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Nr.571. 36.Jahrg.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands

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Freitag, den 7. November 1919.

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Hugo Haase gestorben.

Qugs Saafe it heute früb um 49| Ledebour schon den blutigen Kampf bor , in dem die sozialdemo Uhr gefi or ben. Die nächsten Berwandten fratische Regierung gestürzt werden sollte. waren am Sterbebett anwesend. Haase verschied ohne Todestampf. Er war nicht bei vollem Bewußtsein, erkannte aber doch noch alle seine Angehörigen, und unmittel bar ehe er verschieb, tief et feinen Sohn

dem die Verhältnisse über den Kopf gewachsen waren. So geriet Haafe immer mehr in die Bage eines Mannes,

and Bett.

Is Rechtsanwalt hat er im Königsberger Hochberratsprozeß und später in anderen politischen Prozessen hervorragend gewirkt und sich einen geachteten Ramen erworben.

Am 8. Oftober baben ihn vor dem Reichstagsportal die Kugeln Ein Führer, der fich plöblich an der Spike instinktiv bor- des Lederarbeiters Johann Boß. der nach seinen eigenen Angaben wärtsdrängender, aber politisch noch ungeschulter Maffen sieht, der Partet der Unabbängigen am nächsten steht, in Ber muß auch zügeln und bremsen fönnen. Es mag sein, daß iammlungen für die Rätediktatur sprach, aber schließlich auf Saafe das in engerem Parteizirfel öfter getan hat, als die feinen eigenen Führer schoß, weil diefer feiner Spezialidee, Der beste barlamentarische Führer der 11nelt bisher weiß. Aber er litt an einer unheilbaren Schwäche Betämpfung des Lotterieunwesens nicht mit dem gewünschten Eifer abhängigen man fönnte wohl fagen, der einzige ist nicht mehr. Die wahnwigige Eat eines ber vielen, die gegenüber einer sich selber revolutionär bünkenden Bhraseologie entgegentam, niedergestreckt! Es war die Eat eines typischen geistes­und erwies dem aufgesteckten Geßlerhut der Diftatur seine schwachen Querulanten. durch die Erregungen der Gegenwart aus dem feelischen Gleich- Reverenz, während ein stärkerer Mann aufrecht an ihm vorbei- Die Verlegung, die anfangs nicht einmal gefährlich schien, gewicht geraten sind, hat aus der Reihe der Lebenden einen gegangen wäre. Der Versuch, völlig objektiv zu sein, zwingt wirfte tödlich, weil sie einen schon tranten Störper traf. Haase war bedeutenden Mann gerissen, der jahrzehntelang in den Reihen uns zu sagen, daß auch Naturen wie Haase in der gegenwär- ein schwer leidender Mann. Nur durch seine außerordentliche unserer Partei gestanden hatte, dann ihr heftiger Gegner tigen Beit ihre Funktionen haben mögen; uns aber gefällt der Energie hielt er seine politische Tätigkeit aufrecht bis zum jähen wurde, aber darum doch nicht aufhörte, eine offnung des Mann besser, der die Kraft befigt, einer ihm gefährlich dünken- tragischen Ende. fozialistischen Deutschlands zu sein. Es schmerzt uns, heute den Entartung jener Bewegung, mit der er verwachsen ist und über ihn als einen Gegner sprechen zu müssen. Viel lieber die er liebt, die Stirn zu bieten. Der Attentäter Boh wird von dem Gerichtsarzt Dr. Straß­hätten wir es gesehen, Sugo Haase hätte die Zeit überdauert, Den Ganzen und Unentwegten blieb Saafe trop all feines mann, der ihn beobachtet hat, sär strafausschließend geistestrant bis sie für eine Wiedervereinigung der deutschen Arbeiterklasse Entgegenkommens ein Greuel. Däumig weigerte fich, mit erklärt. reif war Wir zweifeln nicht daran, daß er dann wieder seinen ihm auf derselben Kandidatenliste aur Nationalversammlung Mann f. das Ganze gestellt hätte, so wie er in den lezten au erscheinen, und die Bolschewisten beschimpften ihn wütend, Jahren ein beredter Fürsprecher eines Teils von ihr ge- weil er fich ihnen nie völlig ergeben wollte, ganz besonders, wesen ist. weil er für die Unterzeichnung des Friedensvertrags eintrat. Daß er auf der letzten Reichsfonferenz der Unabhängigen Rautsin gegen die Angriffe einer vorwißigen Jugend menig­ftens persönlich bedte, ist menschlich für ihn ein Plus, aber er berfehlte nicht, fofort hinzuzufügen, daß er fachlich seit Jahren mit Rautsty nicht mehr einverstanden fei.

Die U- Boot- Frage.

Jetzt, wo die Wunden des Bruderkampfes noch frisch bluten Die heutige Sigung des Untersuchungsausschusses be­und wo man fogar den freilich völlig verunglückten Versuch ginnt mit einem Zwiegespräch Gothein- Roch. Es han gemacht hat, das tragische Echicial Saases als einen agita­belt fich zunächst um die Verbreitung der U- Boot- Dent torischen Trumpf im Streit der Richtungen auszuspielen, fällt schriften, dann um die Herstellung und Reparatur der es uns schroer, einen völlig objektiven Standpunft zum Wirken U- Boote selbst. Herr Gothein argwöhnt, daß viel gutes Ma Hugo Haases einzunehmen. Sicher war er in jedem Stadium Saaje war der nach lints hin manövrierende, vorsichtig terial für U- Boote in die Flotte eingebaut worden sei, auf feines Rebenswerts mit ehrlichem Eifer bestrebt, der Sache balancierende Führer der unabhängigen Rechten. Er war deren großzügige Einfegung der Admiralstab noch immer ber Arbeiterklaffe au dienen, aber das hat ihn bemüht, die auseinanderstrebenden Zeile seiner Partei au- boffbe. Daraus entwickelt sich eine ausführliche Debatte über nach unserer Ueberzeugung nicht daran gehindert, in den sammenzuhalten. Was diefe Partet mit feiner vermittelnden marinetechnische und marinetaktische Fragen. legten Jahren die verhängnisvollsten Wege ein. Tätigkeit verliert, wird die Zukunft zu erweisen haben. Für Dann darf der Admiral weiter vorlesen. Er führt in zuschlagen. diejenigen, die eine Entwidlung der Unabhängigen in höchst funstvoller Beweisführung aus, daß der U- Boot- Krieg ruhigeren Bahnen wünschen, ist sein Tod ficher fein Gewinn. zweifellos zum Erfolg geführt haben würde, wenn nicht im ir glauben im Gegenteil, Saaie hätte felber stärker in dieser Sommer 1917 die flaumachende Denkschrift des Grafen Richtung gewirft, wenn er nur als Taftifer festeren Boden Czernin der Entente bekanntgeworden wäre und wenn der unter seinen Füßen gefühlt hätte, und er wäre für die Eini- Reichstag nicht seine Friedensresolution vom 19. Juli be­gung im entscheidenden Moment auf keinen Fall ein Hindernis schlossen hätte. Seine Darstellung wird von Oberst v. Merz geweiert. bom Kriegsministerium ergänzt, die Engländer hätten fogar daran gedacht, wegen des U- Boot- Krieges das Saloniki­Unternehmen aufzugeben.

Dieses Verhängnis ist nicht so sehr dem radikalen Grund. aug feines Wesens geschuldet, sondern vielmehr gerade umge tehrt seiner Rompromisnatur. Als Saafe aufhörte, Mitglied der Sozialdemokratischen Bartei zu sein, wurde er Be­gründer einer Partei, die in der Mitte zwischen den grund­fäßlichen Gegenfäßen, die der Weltkrieg aufgeworfen hatte, hilf Ios steden blieb. Ludwig Frant hatte ein Programm, Es gibt Barteigenoffen, die Saafe für unaufrichtig hielten. und er ging hin und fiel bei Baccarat. Rofa Buremburg uns scheint diefes harte Urteil falsch. Er war ein Mensch mit batte ein Programm, und sie fiel von Mörderhand im Bürger- feinem Widerspruch. Die natürliche Liebenswürdigkeit feines frieg, den fie entzünden geholfen hatte. Hugo Saafe dagegen Wesens und die falte, harte Schärfe feiner öffentlichen Bolemit stand amischen beiden. Er afzeptierte weder das Programm ftanden zueinander in merkwürdigem Gegensatz. Haafe war der nationalen Verteidigung, noch den Gedanken der sozialen als Redner auf einen Ton gestimmt, auf den der Anklage. Am Weltrevolution, die sich im Anschluß an den Weltkrieg im Verhandlungstisch war er der umgänglichste, fich der höflichsten Sturm über die ganze Erbe wälzen follte. Er war weder So- Formen befleißigende Mensch. zialdemokrat in unserem Sinne, noch Kommunist, und die blöde Tat eines Menschen, der sich für feinen Anhänger zu­gleich und zugleich für seinen Gegner bielt, hat sein Leben mittelbar beendet.

Alles in allem: Saafe enthielt als Charakter und als Begabung Werte in sich, die der Arbeiterklaffe viele Jahre von großem Sugen waren und ihr wieder zu großem Nußen wer­den fonnten. So fannten und schäßten wir ihn als den Mit­vorfigenden der einigen Partei, und wir glauben nicht, daß er innerlich ein anderer werden fonnte. Die unglückliche Spal tung batte ihn auch zu einem unglüdlichen Bolitiker gemacht. Sein politisches Talent, das sich im Nebeneinander der Kräfte bewährt hatte, reichte nicht aus zur Führung einer an poli­tischen Talenten nicht reichen Bartei. Saafe bat es gut um die Sache der Arbeiterbewegung gemeint, aber er hinterläßt nichts

Saafe war nicht als Revolutionär, fondern als Pazifist Gegner der Kreditbewilligang. Er orientierte fich nicht nach Often, sondern nach Westen. Während Sozialdemokraten und Rommunisten im Krieg den Anprall des imperialistischen Welt­fapitalismus erkannten und nur freilich ganz verschiedene Schlüsse aus dieier Erkenntnis zogen, fab Saafe westlich der deutschen Grenze nur Demokratie und Friedensliebe. Während bie Sozialdemokratie erkannte, daß die Abwehr eines ger- als einen Saufen Verwirrung. Schmetternden, Deutschland verfflavenden Ententefiegs bas Höchstmaß des Erreichbaren fei, glaubte Saase an den großen deutschen Sieg und fürchtete als feine Folge eine Welle ber Sugo Gaafe war am 29. September 1863 ju allenstein ge Reaktion im Innern. Um so seltsamer, daß er später feinen boren. Er hatte in Königsberg i. Br. die Rechte fubiert, fich bort Flaren Standpunkt in der Frage Demokratie oder Diftatur" als Rechtsanwalt niebergelaffen und war früh in die sozial­zu finden verstand und hier an Klarheit der Erfenntnis gegen demokratische Bewegung eingetreten. feinen Barteigenoffen Saute ty unendlich weit zurückblieb.

Die Daten seines Lebens.

Mit diesen Ausführungen beschäftigt fich dann David. Wenn sich die Engländer durch den U- Boot- Krieg wirklich fo bedroht gefühlt hätten, so würden fie die Gelegenheit der deutschen Friedensresolution sehr gerne ergriffen haben. Sie haben das nicht getan, also waren sie wohl nicht so weit, nach geben zu müssen. Daß fie es nicht waren, hat das folgende Jahr bewiesen. Darüber wird noch eine Weile lebhaft ge­stritten: das Märchen von dem Beinahe- Sieg des U- Boot­Strieges, der nur durch die bazifistischen Flaumacher ber­dorben worden sei, ist die letzte Blanke, auf die sich die Bazar­deure aus ihrem Schiffbruch retten möchten, sie flammern fich frampfbaft an fie.

Man bespricht dann weiter technische Einzelheiten, Mög­lichkeiten feindlicher Abwehr, Schäßungen feindlicher Tonnage verluste und kommt schließlich auf die Frage, ob der U- Boot­Serieg Ende Januar 1917 mit Rüdficht auf Wilsons Aftion noch gestoppt werden konnte. Admiral Roch führt aus, daß eine fichere Uebermittlung neuer Befehle an die schon ausge­worfenen U- Boote nicht möglich gewesen sei.

bei

Der Sitzungsbericht.

Die Vernehmung des Admirals Roch wird fortgefekt. Abg. Gothein( Dem.): Der Beuge hat gestern erklärt, er habe Reventlow und Nippler durchgefeßt, bak fie in der Zeit von Weihnachten bis Januar 1917 nicht über ben U- Boot- Krieg schrieben. Sollten die feindlichen Mächte dadurch in eine gewisse Sicherheit gewiegt werden, daß der unbeschränfte U- Boot- Strieg nicht fommen würde?

Fünfzehn Jahre lang wirfte er als Stabtherordneter in Rönigs. es Saafe war im Grunde eine verbindliche Natur und von berg . 1897 wurde er zum erstenmal in den Reichstag gewählt, bem der prinzipiellen Raubbeinigkeit bieler feiner Anhänger unend- er bis 1906 angehörte. Bei ben Blodwablen 1907 gelang es ben lich weit entfernt. Aber feine Berbindlichkeit erschöpfte sich in Freifinnigen, Königsberg zu erobern, aber 1912 wurde es mit bem vergeblichen Versuch, einen Ausgleich zwischen sozialdemo- Saafe glänzend wiedergeholt. fratischen und bolichemistischen Grundanschauungen zu suchen, In demfelben Jahr wurde Haafe in ben Parteivorstand während der Ausgleich zwischen den beiden sozialdemokratischen gewählt. Er übersiedelte infolgebeffen nach Berlin . In der Parteien ein viel fruchtbareres Feld geboten hätte. rattion wirtte er während des Striegs als Gegner der Kredit Gelegentlich hat er sich allerdings auch hier versucht. Er bewilligung, weigerte fich aber nicht, am 4. Auguſt 1914 die Er bat geholfen, die sozialdemokratisch unabhän- flärung der Fraktion für die Bewilligung im Reichstag zum Bor­gige Regierung des 10. November zustande zu trag zu bringen. Bringen. Dies wäre das beste Werk feines Lebens gewefen, Als im Frübjabr 1916 bie Sozialbemotratifche wenn er es nur zu erhalten verstanden hätte. Aber mäh- Arbeitsgemeinschaft" von der sozialdemokratischen Frattion rend er noch in dieser Regierung faß, war ein Teil feiner eige- absplitterte, stellte fich Gaafe an die Epiße diefer Eezeifion. nen Parteianhänger schon emfig am Werke, den Boden, auf dem Am 10. November des Vorjahres wurde er zugleich mit seinen diefe Regierung rubte, zu untermühlen, und als er- ficher Barteigenoffen Ditimann und Emil Barth neben Ebert, Scheidemann , persönlich aufrichtig mit den besten Wünschen für ihre fer- Landsberg , Mitglieb des Rates ber Boltsbeauftragten, nere Wirkiamkeit von seinen fozialdemokratischen Minister aus dem er mit seinen beiden Parteifreunden am 28. Dezember 1918 follegen fchied, bereiteten seine Barteigenossen Eichhorn und wieder ausschied.

Admiral Koch: Diese Absicht hat nicht vorgelegen. Auf Veran lassung Bimmermanns follte ich auf Reventlow einwirken, daß er follte. Das ist mir auch gelungen. Den andern Herrn lenne ich nicht in zu schroffer Form für den U- Boot- Strieg eintreten nicht persönlich.( Auf weitere Frage:) Die Benfurgewalt lag bei der Obersten Seeresleitung und beim Oberkommando, die Borgenfur befand sich beim Admiralstab. Die vertraulichen Denk schriften gingen fämtlichen militärischen Stellen bis zu den Stom mandanten der Schiffe zu. Als Indiskretionen befannt wurden, wurde der Streis be rengert.

U- Booten auf das schlechte Material und minderwertige Besabung Abg. Gothein: Herr v. Capelle hatte die starken Berlufte an zurüdgeführt. Nun sind nach dem Waffenstillstande beträchtliche Mengen von Eparmaterial und Edeleisenforten auf den Reichs werften in Wilhelmshaven und besonders in Riel vorgefunden wor