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Nr.258.37.Jahrg.

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Freitag, den 21. Mai 1920

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Der Frontbund gegen Heeresverminderung

In Paderborn   ist vor einigen Tagen eine neue mili-| haus( Gasthof zum Adler) in Hamm   die erste Tagungsgade Löwenfeld von den Kommandosteñen der Beitritt zum tärische Berufsorganisation gegründet worden, die aller des Frontbundes statt, welche von Vertretern Frontbund" offiziell anempfohlen wird und daß ernsteste Beachtung verdient. Am 13. Mai 1920 fand aller Freiwilligenforps und einem Zcil den Soldaten ne un Mart monatlich von der Löh. die Gründungsversammlung eines Frontbundes" statt, der der Reichswehr besucht war. nung abgezogen werden, angeblich zu Propaganda­fich die Aufgabe gesteckt hat, die Auflösung der Frei- In stundenlangen unparlamentarischen Verhandlungen zweden. willigenforps mit allen Mitteln zu verwurde versucht, Sazungen festzusehen. Durch den radikalsten Das Ziel der neuen Bestrebungen geht wohl hauptsäch­hindern. Ueber diese Gründungsversammlung liegen uns Teil der Freiwilligenforps, die Brigade Löwenfeld lich auch dahin, dem Reichswirtschaftsverband deutscher   Be­verschiedene, durchaus zuverlässige Berichte vor, die deutlich( Sprecher Leutnant Graf dywerin) wurde das scheinbar rufsfoldaten das Wasser abzugraben, weil dieser in den erkennen lassen, daß dieser Frontbund" auch vor der Anwen- ehrliche Bemühen des Verhandlungsleiters, Hauptmann Tagen des Kapp- Butsches sich flar und entschieden mit seinen dung extremst er mitte I nicht zurückschreckt. Schröter III/ 62 jabotiert. 190 000 Mitgliedern hinter die verfassungs­

Eigentümlich ist schon die Art, wie diese erste Tagung Hauptmann v. Pfeffer mollte wiederholt sprechen, er mägige Regierung gestellt und damit wesentlich zum und die weiteren Sizungen des Frontbundes" ermöglicht hielt aber nicht das Wort, bis er durch Berlefen einer Er- Scheitern des Butsches beigetragen hat. Dieser verfassungs­wurden. Reise auf Staatsfosten, überreichliche Ver- flärung, daß er am 15. 5. ohne Pension infolge feiner treue Wirtschaftsverband soll nun durch einen von den Rom­pflegung der Teilnehmer aus Heeresbeständen, Ge- Tätigkeit für den Frontbund entlassen sei, die Tren- mandostellen ausgehenden Wirtschaftsverband ersetzt wer­stellung von Heerestraftwagen für Offiziere nung der Reichswehr und Freiwilligen.den, der im Fall eines Putsches den Meuterern keine mögen andeuten, daß die Bestrebungen von lokalen höheren for ps herbeiführte. Schwierigkeiten macht. Dienststellen wenn nicht gefördert, so doch stillschweigend ge­billigt werden.

Ueber die Bersammlung am 13. Mai ist folgendes zu berichten: Der Einberufer, Hauptmann v. Pfeffer, führte aus, daß anonyme Leute schon lange Zeit arbeiten, um den Gedanken eines Zusammenschlusses der Frontsoldafen zu ver­wirklichen, Er ließ durchblicken, daß die enormen Rosten für die Herstellung der bereits bekannten Flugblätter und Drudkosten von den Truppenteilen" hergegeben würden.

Hauptmann Schröter mußte den Vorsit nieder­Tegen und die Versammlung schließen. Die Reichs­wehr verließ unter Protest das Lotal.

Die Freiwilligen tagten hinter der schlossenen Türen weiter.

Von großem Interesse in dieser Angelegenheit ist ferner auch folgendes Schriftstück: Münster  , den 14. Mai 1920.

Der Ausnahmezustand.

Aufhebungsbeschluß der Nationalversammlung  . Am Donnerstag hat die Nationalversammlung   einem unabhängigen Antrag zugestimmt, der die Regierung um fremd- Aufhebung des Ausnahme zustandes erfurcht, der noch in einzelnen Teilen Deutschlands   besteht. Die Regierung hatte durch den Reichsminister des Innern Koch Bedenken gegen die völlige Aufhebung des Ausnahmezustandes ge­äußert und um die Ablehnung des Antrages gebeten.

Die Reichsregierung darf sich nicht damit begnügen, auf die Borgänge bei den westfälischen Truppen ein wachjames Auge zu haben, sondern hier ist gegenüber den Pfeffer und Genoffen ein sofortiges Bugreifen am Blaze. Denn was dieser Mann mit seinen Komplizen plant, iſt nach feinen eigenen Worten die offene Meuterei der Freiwilligenkorps. Der Mann gehört hinter schwedische Gar­dinen und zwar auf Grund des allgemeinen Strafgesetzes Am 13. Mai fand in Paderborn   eine Gründungsversamm- wegen des bereits unternommenen Versuches, Truppenteile zu erbrecherischen Handlungen au verleiten. Hauptmann Pfeffer fagte ferner, daß die Auflösung lung des Frontbundes statt, an der außer den Vertretern der zur- Eingeschrittn werden muß aber auch gegen alle die­die Verjenigen Rommandostellen, militärische der Freikorps   bon gemiffenlosen General- eit in Westfalen   liegenden fremden Verbände auch Formationen ftäblern geschoben würde. Diese Auflösung mit allen der Brigade   7, vertreten durch die Unterzeichneten, und ein Ver Einrichtungen und Gelder der Truppen dazu mitteln zu verhindern sei die wichtigste Aufgabe treter der Reichswehrbrigade 7 teilnahmen. des Frontbundes"( den der Redner dann wieder einen rein Bei der Versammlung hat sich einerseits der durch die Bri- bermendet haben, um diesem Unternehmen zum Dasein zu verhelfen. Sie haben sich gegen einen flaren Erlaß des wirtschaftlichen Verband nannte, der mit Politit nichts zu gade 7 bereits ausgesprochene Gefichtspunkt von neuem bestätigt, Reichswehrministers vergangen, der derartiges streng ver­tun habe). Die Regierung habe große Angst vor dem daß eine rein wirtschaftliche, gemeinsame Vertretung der Inter­bietet. Frontbund, man wisse ja auch gar nicht, ob man noch 21 oder effen aller Angehörigen der Wehrmacht( Offiziere, Unteroffiziere, 22 Tage leben würde. Reichswehrminister Ge'ler wurde Mannschaften) bei den bestehenden Verhältnissen durchaus not­von dem Redner mit einer wilden Hummel berglichen, wendig erscheint. Die Brigade   7 ist entschloffen, in enger Zu­die in wilder Angst in Berlin   ratlos umherjagt. Der Front- sammenarbeit diefe Ziele zu fördern. bund müsse scharf vorgehen, er müsse wie ein Retten- Andererseits aber ist es unbedingt erforderlich, durch eine hund sein, zähnefletschend und schwefelspeiend, selbständige Organisation innerhalb des Rahmens der der, wenn die Regierung die Forderungen nicht bewillige, Brigade dafür zu sorgen, daß die besonderen Interessen der An­brauflos gehezt würde. In dieser Tonart ging es weiter. gehörigen der westfälischen Formation zur Geltung kommen, und Nach dieser gepfefferten" Rede sprach Hauptmann zu verhindern, daß die westfälischen Verbände nicht für fremd. unabhängigen Antrag zugestimmt, der die Regierung um von Bock und Polach; er führte an, daß die Auf- artige Sonderzwede zum Vorspann benutzt werden. lösung geschehen müsse aus Gründen des Reichswehr- Etats und wegen der Entente. Aufgelöst würden in erster Linie die Kapp- Butschisten. Für einen Gedanken des Zusammen­schlusses sämtlicher Soldaten sprach der Redner sich befürwor­tend aus. Ferner sprach ein Beutnant Graf von Schwe Wegen der außerordentlichen Wichtigkeit der vorliegenden rin im Auftrag des Hauptmanns Kiewit und im Namen Fragen ist es erforderlich, daß auf jeden Fall jede Truppe vieler Freikorps   wie z. B. Brandenburg, Raup usw. vertreten ist. Es wird vorgeschlagen, pro Bataillon, Batterie Er sagte u. a., daß die Angst der Regierung aus- und sonstige selbständige Formation je einen Offizier, einen Unter genügt werden müsse. Ein Kamerad des Reichs- offizier und zwei Mann zu entsenden. bundes Deutscher   Berufsfoldaten, der sich gegen Gehaltsempfänger erhalten Tagegelder, Löhnungsempfänger ein die Gründung des Frontbundes" wandte, wurde unter wil- aleichmäßiges Bekäftigungsgeld von 8 M. und, soweit teine eigenen dem Tunult zum Saale hinausgeworfen. Darauf wurde die Marketenderfonds zur Verfügung stehen, eine Zulage von 5 M. Gründung des Frontbundes" beschlossen. Am 15. Mai fand eine Besprechung der Formationen täglich. Die Gelder find vorschußweise zu zahlen und bei der Brigade anzufordern( Anordnung der Brigade   7). der 7. Reichswehrbrigade in Münster   statt. In welcher Weise Am Montag, den 17. Mai 1920, findet in Hamm   eine Taist, daß eine Mehrheit der Nationalversammlung   die Auf­diese Borbesprechung von der Dienststelle unterstützt wurde, gung des Frontbundes statt, auf der vor allem Bertreter zeigt der nachstehende Befehl: der Formationen anderer Wehrkreise erscheinen werden. Die Landesgruppe Westfalen, deren Gründung unter bestimmten Richt­linien für den Sonntag geplant ist, würde sich dann auf der Tagung in Hamm   mit floren Bielen   durch eine Delegation bertreten lassen. gez. Busch. Hauptm. Hauptm. Wachtmeister. Für die im Sinne obiger Ausführung vorstellig gewordenen Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften verschiedener Forma­tionen der Reichswehrbrigade 7.

Abschrift.

Osnabrüd, den 15. 5. 20. Leichtes Reichswehr- Artillerie- Regiment Nr. 7.

R.

4/7

II. Abteilung.

Abt. I Br. B. Nr. 2068.

Tgb. Nr. 1579/20.

5/7

Nunnsfeld Lin. d. L.

durch 15. 5. 20. Philipp Oberleutnant u. Batterieführer zur Renntnis. Es werden kommandiert: Oberleutnant Philipp. außerdem stellt jede Batterie einen Untffz. und zwei Mann. Ab­fahrt des Kommandos regelt Oberleutnant Philipp. Abfahrt morgen vormittag 9.25.

Philipp.

Pieper.

Wir schlagen deshalb vor, daß am Sonntag, den 16. Mai 1920, 11 Uhr vormittags, in Münster   eine Besprechung von Vertretern aller westfälischen Verbände stattfindet. Der Ort wird am Bahn­hof von 8-11 Uhr vormittags durch einen Bosten angegeben.

gez. b. Bod. gez. Mahnte. gez. Goebels.

1. Westf. Reichswehrbrigade 7

Abteilung Ie Nr.

Rtn. d. R.

Münster, ben 14. Mai 1920.

Die beiden sozialistischen   Parteien stimmten jedoch für den Antrag, und da die bürgerlichen Abgeordneten zum guten Teil außerhalb der Versammlung weilten, hatten die Sozial­demokraten ausnahmsweise die Mehrheit. Infolgedessen ist der Antrag angenommen.

Dieser rein parlamentarische Vorgang hat eine hohe poli­tische Bedeutung. Denn nach der Verfassung muß auf Ver­langen des Reichstags" die Verhängung des Ausnahme­zustandes aufgehoben werden. Es wäre müßig, darüber zu ftreiten, ob das Ersuchen" des unabhängigen Antrages dem ,, Verlangen" der Reichsverfassung gleichguießen ist. Tatsache hebung des Ausnahmezustandes noch vor den Wahlen wünscht und diesen Wunsch durch förmlichen Beschluß zum Ausdruck gebracht hat. Daraus ergibt sich, daß nach der Berfaffung die Regierung verpflichtet ist, alle Bestimmungen außer Straft zu feßen, die auf Grund des Ausnahmezustandes erlassen sind.

Braktisch ist dieser Ausnahmezustand, der im Sprach­gebrauch des Volkes immer noch als Belagerungszustand" wiederkehrt, nur in sehr wenigen Bezirken fühlbar gewesen.. In den meisten Gegenden Deutschlands   hat man von ihm so gut wie nichts gespürt. Deshalb war er dort schon lange überflüssig, und seine Aufrechterhaltung widerspricht den For­derungen der Demokratie, auf die sich die republikanische Re­gierung stüßen muß. In den wenigen Bezirken aber, wo die besonderen Befugnisse, die der Ausnahmezustand der Regie­

Die Brigade   legt Wert darauf, daß Vertreter aller Formationen rung gibt, bisher notwendig erschienen, muß versucht werden, vollzählig erscheinen.

Bür die Richtigkeit:

gez. unpe. Hauptmann.

gez. Wehbe I. Generalmajor.

In dieser Vorbesprechung versuchten einzelne Haupt. leus, dem Frontbund ein wirtschaftliches Mäntelchen umzu bängen und eine etwas gemäßigtere Tonart anzuschlagen, els in Baderborn. Die Vorbesprechung sollte weiterhin eine Nach dem Vorstehenden wird sich nicht leugnen lassen, Einigung. der gesamten Reichswehr daß hier Erscheinungen aller bedenklichster Natur brigade   7 herbeiführen. vorliegen. In der Marinebrigade Löwenfeld scheint man Es erklärte sich jedoch nur ein Drittel der For dem Frontbund" noch weit sympathischer gegenüberzu mationen( Sprecher Offiziere) für den Beitritt zum stehen, als in der Brigade   7, wo man sich offenbar noch eine Frontbund. Ein Drittel blieb passiv, ein Drittel dagegen. gewisse taktische Reserve auferlegt. Vielleicht erfundigt sich Am Sonntag, den 16. 5., fand dann im Gewerkschafts  - die Reichsregierung einmal, ob es zutrifft, daß in der Bri

die gesetzmäßige Ordnung auch ohne ihn wiederherzustellen. Das gilt besonders für das Ruhrrebier. In den legten Tagen hat ja schon die Regierung durch ihre Stellungnahme gegen die dort wirkenden außerordentlichen Kriegsgerichte in­direkt anerkannt, daß die fristlose Ausdehnung der Aus­nahmebestimmungen zu Unzuträglichkeiten böser Art führen kann. Der Beschluß der Nationalversammlung   fann also auch im Ruhrrevier bessere Verhältnisse schaffen, als die wohl­meinendsten Vorschriften der Regierung. Denn die außer­ordentlichen Kriegsgerichte werden außer Straff und die allzu vielen wegen Abwehr gegen Rapp Angeklagten hoffentlich bald außer Haft gesetzt werden.