Nr. 222/224. 37. Jahrg.
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Sonnabend, den 1. Mai 1920
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Die Auferstehung des Ersten Mai.
Dürfen wir da in die Harfe greifen und ihren Saiten Freuden klänge entlocken? Nein! Alle Völker sind geschlagen durch den Krieg, Sieger und Besiegte, wir doppelt geschlagen durch Niederlage und Gewaltfrieden. Mangel und Not herrschen im Hause. Die Arbeiterbewegung durch Hader zerriffen, national und international.
Und doch feiern wir alle den 1. Mai, Deutsche und Franzosen und alle anderen Völker, Sozialdemokraten und Unabhängige, große Parteien, fleine Seften und Grüppchen. AIIe feiern ihn, und sie tun das nicht aus bloßer Gewohnheit, sondern mit frischer Herzenswärme, mit Begeisterung und mit Hoffnung.
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Zum erstenmal nach der Unterzeichnung des Friedens,| Selbstkritik zu üben, dann wird die Stunde der nationalen| listische Reaktion abgegeben wird, festigt die Stellung des zum zweitenmal seit der Begründung der Deutschen Republik und der internationalen Einigung nicht mehr fern sein. Ententeimperialismus, vermehrt den Chor der imentivegten begeht das Arbeitsvolf seinen Maitag. Der 1. Mai dieses Jahres fällt zwischen die geschichtlichen Haffer, stärkt den Einfluß jener, die drüben zu Grausamkeit Daten des 13. März, des 25. Mai und des 6. Juni. Am und Unerbittlichkeit aufrufen. Jede Stimme, die in Deutsch13. März holte die Reaktion zu jenem tückischen Schlag aus, land für den Sozialismus abgegeben wird, kommt dem der den Bau unseres Staatswesens zwar in allen Fugen er- internationalen Sozialismus zugute, stärkt den Geist zittern ließ, aber doch nicht zum Einsturz brachte, sondern nur der Versöhnung, hilft eine neue Welt aufbauen, die das seine Festigkeit bewies. Am 25. Mai werden zum erstenmal deutsche Volk wie jedes andere braucht, um Leben zu können. nach dem Kriege die Vertreter des neuen Deutschland mit den Den Streit der Richtungen daheim können wir noch nicht Staatsmännern der Siegerstaaten zusammentreffen, um mit ausschalten, wir müssen ihn ehrlich austragen. Aber in ihnen über die Ausführung und Ausführbarkeit des Gedanken können wir uns über ihn erheben. Es kommt verVertrages von Versailles zu beraten. Am 6 Juni wird das hältnismäßig wenig darauf an, wie sich das Kräfteverhältnis deutsche Volk die ersten verfassungsmäßigen Reichstags- zwischen den Richtungen im Wahlkampf herausstellt, es kommt wahlen der Republik vornehmen nach dem Gesetz der politi- unendlich viel darauf an, wie sich das Kräfteverhältnis zivischen Gleichberechtigung aller, das ihm die deutsche Arbeiter- schen Arbeiterklasse und Bourgeoisie, zwischen Sozialismus Die Maifeier ist das einzige, was als Gemein- flaffe und die deutsche Sozialdemokratie gegeben haben. und Kapitalismus in ihm gestaltet. Der größte Gewinn, den fames geblieben ist. Wer am Montag die Berichte aus Wir dürfen nicht voreilig hoffen, daß sich schon an diesem eine Richtung auf Kosten der anderen erzielt, kann nicht den aller Herren und aller Freien Länder lesen wird, aus Berlin 1. Mai drüben im Feindesland von gestern ein Geist ent- Kleinsten Verlust wettmachen, den das Ganze erleidet, der Geund aus Paris , aus Brüssel und aus Wien , vielleicht auch aus zünden werde, der auf die bevorstehende Konferenz der inn aber, den eine Richtung für das Ganze erzielt, kommt Petersburg und Moskau , dem wird sich ganz von selbst die Staatsmänner in Spa unwiderstehlich einwirkt. Aber diesem Ganzen zugute. Die Unabhängigen können höchstens aus Flare Gewißheit aufdrängen, daß es trotz allem, was gewesen deutlicher als sonst sehen wir im Bicht dieses Tages das ge- einem Sozialisten einer Richtung einen Sozialisten einer ist, trotz aller Spaltungen, Zerklüftungen, innerer Kämpfe, moinsame Ziel vor uns, das mur im gemeinsamen anderen Richtung machen, unsere große Aufgabe immer noch oder schon wieder eine internationale Kampf des Weltproletariats zu erreichen ist. Nur ein aber ist es, den sozialistischen Gedanken ins rbeiterbewegung gibt. Frieden, der allen Völkern ihr Selbstbestimmungsrecht gibt, Neuland hineinzutragen, ihr müssen alle unsere alle gleichberechtigt in einem Völkerbund vereinigt, die Ab- Kräfte gewidmet sein. rüstung überall gleichmäßig durchführt und jedem Volke die In diesem Sinne begehen wir das internationale Fest Mittel zum wirtschaftlichen Wiederaufbau beläßt, nur ein der Arbeit. Ueber die unendlichen Schwierigkeiten, die auf Frieden der internationalen Arbeiterfoli- unserem Wege liegen, täuscht uns feine leichtfüßige Phantasie darität vermag die Wunden des Krieges zu heilen und hinweg, wir zeigen unsere Entschloffenheit, indem wir sie die Menschheit einer besseren Zukunft entgegenzuführen. Da- fehen, und dennoch unerschütterlich auf ihm weiterschreiten. für, nicht für uns selbst, rufen wir die Hilfe der Arbeiter und Sozialisten der ganzen Welt an. Für die Sache der internationalen Gerechtigkeit, des dauernden Weltfriedens und des Sozialismus.
Vier Jahre Völkerzerfleischung und innere Kämpfe, Krieg und Bürgerkrieg, Stacheldrahtverhaue im Felde, Maschinengewehre, in den Straßen aufgefahren, dies alles hat den Maigedanken nicht zu töten vermocht. Den heutigen Tag durchweht der Atem einer unsterblichen Kraft. Welche Macht diese internationale Arbeiterbewegung, welche Macht, wenn sie nur erst wieder einig wäre!
Der Tag wird kommen, der die überwältigende Mehrheit der geistig und körperlich Schaffenden über alle Grenzen der Länder wie der Richtungen hinweg zu gemeinsamen Gedanken und gemeinsamen Taten vereinigen wird, und ihn vorbereitet zu haben wird das beste Erbteil sein aus der ruhmreichen Geschichte der alten deutschen Sozialdemo
Wenn einmal die Geschichte des Sozialismus feit 1914 geschrieben wird, so mag der strenge Stritifer an der Politik der deutschen Sozialdemokratie manchen Fehler rügen. Wer fann sich rühmen, durch diese Hölle des Wahns, der aufgeBesser aber als Mahnung und Bitte wirkt das Vorbild. wirbelten Leidenschaften aus tiefster Tiefe, wie ein Heiliger Haben wir uns erst auf den Grundsatz der Internationalität geschritten zu sein, der nie einen Fehltritt tut? Aber eines zurückbesonnen, so bemerken wir sofort, wie sich gleichgerichtete fra tie. wird ihr der gerechte Kritiker zubilligen müssen, daß sie nie Klassenkräfte in den verschiedenen Ländern gegenseitig ver- Es lebe die Einigkeit der Arbeiter aller Länder! Es in Drang und Wirrsal der Zeit das hohe Biel der stärken. Jede Stimme, die am 6. Juni für die nationa- Ilebe der Erste Mai! Wiedervereinigung, der nationalen wie der internationalen, aus dem Auge verloren hat.
Unterhausdebatte über San Remo. Asquith für allgemeine Entwaffnung und Bölkerbund.
Wie die deutsche Sozialdemokratie während des Krieges sich niemals schämte, Zusammenkunft und Verständigung mit den Sozialisten der feindlichen Länder zu suchen, so hat sie auch im Innern stets offene Aussprache gesucht, um nach Möglichkeit vorhandene Meinungsgegensätze zu überbrücken und Lloyd Georges Plan für Spa. die Wege zu finden, die schließlich doch wieder zu der einen Paris , 30. April. Wie der Londoner Korrespondent des gemeinsamen Heerstraße zusammenlaufen. Wenn sie damals" Temp3" mitteilt, hat ihm eine Persönlichkeit aus der unAmsterdam, 29. April. Wie aus London gemeldet wird, wie jetzt die Einigung niemals auf Kosten ihrer Ueber mittelbaren Umgebung von Lloyd George ber= sagte in der Unterhausdebatte Asquith u. a., es sei zeugung erstrebte, wer will ihr das zum Vorwurf machen? fichert, der deutsche Kanzler müffe in Spa die folgenden notwendig, daß in allen Ländern mit der Entwaffnung Ihre Ueberzeugung opfern hätte geheißen, die Arbeiterben Bertrag verlegt? 2. Wie will es dem in der Zukunft auflösen könne und die Weiterarbeit am Wiederaufbau der drei Fragen beantworten: 1. Warum hat Deutschland so oft begonnen werde. Die Zeit komme heran, wo der Oberste Nat sich * lasse selbst opfern, nur um den Busammenhalt nicht zu vorbeugen? 3. Welches sind die wirklichen Quellen, über Welt dem Völker bunde überlaffen werden müsse. Bottomberlieren, einen Weg gehen, von dem man weiß, daß er in den die Deutschland verfügt, und welches sind seine Zahlungsley verteidigte die Haftung Frankreichs und sagte, man habe geAbgrund führt. Die Ueberzeugung kann ja falich gewesen möglich feiten? Der Einbrud der englischen Regierung, nug von Wilson. Lord Robert Geci I gab seiner Befriedi sein, die Partei einer vorwärts drängenden Klasse darf sich der sich auf verschiedene Berichte, die sie aus Deutschland erhalten gung über die Erklärung Lloyd Georges Ausbruck. Dieser neuen Erkenntnissen nicht verschließen, sondern muß stets be- habe, füße, sei, daß die Regierung von Berlin fich loyal beergriff noch einmal das Wort und stellte feft, daß der Emir reit sein, das Alte über Bord zu werfen, menn es als falsch mühe, alles zu tun, was ihr möglich sei, um den Friedens erfannt ist. Darf sie aber deshalb jede Fieberphantasie einer vertrag auszuführen. Man glaube in London , daß die Regierung franken Zeit für eine neue Seilswahrheit halten, jedem Jrr- von Berlin jebe Soffnung aufgegeben habe, den Friedens vertrag zu revisieren angesichts der Willenseinheit der Alliierten nach dieser Richtung.
licht nachlaufen?
Die Grundsätze der Sozialdemokratischen Partei sind auf die härteste Probe gestellt worden, aber sie sind uner. schüttert geblieben. Fest wie nur je stehen wir zu der Ueberzeszung, daß es keinen anderen Weg zum Sozialismus gibt als durch die politische Demokratie, fest mie nur je stehen Mailand , 30. April. Corriere della Sera " meldet wir zur 3 weiten Internationale, die für den aus Rom , es verlaute, daß Nitti wahrscheinlich an der Konferenz 31. Juli dieses Jahres den ersten großen Arbeiter und in Spa am 25. Mai teilnehuien werde. Am 23. Mai werde er in Sozialisten fongreß nach dem Kriege in Genf rüstet Wir werden kommen, und wir wünschen. dort alle zu finden, mit denen wir im Kriege gehadert und geftritten haben, alle auch, mit denen wir nach dem Kriege bis auf des Messers Schärfe gekämpft haben in der Ueberzeugung, daß nur durch
diesen Kampf die Zukunft der Arbeiterbewegung zu retten fehr wahrscheinlich. daß vor der Konferenz von Sba eine oder Paris , 30. April. Wie Petit Parisien meldet, ist es sei. Wenn erst einmal wieder alle auseinandergerissenen und zwei Beratungen zwischen 2loyd George und Millerand versprengten Glieder der Bewegung die Kraft gewonnen ftattfinden werden. Das Blatt glaubt zu wissen, Millerand werde haben werden, die wir uns zutrauen, Kritik zu ertragen und sich demnächst auf 48 Stunden nach London begeben.
effal eingeladen worden sei, zu Besprechungen über Syrien nach Paris zu kommen. Lloyd George prics ihn als einen ehrlichen und offenherzigen Mann, mit dem man ausgezeichnet verhandeln könne, Lloyd George schloß mit den Worten: Die drei Großmächte von Westeuropa sind der Pfeiler, auf dem der ganze europäische Bau raht. Bis jest reicht der Völkerbund noch nicht aus. Unter den jegigen Verhältnissen sind die drei alliierten Großmächte die einzigen, die den weiteren Bau am Fredenswerk fördern können.
Bonar Law für das jüdische Palästina. London , 30. April. Im Unterhause erklärte Sonar Law, daß die Militärverwaltung in Palästina demnächst durch eine zivile Verwaltung erfest werden würde. Damit ist eine der wesentlichsten Forderungen der Zionistischen Or. ganisation erfüllt, die um so mehr Bedeutung gewinnt, wenn man fie in Verbindung bringt mit den jüngsten antijüdischen gzeifen in Jerufalem, für die die bisherige Verwaltung verantwortlich gemacht wurde.
Jerufalem ungefähr 250 Personen getötet oder verwundet wurden, Churchill tellte im Unterhause mit, daß bei den Unruhen in davon 90 Prozent Juden.