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Nr.561. 36.Jahrg.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutfchlands

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3.

werniprecher: Amt Morinvlas, Nr. 15190-15197.

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Sonntag, den 2. November 1919.

Vorwärts- Verlag 6.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morisplay, Nr. 117 53-54.

Heraus aus dem Baltikum  !

Vliegen über Deutschland  .

Genosse Vliegen, der neuerdings Deutschland   besucht hat, gibt im holländischen Parteiorgan Het Volt" eine aus führliche Darstellung seiner Eindrücke. Da Bliegen ein guter Stenner der deutschen   Parteiverhältnisse ist und sich einer großen Objektivität befleißigt, werden manche seiner Aus­führungen auch bei uns Interesse finden. Er sagt:

Das deutiche Voit hat sein Gleichgewicht berloren. Es fieht keinen Ausweg und in seiner über großen Masse bat es den Geisteszustand jemar.des an­genommen, der denkt: es ist nun doch alles zum Teufel, tomme was will, aber lag mich selbst möglichst in Ruhe. E3

Letzte Mahnung.

Die Reichsregierung hat an die Truppen im Baltikum, welche fich weigern, bem Befehl zur Rüdlehr Folge zu leisten, folgende legte Mahnung gefandt:

Ein leztes Wort der Reichsregierung an die Truppen im Bal­tikum:

Die Reichsregierung hat gegen die noch im Baltikum stehenden Truppen, die sich bis heute weigern, das fremde Land zu räumen, notgcbrungen die fchärften Mahnahmen ausgesprochen. Jeber, der nicht am 11. November die deutsche   Grenze überschritten hat, wird als fabnenflüchtig und seiner deutschen   Staats­angehörigkeit für verlustig erklärt.

Das ist eine Lüge! Es gibt nur eine einzige Bolitik der Reidsregierung in den Oftfragen und die heißt: eraus aus dem Baltikum  ! Alles andere ficht sie als eine verbrede. rische Abenteurerpolitit an, die jest schon das ganze deutsche   Volk in die schlimmsten Bedrohnisse geführt hat und brauf

beizubefchwören.

Augenblid ist näher als sie glauben, wo sie in dem schweren nor dischen Winter ohne Zufuhren an Munition, ohne Verbandszeug der Wut der erbitterten Völker jener Länder hilflos ausgesetzt sein werden.

Noch einmal, che das Schlimmste kommt: eraus aus dem Baltikum  ! Zurück in die Heimat! Bauer. Schiffer. Bell. David. Erzberger. Geßler. Giesberts. Koch. Dr. Meier. Müller. Noste. Schlice. Schmidt. Im Einklang mit diesem Aufruf hat der Oberbefehlshaber No8te für den Landespolizeibezirk Berlin  , den Stadtkreis Spandau  , die Landkreise Teltow   und Niederbarnim folgendes vers

prdnet:

Jede Unterstüßung der im Baltikum   befindlichen Regierungen und Truppen, insbesondere durch Anwerbung, Lieferung von Material, Waffen und Lebensmitteln, sowie durch Propagan. da ist verboten. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft, soweit nach den bestehenden Gesegen nicht eine höhere Strafe in Betracht kommt."

Nach einer Meldung aus Niga haben Polen  , gettland und 2itauen ein Abkommen über die Bekämpfung der Truppen bes Generals Bermondt   abgeschlossen. Ein Vertrag zwischen Lette land und Estland   kam nicht zustande.

Schweizer   Proteft gegen Blockierung Rußlands  . Aus Lörrach   wird uns gedrahtet:

Auf das Protestschreiben des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat der Ausschuß des Schweizer   Gewerkschaftsbun­bes beschloffen, beim Bundesrat dahingehend vorstellig zu werden, baß beutfchen Wehrmännern bei ihrer Einreise nach der Educis teine Schwierigteiten in den Weg gelegt werden.

Die Reichsregierung weiß, daß die verwerflichen 3rre ift nicht ausschließlich eine führungen angewandt worden sind, um die Truppen im Balti Frage von Essen   und Leben; ich möchte beinahe sagen: es ist fum von der Heimkehr abzuhalten und um weitere Heeresangehö­nicht in der Hauptsache die Magenfrage. Menschen und rige herbeizuloden. Man hat ihnen gefagt, die Reichsregierung Klassen, die materiell genügend versorgt sind, sind wenigstens müsse ja unter dem Druck der Forderungen der Entente sich den ebenio unlogisch gegen alles und gegen alle giftig, wie der Anschein geben, als arbeite fie mit allen Mitteln auf eine Räu ärmite Proletarier. Es herrscht ein Geist der Fe in dschaft mung Lettlands   und Litauens   hin, im Grunde aber sei fie mit bon allen gegen alle. Hier went der Wind des dem Vorgehen, wie es die Eiserne Division und ähnliche Ber­Bürgerhasses, der zum Bürgerkrieg führen muß, wenn bände betreiben, vollkommen einverstanden. die Dinge nicht unfehren und das Vertrauen in die Zukunft nicht wieder fommit. Unter diesen Umständen ist eine ft arte Regierung erforderlich, die weiß, was sie will, und ge ftügt auf das Vertrauen der Masse oder wenigstens einer großen Masse, heilend eingreift. Aber eine starfe Regierung fommt nicht nicht dadurch zustande, daß einige tüchtige Sterle das Ruder in die Hand nehmen. und dran ift, weitere unendliche Schwierigkeiten und Gefahren her­Dazu ist auch eine bestimmte Gesinnung im Volfe not­Deshalb hat fie an den legten unerbittlichsten Mitteln gegrif­wendig. Dies muß nicht allein das Vertrauen haben, daß die Personen gut ausgewählt find; es muß auch den Glauben fen, um bie Jrregeführten und Berleiteten in le& ter Stunde haben an die Vöglichkeit, daß die Wienge in Ordnung zuur Befinnung zu bringen: indem fie jeden für fahnenflüch bringen ist. Es ist aber, als ob gar kein Voit mehr vorhanden teit für verluftig erklärt, der nicht spätestens bis zum 11. November tig und in fürzestem Verfahren seiner deutschen   Staatsangehörig Ferner beschloß der Ausschuß des Schweizer   Gewerkschafts­märe. Es gibt nur noch Individuen, die ausschließlich nur bundes eine Protestkundgebung gegen die Hunger noch an sich felbst denten. Es herrscht ein Minimum von Ge- auf deutschen   Boden zurückgekehrt ist. Das bedeutet, daß jeder, der die Rückkehr verweigert, feiner blod abe Sowjetrußlands. Die Schweizer   Delegierten meinschaftsfinn und ein Marimum von Selbstsucht. Es ver­steht sich von selbst, daß diejenigen, die die Mittel besigen, fämtlichen Versorgungsansprüche in Deutschland   ver- follen vor der Washingtoner Konferenz den Protest begründen. Das vom Schweizer   Volkswirtschaftsdepartement verlangte um sich andere ökonomisch zu unterwerfen, diesen Zustand luftig geht. Er bekommt weder militärische Bezüge irgendwelcher aufs beste ausnuten fönnen und das auch nach Sträften tun. Art, noch Invaliden, noch Altersrente und er hat keine Ansprüche Gutachten über die Gewinnbeteiligung der Arbeiter. Dagegen gäbe es nur ein Rettungsmittel: eine auf Unterstügung, wenn er verwundet oder frank wird. Wenn er fchaft wurde auf Antrag aller Zentralverbände ablehnend gefchloffen auftretende Arbeitertlaffe, die nach Deutschland   zurückkehren will, gilt er als Landfremder befchieden. Die Anfrage des Schweizer   Bundesrates über die thre ökonomische und politische Macht gebraucht und die ge- und wird wegen Fahnenflucht bestraft. Im Ausland ist Wiedereröffnung des internationalen Telephonverkehrs wurde von Eine Antwort fellichaftliche Organisation und die nationale Wiederherstellung er ben Maßnahmen der fremden Regierung preisgegeben, ohne daß| Frankreich   und Italien   bejahend beantwortet. in die Hand nehme. eine Regierung sich seiner annimmt. Auch feine jezige oder zu Deutschlands   und Desterreichs liegt noch nicht vor. Aber die geschlossene Arbeiterklasse ist nicht vorfünftige Frau und Kinder find feine Deutschen   mehr oder handen. Der Geist der Anarchie geht auch unter werden es nicht; auch fie verlieren den Anspruch auf irgendwelche Litauen   erkennt die Blockadenote gegen Rußland   an. Aus Stoc dem Proletariat um, wilde Streits hören nicht auf. holm wird der Dena" gedrahtet: Die litauische Regierung hat dem ihre Aussichtslosigkeit führt zu Gewalttaten. denen die ( Obersten Rat der Entente befannigegeben, daß sie feinesfalls ohne das Einverständnis der Entente mit Sowjetrußland Frieden Regierung entgegentreten muß, da die Organisationen die schließen werde. Gleichzeitig erklärt sie, daß fie die Blockadenote Menschen nicht in ihrer Hand haben. Als Hilferding gegen Rußland   anerkennt und nach den Weisungen des auf der Luzerner   Konferenz sich bitter über die Härte von Obersten Rates handeln werde. Noste beflagte, fragte ihn Bernstein  , was er getan haben würde, als aufrührerische Elemente daran gingen, die Berg­werte zu zerstören, wie es in Westfalen der Fall war. Hätten Sie es geichehen lassen?"

Fürsorge von deutscher   Scite.

Dies gibt die Reichsregierung benjenigen noch einmal aufs eindringlichste zu bedenken, die im Baltikum stehen oder ins Bal tikum wellen und die trüben Aussichten nicht achten, die ihr Tun für das Vaterland und für sie selbst nach sich ziehen muß. Der

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Lungen, die giftige Sprache der Antisemiten, das Mißtrauen wahrscheinlich eine andere sein. Sie sehen die Sache gegen jeden und jedes, die tolle Geldverschleuderung auch von düster an. Eine starke antiparlamentarische Anf die Frage fann niemand, der auch nur eine Spur Menschen, die wirklich nicht über einen unerschöpflichen Geld. Strömung frißt an der einen Seite, und auf der anderen ist von Verantwortlichkeitsgefühl hat, eine bejahende Antwort beutel verfügen das alles sind Erscheinungen derfelben Art. eine ziemlich starte Gruppe geneigt wieder mit der Mehr­geben. Das tat auch Hilferding nicht. Er tat fo, als ob Die Nervosität ist auch in Regierungsfreisen zu Hause. beitspartei in Fühlung zu kommen. Aber worüber es nicht feststehe, daß man hätte Bergiverfe zerstören wollen. Auch dort das starte Gefühl der Unsicherheit, das häufig zu alle eins find, ist dies, daß weder der eine noch der andere Aber daß Streifende oder gewalttätige Elemente, die fich Taten führt, die bei rubiger Ueberlegung anders ausfallen Standpunkt eingenommen werden kann, ohne daß die Partei unter fie mengten, bereits mit solcher Zerstörung begonnen würden. Nostes Regiment der starken Fauft wird von auseinanderfällt. Der linke Flügel steht sehr dicht hatten. stellt den Fall außer Zweifel. Zudem ist doch die vielen mißbilligt als nicht hineinpassend in die demokratische bei den Spartafisten, der rechte noch näher bei Scheidemann  , gewaltsame Befe zung des Vorwärts" und anderer Regierung. Jeder der heute Regierenden sieht diese als die und die mittlere Gruvve unter Hilferdings Führung steht am Zeitungsgebäude doch Tatiache. Hätte man die Gebäude in beite an, die man nicht preisg- ben darf, da so bitter wenig allerwenigsten unerschütterlich. Solch eine Stellung bringt den Händen der bewaffneten Banden lassen sollen? unvermeidlich eine Lähmung mit sich.

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nötig ist, um das Land wieder in Feuer und Flammen zu ver­Wie es auch fei, das Volk ist durchfressen bon fegen. Tatsache ist es daß es Neste stets wieder gelingt, jede Während des Krieges haben die Unabhängigen ein gutes einem anarchistischen Geist. Dies ist zum Teil auch auch noch so kritisch gestimmte Versammlung umzulenten. Wer getan, ihnen fommt die Ehre zu, den Friedenswillen in eine Reaktion gegen den früheren Bolizeistaat. Ein Bolt, das Dafür, daß er sein System annehmbar zu machen versteht, Deutschland   in der großen Maiie unwiderstehlich geniacht zu fich in einem folchen Geisteszustand befindet, duidet feine starke spricht es, daß er stets wieder seine Hörer zu überzeugen weiß haben. Aber nun die Zeit des Wiederaufbaucs gefonimen ist. Regierung, oder die Regierung muß sich ihre Straft wieder daß jein Auftreten durch die Tatsachen begründet ist." formen fie feine Einheit und feine Macht. schaffen durch Unterdrüdung, und das wäre dann eine Burüd- Insbesondere befaßt sich Vliegen mit den Unabhän tautsty und Bernstein   fehrten sich beide bereits von fehr zu dem früheren Bustand. Daß also die republika.gigen. Sein Urteil ist in diesem Punkte um io wertvoller, ihnen ab, obwohl fie noch auf der Mitgliederliste stehen.( Ge niiche Regierung eine ziemlich schwache Regierung ist, da er während des Krieges die Haltung der Mehrheitssozia noffe Bernstein   ist nicht mehr Mitglied der Unabhängigen! liegt nicht an den Personen, sondern in der Art der Sache. Die listen aufs schärfite befämpft und der Opposition der Unab- Red. des Vorw.".) Die reibcit" Iebt von den heffi Schwäche aber, das Gefühl der Unsicherheit, das dadurch ent- hängigen die Stange gehalten hat. Bliegen schreibi darüber: aen Angriffen auf die Regierung und von dem Rampfe gegen Itcht sowohl bei der Regierung felbft mie im Volfe, verursacht Das unangenehmste ist die Bage der Unab cine vorläufig noch imaginäre Ronterrevolution. Die fürzlich eine erpojität, die ichon für fich eine Gefahr ist. hängigen. Ein ausländischer Profeffor frogte mich einst. stattgefundene Zagung. Die eine Vorbereitung für einen Dies ift benn auch in der Tat der stärkste Eindruck, den wiz es in Holland   mit der Sozialdemokratie stünde, und als Parteifongreß fein sollte, war ein Muster von Verwir Berlin   gibt: die Stadt ist nervös. Und wie alle start ner ich in optimistischem Sinne antwortete, meinte er ironisch rung und Unsicherheit. Ich bekam stark den Eindrud, böien Naturen ist fie geneigt, von einem Ertrem in lächelnd: Ich habe noch nie einen Politiker. auf die Frage, wie daß die bedeutendsten Führer über die Politik der Mehrbeits­das andere zu fallen. Die wilden Streits sind ein es mit seiner Partei stünde, anders antworten hören, als daß partei günstiger denken, als sie es öffentlich sagen. Oder Sympton davon, die krankhafte Sucht nach prickelnden Ver es sehr, sehr gut stünde." Wenn diefer, in der Wolle gefärbte beffer, sie erkennen, daß eine ganz andere Politik wohl win­gnügungen sind ein anderes Symptom. Die zügellose Profeffor an einen der Leiter der deutschen Unabhängigen die- fchenswert, aber nicht möglich ist. Was auf dasselbe hinaus Spielwut, die Sigföpfigkeit in den Spartakusversamm. I felbe Frage richten würde, so dürfte seine Erfahrung höchst- tommt."

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