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die danziger Warnung. Aus Dan zig wird iins geschrieben: Don Schneidemühl bis in die Nähe von Riga erstreckt sich der neue Balkan des Ostens, den die stegestrunkenc Entente geschaffen hat, um die Wiederaufrichtung Deutschlands durch eine irgendwie geartete Verbindung mit Rußland für ewig zu verhindern. Deshalb ist es für die heutsche Sozial- demokratie allgemein von größter Bedeutung, welche Politik die Partei in denjenigen deutschen Gebieten treibt, die Teile jenes Balkans geworden sind oder eS in allernächster Zeit durch Abtrennung werden sollen. Das herb st e Geschick steht in dieser Hinsicht dem alten urdeutschen Danzig bevor. daS. nach der Abtrennung vom deutschen Mutterlande, eine..Freie Stadt", eingeschnürt von Polen und beherrscht durch Ensiland, werden soll. Hier. wo sich fast alle kapitalistischen Kräfte international kreuzen werden und schon kreuzen, hätte die praktische Politik der So- zialdemokratie sich glänzend betätigen müssen. Leider ver- kannte die sozialdemokratische Partei DasizigS so sehr ihre historische Aufgabe, daß sie sich vor wenigen Wochen in einer „Vereinigung" ganz den Unabhängigen ver- schrieb. Man bildete in einer DertraucnSmännerveri'amm- lung. die in ihrer Mehrheit auS Unabhän- g i g e n b e st a n d. mit Rücksicht auf die am 14. Dezember stattfindenden Stadtverordnetenwahlen eine neue »Sozialistische Partei", die sich grundsätzlich auf den Boden der „Diktatur des Proletariats " stellte. Dem„Vorwärts" wurde leider auS Danzig berichtet, daß hie Diktatur nur als Möglichkeit— mit„soll"— in daS neue Programm aufge- nommen worden sei. Tatsächlich steht darin jedoch wörtlich. daß die Tikratur gegebenenfalls.ausgeübt werden muß"! Zugleich mit dieser Radikalisierung, die die völlige Absage an das demokratische Programm der Partei bedeutete, ging eine— Nachgiebigkeit gegen die polnischen Anmaßungen, die schwer verständlich ist. Die dreistesten Fälschungen, durch die der neue„Dziennik Gdanzki" Redner des letzten Parteitages des Freiftaatsgebietes angriff, wurden wortlos übergangen. Ucber diese Politik fand nun am Sonntag, den 14. De- zember. bei der Swdtverordnetenwahl eine V o l k s a b st i m» m u n g statt. Sie ist so ausgefallen, daß die Sozialdemokratie des gesamten deutschen Ostens sie beachten muß. Vor allem andern ist bemerkenswert das über alle Erwartungen u n g ü n- stige Resultat für die„Sozialistische" Diktaturpartei. Wahrend die Sozialdemokratie bei der Nationalwahl von 107-850 Stimmen,\ mit Eincechnung der wenigen unabhängi- gen. 46 482 Stimmen erhielt und bei der preußischen Landes- wähl immer noch 40000 Stimmen erzielte, konnte die„So. zialistische Partei" jetzt von 89236 Gesamt st immen nur 27257 Stimmen, also noch nicht ein Drittel und wenig mehr als die Hälfte der Stimmen des Januar, fest- halten. Von 66 Stadtverordneten erhält sie, m hoffuungS- loser Minderheit, nur 20 Sitze. Dieser Rückgang ist beispiellos und drückt der Wabl den Stempel auf. Das markanteste Gegenstück ist die Tatsache, daß die„Deutschnatronalen" seit der Na- tionolwahl noch 3000 Stimmen gewannen und als zweit- stärkste Fraktion 14 Stadtverordnete erhalten! Die Zen- t r u m S p a r t e i verlor anscheinend zwar 6000 Stimmen,. Dieser„Verlust" ist jedoch darauf zurückzuführen, daß die Polen setzt eine eigene Liste aufstellten, die 7300 Stimmen und 5 Stadtverordnete erhielt. ES liegt hier also nur ein Wähleraustausch zwischen Polen und Zentrum vor. Im übrigen l>at die Wahl daS unerschütterliche Deutschtum der Bevölkerung DanzigS festgestellt. Die Polen können mit Ententegeldern wobl Danziger Hotels und Grund und Boden, aber nicht die Seele der deutschen Einwoh- ner kaufen. Die Demokraten nahmen anscheinend seit der Na- tionalwabl um 16000 Stimmen ab.- Ihre jetzigen 12 000 Stimmen und 9 Stadtverordnete täuschen jedoch über ihre Stärke. Denn von ihnen splitterte sich unter dem alten de- wakratischen Ttadtverordnetenvorsteher Justizrat Dr. Äernth eine„Freie Wirtschaftliche Vereinigung" ab, die es auf 13 000 Stimmen und 10 Stadtverordnete brachte. So schwer hat es sich g e r ä ch t. daß die Danziger T o• zialdemokratie den abschüssigen Weg d�erDik- tatur gegen die Demokratie gegangen ist. Die Wählerschaft nahm schroff gegen den Terror der Diktatur und die nationale Indolenz Stellung. Damit zeichnete sie klar die Wege, die die Sozialdemokratie deS Ostens gehen muß: die demokratisch- üriialistische Politik der Verteidigung deS Deutschtums der der KöngSberger Oberprästdent Genosse August Winnig. stet? das Wort geredet hat. ES ist dieselbe Politik demokratischer Ehr- lichkdt. zu der in diesen Tagen auch die Genossen Ministerpräsident Hirsch und Minister Wolfgang Heine im ostdeutschen Abstimmungsgebiet aufgerufen haben.
verhanülungen in Sicht. Die deutsche Antwortnote scheint in der franzSstsche» Oeffent- lichkctt nun endlich de« Eindruck hervorgerufen z» haben, daß ein vrberspannr« de» Bogen» gegenüber Deutschland da»« führen könne, daß alle EntschädlgnngShoffnnngr» Frankreich » durch eine Erdrosselung Deutschlands in» Wasser falle«. Die Vartfer Presse befaßt sich deswegen in einer allgemeinen nüchternen und für Deutschland günstigen Sprache mit der deutschen Antwortnote. „Matin" meint, e« sei wenig wahrscheinlich, daß man ohne weitere» die EntschSdignngSmodalitätcn annehmen werde, dir dir Deutschen vorschlagen. Wenn aber die Alliierten sich da»« vre- stehen sollten, ihre«rsprüngliche« Bedingungen z» mildern, so würden dir Milderungen auf keine» Fall den Charakter eine» Kom.- promtssr» haben. „PetitJnnennl" fallt, wenn bewiesen wllrde, wie dir dentfche Note r» behaupte, daß die Ausführungen der Fordrruagra Deutsch - land in die Unmöglichkeit versetze, die anderen verpslichtungea, dir ihm der Friedensvertrag auserlegr,»u erfüllen, dann würden die Alliierten, wie sie e» versprochen hätten, ihre Fardernngen mildern. »Petit Partften" meint, e« steh» setzt schan fest, daß e» unmöglich wäre, di eFragr von Seapa Flow zu regeln, ohne maritime Sachverständige zu höre». Eine gewisse An- zahl Techniker fei deshalb»nr Sitzung von heute vormittag lade». Nachdem mau ihren Nat angehört, scheine es«» v e r- «eidlich, daß man sie mit de» dentsche» Sachverständige» zu» sammenbringe. Ja keine« Falle könae aber die Disknssio«»ach sehr lange daner«, und dieRatifigiernngdeS Friede ty», Vertrages dürfe annmehr al» sehr nahe bevorstehend bezeichnet werde«. »H o m m e L i b r e* ist auch der Anficht, daß nunmehr der Friedensvertrag von BersaillrS baldigst in Kraft trete« werde. „Figaro" sagt, der deutsche Borschlag fchrint a priori nicht unannehmbar. »G a« l» t S" ist der Ansicht» daß die Sachverständigen de« Wert der deutschen Argumente zu p r ll s e n hätte«. In der»Lauter« e" erklärt OedipnS, wenn die Dinge sich s» verhielten, wie Deutschland sie in seiner Rote auseinandersetz«. Hann seien die Alliierte« moralisch verpflichtet» die positiven und detaillierten Vorschläge der Spezialisten von Hamburg über einen anderen Modus der Wiedergutmachung anzuhören. Die neue deutsche Delegation zur Besprechung der Wied.'rgntmachungZangelegenheit für die Bersenkung der Flotte in Scapa Flow ist Tienstagmorgen in Paris , eingetroffen. Di« Delegation begab sich vom Gare du Nord sofort nach dem deutschen Bureau in Pari». Tie Menge betrachtete die Delegation»eugierig, enthielt sich aber seder Kundgebung.
der demokratentag.
Der Parteitag der Deutschen Demokrati - scheu Partei hat am Montag seine Veratungen g t» schlössen, nachdem er das.Grundsatzprogramm" im Grundsatz angenommen und eine Redatttonskommmisston de- auftragt hatte, seine Schönheitsfehler noch herauSzukorrigieren. Die Schaffung eine«„Aktionsprogramms" ist einer späteren Gelegenheit vorbehalten worden. Der Parteitag war. abgesehen von einer tiefer schürfenden Rede des Unterswatssekretärs Dr. Troeltsch. ziemlich arm an anregenden Momenten. Durch den gedämpften Beifall, den ihm die demokratische Presse spendet, klingt denn mich deutlich die Sorge um eine bisher nicht vorhandene Führerschaft hervor. Der latente Gegensatz zwischen der privatkapitalistisch«« Richtung GotheinS und der durch den Tod des Führer» ver- waisten Richtung Naumann trat stellenweise in Erscheinung. ohne daß eS jedoch darüber zu besonders leidenschaftlichen Erörterungen gekommen wäre. Solche hätten bei.der Er- örterung deS BctricbSrätegesetzeS und des Reichs- n o t o p f e r S einsetzen können; man hat eS jedoch vorgezogen, um diese Gegenstände recht vorsichtig herumzugehen. Als positives Ergebnis bleibt das erneute Bekenntnis zu dem Willen, auf dem gegebenen Boden der republi- konischen Verfassung für den Neuaufbau deS Reiches zu arbeiten. Auf diesem Boden will die bürgerliche Demo- kratie eine Mittelpartei bleiben, die zwischen den ge- gebenen Extremen tastend ihren Weg sucht. So ist die Klage der demokratischen Presse über den Mangel an Führerschaft in tieferem Sinne berechtigt, als sie selbst wahr haben will. Denn nicht nur fehlen der Partei die führenden Persönlichkeiten. sondern eS mangeln ihr al» Ganzem auch die Eigenschaften, die sie zu einem richtunggebenden Faktor der deutschen Politik geeignet machen würde. Zwischen das nationalistische Pathos der Rechten und die sozialen Ziele der Linken gestellt, fehlt ihr die eigene zündende Parole, fehlt ihr auch eine große
volkstümliche Forderung des TageS, für die sie geistiges Eigentum beanspruchen könnte. Sie hätte in dieser Beziehung vom englischen Liberalismus lernen können, der sich durch seine Elastizität trotz aller Schäl fe der sozialen Gegensätze bis in die letzte Zeit hinein als Führer des politischen Volkslebens erwiesen hat. Aber vielleicht liegen die Ursachen ihres VersagcnS doch tiefer, sind durch den Weltkrieg die sozialen.Gegensätze schon zu einer Höhe, gediehen, auf der sich für das Wachstum einer Mittel- Partei kein tragfähiger Boden mehr findet. Skandale bei üer Prämienanleihe. Die erste deutsche Anleihe seit Kriegsende ist abgeschlossen. Sie hat 8.8 Milliarden Mark gebracht. ES ist verkehrt, dieses unerwartet niedrige Resultat zu beschönigen. Wir haben uns mit ihm abzu- finden. Die kapitalkräftigen Kreise der Bevölkerung sind an der Anleihe nur schwach beteiligt. 79 Proz. aller Zeichnungen stammen von kleinen Leuten. Vielleicht ist das zum Teil der Erfolg der Propaganda für diese Anleihe; sie bildet ein dunkles Kapitel. Die Millionen von Druckschriften, die als Reklame für die Sparprämicmanleihe ins Land geschickt wurden, klangen alle in dem Satz aus: zeichne und du wirst Millionär! Hier wurde nicht an die sittliche Pflicht der Hilseleistpng für das Vaterland, nicht an das Staatsgesühl, sondern an die niedrigsten Leidenschaften im Volke, an Eigen- nutz, an Spielsucht und Gewinnsucht appelliert. So kam es. daß die kleinen Leute mit dem starken Glauben an die Lotteriegöttin als Zeichner aufmarschierten und die wichtig- sten Geldbesitzer achselzuckend seitwärts stehen blieben. Für die Sparprämienanleihe- Propaganda sollen etwa 10 Millionen Mark ausgegeben worden sein. Damit wurden trotz der großen Papiernot ungeheure Men° gen bedruckten Papiers bezahlt. Dabei ist mit den Druckanf- trägen nur ein ganz kleiner Kreis von Druckereien beglückt worden, die angesichts der bedenkenlosen Annahme höchster Preisforderungen Riesengewinne einstecken konnten. Die tollsten Preisfordcrungen sind glatt bewilligt worden. In einzelnen Fällen istnahezudasDoppelte für Drucksachen bezahlt worden, als im ehrlichen Druck- gswerbe üblich gefordert wird. Viele Hundert- tausende von Mark sind in Preisüberforderungen hin- ausgeworfen worden, obwohl die schlechte Finanzlage zu äußerster Sparsamkeit hätte zwingen sollen. Noch am 10. De- zember. am Tage des ZeichnungsschlusseS, sind erbärmliche Broschüren„Wie werde ich Millionär" tn Massen verbreitet worden. Auf den Pastanstalten lagen wochenlang Riesen- mengen von Drucksachen, die nicht befördert werden konnten. Vertröge, die da- Mehrfache der üblichen Kosten für dm betreffenden Propagandaartikel enthalten, sind abgeschlossen worden. An Redakteure ist man mit dem Versprechen von Sonderhonoraren, deren Höbe den BestechungSckwrakter aus- sprach, herangetreten, damit diese m ihren Blättern günstige Werbeartikel schreiben. Eine Broschüre ist in einer Auflage von 1% Millionen Stück hergestellt worden. Pro Exemplar wurden 34 Pf. be- zahlt. DaS ehrliche Buchdruckgeweibe kalkuliert ihren Preis mit 17 bis 19 Pf. Allein bei diesem Auftrag ist ein B e- trag von 262 500 h i 8 297 500 M. über den regulären Betrag hinaus bezahlt worden, der bei gewissenhafter Ge- schäftsführung hätte festgesetzt werden dürfen. Aehnliche Fälle liegen in größerer Zahl vor. Diese Dinge müssen untersucht werden. Wir for- der« die Einsetzung einer Kommission, die di« gesamte Geschäfts- und Kassenführung der Werbcstelle für die Sparprämienanleili« rücksichtslos imtersucht und so durchgreift, daß derartige Skandalfälle nicht ein zweites Mal in Deutschland vorkommen.___ die Men zur tvilsonaktion. Am Dienstag beschloß der zweite Unterausschuß de« par- lamttitanschen NntersuchungSausschusses. die mündlichen Ver- nehmungen in der dritten Woche deS Januar wieder aufzunehmen. Nach Klärung von Unstimmigkeiten, die sich aus den bisher erfolgten Aussagen ergaben, wird die Wilson- aktion zu Ende geführt werden: im Anschluß daran sollen die FriedenSmöglichkeitm im Jahre 1917 zur Behandlung kommen. Die Veröffentlichung von Akten zur Wilsonaktivn, den diplomatischen Verkehr Berlin — Washington und die Eni- steh» nq de» Friedensangebote» betreffend, wird noch vor Weihnachten erfolgen. Die Dokumente erscheinen als Ein- läge zu den stenographischen Berichten der öffentlichen Sitzungen des Ausschusses. Die Entscheidung auf den Einspruch des Staatsministers a. D. G e l f f e r i ch wurde festgelegt; sie wird nach erfolgter Zustellung bekanntgegeben.