Nr.384 37.Jahrgang Ausgabe A nr. 55
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Fraktionsvorstand hält Zustimmung der deutschen Delegation zu Genfer Ausschußantrag für unmöglich, da Archive anderer Länder nicht geöffnet sind und deshalb solches Urteil über Schuldfrage ganz einseitig und ungerecht wäre." Diese Ansicht deckt sich vollkommen mit den von uns bereits zum Ausdruck gebrachten Reserven.
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Der 3. August.
Von Willy Meyer, Hauptmann a. D.
Frankreich , England und Rußland in feierlichen Verträgen Im Jahre 1839 berbürgten sich Preußen, Oesterreich, im Namen der heiligsten und unteilbaren Dreieinigkeit" für die Neutralität Belgiens . Nach der Reichsgründung wurde der Vertrag mit Belgien durch das Reich 1871 bestätigt. Zwischen Deutschland und Belgien herrschten bis zum Kriege erwiesenermaßen stets freundliche Beziehungen. 1911 ließ der deutsche Reichskanzler auf Wunsch Belgiens erklären: Deutschland habe nicht die Absicht, die belgische Neutralität zu verlegen." Und am 2. Mai 1913 erklärte Herc v. Jagow offiziell, die Neutralität Belgiens ist durch internationale Verträge festgelegt und Deutschland ist entschlossen, diesen Vertrag zu respektieren".
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Troß aller Verträge und Versicherungen wurde bekanntlich die Neutralität Belgiens verlegt und sein Widerstand mit Waffengewalt gebrochen.
Die von uns bereits veröffentlichte Resolution des Ausschusses samkeit behandelt werden sollte. Die französischen Delegierten dez Genfer Kongresses über die Kriegsschuldfrage hat hätten die Grundsäße der zweiten Internationale anerkannt innerhalb unserer Reichstagsfraktion lebhaftes Befremden und sollten deshalb zugelassen werden, jedoch müsse i hervorgerufen. Man hält es für ausgeschlossen, daß die inzwischen Stimmrecht etwas befahränkt werden. Grenier( Frankreich ) vollzählig am Kongreßort erschienene deutsche Delegation ihr zu erklärte, daß die Gruppe, die er vertrete, vollständig auf dem stimmt. Der Frattionsvorstand sandte am Rachmittag unseren Boden des Sozialismus stehe und wies darauf hin, daß seine BarVertretern in Genf folgendes Telegramm: teigenoffen zu den Gründern der Internationale gehörten. Präfident Shaw schloß sich der Ansicht Huysmans an. Bei der Abſtimmung sprachen sich fünf Delegationen für den Kommissions beschluß aus, 7 Delegierte für den Antrag Huysmans , zwei Delegationen, die deutsche und die schweizerische, enthielten sich der Abstimmung. Präsident Shaw interpretierte die Abstimmung in dem Sinne, daß die französischen Delegierten das Necht haben, sich unbeschränkt aktiv bei den Beratungen zu beteiligen. Dann kam die Frage der Zulassung des Russen Aleginski zur Verhandlung. Die Kommission empfahl, Bereits am 26. Juli 1914 übersandte der Chef des Genf , 2. August. ( WTB.) Der Internationale Sozialisten Aleginffi nicht zuzulassen, da er keine genügende Gruppe der rus- Generalstabes, Generaloberst v Moltke, dem Auswärtigen Tongres behandelte in seiner Montagvormittagsigung die Frage der fischen Sozialisten vertrete. Alexinfti behauptete, daß er als So- Amt einen Entwurf zu einem Schreiben an die belgische Zulassung der einzelnen Delegationen. Namens der Mandats- zialist von einer halben Million russischer Arbeiter in die zweite Regierung". Dieser Entwurf geht drei Tage später, am prüfungskommission vertrat Morrison( England) den Standpunkt, Duma gewählt worden sei. Er bestritt nicht, Koltichat und 29. Juli, in etwas abgeänderter Gestalt in Ultimatumform daß die anwesenden französischen Delegierten nicht als Denikin unterstüt zu haben, und sogar Wrangel zu an den deutschen Gesandten in Brüssel . Dieser soll das Dokuvolberechtigte Delegierte anerkannt werden können; sie seien aus unterstüßen, um der Gewaltpolitif der Bolschewisten ebenfalls Ge- ment zunächst nur aufbewahren. Es wird darin behauptet, ihrer Bartei ausgeschlossen worden. Generalsekretär Huys- walt entgegenzusetzen. Der Kongres beschloß, Aleginsti nicht daß fein Zweifel bestünde ,, über die Absicht Frankreichs , durch mans betonte, daß die Frage des Ausschlusses einzelner Delega - anzuerkennen. Hierauf wurde die Sigung auf nachmittag 2 Uhr belgisches Gebiet gegen Deutschland vorzugehen". Es wird tionen von der zweiten Internationale mit weitgehender Duld vertagt. um freien Durchzug der deutschen Truppen gebeten, damit diese dem vermeintlichen französischen Angriff zuvorkommen könnten. Als Gegenleistung werden verschiedene Anerbietungen gemacht. 11. a. erflärt sich die deutsche Regierung bereit, ferritorialen Wünschen Belgiens auf Kosten Frank reichs in wohlwollender Weise, entgegenzufommen". Im entscheidenden Augenblid zieht man jadoch dieses schamtoje Angebot zurück.
Der Bergarbeiterkongreß.
Die Eröffnungsrede. bezeichnete. Dann verlas er verschiedene Berichte der belgi Genf , 2. August. Der Internationale Bergarbeiterichen, deutschen und französischen Bergarbeiterschaft kongres wurde heute vormittag 10½ Uhr durch den Präsidenten über die Lage in den verschiedenen Ländern und behandelte die Smillie( England) eröffnet, der zuerst Begrüßungstelegramme Frage der Neuorganisation der Bergarbeiterinternationale. befanntgab, darunter vom Internationalen TransportarbeiterverDie Berichte der Delegierten.
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Am 2. August erhält der deutsche Gesandte in Brüssel telegraphisch den Auftrag, daß ihm bereits am 29. Juli 31gesandte Ultimatum abends 8 Uhr nunmehr der belgischen Regierung zu überreichen, und zwar mit einer zwölfstündigen Frist. In der Instruktion des Gesandlen heißt es am Schluß: Dortige Regierung muß Eindruck erhalten, als seien Ihnen sämtliche Weisungen in dieser Angelegenheit erst heute zugegangen."
Neutralität nicht verlegen zu wollen. Der Aufmarsch seines Tags zuvor hatte Frankreich offiziell erklärt, die belgische Heeres straft diese Versicherung nicht Lügen. Um aber die Versprechungen Frankreichs als wenig vertrauenswürdig hinüber die Verlegung der belgischen Neutralität durch franzustellen, wurden in Deutschland ganz unhaltbare Meldungen zösische Flieger in die Welt gefeßt.
Belgien selbst verhielt sich einwandfrei. Ja, es tat vielleicht sogar noch mehr, als es zu tun verpflichtet war. In einer mit dem Datum vom 2. August 1914 versehenen Meldung aus Brüssel , die unserem Auswärtigen Amt , vorlag, heißt es:.. Haltung flerifaler Regierungspress: streng neutral, ebenso der großen anständigen liberalen Organe. Wegen aufreizend gehässiger Stellungnahme für Frankreich wurde Petit bleu"; Organ des Spielpächters Marquet, konfisziert".
band, vom Kongreß der Gewerkschaften der romanischen Schweiz Die Belgier , die sich zu den Satzungsentwürfen der Bergund von der belgischen Gewerkschaftszentrale. Smillie hielt darauf arbeiterinternationale äußerten, schlugen als Ziele den Acht eine Ansprache, in welcher er unter anderem erklärte, daß hof- stundentag( Ein- und Ausfahrt der Grubenarbeiter einfentlich die Erwartungen gewisser Presseorgane sich nicht erfüllten, begriffen), Mindestlohn, um den Arbeitern und ihren daß der Genser Kongreß sich mit nußlosen gegenseitigen Vor- Familien eine in materieller und geistiger Hinsicht normale würfen abgeben werde, vielmehr hoffe er bestimmt, daß er nüs Existenz zu ermöglichen, und Verstaatlichung aller Bergliche Arbeit leisten und Wunden heilen werde. Bor 31 wertbetriebe vor, in deren Verwaltungsrat zu gleichen Teilen VerJahren seien bei dem ersten Kongreß schon nationale Gegenfäße treter der Bergarbeiter, der Konsumenten und des zutage getreten, die damals mit geringer Mühe beseitigt worden Staates sisen sollen. Bis zur Verstaatlichung der Bergwerke fcien. Das Ziel der Bergarbeiterinternationale müsse die Be sollen teine Konzessionen an Private erteilt werden. freiung der Bergarbeiter vom Kapitalismus sein. Mittel zur Verstaatlichung der Bergwerke sollen sein parlamen Das sei schon heute das Programm verschiedener nationaler Set- tarisches Vorgehen, Massenfundgebungen und im tionen, müsse aber das internationale Programm werden. Notfalle Generalstreit. Die Belgier schlugen weiter den Schon auf dem Karlsbader Kongres 1913 habe er behauptet, Streit gegen die Nation vor, die einen neuen brudermörderischen daß die andauernden internationalen Rüstungen einen Weltkrieg Krieg unter den Wölfern entfesseln würde. unvermeidlich machten, und die Bergarbeiterschaft aufgefordert, im Der Bericht der franzöfifchen Delegation beantragt, daß Falle eines Krieges den Generalstreik zu proklamieren. Da- im Interesse der Allgemeinheit die Produktion nach Möglich mals hätten die Bergarbeiter in erster Linie die Möglichkeit ge- teit gesteigert werden müsse, ferner gleiche tägliche Arhabt, den Weltkrieg zu verhindern. Der internationale Berg- beitszeit für alle Bergarbeiter der ganzen Welt, Es hat schon seine Richtigkeit, wenn Herr v. Jagow am arbeiterkongres müsse sich heute nicht nur grundsäglich gegen und zwar acht Stunden von der Einfahrt bis zu der Wiederankunft Tage des Einmarsches in Belgien dem belgischen Gesandten jeden Krieg aussprechen, sondern die Verhinderung eines sol- über Tag, unterbrochen von einer Pause von mindestens 30 mi- in Berlin erklärte:„ Deutschland hat Belgien , dessen chen für die organisierte Arbeiterschaft ins Auge faffen; er solle nuten. Für gewisse Arbeiten unter Tage soll die Arbeitszeit Saltung stets äußerst forreft war, feinen sich im Falle eines Krieges grundsäglich für den internatio in außerordentlichen Fällen auf sechs und sogar auf vier Stun- Vorwurf zu machen." nalen Streit aussprechen. Smillie teilte mit, daß er vor dem den verkürzt werden. Die Forderungen des deutschen Ultimatums lehnte die Ausbruch des Weltkrieges mit dem Sekretär des internationalen Der englische Bericht erwartet einen Fortschritt in der belgische Regierung in einer Note ab. In bezug auf die von Kongresses eine Aktion unternommen habe zwecks Herbeiführung Lage der Bergwerke und der Bergarbeiter nur durch Verstaat. Deutschland befürchtete belgische Neutralitätsverlegung durch cincs internationalen Bergerbeiterstreiks, aber sichung und Ausscheidung der privatkapitalistischen Betriebe. Frankreich heißt es in dieser Urkunde:„ Wenn übrigens entdiese Aktion sei daran gescheitert, daß die Telegramme ihren Ferner foll den Berglenten eine Verkürzung der täglichen Arbeits- aegen unseren Erwartungen eine Verlegung der belgischen Bestimmungsort nicht erreicht hätten. Der Präfizeit vom 1. Juli 1921 an gewährt werden unter der Voraussesung, Neutralität durch Frankreich stattfinden sollte, so würde dent gab zum Schluß der Hoffnung Ausdruck, daß der Internatio- daß die wirtschaftlichen Verhältnisse dies gestatten. Der Bericht Belgien alle seine internationalen Pflichten erfüllen und sein nate Bergarbeitertongreß dem gleichzeitig tagenden Genfer oder englischen Bergarbeiter stellt sodann fest, daß die Zahl der Ge- Seer würde dem Gindringling den fräftigsten Widerstnad zialistentongreß ein Beispiel für die Wiederher werkschaftsmitglieder größer denn je sei und daß sie voraussicht- entgegenseßen." stellung der internationalen Solidarität geben lich im Laufe dieses Jahres eine Million erreichen werde.
möge.
Hues Antwort.
6.
Noch ein anderes wichtiges Ereignis jährt sich zum Male.
Nach der Ablehnung des Ultimatums erfolgte der Die deutschen Bergarbeiter weisen in ihrem Bericht dar: erklärte ihn in seiner Reichstagsrede vom 4. August für ein deutsche Einmarsch in Belgien . Herr v. Bethmann auf hin, daß die Bergarbeiterinterntaionale sich vor dem Kriege Unrecht, das wir wieder gutmachen müßten. Die Kriegsziele, Dann ergriff Hue das Wort und dankte namens der deut mit der Abwendung der Ueberproduktion zu befaffen hatte, während zu denen sich die deutsche Regierung bis furz vor dem Zuschen Bergarbeiterschaft den britischen Kollegen für die Art und heute die Beseitigung der Kohlennot auf der Tagesord- sammenbruche bekannte, haben gezeigt, in welcher Weise die cise, wie sie während des Krieges die Geschäfte der Bergarbeiter- nung stehe. Die deutschen Bergarbeiter haben für die Unter- Tag- Wiedergutmachung geschehen sollte. internatierele geführt hätten. Weiterhin erklärte er im Namen Arbeit die Se ch 3 st unbenschicht gefordert, was die Regierung der deutschen Bergarbeiter, daß das Internationale Serketariat mit dem Hinweis auf die große Kohlennot als un annehmbar inciter in England bleiben folle. bezeichnet und abgelehnt habe, sie fordern aber, daß die techni Namens der belgischen Delegation schloß sich Dejardi fchen Berarbeiten für die Sechsstundenfchicht getroffen werAni 31. Juli, abends 7 Uhr. stellte der deutsche Botdem Ausdruck des Dankes an und gedachte unter Beifall der Ver- den. Ferner soll sich die deutsche Regierung mit den Regierungen schafter in Paris im Auftrage Bethmanns dem französischen sammlung der hervoragenden belgischen Bergarbeiterführer, die der anderen Staaten verständigen über die internationale Ministerpräsidenten die Frage, ob Frankreich in einem an den Leiden des Krieges gestorben seien. Einführung der Sechsstundenschicht. Der Bericht der deutsch - russischen Kriege neutral bleiben werde. Frist Der Rücktritt des bisherigen Sekretärs der Internatio- deutschen Bergarbeiter stellt zum Schluß fest, daß die gewerkscheft: 18 Stunden. Für den Fall, daß die Regierung dies bejahte, nale wurde genehmigt und ihm für seine Berdienste gedankt. An liche Organisation der Bergarbeiter Deutschlands außeror sollte der deutsche Botschafter als Pfand für Neutralität feiner Stelle wurde der britische Bergarbeiterfekretär Hodge ge- dentliche Fortschritte mache, und daß die Mitgliederzahl Heberlassung der Festungen Toul und Verdun fordern. wählt, der die Wahl annahm und als Aufgabe der Bergarbeiter von 101 965 im Jahre 1914 und von 46 450 im Jahre 1916 auf Der französischen Regierung sollte dann zur Erwägung internationale die Befreiung der Bergarbeiter vom Kapitalismus 436 527 im Dezember 1919 gewachsen sei. dieser einschneidenden und folgenschweren Frage eine Frist
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