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Nr.641. 36.Jahrg.

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Morgen- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt

15 Pfennig

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Die achtgefpaltené Stonpareillegeile loftet 1,80 M., Teuerungszuschlag 60%- Kleine Anzeigen", das fett­gedruckte Wort 75 Bfg.( zulässig zwei fettgedruckte Borte), jedes weitere Wort 50 Pfg. Stellengesuche und Schlafftellenanzeigen bas erste Wort 65 Pfg., jedes weitere Wort 40 Pfg. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Teuerungszuschlag 50%- Fantilien Anzeigen. politische und gewertschaftliche Vereins Anzeigen 1,60 E Die Beile. Anzeigen für die nächste Nummer milen bis 5 2hr nachmittags im Hauptgeschäft, Berlin EW 68, Lindenstraße 3, abgegeben werden. Geöffnet von 9 Uhr früh bis 5 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 15190-15197.

Siedlung.

Dienstag, den 16. Dezember 1919.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Moritplass, Nr. 117.53-54.

Anerkennung Jrlands?

Eine amerikanische Aktion.

Im Ausschuß des Repräsentantenhauses wird ein Antrag 3 wangspachtung sind für den Besizer keine ange­

Der Wunsch Tausender, die siedeln wollen, Bachtland beraten ,, einen verlangen oder ditrch Hinzupachtung oder fauf ihren Klein­besitz vergrößern wollen, wird im neuen Jahre erfüllt wer­

Gesandten bei der frischen Republik

Baltikum - Ende.

den können. Die Reichssiedlungsordnung ist be- zu ernennen. Man begründet ihn mit dem Selbstbestimmungs­reits Gesez und die Preußische Landesversammlung hat am recht Irlands , das auch die Freiheit der Meere sichern würde. Montag das Ausführungsgeje hierzu verabschiedet. Diese Aktion soll wohl die bereits angekündigte Gewäh­Das R. S. G. bestiumit mun, daß die Bundesstaaten verrung der Selbstregierung an Irland beschleunigen und bis zur bflichtet sind, gemeinnüßige Siedlungsunterneh Selbständigkeit erweitern. mungen zu begründen, wo solche noch nicht bestehen. Bei neuen Angriffen auf Polizeistationen in Irland wur­Diese haben die Aufgabe, neue Ansiedlungen zu schaffen fo- den vier Polizisten getötet. pie die bestehenden Kleinbetriebe bis zur Größe einer selbständigen Adernahrung zu heben und den Land: arbeitern Bachtland zu beschaffen. Zu diesem Zwed ist den gemeinnützigen Siedlungsunternehmen ein Vorver- Die Eisenbahn bis zur deutschen Grenze ist an die Litauer faufsrecht zugestanden bei Gebühren-, Stempel- und Steuer- übergeben worden. Die deutsche Legion " ist vollzählig diesseits der freiheit. Zur Lieferung von Band ist der Großgrund. Grenze. Der Bahntransport ins innere Deutschland beginnt. Bon bejiz und, mit gewiffen Einschränkungen, auch die Do der Eisernen Division" sind nur noch schwache Abteilungen jenseits mänen verpflichtet, der bis zu einem Drittel der der Grenze. Diese werden am Montag die Grenze überschreiten. Iandwirtschaftlichen Nugfläche hergeben soll, Der Abtransport der Eifernen Division" in das innere Deutschland soll nach einigen Ruhetagen beginnen. wobei die landwirtschaftliche Betriebszählung von 1907 au­Auf dem Programm der neuen Ulmanis Regierung Lettlands steht grunde gelegt wird. u. a. der Stampf gegen Sowjetrußiand, das sein Gebiet bedrohe, und Die Landlieferer werden zu Landlieferungs- die Herbeiführung des Friedenszustandes mit Deutschland . berbänden zusammengeschloffen, die geeignetes Land für einen angemessenen Preis an die gemeinnüßigen Siedlungs­unternehntingen zu liefern haben. Als angemessen gilt der gemeine Wert und nicht die durch den Krieg verursachten außerordentlichen Preisverhältnisse. Im Streitfalle ent­fcheidet die Spruchbammer des Landeskulturamts.

Die Wirtschaftskrise Frankreichs . Der bekannte französische Nationalökonom Charles Gide ist von der Humanité" befragt worden, mit welchen Mitteln die gegen Auch die Enteignung ist zulässig, und zwar auf wärtige Wirtschaftsfrise Frankreichs befämpft werden Antrag des Siedlungsunternehmers oder des bonne, insbesondere die Entwertung des französischen Geldes. Gide Landlieferungsverbandes oder der Land- antwortete, die Gesundung der französischen Wirtschaft sei nur gemeinde. Leptere, wenn das nötige Bachtland für dadurch möglich, daß ein Teil des Goldes wieder in Umlauf gefekt Bandarbeiter nicht bereitsteht; wobei auch 3wangspach­werde und zugleich die handelsbeziehungen tung zulässig ist. Deutschland und mit Rußland wieder hergestellt werden.

Hamburgs Kohlennot.

mit

In erster Linie sollen solche Güter für Siedlungszwecke verwendet werden, die während des Krieges erworben sind bon Personen, die die Landwirtschaft nicht als Haupt­beruf betreiben( Seriegsgewinnler). Ferner Güter, die als ( Eigener Drahtbericht des Vorwärts.) Spekulationsobjekte dienten oder solche, die vom Besizer Die immer größer werdende Kohlennot der Kohlenwirt­nicht selbst oder schlecht bewirtschaftet menden, und schließlich schaftsstelle in Hamburg hat zu erneuten Maßnahmen veranlaßt. Güter, die einen ungewöhnlichen Umfang haben. Dagegen Bon heute an werden die Theater und öffentlichen Be. follen Mustergüter, die in wirtschaftlicher wie sozialer triebe aller Art von Uhr abends ab tein elettri­Hinsicht vorbildlich wirken, möglichst geschont werden.

sches Licht mehr erhalten. Heute wurden die Betriebe der Straßenbahn und der großen Lichtversorgung Hamburgs so­Das Siedlungsunternehmen hat ein Wiederkaufs- wie auch die gesamte Industrie von Hamburg , Altona und Wands­recht an die von ihm begründete Siedlerstelle, wenn der bek vom Leitungsnes der elektrischen Werke wiederholt abgeschnit­Ansiedler sie ganz oder teilweise veräußert oder aufgibt, oder ten. Die Bekanntmachung der Kohlenwirtschaftsstelle schließt mit wenn er sie nicht dauernd bewohnt oder bewirtschaftet. Die der Miteilung, daß man sich noch auf weit schwierigere Berhältnisse Siedlerstellen sollen eben feine Spekulations. gefaßt machen müffe.

objekte sein. Das preußische Ausführungsgesetz§ 35

sieht dies bor . Dem früheren Eigentümer steht auch ein

Wiederkaufsrecht zu, wenn das Siedlungsunternehmen das mungswechsel notwendig, so müssen auch die Umzugskosten erworbene Grundstück nicht innerhalb zehn Jahren für bezahlt werden. Siedlungszwecke verwendet.

bor ; hier im Bandtage galt es zu retten, was zu retten mar bei der Ausführung des Gejeges. Enteignung und nehmen Aussichten, und selbst die Entschädigungen, die sogar angemessen sein sollen, helfen ihn nicht über das bittere Gefühl hinweg, daß er sich von einem Teil seines Besitzes trennen soll. Der Großgrundbesib, insbesondere der junfer­liche, aber mag sich trösten mit den von ihm früher geleg ten Bauern, die auf keinen angemessenen Kauf­preis Anspruch hatten. Wenn nun der Großbesitz einen Teil seines Zuvielen, opfern muß an die Vielzuvielen, die wenig oder gar nichts haben und dafür noch angemessen be zahlt bekommt, dann braucht er fich über die rädjente Nemesis wahrhaftig nicht zu beklagen. M. Paezel.

Die Londoner Besprechungen.

Die vorliegenden Meldungen über die Besprechun­gen, die in der Downing Street in London stattfanden, zeichnen sich nicht übermäßig durch Klarbeit aus. Für Deutsch land sind die Ergebnisse der Beratungen deshalb von besonde­rem Intereffe, weil von ihnen wesentlich die Haltung der Alliierten bei der Durchführung des Friedensvertra ges abhängt. Der amtliche Bericht sagt darüber nichts. Es ist ein Stabinettstück der Geheimdiplomatie und verkündet, daß die Konferenz sich durch außergewöhnliche Herzlichfeit auszeichnete" und daß über alle Fragen ,,, vollkommene Ueber­einstimmung erzielt" wurde. Es ist also dem äußeren Anschein nach alles in bester Ordnung. Der New York Herald " zählt in seiner Pariser Ausgabe folgende Beschlüsse auf, die in London gefaßt worden sein sollen:

1. Es wurde festgestellt, welche der a meritanifden Vorbehalte für die europäischen Alliierten annehmbar seien und welche nicht.

2. wurde für Frankreich , Italien und England eine neue Erklärung abgegeben, die besagt, die Mächte feien fest ent= schlossen, bon Deutschland die unbedingte Durchführung des Friedensvertrages ohne Aenderung zu verlangen, und falls Deutschland sich weigern sollte, es mit Gewalt dazu zu zwingen. Von amerikanischer Seite soll erklärt worden sein, daß auch die Vereinigten Staaten bereit wären, mit den übrigen. Alliierten in dieser Hinsicht zusammenzuarbeiten, und wenn nötig, mili. tärische Hilfe zu leisten.

3. wurden wichtige Beschlüsse bezüglich der adriatischen Frage gefaßt. Der italienische Minister des Auswärtigen wurde von dem Plan der Alliierten in Kenntnis gesezt und wird ihn in Rom dem Ministerrat vorlegen.

4. wurde zwischen Frankreich und England ein Finanz­abtommen getroffen. Danach wird den Banten erlaubt, Kredite für längere Termine zu gewähren, um dem fran­ zösischen Wirtschaftsleben wieder aufzuhelfen.

5. wurde eine Grundlage für einen endgültigen Verband zivischen Frankreich und England geschaffen, dem auch Italien beitreten soll, falls Amerifa in seiner neutralen Hal­tung verharrt.

6. wurden Beschlüsse gefaßt, die die Möglichkeit eines raschen Friedensschlusses mit der Türkei gewährleisten.

7. wurde die bereits bekannte Errichtung des Rates der Ministerpräsidenten beschlossen, zu dem auch, wie man hofft, ein Vertreter der Vereinigten Staaten hinzutreten soll.

Geht schon daraus hervor, daß man sich der Haltung Ameritas durchaus nicht so sicher ist, wie der amtliche Bericht es darstellt, so lassen die Meldungen aus Italien er­fennen, daß man dort nicht gesonnen ist, das Ränkespiel einer neuen Allianz mitzumachen. Italiens Stellung.

Der Zweck der Siedlung ist nun gewiß nicht der, nur den Pachtland für die Landarbeiter bereitzu- Landhunger der Vielen zu befriedigen, die nur die gute Mei­stellen, ist die Aufgabe der Landgemeinden oder Gutsbezirke. numg von sich haben, zum Siedler bestimmt zu sein. Die Randarbeiter im Sinne des Gesezes ist derjenige, der stän Menschen sollen aufs Land, die auf dem Lande ansässig dig im landwirtschaftlichen Betrieb seines Bezirkes beschäf werden wollen. Ihnen bei ihrer gewiß barten und tigt ist. Einem solchen Arbeiter soll Gelegenheit gegeben schweren Arbeit ein gesichertes und austömmliches Leben er­werden, gegen angemessene Entschädigung Land zur Neuzung möglicht werden. Der Zwergbetrieb mit seinem Sunger­oder für den Bedarf des Haushalts zu pachten. Dieses Land dajein neben dem unabsehbaren Großbesig ist ebenso un­muß nach Beschaffenheit und örtlicher Lage dazu geeignet natürlich wie der vollständig besiglose und darum an der sein. Zur Hergabe des Landes ist in erster Linie der Ar. Bewirtschaftung uninteressierte Bandarbeiter im Dienste beitgeber verpflichtet, bei dem der Arbeiter beschäftigt seines Herrn. Und da das sozialdemokratische Ideal: die ist. Durch dieses Bachtland gerät der Arbeiter aber in fein Gemeinwirtschaft, auf dem Sande noch sehr wenig Der römische Mitarbeiter des Avanti" teilt mit, daß man Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber. Diese Bachtver- Eingang gefunden hat, so müssen wir uns mit der Abficht immer bestimmter mit einer Beteiligung Italiens an träge sind vielmehr schriftlich und gesondert von Lohn der gefunden Mischung von Groß-, Mittel- und einem französisch- englischen Defensivbündnis rechne. Als Kompen und Arbeitsverträgen festzusetzen. ft Land gut. Slein befi abfinden. Der Zweck der Siedlung ist die fation würde Italien freie Sand in der Adria erhalten. Avanti" willig nicht zu erhalten, so kann die Gemeinde durch Enteig- Versorgung Deutschlands durch Eigenwirtschaft. Die fordert die Regierung auf, fofort Erklärungen darüber abzu­nung oder Zwangspachtung zwangsmäßig vorgehen. Die 200 000 bis 300 000 Familien, die angefiedelt werden sollen, geben. Die fozialistische Fraktion müsse der Regierung außerdem Anordnungen hierzu werden vom Vorsteher des Kulturants sollen uns mehr Nahrungsmittel schaffen. Zu diesem Zwed mit der größten Energie Klarmachen, Baß sich die gesamte Ar­getroffen. sollen auch die 655 000 Hektar Moor- und Oedland in beiterschaft gegen eine solche politische Bindung Von großer Bedeutung für die Bandarbeiter auf Weide- und Aderland verwandelt werden, um Milch und wenden und einen etwaigen Bertrag für null und nichtig folchen Gütern oder Domänen, die besiedelt werden, ist auch Fleischquellen der Städte zu sein. Und dies könnte in abseh- halten würde. die Bestimmung im preußischen Ausführungsgesetz, daß barer Zeit geschehen, wenn der Krieg nicht auch hier wie In einer Kammerrede beftritt Nitti, daß die Regierung zur­die Arbeiter auf Wunsch nach Möglichkeit in Eigen- oder überall die Vorbedingungen zerstört hätte. Geld, Kohle, seit über den Abschluß internationaler Berträge verhandle. Sein Bachtstellen anzusiedeln sind. Ist dies nicht möglich Materialien fehlen, und an diesem Mangel wird manches Bertrag, der bindend für die Zukunft Italiens sei, würde ohne und Arbeiter und Angestellten werden arbeitslos, so muß Siedlungsunternehmen heute scheitern. Man wird sich also Befragung der Kammer gefchloffen werden. Ebensowenig ihnen eine entsprechende anderweitige angemessene Beschäf- zunächst auf das schon erschlossene Land beschränken müssen. dente die Regierung daran, der Entscheidung über die Sollfrage tigung nachgewiesen werden. Andernfalls muß ihnen das Die Verabschiedung des Ausführungsgesebes in der durch Einführung von Schutzöllen auf dem Wege eines königlichen Siedlungsunternehmen bis zu einem halben Jahre eine Breußischen Landesversammlung ist gewiß eine ebenfolche Erlaffes vorzugreifen. Die für die Uebergangszeit notwendigen Unterſtüßung gewähren, die nicht weniger als dreiviertel des Schwergeburt wie das R. S. G. im Reichstage. Dort aber Sollmaßnahmen würden ebenfalls vorher dem Parlament zur Ge. entgangenen Arbeitsverdienstes betragen darf. Ist ein Woh- lag als Nichtschnur die Verordnung vom 29. Januar 1919 nehmigung vorgelegt werden.