Einzelbild herunterladen
 

5ukc

Dketiertzerstellung der Freiheit der Meere bei England nicht zum Erfolge führen wurden, die deutsche Regierung sich einer neuen Sachlage gegenübersehen würde, für die sie sich die volle Freiheit der Entschließung vorbehalten müsse. Die amerikanische Regierung wußte, daß bei der tatsachlichen Ergebnislosigkeit ihrer seerechtlichen Verhandlungen mit England, soweit solche überhaupt stattgesunden haben, wir zeden Tag uns entschließen konnten, von der freien Hand Gebrauch zu machen. Amerika kannte die Gefahr heranwachsen- der Entscheidung über den U-Boot-Krieg aus dem Promemoria beS Kaisers, zu dessen Uebergabe Gras Bernstorsf von mir«r» m ä ch t i g t war, und das«r, wie neulich von ihm geschildert worden ist, auch übergeben bat. In meinen Gesprächen mit dem Botsäzafter Gerard habe ich diesem wiederholt von den Umständen und von den Kräften im Volke gesprochen, welche auf den U-Boot-Krieg drängten. Er selbst verhehl!« mir dabei seine Anficht nicht, daß der Druck auf den U-Boot-Krieg immer'stärker, meine persönliche Stellung immer umstrittener wurde. Ich darf bitten, hiermit Gerards eigene Aeußerungen in seinem Buche zu dergleichen. Schließlich, am 21. Dezember, also unmittelbar nach dem Wilsonschen Friedensappell, er- klärt« der Staatkselretär L a n s i n g in einem vielbeachteten Jnter- view, die Wilsonsche Note sei ergangen,«eil Amerika selbst an die Schwelle des Krieges heranrücke. Also, worum es sich handelte, wußte Amerika genau. Es scheint, daß die amerikanische Regierung ihrer Botschaft Aufirag gegeben hatte, auf etwaige Anzeichen einer bevorstehenden Aen- derung unserer Politik sorgsam acht zu geben. Auch dies spricht da- für, daß sie über die Entwicklung der La« sich keiner Täuschung hingab. Herr Gerars berichtet in seinem Buch, daß er durch seinen Marinrattacht Informationen über die wahrscheinlich stehend« Wiederaufnahme de? U-Boot-Kriege» gesammelt hat, daß ihm diese Informationen von einflußreich deutschen Persönlichkeiten bestätigt worden seien, und daß er sprechende Meldungen aisbald nach jenem mehrerwähnren D an seine Regierung gegeben hat. Die» alles führe ich an, um zu belegen, daß in Washington irgendwelche Täu'chung über die Lage nicht bestanden hat, ge- schweige denn, daß wir versucht hätten, eine Täuschung hervorzu- rufen. Hatte ich mich nun dadurch, daß ich den Friedensappell Wilson! betrieb, in seine Hände gegeben? TaS wäre doch nur dann der Fall gewesen, wenn wir ihn gowissermaßen zu«nserm Geschäftsführer gemacht und nn» verpflichtet hätten, von allen eigenen Aktionen, die einen vielleicht zukünftigen Friedensappell Wilsons stören könn. ten, abzusehen. Da» ist nicht geschehen, und ick» babe die Gründe, warum eS nicht geschehen ist, in der vorigen Sitzung dar- golegt. S» lag also folgende Situation vor: Unser Friedensangebot war in Formen abgelehnt, die uns zu der lleberzeugung bringen mußten, daß die Entente auch auf Wilson» FriedenSnote«ine Antwort geben würde, die j« d« B a s i s für annehmbare Verhandlungen ausschloß, und daß hiernach keine Aussicht auf eine Verhandlungsbereitschaft der Enient« in ab­sehbarer Zeit bestand. Tie Antwort der Entente vom 12. Januar aus die Wi.sonsche Friedensnote hat den Beweis für die Rich- tigkoit dieser Auffassung ergeben. War aber die Situation so be- schaffen und hatten wir. wie ich ausgeführt habe, Wilson nicht zu unserem Geschäftsführer gemacht, so hatten wir jetzt volle Aktions. freiheit und mußten sie fcaben, wenn wir überhaupt noch«ine selb- ständig« Roll? in diesem Krieg« spielen wollten. Und das erzwangen militärische Notwendigkeiten. Zog unsere Oberste Heeresleitung aus der festgestellten Nichtbereitschaft der Feinde die Schlüsse, von denen ich am Freitag gesprochen habe, und ermöglichten mir dt« Um- stände, die ich gleichfalls auseinandergesetzt habe, nicht, den U-Boot- Krieg zu Verbindern, so war das eine logische Folge der Ereig- nisse, aber kein Doppelspiel. Ich glaube mit diesen Ausführungen über den Nahmen der formulierten Fragen hinausgegangen zu sein, iih hielt die? aber für notwendig, um volleKlarheit nach jeder Richtung hin zu schaffen. Professor Hocvsch: Ist die Reise, die der Botschafter Gerard Ende September ISIS begann, von Euer Exzellenz als F r i e d c n S- Mission nach Amerika benutzt worden oder nicht? Diese Auf- fassung ist in der neutralen wie in der feindlichen Presse damals geäußert worden, und auch in der deutschen Presse wurden je nach ihrer Stellung hieran Hoffnungen oder Befürchtungen geknüpft. Bethmann Hollweg : Selbstverständlich konnte ich dem

Herr». Botschafter keine

Austräge geben, sein Vorgehen lag in seinem

freien Willen, er hat auch eine entsprechende Bemerkung in seinem Buch gemacht. Unmittelbar nach unserer Sussexnote war er in unserm Hckuptquartier, wo ich seinen Besprechungen mit dem Kaiser beiwohnte. Er sagt darüber:Der Reichskanzler sagte mir. die Sussexnot« sei nunmehr vereinbart und f e st g e st e l l t worden, jrtzt habe Wilson freie Bahn zu einer grossen Aktion." Als mir Botschafter Gerard seine Abficht mitteilte, nach Amerika zu reisen, habe ich mich selbstverständlich in meinen Gesprächen mit ihm danach ein- gerichtet und ihm gesagt:Gewiß, wenn Ihr Präsident schleunigst einen Friedensappell an die Kriegführenden richten würoc, so Wäre mir das sehr angenehm." Im diplomatischen und politischen Verkechr und besonders im Verkehr mit dem Botschafter einer fremden Macht, in diesem Falle einer Macht, die uns schon vorher in manche llngelegenheit gestürzt hatte, kann man nicht ander? handeln. Eine Instruktion zu geben, war ich dem Botschafter gegenüber nicht in der Lage: ich konnte nur ver- suchen, durch meine Haltung und die Art meine? Gesprächs in ihm einen Eindruck hervorzurufen, von dem ich wünschen konnte, daß er ihn mit nach Amerika nimmt. Professor H o e tz s ch: Hatte Gerard ein deutliches Bild von jenen Bedingungen mitgenommen, die Sie als maßvoll bezeich- neten? Es ist doch über alle diese Fragen, besonders auch über die Ost frage, eingehend gesprochen worden. Herr v. Bethmann Hollweg : WaZ den Osten anlangt, so erklärte der Botschafter mit einer leichten Handbewegung, die östliche« ver- Hältnisse intcressierten in Amerika nicht, darüber ist von ihm mit mir überhaupt nicht weiter«sprachen worden. Sein Interesse richtete sich auf Belgien . Ich habe ihn auf die bezüglichen Stellen meiner Reden hingewiesen. In einer solchen Rede sagte ich etwa: Selbstverständlich ist eS unser Wunsch, Vorsorge zu treffen, daß Belgien nicht als Bollwerk für die Zukunft von der Entente benutzt werde zur Schädigung Deutschlands . Hinzugefügt habe ich dann, welche Garantien da ist zum erstenmal das Wort Garantie gefallen, da» so viel Staub in der Welt aufgewirbelt hat da gedacht waren. An diese meine Reden habe ich den Botschafter erinnert, indem ich ihn noch darauf hinwies, daß die näheren Bedingungen natürlich vom Aus- gang de? Krieges abhingen. Soweit mir vorschwebt eS ist schwer, sich zeug-neidlich darüber zu äußern hat Gerard mir ge- sagt: Ja, über Lüttich liehe sich eher sprechen. Dies habe ich auch in einem Dementi erwähnt. Auch über sonstige Fragen, so über die flandrische Küste, wurde viel gesprochen. Ich mußt« in dieser Hinsicht eine ausweichende Sprache führen. Gerard wußte aber, daß ich bitte dies ohne jeden Nebenklang hinzu- nehmen kein Annexionist war. Gerade aus diesem Grunde wurde mir ja scharfe Opposition gemachk, von der ja auch der Bot- schafter Zeuge war. Also, im Bilde ist der Botschafter absolut ge- Wesen, daß ich einen BcrhandlungSfrieden anstrebte, daß ich maßvoll« KriegSziele verfolgte, und er wußte, daß in politischen Parteien und in der Oessentlichkeit gerade um dieser beiden Punkte willen ein scharfer Kampf gegen mich geführt wurde, von dem er den Eindruck hatte, daß er sich immer mehr zu meinen Ungnnsten entwickle. Gerard war durchaus im Bilde. Wenn er in feinem Buche, da» er neck dem Eintritt in den Krieg ge- schrieben hat, diejenigen Seiten schärfer hervorhebt, die für Deutsch - land ungünstig sind, so ist das wohl natürlich bei der ganzen Kriegspsychose, die mit der Zeit Formen angenommen hat, von denen man wünschen möchte, daß sie unterblieben wären. Sachberst. Prof. Hoetzsch: Haben Exzellenz den Botschafter Gsrard für ein brauchbares Werkzeug für diesen Friedens- appell gehalten?| v. Bethmann Hollweg : Ich habe bereits früher gesagt, daß ich den Eindruck hatte, Gerard sei über die Intentionen seine» Prä- fidenten nicht genau informiert, lieber diesen rein sachlichen Ein- druck von allem Persönlichen möchte ich gerne absehen ergibt sich da? Maß der Wertschätzung, da» ich den Funktionen des Bot- schafterS Gerard beigelegt habe. Tie erste Gegenüberstellung. Professor Hoetzsch: Hat Graf Bernstorsf die Ansicht«- habt, der Botschafter sei über die Absichten seiner Regierung nicht genügend informiert? Herr Graf sagten in einem Telegramm an die Regierung, daß Sie den Botschafter seit langen Jahren genau kannten. Graf Bernstorsf: Ich würde nach meinen Erfahrungen an- nehmen, daß Gerard bis zu feiner Reise nach Amerika nicht orientiert war, daß er nach der Reise erst orientiert war.

Herr v. Bethmann Hollweg : Ich stehe mit der Anficht des Grafen Bernstorsf, daß Herr Gerard bis zum Antritt seiner Reise nicht orientiert war, völlig im Einklang. Was seine Orientierung nach seiner Reise anlaugt, so fcmn ich nur wiederholen, daß gerade in den Januartagen des Jahres 1917 mir, auch nachdem der U-Boot- Krieg beschlossen worden war. selbstverständlich daran lag, mit äußerster Beschleunigung zu wissen, ob denn irgendeine erfolgvcr- sprechende und aussichtsreiche Aktion von Wilson zu erwarten sei, und zwar zu einer Zeit, wo es noch möglich gewesen wäre, den U-Boot-Krieg rückgängig zu machen. So habe ich wiedcrbolt v:r- suchi, den Bolschaster zu sondieren; ich habe ibn gefragt: Wie steht eS nun in Amerika ? Worauf er mir mit einem gewissen Ton des Vorwurfs gegen feine Regierung gesagt hat: Ich bin uninformiert, ich habe keinerlei Jnforma- tion. Mir scheint, daß dies übereinstimmend ist mit der Schilde- rung, die sonst allgemein vom Präsidenten Wilson, und wenn ich nicht irre, auch vom Grasen Berimtorff entworfen worden ist, daß Präsident Wilson nicht geneigt war, über seine Intentionen über den Kreis seiner allernächsten Vertrauten hinaus Auskunst zu geben, und diese Charakteristik des Präsidenten Wilson ist mir von unzähligen Amerikanern als die zutreffende während und nach dem Kriege bestätigt worden. Präsident Wilson bat in mancher Beziehung auch gerade in Amerika als eine Sphinx«gölten, das zeigt sich auch in dem amerikanischen Urteil über das Verhalten Wilsons in Versailles und über das so- , enannte Kreuzverhör im Senat. Mir ist vollkommen klar, daß auch Herr Gerard nicht zu den I n t i m v e r t r a u t e n d:s Prä- sidenten gehörte, denen er Einblick in die Falten seines Herzens gewährt hätte. Abz. Dr. Sinzheimer: Konnte Wilson annehmen, wir fürchteten seine FricdenZvermittlung? Sind Gerard bestimmte Aeußerungen gemacht worden, daß wir die FriedenSvermiitlung Wilsons wünschten oder nicht? v. Bethmann Hollweg : Diese Frage habe ich heute wie auch schon am Freitag beantwortet. Botschafter Gerard habe ich un- mittelbar nach der Sussexnote gesagt: Wir haben soweit nachzugeben, nun hat Wilson freie Hand für sein: Aktion. Das ist wohl der klarste Ausdruck dessen, was ich wünschte. Im diplomatischen Berkehr kann man sich nicht anders ausdrücken, formulierte Sätze kann man einem Diplomaten nicht vorlegen, man muß versuchen, in ihm den gewünschten Eindruck hervorzurufen, den er dann an seine Regie- rung weitergibt. Gerard wußte, daß ich den Friedensappell Wilsons wirnfcht«, und Wilson wurde durch unsere Instruktionen cm den Grafen Bernstorsf darin bestärkt. Ich bitte aber, auch zu berück- sichtigen: Durch das gesamte bürgerliche Deutschland und über dies« Kreis« hinaus, namentlich in der Armee, und da auS durchaus be- greiflichen Gründen, hatte ich durch die jeden Tag einschlagenden amerikanischen Granaten in die Herzen ei« gewaltige Animosität gegen Amerika eingeprägt. Führer be. deutungsvoller Parteien im Reichstag haben ganz offen auSge- sprachen, für einen Frieden, der vom Präsidenten Wilson kommen würde, bedank« sich das deutsche Volk. Diese Stimmung war selbstverständlich auch dem Botschafter Gerard bekannt, und er mußte damit rechnen, daß gerade die Kreise, welche diese Animosität gegen Amerika verträte! au? ganz begreiflichen Gründen meine ausgesprochenen Gegner waren. Mit diesen Komplikationen hat Gerard auch gerechnet, und daS hat selbstverständlich seine Einschätzung der Dinge ganz wesentlich beeinflußt. Das konnte ja auch gar nicht anders sein. Im politischen Leben und' namentlich in diesem .Kriege waren eine solche Unmenge verschiedener Strömungen vor. banden, die ineinander griffen, daß eS ungeheuer schwierig ist, die Probleme auf eine ganz einfache zugespitzte Frage und deren Beantwortung bringen zu wollen. (Schluß in der Morgenausgabe.)

Hugo Hasse. Im Besinden Hugo Haases ist keine nennenswerte Acnderung eingetreten. Entgegen der ersten Annahme ist die Cilbercin- spritzung ohne den erhofften Erfolg geblieben. Der Zustand des Kranken ist als sehr ernst zu bezeichnen.

Konzertöirkgenten. Von Dr. Kurt Singer . Die Berliner sind anhänglich; wen sie lieben, den lieben sie «mz und dem verzeihen sie alle». Richard Strauß hat Berlin den Rücken gekehrt, sehnt sich wie stet», selbst in den Umsturztagen der Oper, nach Garmisch , nimmt einen Ruf nach Wien freudig au, sucht erste Kräfte von der Spree an die Donau zu ziehen, verteilt Erstaufführungen seiner Werke an Wien , Dresden . München . Wo bleibt, was ist ihm Berlin ? Er dirigiert da» erste Konzert der StaatSoper und alle» Bösesein ist vergessen. Diese» herrlichst« Orchester wird da von einem herrlichen Meister geführt. Eine sel- tone Klangschönheit der Streicher und eine steigende Sicherheit de» Bläserchor» neigt sich wie von selbst dem Dirigenten zu; Müdig . leiten seiner Stabführung, kleine Gleichgültigkeiten der General- probe überspielt diese» Orchester mit einer noblen und hundertfach inspirierten Einfühlung. Seltene Könnerschaft jede» einzelnen ordnet sich einem wahrhaft soliden VerantworwngSgefühl unter. Eine Es-dur-Sinfonie von Hahdn, die bekannteste, schwingt in leich- tem Schritt an un» vorbei, nicht weniger gefestigt in jeder Not«. jedem dynamischen Akzent, al» die Pastorale Beethoven ». Aber erst in Mozart » Jupiterstnfonie leuchtet die Seele Strauß' ganz hell auf. Da wird faßbar, wa» wir verloren haben: den Ideal- Dirigenten de» Don Juan, des Figaro. Und da verzeihen auch wir alle». Man möchte sagen: Haltet ihn, bindet ihn, laßt ihn nicht. Wer: Garmisch , Wien .... Ein andere» Bild, ein anderer Klang, eine andere Zeichnung: HermannScherchenam Pult. Halbvoll der Saal, temperiert die Stimmung. Der Sucher und Aufspüver Scherchen bringt Reue». aber Dagewesene». Noch in die Darstellung de» Werke» schleichen sich so fühlt man Nuancen ein, di« momentan eingegeben, nicht vorbereitet find, da» Miniatur-Malen nimmt so viel Raum weg, daß der großen Linie de» Aufbau» manche» an Geradheit und Uebersichtlichkeit genommen wird. Zu Pfitzner».Ehrist-Elf- lein'-Ouvertür« wünschte man eine weiche Hand und nicht die Eckigkeit und Plötzlichkeit dieser Kopf-, Rumpf-, Arm-Bew«gungen. Ein weiche», melodisches, zart und klug gebaute» Borspiel. In Reger» op. 125 schwingt«mpfindungSreichster romantischer Geist, an Eichendorffschen Versen entzündet, ohne programmatisch« Fesseln. Reue Klänge, ober Klänge von einer wundervollen Klarheit, ein- pragsame alteriert« Akkorde, Stimmführungen und Anstiege, die von orgelmäßiger Erfindung erzählen. Scherchen dirigierte diese« Werk «ei-sterlich und mit aller versteherischen Hingabe. Den Schluß de» Programm» bildet« Bruckner » erste, tristan» fcrben« Sinfonie. Wer Bruckner dirigiert, erwirbt sich schon durch seinen Willen, diesen große» Meister zu ehre«, uttser-. Dank. hat da» Anrecht und die Aussicht, in einem Jahrzehnt die

Liebe de» Volke» zu besitzen, wie heute Brahm». Eine Reifezeit muß vergehen, eine Zeit, in der da» innere Hinhören, da» Mit- gehen in künstlerisch gestaltetem Schmerz, da» Begleiten kämpfe- rischer Scelenregungen spontaner, geübter, williger wird. Di« V. Sinfonie, die Werner Wolff un» vorführt, ist da» persön- lichste, musikalisch reinste und geradlinigste sinfonische Werk des Komponisten. Es geht im Ausmaß seiner gesteigerten Empfindung, wie in der Verwendung der Mittel wett über das Rüstzeug de? vor- Wagnerschen sinfonischen Schaffens hinaus. Sucht man nach einem Programm, so heißt eS hier: Kampf zwischen dem Bekenntni» zur Welt und dem Glauben an Gott . Schon di« Dramatik de» Allegro zeigt mehr Krampf und Leid als Tröstung. Aber der Triumph des letzten Aufschwung? ist Schein: das herrliche Adagio klagt mit Engelszungen und schließt mit erwartungsvoller Frage, di« Wag- neaische» Meto» hat. Ein« Ablenkung: da» ländlerisch«. Schuoertsche Idyll de» Scherzo. End dann: thematisch mit den ersten beiden Sätzen Perbunden da» Riesen-Finale, mit jener einzigartigen in- strumentalen Choral-Phantasie, die nur die innere Erfülltheit vom Glauben an da» Siegreich-Gute eingeben konnte. Ein überragender Bruckner -Dirigent, wie etwa Löwe, bringt es fertig, un» nur da» gewaltig Rauschend« dieses sinfonischen Geiste? zu vermitteln. Werner Wolff ließ auch Schwächen de? Werke» erkennen. Er hat eine bemerkenswerte Sicherheit in der Führung de» Orchesters, be» herrscht« die sehr schwierige Partitur ganz ausgezeichnet und ließ erkennen, daß er ein Kapellmeister von bester Qualität ist. Was ihm für die Interpretation Bruckner » fehlt, ist: da? Sichtbarmacheu der persönlichen Ergriffenheit, da» Uebertragen von Glanz und Feier Brucknerscher Melodik auf unser«mpfangSbereite» Herz. Wolff hatte starken Erfolg bei den Hörern. » Bon dem ersten Abend de» Bufch-Onartett» rettete mein Ohr nur noch wenige Takte. Aber diese sprachen für eine klangliche und musikalische Vollendung, wie man sie bei vier so an- erkannten Geigern und Künstlern erwarten durfte(Busch, Bohnke, Reitz, Grümmer). Einen außerordentlich günstigen Eindruck macht da» Frauen-Trio: JonaS-Stockhause�, Voigt» länder, Stoltz-PremySlaw. De Damen sind mcht nur technisch aufs beste eingespielt, sondern vermittelten da» Trio OpuS 190 von Schubert auch in einer makellos gegliederten, ge- nußreichen Form; man darf den Kammermusik-Abenden dieser Vereinigung einen regen Zulauf wünschen. Arnold Földesh ist beute neben CafalS wohl der erste Meisterspieler der Kniegeige. Mit Leichtigkeit überwindet er Schwierigkeiten, die selbst Aller- besten mißlingen, und sein Spiel kann bei der Unfehlbarkei: seiner Doppelgriffe und Passagen sogar de? Begleiter» entbehren. Da» zeigte er in einem musikalischen Scherz seine« Kollegen Hugo Becker, einer programmatischen, kurzweilige» Suite.au» dem Leben eine» Waldschrat', ganz apart im Klang, aber sehr äußerlich olle erdenklichen virtuosen Möglichkeiten de» Cello ausschöpfend. 2vei«r und schöne: noch entfaltete sich da» gros« Können Földesy» > de«-woU-Konzert von Volkmann, Ein vollkommener Spieler

ist auch Edwin Fischer , der Pianist; aber er umgeht schon im Programm, das Buh, Reger und Mozart verheißt, da» Rein» virtuose. In der Liebe zum Schumannschen Carncval begegnet er sich mit einem zweiten Schnabel-Schüler, Walter Kaufs mann. Mit Kraft packt er die Händel-Variationen von BrahmZ an, spart mit dem Ausspinnen gedanklicher und nur klingender Absätze und krönt die Tüchtigkeit keiner Darbietung mit einer groß aufgebaucrn Fuge. Sein eindringliches Spiel wird ohne den übertrieben heftigen Pedalgebrauch noch mehr wirken. Die Säuberung der Schiilerbibliothcke». Di« von der S. P. D. ernannte Schulkommission der Gemeindevertreter Groß-Berlins hat rn einem Schreiben an das Kultusministerium die Aufmerksamkeit auf di« Reformbedürstigkeit der Schülerbibliotbeken gelenkt. Sie sind zum großen Teil seit dem 9. November 1918 keiner Revision ihrer Bestände unterzogen worden. TagauS, tqg- ein werden weiter chauvinistische und vom chrisilickien Unter- tanengeist beseelte, monarchisch gefärbte Bücher verlief,:n. Diese ständige Beinflussung der Gedanken- und Gefühl-- weit unserer Jugend muß jode sonst zu leistende auf- klärende Arbeit illusorisch machen. ES wird deshalb eine sofort zu erlassende Verfügung befürwortet, durch die die Lehrerkollegien verpflichtet werden, in kürzester Frist darüber zu berichten, welche Bände der Schulbibliatheken ihres Inhalts wegen ausgemerzt sind. Gleichzeitig sind die Bücherbestände auf die Art der Durchführung dieser Maßregel hin zu überprüfen. Die Schulkommission schlägt weiter vor, zur endgültigen Re- gekung aus d:mokrati;ch und pazifistisch gesonnenen Pädagogen. Ge- lehrten und Künstlern einen Ausschuß zu bilden. Dieser müßte im Zusammenhang mit Unterabteilung:» in den Provinzen und größeren tSädten ausschließlich die Frage ver Schüler-, Kinderlese- ballen und der VolkSbibliotheken beraten. Er müßte nicht nur ver- bieten, sondern vor allem solche Werke zur Anschaffung empfohlen. die von vornherein den jungen Lesern die Pflicht gegen die All- gemeinheit und daS Hochgefühl der Selbstverantwortung in einer freien deutschen Republik zum Bewußtsein bringen. Vertreter der Lehrer und Elternbeiräte wären zur Beralung heranzuziehen. Die soziale Bewegung im Baricte. Luch das Variete erlebt seine soziale Revolution. Tie Organisationen der Artisten nehmen immer mehr den Charakter von Gewerkschaften cm. Seit dem 1. November ist zwischen dem Verband der Internationalen Variete- direktoren und den Artistenverbänden«in Tarifvertrag abgeschlossen worden. Er gelangt soeben imOrgan" zur Veröfsentlichiing. S«ine Gelwng erstreckt sich auf ganz Teutschland und zwar bis zum 31 Dezember 1922. Alz Mindestgage ist der Betrag von 399 M. festgefetzt. Außerdem enthält der Vertrag«ine große Reibe gün- stiger Bestimmungen für die Artisten. Bemerkenswert ist, daß der sogenantc Animierzwang vertraglich beseitigt ist. Km Do« veranstaltet Walter Fischer am ronnerStag, S Uhr, ei» Orgelkonzert.....» Die Sammlungen de»«»nstsew-rbemnseum« müssen vom S. d. M. ab während der Frosipeciod« aeichlosten werden. Schaulpieler, Erinnerungen. Max Bohl, da« Mitglied de» Aerliner««anstl-lbausr». hat LebenSertnnerungen gelchrieben, die unter dem Titel: �Vtergig S«hr« Aampenlicht', im Kunstverlag er. Ichel»«» werde».