner schönen Sprache wegen nicht vorenthalten: Nach Ermahnungen an da» deutsche Volk, stark zu sein, erfolgt« der pathetische Ausspruch:.Aus daß daS Morgenrot der neuen Freiheit sich vermähle mit dem alten Glänze der deutschen Kaiserkrone I" Wir müssen schon heute mit Bestimmt» heit erklären, daß wir eine Einladung zu der beabsichtigten Der« mählung entschieden ablehnen werden. D!e§rauen für öie Reaktion. Wa» die Reatlion dem von der Revolution gebrachten Frauen« stimmrecht verdankt, dafür liefern die Wahlen in Köln nun schon . zum dritten Male in diesem Jahre den Beweis. Im heiligen Köln ' gehen nämlich Männlein und Weiblein in getrennte Wahllokole, so daß genau festzustellen ist, wie Männer und Frauen gestimmt haben. ES wählten Männer Frauen da» Zentrum.... S4000 61 269 die Mehrbei'Siozialisten 47 074 29 026 die Unabhängigen.. V484 4 026 die Demokralen... 7 639 6 339 die Deutsche Volkspartei 6 409 4 934 die Deulschn. BolkSpartel 1 908 2 219 Ohne Frauenstimmrecht würden erhalten tzaben die Mehr« heitSiozialisten 61 Sitz« statt 48, da» Zentrum 87 statt 49, die U. S. P. 9 statt 7. Da« Zentrum, da» fich bi» zuletzt gegen da» Frauenwahlrecht gewehrt hat, würde ohne die Frauenstimmen selbst in seiner Kölner Hochburg eine hoffnungslose Minderheit sein. Außer dem Zentrum hatten nur die Deutschnalionalen mehr Frauen- al» Männerstimmen. Hier ist der Einfluß evangelischer Geistlichen bemerlbar, wie dort der natürlich viel größer« der kathalischen Priester. Kirchliche Beeinflussung ist also im Rheinland und sicher auch in weiten anderen deutschen Gebieten für die poUiiscfie Ab­stimmung der Frauen entscheidend. Darauf hat sich auch unsere Agitation einzustellen._ Schulöebatten. Im preußischen HauShaltSauSsctuß teilte ein RegiernngS- vertreier mit, daß die in Essen angestellte Untersuchung zu einer voll- ständigen Reckiserligung der vom Zentrum hcflig angegriffenen sozialdemokratischen Oberlehrer Dr. Jakob» und Dr. Siemsen ge- führt habe. Der ZentrumSobg. Dr. Heß ging ausführlich auf die altbeliebte Parimissrage ein und griff dabei den Kultusminister ausS heftigste an. Dessen beide letzten Aussätze im.Vorwärts' seien in der Form und in der Sache eine große R ü ck s i ch t e- l o s i'g k e r t, die sich länger gefallen zu lassen dem Zentrum seine Parteiehre verbiete. Haenisch sei innerlich genau derselbe wie Adolf Hofflnann, nur durch seine unvergleichliche LiebenS- Würdigkeit doppelt gekährlich. Die Abgg. Cassel(Dem.) und Heilmann(Sozi) sprachen gegen Heß. Sie wiesen insbesondere darauf bin. daß die Reich»- Verfassung die Frag« nach dem Bekenntnis ausschließe, und daß da- nach religiöse Parität« schmerzen unmöglich noch vor- gebracht werden könnten. E» könne sich böchstens darum bandeln, bei den politischen Stellen da» Zentrum als Partei genügend zu berücksichtigen. Auch der K u i t u« m i n i st e r wies die Kritrk Heß' al» unberechtigt zurück. Er habe stch stet» bemüht, den An- ichauungen und Interessen der katholischen VoikSieile gereckt zu werden. Abet seibstverständlich gebe es auch für ihn eine poiitüche UeberzeugungSgrenze. die er nicht überschreiten könne. Der Paria- mentarisch« Unlerstaatssekretär Wildermann(Z.) bestätigte dem Minister sein Entgegenkommen gegenüber allen berechliaten Wünschen, doch seien auch nach seiner Ueberzeugung die Katholiken im Ministerium nicht stark genug vertreten.

Der letzte fiugenbllck. Von Han» Wesemanm Ter Morgen war kalt und hell. Im Lichte der Frühsonne er- glänzten die Dächer der großen Strafanstalt. Der viereckig« Hof lag noch im Schatten, er war auf zwei Seiten von hohen Mauern eingefaßt, die jeden Blick in» Frei« verwehrten. Auf den anderen beiden Seiten lagen zwei Gebäude, von denen da» eine einen Uhr» türm trug. Die zahlreichen vergitterten Fenster waren abgeblendet. Durch zwei große Tore führte der Weg in» Freie, Ein leichter Wind hatte sich aufgemacht und drehte die Wetter- stchne auf dem Turme. Der Posten zog gähnend den Kops ein und sah nach dem Tore. In der Ferne schlug langsam«in« Uhr drei- viertel Sech». In diesem Augenblicke wurde da» eine Tor geöffnet,«In« Ab- teilung Soldaten trat au» dem Torwege auf den Hof. Sie waren im Helm und trugen die Flirrten geschultert, ein Offizier mit einem Ordensband auf der Brust führte sie. In ihrer Mitte ging ein einzelner Mann ohne Hut im grauen Anzug«. Wie ein weißer Fleck schimmerte sein blasse» Gesicht zwischen dem stumpfen Grau ihrer Helm«. Mit einem Blick übersah er alle». Den kahlen Hof, die hoff. nung»los«n Mauern, den hohen Turm und den kleinen gelben Sandfleck an der Mauer gerade ihm gegenüber. Und ein würgen- der Ekel stieg in ihm hoch; er fühlte plötzlich, wie seine Hände ei»- kalt wurden und sein Herz wie rasend zu klopfen begann. Wie irr stierte er auf den Nacken eines der Soldaten vor ihm und sah in seinem gleichmäßigen Schritt« den glänzenden Flintenlauff auf- und niederschwanken. Eine entsetzliche, trostlose Traurigkeit überkam ikrn. Ihn; war, al» ob die gegenüberliegende Wand ihm entgegenflöge, während er selber feststände. Bislang war ihm alle» fast unwirklich vor- gekommen, der blutige Aufftand, das Gericht, feine Verurteilung und Haft. All dieser rasende Wechsel von furchtbarster Verzweif- lung und Sichanklammern an irgendeine letzte Hoffnung lieh doch schließlich noch irgendeine Möglichkeit zu leben übrig. Nur leben wollte er jetzt, alle» andere war ein Nicht», war nutzlo» und un- sinnig. Wie an längst verlorene Seligkelten dachte er plötzlich an seine Zelle, er wollte aufbrüllen vor Entsetzen, ober die Stimm« der- sagte ihm. Er mußte gehen. Unaufhörlich und unendlich. Und immer sah er vor sich den mattblinkenden Flintenlauf auf- und niederschaukeln. Seine Gedanken verwirrten sich. Ihm war, al» wären schon Ewigkeiten vergangen, seit man ihn au» seiner Zelle geholt hatte, Bilder au» seinem früheren Leben kamen, er sah längst vergessene Gesichter austauchen, mußte an die nebensächlich-

sten Dinge denken und versuchte vergeben», in verzweifelter Angst, sich an etwa» sehr Wichtige» zu erinnern. Plötzlich«in kurze» Kommando. Der Zug Kelt . Gr begriff nicht. Sollte eS schon zu Ende sein? Die Reihe vor ihm öffnete sich, zwei Soldaten faßten ihn unter die Arm« und ffchrten ihn vorwärts auf die Mauer zu, die vielleicht zehn Schritt entfernt ltzar. Er ging in dumpfem Entsetzen, er spürte beim Gehen den Boden nicht und hatte da» Gefühl, al» ob er in stürmischer Geschwindigkeit flöge. Und dann waren sie schon da und drehten ihn mit dem Rücken gegen die Wand. Ein« Binde hatte er schon gestern abgelehnt. Tr sah die beiden zurückgehen, er wollte sie zurückrufen, ihnen nach- stürzen, er stand wi« fest gewachsen, sein« Lippen bewegten sich krampfhaft, dicke Schweißtropfen perlten auf seiner Stirn. Die Soldaten standen in einer Reihe, da» Gewehr bei Fuß, der Offi- zier am rechten Flügel, den Degen in der Faust. Mit schärfster Deutlichkeit sah er jede Einzelheit der Gesichter, er unterschied jeden Knopf, und dann durchfuhr ihn plötzlich der Gedanke an die Gewehren Er sah schon die schwarzen Löcher auf sich gerichtet unö spürt« einen stechenden Schmerz, wi« er sich seinen zerfetzten Kör- per vorstellte. Er empfand nur noch ein furchtbare» Grauen und einen wilden Drang zu leben, zu leben um jeden Prei». Nur heut«, nur noch ein« Stund« wollt« er leben, dann wollte er gern sterben. Aber nicht jetzt. Alle», wa» er sah, war so wertvoll, so schön, weil es lebte; di« Sonne, die kümmerlichen Sperlinge, die sich im Hofe balgten; er mußte erst Abschied nehmen, er hatte daS alle» nie gesehen. ES sauste ihm in den Ohren und doch hörte er deutlich jetzt den Anwalt die Bestätigung de» Urteil» verlesen. E» war eine gleichgültig«, eintönige Stimme. Aber ihm war e», al» braus« ganz in seiner Nähe ein lauter Wasserfall, der mit unerträglichem Dröhnen jeden Laut erstickte. Er ertrug e» nicht mehr, er mußte heulen und schreien, oder die Brust wäre ihm zersprungen. Er hielt den Mund weit offen, abe kein Laut war zu hören. Da» Rauschen de» Strome» übertönte alle». Seine Augen umfaßten mit verzehrender Gier alle Gegenstände, die kahlen Mauern, di« Pflastersteine de» Hofe», da» Stück Himmel, da» er sehen konnte. Und plötzlich blieb sein Blick auf einer Daumkrone haften, die um ein kleine» Stück die eine Mauer überragte. E» war ein J3aum, der m dem anliegenden Gefängnisgarten stand. Daran klammerte er sich. Er sah nur noch den Baum; alle» andere verschwand. Der Wind bewegte leise die. dünnen Zweige mit ihren kümmerlichen Blättern. Er mußte unaufhör- lich sehen; die verzehrende Angst verschwand. Eine große«rwar- tungSvolle Ruhe überkam ihn. DaS unerträgliche Dröhnen der- klang, ein leichte? Klingen summte ihm in den Ohren. Und Plötz» j lich war alle? verändert, er sah den großen Wald, in dem er al»

Kind so viel herumgetollt war, er erkannt« jeden Baum jetzt, er lächelt« im Erinnern. Die Musik tönte jetzt ganz leise. Er hörte sie kaum noch. Jetzt verstummt« sie ganz. Der Leutnant hatte da» Zeichen mit- dem Säbel gegeben. Ein rauschender Donner. Ein funkelnder Blitz. Er fiel nach vorn über, sein Körper hatte sechs Treffer. Es ist doch seltsam, erzählte am Abend der Leutnant im Ka- sino, der Kerl heute morgen lächelt« ganz vergnügt, al» e» knallte« wahrscheinlich war er vor Angst schon übergeschnappt."

Ein neuer Strindberg-Film. StrindbergS. scharfe Ehesatire Kameraden" ist nun auch, ebenso wieRausch", verfilmt worden. Erfolg: viele banale und wenige gute Szenen.. Da» Ganze ein mittelmäßige» Kinostück, in dem vom Geist StrindbergS nicht mehr viel zu spüren ist. Alfred Abel war als Maler Axel auch im Film ausgezeichnet und der Retter vor mimischer Langeweile. Harriet Bosse , StrindbergS letzte Frau, alz große Attraktion de» Film» angekündigt, war recht gut, beherrscht und sparsam, lebensvoll in der Bewegung, konnte aber den Film auch nicht in höhere Re- gionen hhben. Alle» in ollem: eine ziemlich gieichgnltig« Affäre, die nur wieder beweist, daß mit den Verfilmungen wahrer Dichter auch keineKunst fürs Volk" geboten wird. M. P. Technisch« Erfindungen von Frauen. Mehr und mehr verliert die Ansicht, daß das weite Reick sder Erfindungen ein ausschließlich der männlichen Welt vorbebalteneS Gebiet sei, an Boden. Ohne daß man da» Beispiel der berühmten Frau Curie heranzicben müßte, genügt e» wohl, annisllbren. daß ollein in England und nur im laufenden Jabre 250 kleine Erfindungen von Frauen beim öritiichen Patentamt angemeldet worden sind, um die steigende Be- deutung der Frau al» Erfinderin zu veranschaulichen. Auch schon während de» Krieges gefaßten fich Frauen mit Erfindungen, von denen zwei großen Wert erlangt haben. Herta Hyrlon erfand eine Vorrichtung, um erstickende Gase zu vertreiben, und Ernestine Hart eriand ein von der Admiralität, dem KrieaSamt und den Eisenbahn - gesellichaften Großbritanien erworbenes Verfahren, Keweb» so zu imprägnieren, daß sie keinerlei Flüsfigkeiten mehr durchlafien. Professor Vrirger, Direktor der Berliner NniversiiätSnnstalt für Wasscrheilverfahren. ist, 70 Jnlr« alt, gestorben. Er hat um die Einführung der Wasserheilfaßtoren in den wissenschaftlichen Lehrbetrieb fich verdient gemacht und ÄS Schülor Koch» auch in der Bakteriologie sich bcrvorgetan. Ein neuer Sndermann nurrde im Neuen Schauspielhau» in Königsberg mit gutem Erfolge erprobt. Er heißtDie Rasch. hoff»" und arbeitet mit starker, romanhafter Handlung, wie wir s« bei Sudermann gewohnt sind. Vorträge. Am Mittwoch, 8 Ubr. bZIt in der Urania in der Reihe der) Grlchrtenvorträge Professor Dr. Zell einen Vortrag über«Vererbung beim Me nilben". Prot. Paul Schübling hält Im Echillersaal Cbarloltenburg DienSlag. nachmittag», Ubr, seinen zweiten vertrag über Krünewald« Jsenheimer Altar. Deutscher VolkSton und Valladeo beißt der zweite Dichierabend des KünttlerpaarcS v r a n d t- L a e o b y, der am 22. Ottober, abd». 7'<,Uhr, im Metstersaal stattsindet.