lmlger F ü r st« ii a r Z ei t fiic Woislfiiljrt und Kultur, insbesondere für Wissenschaft, Kunst und Erziehung im deutschen Baterlau de." Einem Manne, der solchen blühenden Unsinn und solche abstoßenden Unterwürfigkeiten zu Papier gebracht hat, soll, wie wir noch nicht glauben, das Pressewesen ausgeliefert tverden. Dies und auch die Tatsache, daß dieser Fürsten- trompeter wenige Wochen nach der Herausgabe der Broschüre sein inneres Verhältnis zum angestammten Fürsten revi» dierte � und alsbald sattelfester Republikaner wurde, muß natürlich die Negierung davon abhalten, ihm ein so wichtiges Amt anzuvertrauen. Sie bat doch mit Mantelträgern dieser Art nachgerade trübe Erfahrungen übergenug gemacht. Wir warnen daher rechtzeitig.___ Landarbeiter und Reichswirtschastsrat. Die immer wiederholte Behauptung,<eS gäbe in der Landwirtschaft keine Scheidung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, ist absolut unzutreffend. Nach der Berufs- statistik von 1907 zählt die g e s a m t e l a n d w i r t s ch a f t> liche Bevölkerung einschließlich der Kinder noch nicht l7 Millionen. Davon sollen angeblich 15 Millionen Per- sonen erwerbstälig sein. Diese hohe Zahl beweist, loie weit man in der Erfassung der mit arbeitenden Familienange- hörigen gegangen lst. Diese find mit etwa 7,7 Millionen an- gegeben, wovon rund 3 Millionen nur als vorübergehend mitarbeitend gezählt find. Demgegenüber stehen die f r e m» den Arbeitskräfte mit etwa 4� Millionen. Ebenso ist man Verfahren bei der Erfassung der Betriebsinhaber. Hier hat man die Millionen Industriearbeiter mitgezählt, die auf dem Lande wohnen und neben ihrer Industrie- oder handwerklichen Arbeit ein kleines Grundstück bewirtschaften. Alle agrarischen Versuche, die Tatsache einer Klassen- kheidung in der Landwirtschaft abzuleugnen, werden über den Haufen gerannt durch die Tatsache, daß heute schon �99 000 Land- und Forstarbeiter geWerk- s ch a f t I i ch organisiert sind. Deshalb können die in diesen Organisationen vereinigten Landarbeiter eS auch niemals zugeben, daß ausgerechnet in der Landwirtschaft die Parität in den zukünftig zu schaffenden wirtschaftspolitischen Körperschaften ausgeschaltet sein soll. Die Vertreter her landwirtschaftlichem Arbeitnehmer müssen nun mit aller Ent- schicdeicheit darauf bestehen, daß für sie genau so wie für die iivrigen Berufsgruppen die volle Gleichberechti- g u n g in dem vorläufigen Reichswirtschaftsrat durchgeführt wird. Herr v. Altrock und seine Freunde seien daran er- innert, daß der Artikel 16G der Verfassung, den Herr v. Alt- rock in seinem Artikel in der„Deutschen Tageszeitung" mehrfach erwähnt, aber nie im Wortlaut zu zitieren wagt, mit dem Satze beginnt:„Die Arbeiter und Angestellten sind dazu berufen, gleichberechtig t in Gemeinschaft mit den Unternehmern an der Regelung der Lohn- und Arbeitsbedin- gungnn sowie an der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung der produktiven Kräfte mitzutvirken." Und dabei muß eZ bleiben. I>_ Fritz gaaß. Das WieSeraufbaumkniftexlum. Das Reichsministerium für Wiederaufbau hat fein« erste Einrichtung beendet. ES sind mehrere Abtellungen ge- bildet worden. Eine Abteilung behandelt di« unmittelbare Wirt- schaftliche Wiedergutmachung auf Grund deS Friedensvertrages einschließlich des Wiederaufbaus der zerstörten Gebiete NordfranlreichS und Belgiens , eine zweite die Ausgleichung von Forderungen und Schäden gegenüber den bisher feind- lichen Staaten, die Abwicklung der Liquidationen und die Entschädigung der Auslandsdeutschen. Daneben be- stehen allgemeine Abteilungen für Personal-, Finanz- und Recht?» fachen, sowie ein Geueralreferat für den Friedensvertrag.
Eia Mbeiterratsprozeß. Räch L7tägiger Verhandlung verurteilie das Gericht in Halle den unabhängigen Redakteur Kilian wegen Aufreizung zum Klafienhaß, FceiheiiSberaubung und Bildung bewaffneter Haufen zu drei Jahren Gefängnis. Acht Monate wurden auf die Unter- suchungshaft angerechnet. Dieser Sirafsatz kontrastiert in bezeich- nender Weise mir den Freisprechungen in den Prozefien wegen der Morde an Liebknecht , Luxemburg und a» den Matrosen. Renners Appell. O Dcc Pariser Reparationskommissio» erklärte Staats- kanzler Dr. Nenner, daß die Republik Oesterreich ohne irgend- ein Versäumnis ihrer Verwaltung binnen drei Wochen ohne Brot und Mehl sein werde. Wir können eS nicht wagen, nach Wien zurückzukehren, ohne Brot und Kredit mitzu- bringen. Die Welt würde eS dieser Negiernng niemals ver- zeihen, wenn fie nicht durch das freimütige Bekennt- « is der Lage des Landes die Menschheit vor der grauenhaf- testen Katastrophe gewarnt hätte. Ihr politisches Urteil kanu nicht zulassen, daß K Millionen verzweifelte Menschen ohne eigene Regierung den Mächten unweigerlich die schwie- rigsten militärischen und politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Ausgaben aufzwingen. Ihr menschliches Herz wird die Möglichkeit eines Massensterbens ohne geschichtliches Beispiel im 20. Jahrhundert der christlichen Zivilisation weit von sich weisen. Wir hossxu, daß die Reparationskommisiiau dem Obersten Rat jene Vor- schlä"« erstatten wird, deren Durchführung unser armes Volk retten und in den Stand setzen wird, die im..Vertrag" von St. Germain übernommenen Pflichten in rechtscha'scncr Weise zu erfülle«.___ Sankrott des Gberften Rates. Die englischen Blätter bringen Artikel über den Besuch Cle- menceaus in London . Der militärische Mitarbeiter des„Globe" schreibt: Der Besuch sei»in EreigniSvongroßerBedeutung, dem man sicher auch in Berlin Aufmerksamkeit schenken werde. Der Ober st e Rat in Paris habe nicht nur seine Fühlung mit der Lage im allgemeinen verloren, sondern auch seine Macht über die Politik zahlreicher Verbündeter einge- büßt. Der Augenblick sei gekommen, um einem derartigen Zu- stände ein Ende zu machen und dies könne nur durch eine ener- gische Führung, die der Welt geschlossen angekündigt wird, gc- schehen. Ein Mitarbeiter deS sozialistischen„D a i lh H e ra ld" schreibt- „Der Besuch ClemenceauS sei ein politisches Ereignis ersten Range? und gleichzeitig ein Musterbeispiel für das zähe Leben der alten GeZeimdiplomatie."
tine Stimme der Menschlichkeit. Der Bund der Kriegsteilnehmer unter den französische » Ab- geordneten faßte folgende Entschließung: .In Anbetracht der Tatsach«, daß die Zurückhaltung der Kriegsgefangene» uns in die Zeit der Sklaverei, die wir für immer ubertounden glaubten, zurückführt, einen unerträglichen Skandal bedeutet und eine offenbar« Umnachtung des mensch- lichen Gewissens darstellt, erheben wir mit Entrüstung Einspruch gegen die Gefangenhaltung unserer Kameraden aus den Staa- ten, welche unsere Feinde gewesen sind. Was Frankreich anbetrifft, so fordern wir die Kriegsteil- nehmer unter den Abgeordneten, ohne Unterschied der Partei, auf,«ine energische Aktion einzuleiten und zu verfolgen, um di« umgehende Heimsendung aller Kriegsgefangenen zu erlangen. Desgleichen wollen wir für die Befreiung gewisser Klaffen von Eingeborenen der Kolonien, z. B. der Madagassen, die widerrecht- lich unter den Fahnen festgehalten werden, eintreten." f Diese Entschließung wurde einstimmig gefaßt.
flmerika-Srsatz verlangt. Mit prachtvoller Klarheit haben die italienischen Sozialisten in der Kammer die Absicht aufgedeckt, die Clemenceau jetzt i» London verfolgt, wohin auch der italienische Außenminister Zcajola befohlen wurdc. Der Abg. L a b r i o l a sühne aus, Italien hätte die völlige Zertrümmerung der Mittelmächte verhindern müssen. Die europäische Lage sei heute vielleicht schlimmer als im Juli 181j. Die Lage Italiens gleiche eher der der Besiagtr» alS der Tieger. Abg. Cicotti sagte, Italien dürfe die jetzige Politi« des Verbandes gegen Deutschland nicht weiter mitmachen und ins- besondere nicht, wie es die französtsche Presse wünscht, an Stelle Amerikas vir Garantie für die französische SiegeSbeute über- nehme». England unv Frankreich züchteten durch ihre s» st e- malische Ausplünderung Deutschlands nur den deutschen Revanchegeift. Italien habe keinen Anlaß, an einer so ge- sährliche» Politik teilzunehmen, und die sozialistische Partei pro- tcstiere dagegen ans das allerentschirdenste. Uebcr den Inhalt der deutschen Antwortnote schreibt die „Deutsche Allgemeine Zeitung": Die deutsche Regierung will den Forderungen der Entente in der Frage des Schadenersatzes für Seapa Flow wohl ent- gegen kommen und wird Vorschläge machen über die Art unv Weise dieser Regelung. Zu diesem Zweck soll ja die Fachkommiüio», über deren Znsammensetzung noch verhandelt wird, nach Paris gehen. Dabei muß die deutsche Regierung auf ihrem Standpunkt beharren, daß die Auslieferung von 400 Ml To. Schwimmdocks usw. unmöglich ist und für Deutschland wirtschaftlichru Selbstmord bedeuten würde. Die Verhandlungen zur Bildung eine? bürgerlichen Kammer- blocks gegen die Sozialisten sind an der Weigerung der K l e r i- k a l e n g« s ch e i t r r t. Den„New Jork Times" zufolge erklärte Senator H i t ch c, ck, r hoffe, daß eS zu einem Ausgleich kommen werde, der die Rati- fikation rrmSgliche. Der Senator entwarf folgendrS Programm. von dem er sagte,«S fände bei den Anhängern des Friedensvertrags keinen Widerstand: 1. Die i n n c r c n Angelegenheiten der Bereinigten Staat:« fallen nicht unter die Rechtsgewalt des Völkerbundes. 2. Tie Monroelehr wird von den Bestimmungen des Bundes nicht berührt. 3. Wenn die Bereinigten Staaten in einen Streitfall mit irgcndriner Ratio»(England! Red.) verwickelt werben, die über Kolonie«, Dominien»der Landesteile mit Selbstverwaltung ver. fügt, von denen alle eine Stimme besitzen, so scheiden diese Stimmen au S. 4. Die Macht des Kongresse», Krieg zu erkläre«, bleibt ungeschmälert erhalten. 5. Der Völkerbund erhält keine Kontrolle über das «merlkanischr Herr und die amerikanische Flotte. ü. Dir Bereinigten Staaten sind, sollten sie die Absicht haben. aus dem Bund auszutreten, allein berechtigt, darüber j« urteilen, ob sie ihren Verpflichtungen nachgekounnr» sind. Wie d:r„Mann" aus New Jork meldet, soll Staatssekretär L a« s i u g die Absicht haben, zu demissionieren. Wege» der mexikanischen Frage sei eia Zwiespalt zwischen dem Staate- sekretäx und Wilsen ausgebrochen. Dieser habe während seiner ganzen Krankheit Lansing nicht ein einziges Mal empfang?«. Eine Clique mit dem Generalstaatsanwalt Palnier, dem Verwalter de» geraubten deutschen Besitzes, als Führer, soll jetzt die Macht haben. Danach hätte der zuerst von Wilson empfohlene BStterbuud dem Uncle Sam nix to srggrn. Und Frankreich rüstet! Die Verhaablnage« über de» Ankauf alles britischen, noch in Frankreich vorhandenen Krieg»- Materials durch Frankneich wurden rröffart. Streikbeenüigung in Amerika . Der Vorsitzende des BeigarbeilerverbandeS, Lewis, der« öffentlicht eine Erklärunq. in der er den Beschlutz aus Wieder- ausnahm« der Arbeit unler Hinweis auf die Jnieressen des amerikanischen Volkes rechtfertigt. Er habe da« Versprechen des Präsidenten, daß die Angelegenheiten der Grubenarbeiter schneller behandelt würden.
Rekchsörucksachen. Bon Hermann Widmer. Was ist Gabun ? Geniere dich nicht zu sagen:„Das weiß ich nicht". Denn, lieber Leser, so wird e» noch vielen gehen, die nicht gerade in der Geographie die erste Note gehabt haben oder Welt- reisend« sind. Also Gabun ist eine französische Kolonie am Kongo , bekannter unier dem Namen Französisch-Kongo . Sie wird wohl nicht gerade auf einer besonder« hohen Kulturstufe stehen, diese Negerkolonie, aber dem großen, alten, hochkultivierten Deutschen Reiche ist sie in einem wichtigen Kulturerzeugnis über, einem Kulturerzeugnis, daS nach Ferdinand Avenariu» die Visitenkarte eines Volke« darstellt, nämlich in der Briefmarke! Das müssen wir uns eingestehen, wir, die wir schon vor vierhundert Jahren einen Dürer und im letzten Jahrhundert einen Menzel hervor- gebracht haben! Und nicht nur Gabun ist uns über, sondern auch .Hawai , die Frdschi-Jnseln, Nyassa, Natal, Bahamas , von größere» Staatsgebilden gar nicht zu reden. Ja, man kann sagen: So häßlich wie die deutsche ist kaum eine Marke! Wie kommt das. wie ist daS möglich? So oft man aber einen Eingeweihten fragt: Wie kommt eS, daß ihr wieder so eine scheußliche Marke, so einen schauderhaften Geldschein herausgebracht habt, erhält man die Antwort: der Ent- wurs war gut, aber er ist uns auf dem Jnstanzemveg kaputt ge- macht worden! Wer die Erzeugnisse der ReichSdruckerei in den letzten Jahren beobachtet hat, konnte feststellen, daß sie immer geschmackloser wurden. Kaum eine Drucksache verließ ihre Presse, die man als restlos schön empfand, deren Entwurf aus einem Gusse war, und die einen einheitlichen ruhigen, künstlerisch befriedigenden Ein- druck mochte. Mit dem scheußlichen Hundertmarkschein von lOlO fing die Sache an. Wie schön war dagegen der altel Auf dem Uünfzigmarkschein von 1014 ist die Rückseite viel zu unruhig, und der Zwanzigmarkschein von 191b ist schön in den figürlichen Mo- tiven, aber auf der Vorderseite schlagen die viel zu kräftigen, an sich nebensächlichen Ornamente alles tot. Und auf der Rückseite ist die Einfassung der Figuren langweilig und hölzern. Der gut gezeichnete Zwanzigmarkschein von 1913 wirkt als Gesamteindruck zu monoton, imd in dem Fünfzigmarkschein vom 18. November 1918 ist ein Gipfel der Geschmacklosigkeit erreicht, der nicht mehr überboten werden kann. Der soeben herausgekommene neue Fünf- zigmarkfchem vom 24. Juni 1919 ist zwar ein wenig besser, be- friedigt aber in künstlerischer Hinsicht auch wirbt recht. Die Rückseite zeigt eine etwas gesuchte Originalität, und die Vorderseite ist wieder reichlich monoton. DaS Puppenköpfcheii rechts mit dem fenti- mentalen Sternenhintergounts würde besser auf eine Zigarrenkiste passen. Mit den neuen Flugpostmarken kann die ReichSdruckerei auch keinen Staat machen, sie sind unter mittelmäßig! Wie kommen diese Dinge nun zustande, wer ist für fie ver- anvvortlich? Hier liegt der Hase im Pfeffer! Ein Mann, der für sie künstlerisch verantwortlich ist, fehlt! Die Scheine oder Marken werden bestellt von einer anderen Reichsbehörde, also z. B. von der Aeichsbank oder dem Reichspojrministerium. Und NU» kommt da» Komische: diese Behörde tritt in jeder Hinsicht als
Besteller auf, und ckbschon sie bei sich keinen Sachverständigen in Äunstdingen hat, nörgeln und kritisieren die Post- und Finanz- menschen anscheinend so lange an den Enttvürfen herum und be- fehlen deren Abänderung, bis sie gründlich verdorben sind. Sie vergessen ganz, daß ja nicht sie die Besteller sind, sondern daZ Deutsche Reich, das deutsche Volk, und daß sich das deutsche Volk blamiert, wenn derartig verbreitete repräsentative Arbeiten schlecht und häßlich ausfallen. Aber nicht nur, daß dieser herrliche Instanzenweg schuld ist, daß gute Entwürfe verdorben und in schlechte Drucke umgewandelt werden, er ist auch schuld, daß noch viel bessere einfach unter den Tisch fallen und gar nicht auSge- führt werden. Ich kenne z. B. einen Entwurf zu einer Brief- marke von Prof. Arthur Kampf , der geradezu wundervoll ist. Er stellt einen naturalistischen, also gemeinverständlichen, aber außer- ordentlich monumental aufgefaßten sitzenden Adler dar, von einer Schönheit der Komposition, die nicht alltäglich ist. Wenn diese Marke ausgeführt worden wäre, brauchten wir kein teure» und umständliches Preisausschreiben, wie eö jetzt geplant ist, daS wieder Tausende von Künstlern zu überflüssiger Arbeit veranlaßt, um zwei oder drei Entwürfe zu erhalten." Und wir hätten doch eine der schönsten Marken der Welt. Natürlich haben sich diese Behörden einer Künstlerkommission lose angegliedert; aber entweder werden die Heiren nicht immer gefragt, oder sie haben nicht das nötige Interesse, oder e» trifft das Wort zu, daß eben viele Köche den Brei verderben, was bei den heutigen gegensätzlichen Kunstströmungen nicht weiter wunderbar wäre. Wie dem auch sei, so kann es nicht weiter gehen! Hier muß ein Mann her.«in Künstler von Geschmack,' der für die künstlerische Seite dieser Tinge verantwortlich ist. Die ReichSdruckerei war lange Zeit für die Privatindustrie vorbildlich. Heute ist sie von vielen Firmen, die beispielsweise in großem Maßstab« Nektamedrucksachen herstellen lassen, also Privat. druckereien und Plakatfabriken, aber auch Zigaretten-, Keks- und chemischen Fabriken im Punkte deS künstlerischen Gesckimacks längst überflügelt. Aber bei allen diesen Firmen fitzi ein Künstler, der die Drucktechniken kennt und der für die künstlerische Qualität die Verantwortung hat. Diese Methode hat sich in der Privat. Industrie durchaus bewährt sich spreche aus persönlicher Erfahrung). und sie würde sich vermutlich auch bei der ReichSdruckerei bewähren. Eins ist klar: Die Unzulänglichkeit des heutigen Zustande? wird allgemein empfunden. T«S beweist auch der Antrag Dr. Pfeiffer und Genossen, der von der Nationalversammlung angenommen wurde, und der die ReichSregierun« ersucht,„in allen gesetzgebe- rischen Fragen, bei denen eine künstlerische Aufsassung in Betracht kommt, die Mitwirkung geeigneter Sachverständiger zu sichern." Fangt bei der Reichsdruckerei an, dort ist«S am nötigsten! Und laßt dann diesen Mann bzw. die ReichSdruckerei die Verantwortung tragen, gebt ihr entsprechende Befugnisse gegenüber den „Instanzen"! Sonst wird sie unter der neuen Direktion kaum Besseres leisten können als unter der alten. »• • Zur Erlangung guter Entwürfe fürneuedeutscheBrief- marken veranstaltet daZ Reichspostministerium«inen allgemeinen öffentlichen und einen beschränkten Wettbewerb. Die Bedingungen für bat nllaeaiciawn Wettbewerb, der«tt Poeije» in Gesamt»
betrage von etwa 14 000 Mark ausgestattet ist, können beim Reichs- postmuseum, Berlin W. öS. Leipziger Straße Id. schriftlich bestellt oder persönlich entnommen werden. Di« Entwürfe müssen spätestens am 2. Februar 1920 beim Reichspostministerium vorliegen.
Eduard Erdmann . Ein ultramodernes Konzert ist von der „Neuen Musikgesellschaft" in der Singakademie angesetzt. Wir freuen uns des HerauSbegehrenS aus alten Fahrstraßen und er- warten eine Sensation des Großen, Langweiligen oder Skurtlen. Eine Mischung wivd's, aus der endlich aber ein neuer Geist her- auLklingt, der un? fesselt. S k r i a bi n S, deS Russen Sonate op. 53 macht den Anfang. Sie ist nicht zahm, nicht geschmeidig, drängt sich mit kräftigem Trotz an unser Ohr und prallt ab. Mo- tivische Arbeit, fantasieförmige. nicht schulgerecht« Verarbeitung be. lehrt mehr, al? sie erleben macht. Aber«in Nerv ist in Erregung, S ch ö n b e r g. op. 11, drei Klavierstücke. Vorgetäuschte Ein- falt und Kindlichkeit im Enttourf läßt auf gefährliche Emanationen falt und Kindlichkeit im Entwurf läßt auf gefährliche Emauutioncn schließen. Und die kommen mit allen Waffen des Angriff« auf Herz, Gehirn, Stilgefühl, Ohr und Empfinden. Ist es da» grim- mige Abwälzen niedrigen Alltag? durch einen Genius, ist es das Getue eines Hochstaplers, der die Welt nun einfach umharmonieren will? ES scheint eine Apotheose der Unstimmigkeiten, der Dissonanz, der Widerborstigleiten, der Gehör-Attentate. Und nirgends Ruhe, die Ersatz böte, nirgends Klarheit und Notwendigkeit der Form, nirgend» Wiedererkennen melodischer Bindungen, rhythmiscber Fi- gurcn. Zuletzt B u s o n i S kantssin contrapunctistica. Ein Meisterwerk, gedanklich vollgepfropft voll innerlicher Reibungen, die for- mal motiviert, also richtig und künstlerisch sind, glänzend in der Steigerung des Baues, unsinnlich, aber temperamentvoll und mit tadellos sauberer Feder hingeschrieben. Diese Sonate in ihren 12 festen Teilen kann nicht mehr fesseln. als der junge Künstlet, der sie spielt. Ein baumlanger 20jähriger Mann, der mit fabelhaftem Gedächtnis den verschlungenen Wegen dieser Madonna nachgeht. Und er wandelt nicht, wie ein Blinder, er ist sehend und nachfühlend geworden, wo wir anderen selbst beim Hören nur leise nachtasten können. Er hat wohl die tiefere Be- Ziehung zu all diesen ultramodernen Zeitgebilden, er spürt nichts mehr von Irrwegen und Irrlehren, er wird mit untadeliger Spiel- sicherheit und lodernder Begeisterung, ja, mit höchst gesteigerter seelischer Kraft der geniale Permittler der Madonna. Dies scheint sein Beruf, dies seine Mission, di« er erfüllen wird. Einer von den wenigen lebenden Musikern unter den Pianisten, ein Könner. Er gehe seinen Weg, gerade und mit dem Blick zu seiner Sonne. Sticht sie uns heute noch in? Auge— morgen leuchtet fie uns vielleicht. Und in ihrem Glanz prangt der Name: Eduard Erdmann . Kurt Trick) Menrcr Nest am Sonntag, den 14. d. M..',',12 Ubr. in einer Morgenfeier der Ltitermifchen Gesellschaft, Berlin -Eharlattenburg, »enthiner S trage tS I, feine Gedichtreih«.Gesang im geueroteu". Karten an der Kasse. Ludwig«lüllurr gibt seinen am v. November abgesagten Bortrage. abend im Beetdovensanl am 18. Dezember. Muftk. DaS tünste SonntagS-MittagSlonzert im Schiller-Theater, Shaviollendmg, Mittag» 12 Uhr, bietet et» W azaet-s'