die jederzeit bereit sind, ein Wweichen von ihren eigenen Forderungen als nationale Unzuverlässigkeit zu denunzieren. Hier ist es nicht immer leicht, die richtige Grenze zu nnden, und eS ist kein Wunder, wenn sich die deutsche wie die tschechische Sozialdemokratie gegenseitig vor- werfen, sie hätten sich ins Schlepptau des bürgerlichen Nationalismus nehmen lassen. Bon der tschechischen Sozialdemokratie möchten wir aber Verständnis dafür er- warten, dasi bei den Deutschen eine gewisse Reizbarkeit in nationalen Dingen heute nur eine natürliche Erschei- nung«ist. Das erzwungene Verbleiben der Deutschen im tschechoslowakischen Staatsvevbande steht nun eiirmal in schreiendem Gegensatz zu dem Grundsatz der nationalen Selbstbestimmung, kein Sozialdemokrat, welcher Nation immer, kann vor dieser Tatsache seine Augen der- schließen. Die Aufgabe der tschechischen Politik, vom sozialdemo- kratischen Standpunkt gesehen, kann es nicht sein, den Zroang zu einer widerwillig ertragenen Staatsz-ugehörigkeit durch staatliche Sicheri in g smaß nah men zu verstärken, sie muß viel- mehr daraus bedacht sein, den Zwang unnötig zu machen, indem sie den Widerwillen besiegt. Das ist eine Ausgabe der Staatskunst, die durch ihre Größe reizt, möge die tschechische Sozialdemokratie ihr ihre Kräfte wid- men, sie wird damit ihrem eigeilen Volk und ganz Europa einen großen Dienst ertoeisenl Die Tschechoslowakei ist in ihrer-nationalen Duntscheckig- kein ein verkleinertes Alt-Oesterreich. In Alt-Oestermch war man einst so weit einzusehen, daß das staatliche Problem nicht anders gelöst werden könne als mit sozialdemokratischen Mtteln. Ob diese Lösung gelungen wäre, steht dahin, denn der Weltkrieg hat ihre ersten Ansänge zerschlagen. Heute steht die tschechrschslowakische Republik vor denselben Pro- blemen, sie hat nur den Dorteil, aus den Fehlern Alt-Oester- reichs lernen und da ansangen zu können, wo dieses aufge- hört hat. In Deutschland wird man die weitere Entwicklung der Tschechoslowakei mit lebhafter Sympathie für die deutschen Volksgenossen, aber auch mit starker Anteilnahme a m Ganzen verfolgen. Denn wir können unmöglich wünschen, daß ein Staat, der mit drei seiner Grenzen an deutsches Ge- biet stößt, in dieses beincche eingebettet ist, em Herd des Völkerhasses und der Zersetzung werde. Eine tschechoslowa- kische Republik dagegen, in der alle Völker gleichberechtigt nebeneimmder leben, die ein Hort republikanischer Freiheit und sozialistischen Fortschritt L ist, würde ein Nachbar sein, mit dem wir nicht nur in Frieden, sondern auch iu Freundschaft leben könnten. «■« • Prag , 21. April. In den slawischen Wahlkreisen wurden im ersten Wahlgange 45 besetzt, 10 find den weiteren Skr«- tinien vorbehalten. Es erhielten die tschechischen Sozial- demokraten 21, die vereinigten magyarische» und deutschen Sozialdemokraten 3, die Christlich-Sozialen 4, die National- und Bauernpartei 8 und Pix BolkSpartci 9 Mandate. - T- Die Reaktion in Hapern. Seltsame Komplottgerüchte. Aus Bayern wird uns geschrieben: Die Veröffentlichungen der„Münchener Post" und de?„Vor- wärtS' über die Organisation der Gegenrevolution in Bayern ist der Negierung von Kahr und noch me�r ihren , Hintermännern, sind eben jenen Verschwörerkreisen sehr aus die Nerven gefallen. Um die Oesfentlichkeit abzulenken, hat die bayerische Negierung zu dem altbewährten Mittel, dem B o l sch e» wistenschreck, gegriffen. Sie hat ein Kommunisten- komplott entdeckt, sie jagt dem Spießer damit Angst ein und will gleichzeitig einen Beweis liefern, wie wachsam die neue Re- Perung ist, und wie bitter notwendig die Einwohnerweh- i e n in ihrer jetzigen gerade in Bayern durch und durch r e a k- tionären Zusammensetzung sind. Mit dicken, fetten ----- „Die Hrüöer Karamasow�.• Nach Dostojewski von Wilhelm Kasekowslk. Neu«? DolkStheater. Unter den Werken de? großen Russen Dostojewski stehen die „Brüder Karamasow' mit dem.FtaZkolnikow" zusammen an erster Stelle. In diesen Romanen kommt die wunderbare seelische Hell- Hörigkeit, die bis«um Pathologischen gesteigerte Sensibilität, daZ Mystische in DostozewSkiS Eigenart, das tiefe Mitgefühl, mit dem er alle Leidenden umfängt, das zugleich Naturalistische und Visio- närs seiner Einbildungskraft zur machtvollsten Entfaltung. Das weiwerzweigte psychologische Gemälde beider Dichtungen baut stcy auf einen krlminalistischell Hintergrunde aus; im RoSkolnikow durch die Ermordung einer greisen Wucherin, die ew in Not geratener Student, von der sophistischen Dialektik seiner Leidenschaften verführt, als nutzlosen Schädling der Gesellschaft vernichten zu dürfen meint, um dann zu erkennen, daß kein Räson- nement des DenckenS ihn von dem quälenden Bewußtsein solcher Schuld zu lösen vermag. In den Kararna- sows auf der Ermordung deZ alten Pariwowltsch und dem Verdacht, daß einer seiner Söhne, der wilde Dimitry, die Tat begangen dttbe. Die allgemeine christlich religiöse Stim- mung und die Lerkündung demütiger Barmherzigkeit als höchster Tugend, die dem RaSkolnikow das Gspräg» aufdvückt, verschlingt sich in den Karamasow » mit mystisch pan-ftawistischen N>een und gibt ton Werk einen spezifisch reiflich nationalen Einschlag, der den Eindruck merkwürdiger Fremdartigkeit noch verstärkt. Der westeuropäische Leser hat die Empfindung, als werde er in eine völlig andere Welt geleitet. Von dem berühmten Moskauer Künjtlerkheater, das auch hier in Berlin «in Gastspiel gab, wurden vor einer russischen Zuhörer- schcrst, die mit dem Werke ganz vertraut war, Szenen aus den Karamasow ausgeführt, die im engsten Anschluß an da? Original aufgeführt worden und erzielten bei wundervoll vollendeter Wie- dergabe, wie es heißt, auch die außerordentlichst« Wertung. �Die KaselowSkische Bearbeitung hält sich anZ stofflich Grobe, sie zwängt, wie da? die Regel bei SiounannuSschlachtungen für die Kühne ist, den lebensvollen Organismus in ein enge? szenisches Prokustes- tot, wobe�j das, was dem Ganzen erst fein« wirkliche Bedeutung gab, zu Gunsten der Esssite einer äußeren Handlung einfach am- putiert wird. Es bleiben Glieder ohne geistiges Band. Akjofcho, der jüngste der Brüder, des Dichter? Liebling, sinkt hier zu einer ganz physioguomieko-sen Nebenfigur herab. Die Frauengestalten, die heißblütige Gruschenka und Katarina Jmanowna erhalten in der unvermittelten Gegenüberstellung eine groteske llnwahrschein- lichkeit. Die gewaltsam« Verkürzung kehrt alle? ins Schreiende und Grelle. Setzt man indes die literarischen Ansprüche bei Seite und stellt sich auf des Autors Standpunkt, der unter Benutzung gewisser DoftojewSkischer Motive nur ein spannendes Kriminal- drama zu Stande bringen wollte, so wird man ihm Geschick nicht absprechen können. Es gelang ihm, wie schon der starke Applaus weirigsteus«ach htm«Heu Wien zeigt«, die Zujichanee in Atem
lleberschriften hat die reaktionäre Presse verkündet, daß sich„in letzter Zeit„Anhaltspunkte" ergeben haben, daß in der FestungS- Haftanstalt Niederschönenfeld zum Sturze der Regierung und zur Einführung der Räterepublik ein anscheinend weit- verzweigtes hochverräterisches Komplott geplant worden ist." Eine Untersuchung habe diese„Verdachtsgründe verstärkt". Tag für Tag wartet nun die Oesfentlichkeit daraus, daß etwas Näheres über dieses Komplott bekannt wird und insbesondere auf eine Erklärung, wie eS möglich ist, daß Gefangene, deren Be- suche und Korrespondenzen aufs genaueste kontrolliert werden, ein weitverzweigtes Komplott anzetteln können. Schließ- lich ist doch ein Gefängnis nicht das Reichswehrmini- st e r i u m und der ehemalige Soldatenrat und jetzige Festungsgefangene Sauber verfügt nicht über eine Marine« b r i g a d e. Der bayerische Gesandte in Berlin hatte fich seinerzeit beeilt, die wichtige Nachricht von dem Komplott sofort allen Berliner Zeitungen mitzuteilen. Diese Eile und Wichtigtuerei steht im merkwürdigen.Gegensatz zu seinem Verhalten am 13. März. Am Vormittag deS 13. März antwortete er auf eine Anfrage au» München wegen der inzwischen bekanntgewordenen Rebellion der Lüttwitz -Truppen:„In Berlin alles ruhig, Lage nor- mal." Ue!ber diese Antwort war man in München sehr erstaunt und wie? auf die Berichte der Zeitungen hin, die über das, wa« selbst für Berliner Verhältnisse„normal" ist, doch wesentlich an- derer Ansicht waren. Erst darauf korrigierte der Herr Ge- sandte seine Auffassung und bestätigt«, daß Berlin in den Händen der Hochverräter sei. Ob der Herr Gesandte bald etwas Ge- nauereS übsr das„anscheinend weitverzweigte, hochverräterische, geplante Komplott" mitzuteilen weißt
Die �unpolitische� Reichswehr. Putschvorbereitung durch Kommandostellen. Nachfolgend veröffentlichen wir ein Schriftstück, das deutlich beweist, wie schon vor MonaLen von den Offizieren die Stimmung für den bevorstehenden Putsch sondiert wurde: 8. Bataillon � 18. 11. 19, 8. Wests. R e i ch� w.-Schützen-Regt. Nr. 61. (Füs.-Skegt. Ludendorsf Nr. 89.) TM-Nr. Ha 210. Geheim. R. 1. Komp. an 18. 11, 19 ab. 19. 11. 19 Neyser 2. Komp. durch 20. 11, 19 Wienholt 3. Komp. durch 24. 11. 19 Raenhau» 4. Komp. an 20. ab. 23. 11. 10 BärenheruS M.-W. durch 24. 11. 19 Edelop Fernfpr.-Zug durch 2S. 11. 19 Fage zur Kenntnis. Die Fragen sind durchzuarbeiten und wird in nächster Zeit eine Beantwortung in Frag« kommen. Die Komp. werden rechtzeitig über die Beantwortung in Kenntnis ge- setzt werden. Nudorff, Major und Batl.-Kdr. Fragen an die Vertrauensleute in der Reichswehr. 1. Wie denkt die Truppe über die augenblickliche wirtschaftliche Lage und deren politische Folgen? 2. Ist daS Vertrauensverhältnis zwischen Führer und Mann so, daß die Truppe unter allen Umständen in der Hand der Führer ist? 3. Wird der Führer mit Rücksicht aus die politische und schwierige Lage innerhalb der Truppe fioirtschaftliche Schwierig- kcüen, Entlassungönotwendigkeiten, Zusammenlegen von Ver- bänden) hinter einen Führer treten, der eine unparteiische bürger- liche Regierung der Arbeit, des Wiederaufbaues und der Ordnung militärisch stützen wird? a) Wenn MehrheitSsozialisten an der Regierung beteiligt sind? K) Auch ohne Mehrheitssozialisten? In der Anlage sind Gesichtspunkt« für die Beantwor- tung der Fragen gegeben und zwar für die Frage 3 so, daß die Beantwortung im Sinne von Z h» ausfällt. Diese Rundfrage beloeist, daß schon im November 1919 konkret auf den Militärputsch hingearbeitet wurde. Sie war sicher nicht die einzige ihrer Art. Im Januar teilte der
zu halten. Erst der Schlußakt, der mit der Verurteilung des fälschlich als Vatermörder angeklagten Mitrij endet, rief gegen den Applaus Opposition in die Schranken, die dem Gefühle deS DüpiertseinS beim Fehlen jeder inneren Entwicklung Ausdruck gab. Die von Heinz G o l d b« r g inszenierte Aufführung bot in der Hauptsache Gutes. DaS aufgewühlt zerrissene Ungestüm deS Dimitrij fand durch Gerd I r i ck e stark beredten Ausdruck, Arnold Czemprn traf überzeugend den Grundton melancholischer De- Pression, auf den die Figur deS Iwan in dem Stücke eingestellt ist. Hertha Hambach, eine junge Künstlerin von klangvoll sympa- tischem Organ, ließ in ihrer Darstellung der Gruschenka Spuren eine? vielversprechenden Talents erkennen. Auch Rose Liech- te n stein gewann der dürftigen Rolle der Katarina Jmanowna schauspielerisch ein Interesse ab. C. Sch.
„Die Brüder Karamasow " im Film. Gleichzeitig mit der dra- matffierten Bearbeitung deS ruffischen Romans wurde auch eine Verfilmung dargeboten im Usapalast am Zoo. Noch weniger als da? Drama kann iratrürlich der Film den wirklichen Gehalt deS gewaltigen Werkes an tiefschürfender Psychologie wiedergeben. Aber ivaS technisch und schauspielerisch überhaupt zu leisten ist, war. aufgeboten. Gützke, Jamninas, Thimig charakberisievten die Brüder meisterlich, JannmgS zumal gab in dem Dimitri die mitreißende unp zur A-nteilnahnle zwingende Mischung von Kraft und Weich- heit. Krauß entfaltete als Koch Sinerdjanoff«ine vollendete Kunst des Minen- und Gebärdenspiels und Alma Griffycz. die Dar. stellerin der Gruschenka, brachte wirdklich einen Hauch Dostojewski- r Geistes in die Flimmerszenen. Die Regie der Massenszonen, spannende Aufbau der Gerichtsverhandlung, das ruffische Milieu, der Bildhauerschnitt und die photographiscb« Technik zeug- ten von gediegener und erfolgreicher Aubeit.... Gewiß, man kann Dostojewski nicht ins Sichtbare übersetzen, aber doch ist dieser Film unendlich besser als dir Kriminalfilme. Irgendwie ist ein Stück von Dostojewskis Menschlichkeit doch darin lebendig geworden. worden..— r.
Serliner Konzerte. Geringe Ausbeute einer Woche. Bruno Walter allein ragt aus dem Wust der Bielen heraus. Er bring» zwar in die Berliozsche .Korsar"- Ouvertüre einen in Tempo und Temperatur gar zu reißerischen Schwung, führt aber die erste Sinfonie MahlerS mit dem schwelgenden Farbton der Naturnähe hingebend, klar diS- panierend und fast wMerisch hüpfend durch. Die Einzelheit, der malerische Tupfen, die Impression ist ihm viel, aber nicht der letzte Wert; er hat die Zügel fest in der Hand, rast, stürmt und schleppt mit großem Bedacht und wirkt auch mit theatralischer Geste groß« gestaltend. Der Solistin Delca Reinhard hat Natur die faden- seine Ansprrchbarkeit der Koloratur des Trillers, der Verzierung aller Art nicht verliehen. Ihr Sopran ist flach, kaum tragfähig, auch nicht finnbetörend. Dw„rs xastoro"-Arie war schlecht ge- wählt, in den Waonerschen Dramenliedern, die eine weiche Be- gleiterhand am Flügel stützte, drang frauliche, innige Stimmung
„Vorwärts" mit, daß General v. L ü t t w i tz bei seinen Ossi-, zieren eine ganz ähnliche Umfrage veranstaltet habe. Natürlich kam damals prompt ein Dementi aus dem Reichswehrministerium. Ter Nachrichtenoffizier, der es ver- faßt hatte, Kapitänleutnant H u m a n n, befindet sich n o ch heute im Amte, nachdem er auch einen Tag für die Kapp-Lüttwitz-Regierung Dienst getan hat. Es wäre inter- essant zu erfahren, ob auch Major Rudorfs noch der Reichswehr angehört._ tzausangeftellte und Sozmlöemokratie. Ein Wort zu den Wahlen. Wer bei den letzten Wahlen beobachtet hat. wie die H a u S- angestellten von ihren„Herrschaften" im Vertrauen auf ihre mangelnde politische Schulung zur Wahlurne geschleppt wur- den, wird d-ie Notwendigkeit der politischen Aufklärung gerade in dieser Gruppe von Arbeitern und Arbeiterinnen einsehen. Der Artikel 9 der deutschen Reichsversassung.gewährt Männern und Frauen grundsätzlich die g le i ch e n- st a a t s- bürgerlichen Rechte uud Pflichten. Beiden fit das gleiche Wahlrecht gegeben(Art. 22). Nirgends findet man in der Ver- fassung eine Bestimmung, aus Grund toen der eine mehr Rechts hätte als der andere. Lediglich gewisse Kreise unsere? B Ü rjj e r- tum s besitzen noch immer thren Standesdünkel, den abzu- legen sie sich nicht entschließen können. Am deutlichsten tritt das bei der„Dienstboten frage" zutage. Große bürgerliche Blätter reden immer wieder vom Dienstboten- problein; immer noch finden wir an den„hochherrschaftlichen Häusern" vor den Kellereingängen kleine Schildchen mit der Auf- schrift:„Eingang für Dienstboten". Hier ist die Revolution spurlos vorübergegangen. Diese Zeichen aus der„guten alten Zeit" hat sie nicht verwischt. Man kann sich nicht dazu auf- raffen, die Menschen als Gleichberechtigte anzuerkennen. Man mutz sie fü h l e n lassen, daß man die„Herrschaft"' ist, und doch sind eS manchmal recht zweifelhafte Herrschaften. Doch eines Tages wird man sich auch dieser geächteten Menschen erinnern, am Tage der Wahl nämlich. Das. Bild, das man bei den letzten Wahlen zahllos« Male erblickte, darf sich nicht wiederholen; eö war so oft zu sehen, daß es geradezu als typisch bezeichnet werden kann: die Frau des Hauses voran, das Mädchen in der Mitte und der H e r r hinterher. Den„richtigen" Stimmzettel hatte man natürlich dem Mädchen schon vorher i n d i e Hand gedrückt, und so traten sie an und gaben ihr Votum für die nationalen Parteien ab, ein getreues Spiegelbild ihrer„Herrschaften", um so noch mit dem demokratischen Stimmzettel in der Hand gegen die„Gleichmacherei" zu protestieren. Wir stehen vor der Wahl. Wollen wir nicht, daß diese unsere Arbeitsschwestern zu Verrätern an unserer Sache werden, so muß noch viel getan werden. Viel Aufklärungsarbeit muß hier geleistet und unser« Ideen müssen auch in dit Kreis« der Hausangestellten getragen werden. Keine Gruppe der ar- lbeitenden Klasse steht so unier der Fuchtel und Bormund schaft der Arbeitgeber wie die Hausangestellten. Wir wollen nicht dem Klassenhaß predigen, nicht diese unsere Arbeitsschwestern „radtkalisieren". Nein, wir wollen ihnen nur klar machen, daß sie. gleichberechtigte Menschen sind, genau wie jene, ihre „Herrschaften ". Wir wollen ihnen sagen: Ihr seid Arbeiter, aber keine Sklaven, also tu« ein jeder, ein« jede von unS seine Pflicht und trage Aufklärung in dies« Reihen der Arbeiter. Den Hausangestellten aber ist zu sagen: Er'oacht, laßt euch nicht länger als Sklaven, als Stimmvieh behandeln, schart euch um die Fahne des Sozialismus, werbet Mitglieder der Sozial- demokratischen Partei. Sorgt dafür, daß auch eure Ar- beitsschwestern im Parlament vertreten sind. Ihr habt die Macht, wenn ihr nur wollt. Also bemutzt sie, solange es Zeit ist. Noch ist eS nicht zu spät!
Garnisonwechsel in Frankfurt a. M. Auf Befehl der franzim- schen Militärbehörden müssen die Zeitungen die Bekannt- machung bringen, daß nickt General Demetz durch General Vidalon ersetzt, sondern seine Truppen durch die 11. Division aus Nancy unter General V i d a l o n abgelöst seien.
durch. Die letzte technische Schulung hat auch das schöne Organ der Sängerin Lotte B a e tz e l noch nicht hinter fich. Ihr Erleben und der Ausdruck ihres Wollcns steckt noch im Konventionellen. Ungleichmäßig gestimmte BrabmS-Lieder faßt dieselbe Mimik, dieselbe Tonfarbe nickt sehr stilvoll zusammen. Mag sein, daß die schlechte, arhylhmische Begleitung die Entfaltung eines gesunden Könnens hinderte. Mit gewohn�r musikalischer Sicherheit sang Waldemar H e n k s drei Orchesterlieder von Eduard M e i s e l. Leider ist ihr musikali- scher Wert gering; selbst wo sie deutlich an berühmte Vorbilder anknüpfen(Strauß im Gesang„Ins Helle"), ist Erfindung und Arbeit sehr erdhast, gefesselt, unpersönlich. Das kann man von dem Dirigenten Meisel nicht sagen. Er hat die Fähigkeit, ein geübtes Orchester sicher zu führen, verleiht dem Allegro der 4. Brucknerschcn Sinfonie eine sehr herzhafte, zupackende Wirkung, ohne das Niveau dieses Minderwerks ins Sen- sationelle herabzudrücken, und überrascht durch sein durch- dachte Uebergänge. Die Lyrik des versonnenen Schubert- Andante in der H-woll-Sinfonie liegt oder gelingt seinem Tempera« ment weniger. Als technischer Meister der Kniegeige stellte sich der heißblütige Spanier Orobio de Castro wieder vor, die linke Hand funktioniert selbst in den schweren Boellmann-Variationen tadellos; aber die rechte wandert ihren eigenen Weg, schafft Neben- geräusche und läßt Schönheit, Fülle und sinnlichen Ausdruck des TonS vermissen. Scholz am Klavier wagte dagegen keinen Ein- jpruch zu erheben und begleitete ängstlich. K. S.
Der Kunstkonfltkt in Königsberg ist durch Vermittlung des Kuristreferenten des Kultusministeriums, Prof. Waetzoldt vorläufig. beigelegt. Der Vertreter des Ministeriums verschloß sich nicht der Tatsache, daß der Kunstunterricht hier wie anderswo r e f o r m- bedürftig ist. Deshalb beabsichtigt das Ministerium, den Ge- danken einer Annäherung der Schwesterkünste aneinander, der Beseitigung der Schranken zwischen„hoher" und„angewandter" Kunst, kurz daS Gesunde in dem sogenannten Bauhütten-Gedanke n sich organisatorisch auswirken zu lassen.
Theater. AIS Eröffnungsvorstellung deS Theaters in der Alte» Jakob st raße(bisher Eden-Tbeater) geht am 1. Mai der schwank.Die verschwundene Pauline" in Szene. Auf dein Künttlrrtag, der von der Allgemeinen Deuischen Kunst-. genofsensämst zum 22. April, vorm. 11 Uhr. in« ehemalige Herrenbaus ein- berusen ist, sprechen: Dr. Maximilian Pieiffer, Mitglied der National- Versammlung, Architekt Pros. Heinrich Straumer , Bildhauer Pros. Arlur Lewin-Funcke, Maler Pros. C. Longyammer, und der Radierer Paul Herrmann. lieber„Raffenlonstitt und Bötterversöhnnng" sprechen am 21. April, lll. Uhr, aus einem Vortragsabend des Bunde« Neues� Vater- land Pastor M e n n i ck e und Heinrich S t r ö d e l in der Ehamissoschule, Barbarossaplatz S. Karten 1 M. Ein literarisches Kabarett, unter des Lyrikers Aisred Richard Meyer Führung, veranstaltet am 23., 24. und 26. April im Zoo, Marmorsaal, drei Abende mit dem Motto„Erotik, Exotik u. a. Ol»-. Die Abende heißen .Kart-Sa-, was„Klub Kartosselsalal" bedeutet und einen scherz Paul Scheer- barts wetterträgt. /