waren. Die Versammlungen fanden im Hochsommer, also derjenigen Zeit statt, welche für alle anderen politische» Parteiendie todte Saison ist; die Sozialdemokraten kennen keine stilleZeit, sie sind unablässig thätig und rasten nicht, bis zum endgiltigen Siege unserer großen Bewegung.Zur Landagitation. Ein sozialdemokratischesWochenblatt für die bayerische Landbevölkerun g. Zu dem Antrag der Münchener Genossen, der bevor-stehende Parteitag möge die Schaffung der Wochenzeitung fürdie Landbevölkerung in Erwägung ziehen, macht ein praktischerLandwirth(der Verfasser des vielbeachteten Artikels:„DerBauer und die Sozialdemokratie") in unserem NürnbergerBruderorgan, der„Frank. Tagespost", sehr beherzigenswertheAusführungen von allgemeinem Interesse. Aus demselben hebtdie„Münch. Post" folgende Ausführungen besonders hervor. Erschreibt:„Ein solches Blatt denke ich mir nun so: Vielleichtzwei Mal so stark, sonst ungefähr dieselbe Form, wie das„Bayerische Vaterland". Zuerst kurz einen treffenden Artikelüber eine bayerische Angelegenheit, wo ja die Dummheit derPatrioten und das Treiben der Regierung und ihrer Liberalenimmer für Stoff sorgen. Dann kurz und von unseremParteistandpunkt aus beleuchtet, eine Uebersicht über die wichtigsten Welthändel aus der Woche. Etwas ausgedehnter danndeutsche und vor allem süddeutsche Angelegenheiten und Nachrichten, wobei alles dem Bauern Weitabliegende fortgelassenwerden muß. Zu Reichstagszeiten eine kurze Uebersicht und beiwichtigen Reden kurze Abschnitte über die Thätigkeit währendder Woche; ausführlicher bei Landtagszeiten, wo auch bei allemwichtigen, insbesondere die Landwirthschaft Betreffenden, inklaren und verständlichen Artikeln der Parteistandpunkt verdeut-licht werden muß.(Ans diese Weise gelangt der Bauer, ohneihn mit theoretischen Geschichten zu ermüden, ehestens zurKenntniß der eigentlichen Parteibestrebungen.) Zum fernerensollten im Blatte Mittheilungen über Begebnisse aus möglichstvielen bayerischen Landorten veröffentlicht werden, wofür dieVertrauensleute ans brieflichem Wege an die Redaktion zusorgen hätten. Alle Bedrückungen der Bauern durch Verwaltungs- und Forstbeamte, soweit sie znr Kenntniß zu bekommensind, müßten ebenso besprochen werden, wie das Treiben der Re-gierung. der Patrioten, der Soldatenschinder. Wissen die Bauern,und dafür haben sie eine gute Nase, daß ein Blatt existirt inHänden unserer Partei, welches ohne Scheu die Ungerechtigkeit,die volksfeindlichen Bestrebungen in besonderer Berücksichtigungdes Geschehenden auf dem Lande brandmarkt, so gewinnen sierasch Zutrauen und schleppen selbst Nachrichten und Materialherbei.Natürlich müßten auch regelmäßig landwirthschaftliche Rath-schlage kurz und gut und der Jahreszeit entsprechend gegebenwerden, sowie von den größeren Märkten die Mittelpreise.Unbedingt nöthig ist es auch, daß das Blatt Anzeige» hat, Be-zngsqnellen mittheilt; ein Blatt ohne Anzeigen, die dem Bauernoft Rathschläge zum Ein- und Berkauf geben, ist in seinen Augenkeine richtige Zeitung. Druck soll nicht zu klein sein und dieSchreibweise klar und kräftig, wahr und überzeugend und ohneunnöthige Schimpfereien. Ueber das weitere in der Ausstattungkann ich mich natürlich nicht auslassen, das ist Angelegenheit derZeitungsfachleute. Kurz sei noch bemerkt, daß der Abonnements-preis vierteljährlich nicht mehr wie 60 Pf. betragen sollte."Parteipresse. Die Probenummer der„Leipziger Volks-zeitung" ist nunmehr am letzten Sonnabend verausgabt und zuvielen Tausenden verbreitet worden. Mit der Nummer vomFreitag hat„Der Wähler" sein Erscheinen eingestellt, nachdemer sieben Jahre den Leipziger Parteigenossen gedient. SchwereKämpfe hat auch„Der Wähler", wie das wohl so ziemlich vonallen Parteiblättern gesagt werden kann, durchmachen müssen,schwerere stehen vielleicht der„Volkszeitung" bevor. Dessen-ungeachtet wird die neue Vorkämpferin vollauf ihre Pflicht thun.— Willkommen im Kampfe!*•Der„Damm gegen die Nmsturzpartei", die Krieger-vereine, kommt immer mehr ins Wanken. Ein Herr Mayer,der Präsident des Mannheimer Veteranenvereins, fühlt sich zufolgender Jeremiade veranlaßt:Mannheim, 12. September 1394.A» sämmtliche Mitglieder des VeteranenvereinsMannheim.Der erste Präsident des Veteranenvereins Mannheim siehtschon längere Zeit, daß die Mitglieder gegenüber dem Verein sichsehr interesselos zeigen, das beweisen nicht allein unsere Unter-haltungs- und Familieuabende oder Ausflüge und Leichen-begängnisse, insbesondere haben sich die Mitglieder sehr zurück-gezogen gezeigt am 9. September bei dem Feste des GroßherzogsGeburtstag.Ich hoffe nicht, daß wir lauter Sozialdemokraten in unseremso schönen Verein haben, sollte dies der Fall sein, so sieht sichder erste und zweite Präsident veranlaßt, sofort sein Amt nieder-zulegen. Ich glaube, als langjähriger Präsident dies nicht ver-dient zu haben, indem ich mir alle Mühe gebe, den Verein hoch-zuhalten und auf die erste Stufe zu bringen. Sollte die Saum-seligkeit so fortgehen, so werde ich den Antrag stellen, den Vereinaufzulösen und das Vcreinsinventar an einen anderen Verein ab-zugeben.Fast könnten wir Herrn Mayer bedauern.Auf der Höhe der Zeit" scheint die„freisinnige" StadtNürnberg nun bald angelangt zu sein. In bezug auf dasVersammlungsrecht habe Nürnberg, so schreibt man der„Fränk.Tagespost", bis vor etiva Jahresfrist, gegenüber München alsreinstes Eldorado gegolten. Seitdem der Bürgermeister bei derLandtagswahl durchgefallen, habe sich das geändert. Es wirdnun im weiteren an die Ausweisungen von Frauen aus Ver-sammlungen erinnert, bei denen es sich um rein wirthschaftlicheFragen handelte. Schließlich wird in drastischer Weise derGrundsatz dargelegt, nach welchem der Magistrat vorzugehen pflegt.In der Argumentation desselben heißt es: Die Versammlung istvon Sozialdemokraten einberufen, ein Sozialdemokrat reserirt,ergo ist die Versammlung, gleichviel, über was sie verhandelt, einesozialdemokratische; die Sozialdemokraten aber bilden einen überganz Deutschland verbreiteten„politischen Verein", ergo ist jedevon ihnen veranstaltete Versammlung, gleichviel, ob sie sich miteinem Reichsgesetz oder mit der Frage, warum die Frösche keineSchwänze haben, beschäftigt, eine Versammlung eines„politischenVereins". Und da an solchen nach Artikel 15 des VereinsgesetzesFrauen nicht theilnehmen dürfen, sind dieselben auszuweisen oderes wird die Versanimlung gleich von vornherein verboien unddie Ausübung eines verfassungsmäßigen Rechts für die sogarnach Feilitzsch'scher Aufsaffung Berechtigten, die niännlichenStaatsangehörigen, auch unmöglich gemacht. Das Koalitions-recht, durch Reichsgesetz„garanlirt" und laut Reichsgerichts-Urtheil ausdrücklich gegen vereinspolizeiliche Uebergriffe zuschützen, kommt für den„freisinnigen" Magistrat Nürnberg nichtin Betracht.Elsaß-Lothringe» schreibt man uns: Vor derMülhausener Strafkammer hatten sich am letzten Freitag derRedaktenr des Offenbnrger„Volkssreund" Zielowski und derSchriftsteller Jaeckh zu verantworten, ersterer unter der An-schuldigung, einen gegen einen elsässischen Geistlichen beleidigendenArtikel als„Verantwortlicher" verbreitet, letzterer, denselbenverfaßt zu haben. Neu war das Verfahren, die Autorschaftdes Artikels zu inquiriren, während man sich sonst daran ge-nügen läßt, den„Verantwortlichen" als Prügelknaben heran-zuziehen. Immerhin war das Verfahren interessant und bildetauch für juristische Feinschmecker einen kleinen Leckerbissen. Der„Verantwortliche" von Offenburg wandte nämlich die Nichtzuständig-keit des Mülhauser Landgerichts ein und glaubte diesen Fall alseinen weiteren Beleg für die offene Frage deS Gerichtsstandsgeltend machen zu können. Allein die Staatsanwaltschaft be-hauptete zunächst für den Angeklagten Jaeckh die Zuständigkeitdes Mülhauser Landgerichts und damit auch für den AngeklagtenZielowski.§§ 8, 3 der Strafprozeßordnung; gemeinschaftlicheAusführung eines Delikts an verschiedenen Orten.) In der VerHandlung wurde Jaeckh zu zwei Monaten GefängnißZielowski zu 100 M. Geldstrafe eventuell 10 Tagen Gefängniß verurtheilt.— Auf diese Weise kann man nunmehr jedeElsaß-Lothringen betreffende Notiz nach dem Reichsland, d. hnach den dortigen Landgerichten ziehen; die badischen Schwurgerichte, welche in Preßprozeffen weniger rigoros urtheilenwürden, sollen mit der Freisprechung von Preßsündern möglichstwenig behelligt werden. �„Heraus mit dem allgemeinen Wahlrecht"— so lautetedie Aufschrift eines Flugblattes, das die Wiener Arbeiter inder Nacht vom 25. zum 26. September in vielen Tausenden verbreiteten. Ueber die Wirkung dieser ernenten Inangriffnahmeder Agitation der Wiener Arbeiterschaft für das allgemeineWahlrecht auf die bürgerlichen Parteien haben wir schon ananderer Stelle berichtet. 76 der Flugblattvertheiler wurdensistirt. Die Flugblätter waren an allen privaten und öffentlichenGebäude», dem Jnstizpalast, den Kasernen, den fürstlichenSchlössern, an Post-Briefkasten u. s. w. angeklebt worden. Unterden Verhasteten befanden sich mehrere Frauen. Die Verurtheilungen fanden statt auf grund des Preßgesetzes(wegenunerlaubter Kolportage) und waren nicht sehr erheblicher Art;sie bewegten sich von einigen Gulden Geldstrafe bis höchstenszwei Tage Haft.— Glückliches Oesterreich! In Preußen, Deutschland wäre der grobe Unfugsparagraph und wer weiß, was nochmit herangezogen worden.Polizeiliches,(berichtliches tc.— Wegen Tragens republikanischer Abzeichenwar Gen. Burkhardt- Glauchau angeklagt, weil er beieinem Begräbniß einen Kranz mit weißrother Schleife getragenhatte. Er wurde zu drei Tagen Gefängniß verurtheilt, weil dasWeiße an der Schleife nur zur Verdeckung des eigentlichenZweckes gedient habe. Von der Anklage, groben Unfug verübtzu haben, wurde er freigesprochen, da das Begräbniß ruhig verlaufen sei, daher„die verfassungsfreundlichen Bewohner nichtbelästigt worden feien".— Die Stadt Leipzig hat nun auch ihren Kinderfest-Erlaß erhalten; er gleicht den übrigen.—„Ich entziehe dem Sänger das Wort." InWilkau bei Zwickau konnte nach längerer Pause wieder einmaleine Volksversammlung stattsinden, die auch recht gut besuchtwar. Nach Schluß der Versammlung begann ein Versammlungs�besucher die Arbeitermarscillaise zu singen; kaum aber hatte erdamit begonnen, als ihn der noch anwesende Uebcrwachende mitden im Eifer hervorgestoßenen Worten unterbrach: Ich entziehedem Sänger das Wort!" Tableau!— 150 Mark Geld st rase, eventuell 30 Tage Haft,erhielt der Redakteur der„Reuß. Tribüne", Genosse Levenvom Schöffengericht zu Gera wegen Beleidigung des sattsam bekannten Liebermann von Sonnenberg. Die Beleidigung sollteenthalten sein in einem Artikel, worin gesagt war, daß vor25 Jahren in Wiesbaden eine ganze Anzahl Geschäftsleute durchLiebermann geschädigt worden seien.— Einen„O r t s b ü t t e l" hatte die„Sächs. Arb.-Zeitung"den Gemeiudebeamten von Loschwitz genannt. Das sollte ge-rochen werden. Genosse R e i ch a r d wurde als Verantwortlicher angeklagl. Aber selbst das sächs. Gericht mußte auf Freisprechung erkennen, da das cchtdeutsche Wort„Büttel" sürPolizist keine Beleidigung sei.— Den 25. d. M. wurde der Gesangverein„Sänger-. i r t e I" in Hohenstein-Ernstthal durch die königlicheAmtshanplmannschast aufgelöst und somit, wie schon vieleandere derartige Vereine, von dem Sein zu dem Nichtsein beördert.Soziale Oclfetstuftt.Sonntagsruhe in de» Miinchener Auwaltsbnreans. Einegroße Anzahl der Münchner Anwälte haben schon vor einigerZeit mit einer von srüher übernommenen Gewohnheit gebrochen,die Kanzleien am Sonntag zu schließen. Eine Umfrage über dieVerhältnisse hat ergebe», daß von den 100 bestehenden Kanzleieneinzelner oder assoziirter Anwälte 24 Kanzleien gänzlich geschlossen,daß weitere ca. 40 Bureaus für den Verkehr mit dem Publikumgeschlossen sind, während die restigen Bureaus in dem früherallgemein üblich gewesenen vollen Betriebe stehen. Wenn nunauch die Bureauzeit in den meisten Kanzleien seit ca. 4 Jahrenauf die Zeit von 10—12 Uhr reduzirt ist, so wird durch diesezwei Stunden doch den Angestellten sowohl, als den Prinzipalenelbst der Feiertag verdorben, ohne daß für die letzteren ausdieser Arbeitszeit ein irgendwie nennenswerther Nutzen sichergäbe. Das Publikum wird durch die in allen Bernfsarten zurEinführung gelangende Sonntagsruhe doch allmälig daran ge-wöhnt, wichtigere �Geschäfte an Wochentagen zu erledigen unddie allgemeine Beobachtung gerade in den hier betheiligten Kreisenlehrt, daß der Parteiverkehr an Feiertagen seit einigen Jahrenaus ein Minimum zurückgegangen ist.Die PittSbnrger Werke für Weißblechfabrikationwerden infolge Ausbruchs von Lohnstrcitigkeiten heute Nachtgeschloffen.GemerftM aNU4ies.Achtung, Buchdrucker!Bei der Firma W. B ü x e n st e i n u. Co. haben gesternämmtliche Maschinenmeister die Arbeit niedergelegt infolgeTarif st reitigkeiten und Wahrung des Koalitions-rechtes. Wir erwarten, daß sämmtliche MaschinenmeisterBerlins sich milden Streikenden solidarisch erklären und so langedie Offizin meiden, bis sämmtliche Forderungen der Gehilfenbewilligt sind. Es ist Ehrensache, Zuzug nach Berlin strengstensernzuhalten.— Alles Nähere heute Abend in der Versammlung.' er Vorstand des Vereins Berliner Buchdruckerund Schriftgießer.Albert Massini, Vorsitzender.Achtung, Zimmerer! Die Zahlstelle und Arbeitsnachweisdes Verein der Zimmerer(Berlin W.) befinden sich vom 1. d.Mts. ab bei Keßner, Grunewaldstr. 110. Daselbst werden alleSonntage, mit Ausnahme derjenigen, wo öffentliche oder Mit-gliedsversammlungen startfinden, Beiträge an- und neue Mitgliederausgenommen.An die organifirten Arbeiter Deutschlands!Schlotheim i. Th. Bekanntlich ist der hiesige Seilerstreik zuUngunsten der Streikenden ausgefallen, thcils wegen ungenügen-der Unterstützung, theils wegen der vielen Streikbrecher, die sich,aus allen Berufszweigen rekrutirend, eingefunden halten. Esind jetzt noch 40 bis 50 Gemaßregelle vorhanden. Die Fabri-kanten geben den Arbeitsuchenden zur Antwort, daß sie durch denStreik so geschädigt worden seien, daß sie in fünf Jahren denVerlust nicht wieder einholen könnten, den sie durch diesen Streikerlitten hätten, da zahlreiche Bestellungen anderwärts gemachtwurden und das verlorene Absatzgebiet nur äußerstchwer wieder gewonnen werden könne. Wir sind nunbemüht, unsere Schlotheimer Kollegen anderswo unter-zubringen; da aber dieses nicht so schnell zu ermöglichenist, haben wir vorläufig noch eine große Anzahl Gemäß-geregelter zu unterstützen. Wenn man bedenkt, daß diese Pariassich in letzter Zeit mit 2,50 M. pro Woche begnügen mußten, soist die Roth erklärlich, welche jetzt unter denselben ausgebrochenist. Die Fabrikanten versäumen nicht, die Arbeiter in ihrerbitteren Roth noch zu verhöhnen, indem sie sie an die Organi-sation verweisen. Dabei suchen sie die Arbeiter der Organisationuntreu zu machen, indem sie denselben vorreden, wie sehr sie fürihre Arbeiter gesorgt hätten und wie wenig dieselben sich auf dieOrganisation verlassen könnten. Nun, als so ganz machtloswerden diese Herren Fabrikanten die Organisation doch nichtkennen gelernt haben, das beweisen die schweren Nachtheile.welche sie durch diesen Streik erlitten haben; nach einem zweitensolchen Sieg gelüstet sie es jedenfalls nicht mehr. Für diesmalhaben wir allerdings eine Niederlage erlitten und es wird unsschwer werden, die vielen Gemaßregelten unterzubringen. Damitaber die Fabrikanten nicht sagen können, wir habendie Ausgesperrten verhungern lassen, bitte» wir alle Ar-beiter, uns noch kurze Zeit zu unterstützen, bis wir dieselbenuntergebracht haben. Die Roth ist außerordentlich groß undHilse sehr nothwendig.Der Verbandder Seiler, Reepschläger und Hänfer.I. A.: G. Schaad.Adr.: H. Schlüter, Altona-Ottensen, Bahrenfelder Stein«damin 48, II.Alle arbeiterfreundlichen Blätter werden um Abdruck gebeten.Charlottenburg! Achtung, Gewerkschaften! Angesichtsunserer wirthschaftliche» Verhältnisse macht die Gewerkschafls-bewegung am hiesigen Orte viel zu geringe Fortschritte. Nebeneinigen Organisationen giebt es eine Anzahl Berufe, für die bisjetzt gar keine Vereinigung besteht. Es wird deshalb von einigenGewerkschaften in Erwägung gezogen, ob nicht die Bildungeines Kartells fördernd für die Organisation wirken würde. ZurErörterung dieser Angelegenheit findet am Donnerstag, den4. Oktober, eine öffentliche Versammlung statt(Siehe Annonce).auf die wir hier besonders aufmerksam macheu mit dem Wunsch,daß sie aus allen Berufskreisen recht zahlreich besucht wird.I. A.: H. W e r n i ck e.An die Arbeiter Hamburgs richtete sich«in Flugblatt.das am Sonntag in 125 000 Exemplaren verbreitet wurde. Indemselben werden die Arbeiter aufgefordert zum Beitritt zuihren Organisationen. Die andere Seite des Flugblattes enthälteinen Aufruf zum Boykott der Schnhwaaren von Tack u. Co.in Burg.5 Arbeitslosen- Versammlungen finden am Mittwoch.den 3. Oktober, jn Hamburg statt.In Schwarzenbach a. d. S.(Bayern) haben die Malerder Porzellanmalerei Schaller u. Komp. am 24. Septemberdie Arbeit niedergelegt. Grund: Fortgesetzte Lohnreduzirungenund Einführung neuer Muster zu Schundpreisen. Um Fern-halten jeden Zuzuges nach dort wird ersucht.Desgleichen stehen in Lohnbewegung die Porzellanarbeiterin Arzb er g(Bayern), Probstzella(Thüringen) und diePorzellan- und Galanteriemaler in Berlin, und ist Zuzug nachdiesen Orten fernzuhalten.Einer Statistik der Magdeburger Bildhauergehilfenentnehmen wir folgende Einzelheiten. Der Durchschnittsverdienstder 28 Gehilfen, welche die Fragebogen beantwortet hatten indem Jahre vom I.Juli 1893 bis 30. Juni 1894, das Jahr zu52 Wochen berechnet, betrug pro Woche 14 Mark 55 Pfennig.Als höchster Durchschnittsverdienst wurde 24 M. 97 Pf. erzielr,während der niedrigste 4 M. 32 Pf. betrug. Nach dem Alterberechnet betrug der Durchschnittsverdienst:13-20 Jahr 10.85 M.. höchster 16,55,so— a-i„ 15.49„„ a3,6i,25-30„ 18,12„„ 24,97,30 u. darüber 17,60„„ 23,08,Hierbei sind Ueber- und Sonntagsarbeit mitarbeitet wird in Akkord und zwar in denbis 9V2 Stunden täglich, in den Tischlereien 10 Stunden.Arbeitslos waren in diesem Zeitraum 25 Gehilfen zusammen1310 Tage 6 Stunden, so daß im Durchschnitt auf jeden Ge-Hilfen 52 arbeitslose Tage kommen. Die höchste arbeitslose Zeitbetrug 226 Tage, die geringste 3 Tage. Erwerbsunfähig krankwaren 7 Gehilfen mit zusammen 83 Tagen. Die Zahl der Lehr-linge betrug am 30. Juni 1994 30, im Verhältniß zur Gehilfen-zahl gewiß keine zu geringe, ein Beweis, daß auch in diesem Ge-werbe die Lehrlingszüchterci in schönster Blüthe steht.(EinigeBildhauereien beschäftigen zur Zeit nur Lehrlinge, darunter eine.wo 4 Lehrlinge beschäsligt sind.) Verheirathet sind von den an-zegebenen Gehilfen 6. Den Beruf haben wegen Mangel an Be-chästigung gänzlich aufgegeben 5, während 2 Verheirathete ausdeniselben Grund abreisen mußten, um sich an einem anderenOrt Erwerb zu suche».niedr. 4,325,859.6112,21eingerechnet. Ge-HolzbildhauereienDetiesihea:(Wolff'S Telegraphen-Bureau.)Pilsen, 1. Okt. Gestern Abend 11 Uhr fand in der Keller-öffnung des einem gewissen Zniller(Mitinhaber der Pankraz-Zeche in Nürschan) gehörigen Hauses eine vermuthlich durchDynamit verursachte Explosion statt; der Thäter ist unbekannt;der Schaden ist nicht bedeutend.Kopenhagen, 1. Oktober. Der Reichstag ist heute eröffnetworden. Das Folkething wählte Högsbro, Gegner des Aus-gleichs, wieder zum Präsidenten; zu Vizepräsidenten wurden.wei Gegner des Ausgleichs gewählt, statt wie bisher zweilnhänger desselben.Das Landsthing wählte Profeffor Matzen(Rechte) zumPräsidenten.Kopenhagen, I. Oktober.„Ritzau's Bureau" meldet ausPetersburg, das russische Ministerium des Auswärtigen habe garleine Mitlheilung von einem Ueberfall einer Station der Ussuri-bahn durch die Chinesen erhalten und bezeichne die diesbezüglichenNachrichten als unbegründer.Genf, 1. Oktober. Durch einen heftigen Nordwind wurdein der vergangenen Nacht und heute früh viel Schaden angerichtet.Gestern Abend wurde der Dampfer„Helvetia" mit 225 Passa-gieren gegen die Montblanc-Brücke gestoßen. Sämmtliche Reisen-den konnten den Dampfer ohne Gefahr verlassen, die Brücke undder Dampfer sind beschädigt. Im Hafen sind viele kleineFahrzeuge untergegangen. Sämmtliche Dampfbootfahrten sindeingestellt.Madrid, 30. September. Nach hier eingetroffenen Mel-düngen aus Habana sind infolge von Regengüssen fast überallaus der Insel Euba Ueberschwemmungen eingetreten. ZahlreicheMenschenleben sind verloren, besonders in Sagua-la-Grande.London, 30. September. Nach Meldungen aus Port Saidlud die Verhandlungen zur Beendigung des Ausstandes derBaggerschiffsnrbeiter gescheitert. Aus Lemasson, den Haupt-ingenieur des Kanals, wurden gestern in Jsmailia Schüsse ab-gegeben, durch die Lemasson ernstlich verwundet wurde. Manglaubt. das Attentat sei von einem der ausständigen Arbeiterverübt worden.Kairo, 1. Oktober. Der Hauptingenieur des Suezkanals,Lemasson, auf welchen vorgestern ein Arbeiter geschossen hatte,ist seinen Wunden erlegen.(Tcpescheit-Bnrea» Herold.)Paris, 1. Oktober. Ueber den Brand in der Zuckerrasfinerieivird weiter gemeldet, daß derselbe durch glühend gewordeneelektrische Leitungsdrähte verursacht worden ist. Große MengenZucker sind während der Feuer-brunst zerschmolzen. Das ganzeM aschinenwerk wurde total zerstört. Der Schaden ist sehr be-de utend; ein Feuerwehrmann ist lebensgefährlich verletzt worden»,50 Arbeiter sind brotlos.Verantwortlicher Redakteur: I. Dierl(Emil Roland) in Berlin. Druck und Verlag von Max Bading in Berlin SW., Beuthstraße 2,Hierzu zwei Beilagen.