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lanK gestimmt Hätte, wie tne vcm Mersvren«rtd Erm- larbd. Siirf Grund des dortigen Resultats bei einer großen- leils nicht deutschsprechenden Bevölkerung liegt klar zutage. daß das Selbstbestimmungsrecht der Völker in den bedingungslos abgetretenen Gebieten vergewaltigt morden ist, im guten Glauben vielleicht, aber jedenfalls von ' euten, die über den Volkswillen der deuts<l)-polni'chcn Grenzgebiete nicht im mindesten bzw. absichtlich falsch unterrichtet waren. Hiergegen zu protestieren ist Pflicht des Sozialisten, nicht nur des deutschen Sozialisten, sondern jedes Sozialisten der Welt überhaupt. Wir verlangen nicht, daß uns diese Ge- Kete bedingungslos zurückgestellt werden, aber wir dürfen 'ordern, daß in ihnen durch Volksentscheid festgestellt 'erde, ob die Versailler Grenzziehung dem Willen der Bc- ölkerung entspricht. Denn das ist keine Achtung des Selbst- Bestimmungsrechts der Völker, wenn man dort abstimmen . int, wo gar nichts abzustimmen ist, dort aber die Ab- immung unterläßt, wo sie wirklich not- ''endig gewesen wäre! Vielleicht haben sich auch die Verfasser de? Versailler "iktales mit der Abstimmung in Ostpreußen ein moralisches Vstintelchen umhängen wollxn, indem sie der Welt sagten: V eht doch, wir lassen abstimmen, wir sind also keine Annerio- ?;sten, sondern demokratische Pazifisten. Aber das Abstim- mmgsresultat enthüllt jetzt die Heuchelei des ganzen Verfahrens: Ebensogut wie in Ostpreußen hätte die Entente um Beweis internationalen Gerechtigkeitsgefühls auch die Vrovinz Sachsen oder Brandenburg über ihre Zugehörigkeit� ! Dentschland abstimmen lassen können! Dies Verfahren diente nur dazu, die Tatsache zu verstecken, daß gerade über 'e Gebiete ganz in i mperialisti sch-ab solutistischer Weise nach dem Muster des Wiener Kongresses von abenber verfügt wrden ist, wo nach den Grundsätzen internationaler Gerech- tigkeit wirklich hätte abgestimmt werden in ü' s e n. Wenn die internationale Sozialdemokratie Revision des Flieden sdiktats von Versailles fordert, so muß sie in erster Linie mich dafür eintreten, daß die Abstimmung dort v- chgeholt wird, wo sie ohne jeden Rechtsgrund unterblieb. DaS amtliche AbftimmnngsergebniS. Berlin , 12. Juli. Nach dem amtliche« Ergebnis wurde« in '"'-stureus-eu fiir Teutschland 98 88? Stimmen abgegeben, für Polen ""'7, zusammen 101866 Stimmen. Für Deutschland stimmten 02,1 Proz., für Pale» 7,6 Proz. Neaierungskunvgebnngen zur Abstimmung. Berlin , l2. Juli. Die Preußische StaatZregierung hat folgende Kundgebung an den Qberpräsidenten von König ». rcra. den Staatskommissar Frerhcrrn von G a y l- Alleitsiein und den Staatskommissar Gras B a u d i s s i n- Mariemverder eerondt:Den Mitbürgern in dem ostprcußiscken und west- t, eußischen Abstimmungsgebiet und besonders noch denen in > rmiand und Masuren , die ihrer Treue zum preußischen und deutschen Vaterlande einen so überwältigenden . uödruck� verliehen haben, sagt die Preußische StaatSregierung ' aen w ä r m st e n Dank. Wir wußten, daß die Bewohner des ,das.. dem ganzen Staate den Namen gegeben hat, die, leh.en sein würden, die Preußen im Stiche lassen. Preußisches Staatsministerium. Berlin , 12. Juli. Der Reichskanzler sandte auZ Spa nachstehendes Telegramm an den Lberpräsidenten der Pro- v i n> Ostpreußen : Das Ergebnis der Llbstimmung in Ost- und Westpreußen ist ein Heller Lichtblick in schwerer, ernster Zeit. Deutsch « Treue konnte sich in diesen Tagen nicht schöner und überzeugender er- weisen. Ich bitte Sie, der Bevölkerung der preußischen Ostmark, dio in so erhebender Weise für das alte Paterland Zeugnis ab- -'stegt hat, den allerherzlichsten Dank der Reichsregie. r u n g zum Ausdruck zu bringen. gez. Fehrenbach. Der Rcichsprästdent Eb e r t bat an den Deutschen Schutz- kund, an den deutschen Bevollmächtigten Gras Ba n d i s s i nnd

an den Reich», und Staatskommissar Frh. von Gehl Adresse« gesandt, in denen er ihnen und allen Bewohnern der Abstimmung? gebiete seinen Tank jür thrc Mitwirkung bei der VolkSab- stimmung ausspricht.

Polnische Mehrheiten. Wie zu erwarten war, haben in einzelnen kleinen Ort» schaften de» WstimmungsgebieteS die Polen eine Mehrheit er- ringen können. Das sst im Hinblick auf das erfreuliche Ergebnis, das das Gesamtbild gewährt, insofern beklagenswert, weil! der Friedensvertrag formal die Deutung zuläßt, daß diese Ortschaften an Polen fallen. Doch können diese Teilergebnisse die Tatsache, daß der weitaus überwiegende Teil der Bevölkerung sich für Deutschland entschieden hat, nicht verdunkeln. P. N. N. mekden hierzu: WaS die polnischen Mehrheiten anbetrifft, so haben in dem Grenzbezirke die Kreise Osterode , Dir schau, Grosch- ken, Groß-Lcwalde und N a p p« r n eine polnische Mcbr- heit erzielt. Di« Dörfer liegen hart an der Grenze und müssen daber als stark gefährdet gelten. Im Kreise N e i d e nb u r g hoben nur Turau-Kirche und Turau-Ort eine polnische Mehrheit aufzuweisen, dagegen ist Turau in seiner Mehrzahl deutsch . Im Landkreis A ll e n st e i n sind drei Dörfer mit polm- siber Mehrheit aus der Abstimmung hervorgegangen, und zwar Groß-Leschno, W e n i t t e n und Schilling. Diese drei Dörfer können aber das Abstimmungsergebnis in keiner Weise beeinflussen. Im Landkreis Allenstein sind 30 444 deutsche und 4423 polnische Stimmen abgegeben worden. Mit diesen für die Polen so kümmerlichem Ergebnis vergleiche man die Agitation. die sie seinerzeit in Paris entfaltet haben. Gerade der Landkreis Allenstein wurde von den Polen immer als durchaus polnisck in Anspruch ge- nommen. In einzelnen gefährdeten Ortschaften, z. B. in Tiertischwalde, sst die Zahl der deutschen Stimmen doppelt so groß wie der der polnischen. In W e st p r e u ß e n hat der Kreis S t u h m. der als über- aus gefährdet galt, nur 4glS polnische gegen 16 0S8 deutsche Stimmen auszuwessen. Auch die Stadt Stuhm hat über- wiegend deutsch gestimmt; und zwar wurden 267ö deutsche und 749 polnische Stimme« abgegeben. An auswärtigen Abstimmungsberechtigten sind im gangen löSOOO in die Abstimmungsgebiete befördert worden.

Polens Seörängnis. Neue Alarmnachrichteu. S V«, 12. Juli. lHavas-Reuter.) Heute vormittag sind in de« Kreisen der Konferenz neue beunruhigende Nachrichte« über die militärisch« Lage in Polen eingetroffen. E» sind Besprechungen über diese Frage zwischen den alliierten Per- tretcr« anberaumt worden. Keine Bescbönigungsversucke helfen mehr über die Tatsache hin­weg, daß Polen eine vernichtende Niederlage erlitten hat, deren Umfang sicb zur Stunde auch nicht annähernd übersehen läßt. Nachdem die Sowjettruppen die gesamte russische Front ins Wanken gebracht haben, melden auch die litauischen Trupe» Erfolge in der Richtung ans Wilna . Minsk soll geräumt werden und ist vielleicht schon von den roten Truppen besetzt. Der polnische Heeresbericht gibt zn, daß die polnischen Truppen unter heftigen Kämpfen von der Beresinafront zurückgewichen sind, Smolevize und Sarny auf- gegeben haben. Auch in Podolien gehen die Polen weiter zurück. Inzwischen wird unter General Haller eine Freiwilligen- a r m e e gesammelt, von der aber beut« schon sicher ist, daß sie dem ungeheuren Ansturm der Bolschewisten auf die Daner nicht ge- wachsen sein kann, wenn ihr nicht von den Alliierten Hilfe wird. Der polnische Ministerpräsident Grabski ist nach Spa ge- gangen, um diese bei Polens Freunden zu erwirken. Sichere Zu- sagen sind ihm offenbar bis jetzt nicht gemacht worden, man laßt es vielmehr bei der Ankündigung der.moralischen" Unterstützung (Moral ist hier gleich Kriegsgerät zu verstehen) bewenden. Im übrigen haben die Alliierten an Sowsetrußland da? Ersuchen ge- r-chiet, es möge mit Polen einen Waffenstillstand abschließen unter der Voraussetzung, daß sich die Polen hinter ihre rechtmäßigen Grenzen zurückziehen; andernfalls wird mit der vollen Unter- stützung Polens durch die alliierten Mächte gedroht. Dem Waffen- stillstand sollten sich Verhandlungen über das Schicksal der Rand- stamen anreihen, für die Polen jetzt das Recht der SelbsLbestim- mung anerkennt. Unausgesetzt lausen Meldungen«in. dl« von einer Frieden?» bereit schaft Rußland » berichten. Sie sind jedoch mit Bar- ; ficht auszunehmen, obwohl K r a s s i n erst kürzlich eine V e r- ständigungSmöglickkeit mit England gesucht hat. In­zwischen waren aber die Erfolge der Bolschewisten zu groß, al» daß sie sich ohne sichere Bürgschaften für einen ihnen günstigen Frieden in cbrem SiogeSlanf aufhalten lassen könnten. Sowjetrußland will in Polen das imverialistisck« Frankreich treffen, das an dein Friedensschluß mit Rußland bisber deswegen kein Interesse hatte, weil es glaubte, nach einer Niederlag« der Bolschewisten wieder in den Besitz seiner Guthaben in Rußland zu kommen. Im Angesicht des Sieges wird sich Lenin schwerlich damit abfinden, daß man einen Frieden schließt, der Ruhland um die Erfolge seiner Waffen bringt und die Entscheidung, die jetzt unmittelbar bevorzustehen scheint, hinausschiebt auf ein Versailles , St. Germain oder Spa.

Zusammenstöße in Antwerpen . Spa. 12. Juli. Anläßlich de? Goldenen Sporentages war gestern. Sonntag, die gesamte Polizei in An tw erp e n mobil- gemacht. Die Maniiestonien rotteten sich im VorgerbouS zusammen. Nachmittags um 12'/, Ubr gelang eS einem Zug von 300 bis 400 Mann, mit Fahnen in die Stadt einzudringen. Die Polizei griff ein und feuerte blinde Schüsse ab, wodurch die Manifestanten zrrsprengt wurden. Sie rotteten sich aber wieder zusammen und machten einen Vorstoß auf das Rathaus, wobei e» zu Zu- sainmenstößen mit der Polizei kam. die mit dem Säbel einhieb. Darauf wurde aus der Meng« gefeuert; die Polizei erwiderte das Feuer und zerstreute die Manifestanten. Es wurden einige zwanzig Verhaftungen vorgenommen. Drei Polizeibeamte und mehrere Manifestanten wurden verletzt.

Umformung der SicherheitSwehr. Morgen, Mittwoch, werden sämtliche Oberpräsidenten und Leiter der Sicherheitspolizei bei dem Minister Teds ring zu einer Besprechung über die Umformung der Sicherheitswehr zusammentreten._ Dialekt sich mit polnischen Lauten mischt, daß einem Süddeutschen die Ohren weh tun. An den Böcken steht man Mühlen, die Mühle besitzt ein- Schänie, in denen die Fuhrknechte scharfen Scknaps und heißen Krog trinken und die Müllerin den Eierteig schlägt. um am glühenden Holzfeuer Waffeln in der Eisenpfanne zu drehen. Mitten in der Landschaft erbeben sich plötzlich kleine schmucke Land- siädtchen, auf deren Pflaster schwere Bauernwagen rattern und leichte, polsterbescklagene Dogcarts der Gutsbesitzer hüpfen. In den Dörfern sieht man um die MitragSzeit viele entlassen« Soldaten in den alten Uniformen. Und auf dem von schwerem Kriegsgerät zerfahrenen Straßen weise» sie die Wege nach Tannen- berg und den rnasurischen Seen. Und die Abstimmungsberechtigten, die aus den Ruhrschächteu und Eisenhütten heraus in die Heimat gelommen find, wissen, daß sie bald wieder scheiden müssen. Deshalb ziehen sie den steif- schwarzen Rock nicht aus und vertauschen ihn nicht mit dem leichten Bauernkittel. Weil sie sich nicht zu fest binden wolle» an die niedrige mit frommen Bildern geschmückte Stube, wo noch das Spinnrad surrt, an den fruchtbar duftenden Acker, über den die kühlen Winde streichen. Weil sie wissen, daß sie bald wieder scheiden müssen. Abends jedoch, nach Schluß der Versammlungen. in denen sich im Freien da« ganze Dorf trifft, feiern Männer und Burschen Wiedersehen in der Schänke und die Frauen erzähle« sich im Mondschein vor den Haustüren-lange Geschichten. Hier die aus- gemergelten wesisälischen Arbeiter, dort die gesunden starken heimischen Burschen mit den gebräunten Nacken und der hemdfrei gewöhnten Brust. Hier städtisch gekleidete Frauen, dort barfüßige Weibsleute mit dem Kopftuch und den weiten Röcken. Zwei Welten, die sich be- rühren und dennoch getrennt find und nimmermehr zusammen« kommen können. Und doch sagen die einen zu den anderen, be- deutungsvoll und mir innerer Wärme: Wenn die Kinder groß sind.... Sie werden jedock nicht wiederkommen. Die Fabrik und die Grube wird sie verschlingen, wird wieder neue Menschen vom Osten nach dem Westen reißen, und kein masurischer See und kein Ermländer Wald werden on ihren Gröbern alte Sagen murmeln von den schnellen Falken und der unfteuen Braut, vom Myrrhen« kränz und Ritterschlag, von»Frauenleid und KnegSnot, und nimmer­mehr wird singen und llingen das Lied des Ostpreußen Simon Dach T Anke von Tbaraw. de my gefällt, Te öß mihn Lewe», niihn Goet on mihn Gölt. Anke von Tharaw Heft wedder eer Hart Op my geröchtet ön Low' on ön Schmarl.

Di«Katastrophe von Versailles ". Italien « bedeutendster tistoriler. Giuglreiina Ferrero, iprach kürzlich im Brül 'se ier unstverern iiöcr den»Friedensvertrag. Er wie« darauf bin. daß, wie dem W'.ener Kongreß Sa? Prinzip der Legilrmuät zugrunde gelegen habe, man m Versailles beansprucht habe, das

Nach Gstlanö wollen wir reiten.. Vou Jakob Altmaier . Allenstein . am 10. Juli. Es ist wie im August lvl4; Mobilmachung. Endlose Eisen dahn- zirge. beladen bis zum Dach. Die Wagen bekränzt und mit Kreide iieickrieben. Aber drinnen Männer, Frauen, Kinder, Greise, vier, 'lini Menschen fitzen im Klosett. Kinder in den Gepäcknetzen, jung« Burschen übereinander im Ganz liegend, sechs, siebe» Köpfe in einer Reihe aus jedem Fenster ragend, darüben recken sich noch drei Hälse weit bmauS, die Hiye brüht in allen Abteilen, glühendheiß find die Eisenbahubeschiäge. auf jeder Station stürzt alles in Hemdsärmeln an die Verpflegungsstellen, die Bier- wagen entleeren sich im Augenblick und trotz der unbehaglichen Fahrt: Witz, Freude, Scherz, Lachen und Singen. Die Menschen t.'!nmen aus Westfalen, der neuen Heimal, die sie nie völlig auf« c.-iogen, in der sie nie richtig Wurzeln schlagen. Die alte Heimat. das Mutterland spannt noch nach Jahrzehnten starke und mächtige Pr-ickenbogeu. Ermland zieht I Bald sollen fi« e« wiedersehen. Ten Acker, die Strohhütte, da« alt« barfüßige Mutterchen, den See. wo die schnatternde« Gänse baden, wo der Sommertag schon nacht« um 1 Uhr dämmert. Eine Stimm« beginnt leise da« Lied vom Ermland , der ganze Wagen summt e« jetzt und schon hallt es im Takten den Rädern des Zuges, brausend und Ilmgeod: Mein Ermland , dich will ich lieben... Fahnen und grüne Kränz«, wohin man blickt. Im Abendschein labren die Bauernwagen an« den Wäldern die Dorsslraßen entlang, Maden mit MooS, Tannenreisern und Laubgewinden. Junge der- brannte Burschen tteiben die wilden ungebändigteu Rosse. Mädchen ickleppen bunte Fahnen und mit Willkommvers« beschriebet re Schilder. Die Alte« haben schon Löcher in den Boden geschlagen. wohin die Masten gesteckt werde«. Von Eckhaus zu Eckhaus über da« Wegkreuz schaukeln Tannendogen. Die alten Mütter winden t.eine Kränze und flechten rotes und weißes Papier hinein. Hie und da flattert eine Fahne und die Heimkehrer schreiten steif und nolz mitten auf der Ortsstraße, als hätten sie nie einen rheinischen Festzug gesehen, niemal« ein Kiel oder Berlin im Festglanz. Rein. vier ist die Heimat. Masuren , mit seinen armseligen Hütte», da« Land, wo ihre Wiege stand I « Wie zu Anfang de« Kriege«: In den Städten Musik, wohin man hört. Di« Menschen in de« Kaffeehäusern und Wirtschaften und die Hunderte, dft abends vor den Lokalen auf und ab- wandern, sind ineinander verschmolzen. Drinnen spielt die Kapelle Ich bin ein Preuße ff draußen fingen sie mit. Hochrufe auf Deutsch- - Hollen durch die Gassen und die Schuljungen gehen nur noch : pcnö über den Fahrdamm, reißen sich um die Flugblätter und ':?ken sich beglückt» bedrucktes Papier verbreiten zu könne». Ei.

kleines Mädchen, da» noch nicht lesen kann, hält mir einen Fetzen Papier entgegen, den e« aufgelesen und fragt, ob aach da?.etwas ist' zum Weitergeben. Stündlich schwirren neue falsche Gerüchte durchs Land, die sich von Hau» zu HauS vergrößern und vergröbern. Man muß sich hüten, nicht in verdacht zn kommen. Pole zu sein. Die Schaufenster der Geschäftsleute überbieten sich in Patrio- tiSmu« und jeder einzelne glaubt an die Stunde, die seinen Namen über die Massen hinaus als Retter des Vaterlandes in die Lande tragen wird. Schilder sieht man Sprüchen, wie: Schwert und Bäter Wert. Jahrzehntelange Freundschaft zerstiebt im Nationalitäten- kämpf wie Zunder. Die Abstimmung sät Haß und Feindschaft. Die Landbewohner mit schwerer Zunge find de« Worte« nicht mächtig, desto schlagfertiger ihre Beweis«. Noch nacht« gröhlen junge Burschen vor dem Hotel,«nd au« den Nachbarfenstern läßt ein Grammophon die Wacht am Rhein brausen, daß ich fluchend an Versailles denke und an die Stümper, die dort der Welt die Ruhe und den Frieden geben wollten. Hinter Stacheldrähten sitzt in Allenstein da? polnische Haupt- gnartier und.die Befreier Ostpreußen «' lassen sich von der Entente und deutschen Sicherheitswehren bewachen. Bor dem Fenster der Polen fingt die Menge: Deutschland über alles. Wie 1914! Zwar fehlen die Boldauto«. die heute schwerer zn finden und noch schwerer zn erfinden find. Daß aber polnisch« Agitatoren der MuttergotteS von Czenftochan nachsagen, sie spräche nur polnisch und verstünde kein Vaterunser, daran hat selbst 1914 die mililärtsche Propaganda nicht gedacht; denn es find hier wie jenseits der Grenze viele, diele, die dreimal am Tage zur Gebenedriten in» brünstig beten und fingen: Gelobt seist du, Marie! O Die Zugereisten I Sie kommen au» Rheinland . Westfalen, .Kiel , Berlin und dem übrigen Reich. Man erkennt sie auf tausend Schritt au« den Dorfbewohnern heraus. Tagsüber, wo Frauen und Männer auf dem Felde find, sitzen sie aus untergelegten Taschentüchern vor den Häusern am Abhang zur Straße in weißen Hemdsärmeln. Dort, wo sie als Kinder geipielt und derob- gekugelt sind. Es ist alle« so eng für ste geworden; ungewohnt, und die Freud « kann nicht recht aus ihnen heraus. Tie Heimat ist die alte geblieben, die Heimkehrer aber haben sich gewandelt. Dieser Anzug, die Stehkragen, die Manschetten, sie schicken sich nicht in die Landschaft, die berb ist und rauh und doch voller Schönheit. Spärlich bevölkert, hie und da ein arm'eligeS Dörfchen, Ivo ort Wohnstube mrd Stall unter einem Dach sind, kilometerwett eine einzige Anfiedlung. mit viel Wald und voller Seen, hügelig. selten ein Garten, selten ein Obstbaum: so das Land, so das Volk. Schwer zugängig, ohne große, breite,.vertrauensvolle Straßen ist eS schwierig. Eingang zn finden in die Halden und in die Herzen. Wer jedoch den Weg kennt, erlebt Freude und Genuß. findet Liebe. Treue und seltene Namrreize. Fremd bleibt jedoch. wer nicht dort gebore«, wo ern knarrender, scharfer deutscher