Nr.385 37.Jahrgang Ausgabe B Nr. 55
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Dienstag, den 3. August 1920
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Arbeit für die Zukunft.
Der durch den Draht berbreitete Entwurf einer Refo- Ueber die bertraulichen Kommissionsberatungen| Intervention des Auslands in Rußland aus. Nach Erledigung der lution, in der der Internationale Sozialisten- weiß die Genfer Presse erstaunlich viel zu berichten, was mandatsfrage gab der Präsident folgende Stimmenzu= tongreß in Genf Stellung zur Frage der Kriegs- wahrscheinlich weitertelegraphiert werden wird. Die Teil- teilung an die im Kongres vertretenen Parteien bekannt: Eng schuld nimmt, hat in Deutschland mit Recht Be fremden nehmer dieser Verhandlungen können sich an solchem Wettlauf 1 and 30, Australien 17, Neu- Seeland 5, Frankreich erregt, das auch durch den Vorstand der Reichstagsfraktion der Berichterstatter phantasie nicht beteiligen. Ste 3, Aserbeidschan 4, Holland 10, gitanen 4, Geortelegraphisch nach Genf übermittelt worden ist. find aber verpflichtet, wahrheitsgemäß zu versichern, daß die gien 4, Schweden 15, Dänemart 10, Shweiz( Grütt= Inzwischen hat die am Sonntag vollzählig eingetroffene Verhandlungen in jedem Augenblick vom Geist sozia- lianer) 3, Rußland 5( die Russen verzichten aber ausdeutsche Delegation die Arbeit aufgenommen, und es ist ihr Listischer Brüderlichkeit erfüllt waren. Das gilt brüdlich auf ihr Stimmrecht), Belgien 15, Italien ( Soziali gelungen, eine wesentlich andere Fassung gegenüber dem ersten ganz besonders auch von den Auseinandersetzungen zwischen stische Union ) 4, Deutschland 20, olen 10, Ungarn 10. Entwurf zu erzielen. In wiederholten neuen Kommissionsbe- Deutschen und Belgiern. Ausgezeichnet ist die Haltung der Die Verhandlungen wurden hier abgebrochen, um der Kommission ratungen ist die Resolution umgestaltet worden und hat nun englischen Genossen, die in mustergültiger Weise echten Idea- für die Schulbfrage Gelegenheit zu geben, au einer auch die Zustimmung der deutschen Delegation gefunden. lismus und praktisches Handeln zu verbinden wissen. Wenn vollen Einigung zu gelangen. Genosse Stampfer, der der Delegation angehört, tele- fich die Zweite Internationale als startes Zentrum der Weltgraphiert uns über die Verhandlungen: arbeiterbewegung erhält, so wird das in erster Linie das Verdienst der englischen Arbeiterpartei sein, die aus ihrer infu- miffionsberichterstatter La Fontaine( Belgien ) mit, daß in der laren Abgeschlossenheit zur internationalen sozialistischen Arti- Rommission Einstimmigkeit erzielt worden sei über den
Der Zwed der dreimal wiederholten Kommissionsberatungen über die Schuldfrage war es, eine Inschrift für den Stein zu finden, der auf das Grab der Vergangenheit gewälzt vität erwacht ist.
Nach Wiederaufnahme der Verhandlungen teilte der Kom
werden soll. Eine Minderheit, in der der Franzose Rozier Am Dienstag find die ersten Redner zur Frage des die Schuldfrage. Mit Rücksicht auf diese Einstimmigkeit empfahl führend war, hielt noch immer an dem Gedanken fest, daß der bauernden gerechten Friedens der Schwede Enger, fich jeder Diskussion zu enthalten, und unter Beilangjährige Streit nicht anders abgeschlossen werden könne, berg und der Niederländer Troelstra. Für die Deut- fall wurde hierauf die vorgeschlagene Resolution einstimmig als durch ein einseitiges Schuldbekenntnis der fchen dürfte Genosse Eduard Bernstein das Wort ergreifen. vom Rongreß angenommen. deutschen Sozialdemokratie. Die deutsche Denkschrift zur Es soll nur noch von 3ukünftigem gesprochen werSchuldfrage weist nach, daß die Schuld der deutschen Sozial- den, die Vergangenheit aber soll begraben sein. demokratie, wenn von einer solchen die Rede sein sollte, nicht in ihrem Verhalten während des Krieges zu suchen sei, sondern in der nicht ausreichenden Energie ihres früheren Stampfes gegen die Reaktion. Sie weist dann freilich nach, daß diese Schuld mehr in den unglüdlichen Verhältnissen selbst begründet lag, als etwa in einem Mangel ihres guten Willens und sie stellt weiter fest, daß mit der Beseitigung der deutschen Reaktion schon vor dem Kriege noch lange nicht alle Kriegsursachen beseitigt gewesen wären.
Der neue Wortlaut.
Nach Aenderung des Tertes auf Grund der deutschen Vorschläge in der Subfommission erfolgte eine Ginigung auf folgen. dem Wortlaut der Resolution:
Zur Behandlung kam hierauf die von der Kommission ausgearbeitete, bereits mitgeteilte Resolution über die Stellung der Sozialdemokratie zum Völkerbund. Der Berichterstatter La Fontaine stellte fest, das leider nach dem Kriege der Militaris. mus noch nicht abgeschafft ist und Aniaß zu neuen Konflirten gibt. Der Bertrag von Versailles babe in seinem ersten Teile nicht nur in sozialistischen, sondren auch in den Kreisen der Juristen und bürgerlichen Pazifisten wenig Befriedigung In Erwägung, daß die deutsche Sozialdemokratie in ihrer Dent. erzeugt. Die Sozialdemokratie stehe nunmehr vor den zwei Möge fchrift selbst erklärt, daß die deutsche Revolution zum großen un lichkeiten, entweber darauf hinzuwirken, daß ein neues glück der Welt und ganz besonders des deutschen Voltes felbst um völkerbund geschaffen werde, oder aber sie müsse, versuchen, Die ursprüngliche Fassung der Resolution hob fünf Jahre zu spät ausgebrochen ist, ferner, daß fie bedauert, daß den bestehenden Völkerbund mit ihrem Geiste zu durchbringen und diefes bedingte Schuldbekenntnis einseitig ohne fie im Kriege den Kampf gegen Militarismus und Imperialismus ihn zu einem wirklichen demokratischen Instrument die folgenden Einschränkungen heraus und fand dagegen den der Leitung der auswärtigen Politif, bie der Kontrolle der Bolts. bes allgemeinen Friedens zu machen. Zu diesem Swede müßten entschiedenen Widerspruch der deutschen Delegation. Nachdem am Montagmittag der Resolution vertretung entzogen war,
bie Befugniffe des Völkerbundes in wirtschaftlicher Beziehung verin einer Beratung der Unterkommission die stärksten Gift- bemokratie in der Kommission über die Schuldfrage die nachstehen angehe, alle Lasten auf ein Boff abzuwälzen, das sowieso am in weiterer Erwägung ,, daß der Vertreter der deutschen Sozial. größert werden. La Fontaine betonte ausdrücklich, daß es nicht zähne ausgebrochen worden waren, gelang es am ben Erklärungen abgegeben hat:" 1. Das Vismardsche Deutschland schwersten unter den Folgen des Krieges zu leiben habe. Die Montagnachmittag in der Hauptkommission eine Faffung zu hat, wie schon Marg und Engels erkannt haben, den Weltfrieden Sozialdemokratie werde versuchen, auf die nächst, zum 15. Novemfinden, die die Deutschen borbehaltlos annehmen auf das schwerste erschüttert, indem es Elsaß- Lothringen im Jahre konnten und die übrigen Sektionen voll befriedigt. Es ist 1871 mit Gewalt annettiert hat. Für Deutschland barf es teine ber einberufene Böfferbundsversammlung bereits Einfluß in ihrem jett das subjektive Moment völlig ausgeschaltet. Von elja- lothringische Frage mehr geben. 2. Das faiserliche Deutsch - Sinne zu gewinnen. Die Verhandlungen wurden hire erbrechen der Schuld der Sozialdemokratie ist nicht mehr die land hat ein neues Verbrechen gegen das Völkerrecht begangen, als und auf Dienstag vormittag vertagt. Rede. In den ersten Säßen wird objektiv festgestellt, daß es im Jahre 1914 die Neutralität und unabhängigkeit Belgiens die deutsche Revolution im Jahre 1918 um fünf Jahre zu spät fegten Gebiete gegen die Gefete der Menschlichkeit verging. 3. Das verlegte und fich durch die Mißhandlung der Bevölkerung der be. géfommen ist und daß die Sozialdemokratie bedauert, in republikanische Deutschland selbst fühlt sich verpflichtet zur Wiederihrem Kampf gegen die Reaktion nicht schon vor dem Kriege gutmachung der Folgen des Angriffes, die das faiserliche Deutsch durchschlagend gefiegt zu haben. Die folgenden Säte richten lanb ausgelöst hat, nachdem es das noch am Vorabend des Konsich gegen das Verhalten des taiserlichen Deutsch flittes mögliche Schiedsgericht abgelehnt hatte, land, über das volle Uebereinstimmung besteht.
Ausbrüden wie die deutsche Denkschrift, sachen des Krieges ist, und erklärt gleichzeitig, mit den gleichen
nimmt der Kongreß diese Erklärungen zur Kenntnis und erDer Saz über Elfaß- Lothringen ist geändert neuert die Erklärung der alliierten Sozialisten vom Jahre 1915, worden weil es für die Internationale, deren Glied die deut- daß das tapitalistische System durch die Webertreibung sche Sozialdemokratie ist, sehr wohl eine elia B- feiner Interessenpolitik und seiner Raffsucht eine der tiefsten Urlothringische Frage im Sinne des Selbstbestimmungsrechtes und der Autonomie geben kann. Der Sinn der jebigen Fassung ist, daß sich unsere Partei gegen den Gedanken einer neuen friegerischen„ Desannerion" ausspricht.
baß sein unmittelbarer Anlaß hauptsächlich, wenn auch nicht ausschließlich, bei der mit Kopflofigkeit gepaarten Gewiffenlosigkeit der jest gestürzten deutschen und österreichischen Machthaber lag." Der Kongres gibt die Urheber der abscheulichen Schlächterei, die Die deutschen Vertreter erklärten sich ohne weiteres mit Europa und die Welt mit Blut gebddet haben, dem Abscheu der einem Rusak einverstanden, der das Verhalten des deutschen Bölfer preis und bekräftigt feinen festen Willen, all seine Kräfte Militarismus in den ehemals bejezten Gebieten verurteilt, der wiederherstellung der durch den Krieg zerstörten Welt zu im Geiste und im Dienste der Internationale. erreichten aber zugleich, daß in die Entschließung über widmen und von nun an zu fämpfen gegen die friegerischen Mächte den Bersailler Frieden ein Baffus aufgenommen im Geifte und im Dienste der Internationale. wurde, der gegen Ausschreitungen des Entente hervorgehoben. Welche Veränderungen vorgenommen finb, stellen Wir haben die neuen Säße der Resolution durch Fettdruck militarismus in den Besatzungsgebieten nachdrücklich die Leser am besten fest, wenn sie den neuen Wortlaut mit der ursprünglichen Fassung in Nr. 54 des„ Vorwärts" vergleichen.
protestiert.
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Einstimmig angenommen!
Bergarbeiterstreik gegen den Krieg.
Genf , 3. Auguft.( Eigener Drahtbericht des Borwärts".) Die Belgier benusten beim Internationalen Bergarbeiterkongreß die Diskussion über ben, Statutenentwurf, um die Kriegspolitik der Gewerkschaften aufzurollen, und fanden dabei die Unterstützung der Franzosen und teilweise der Tschechoslowaten. Nach einer wirksamen Antwort des deutschen Delegierten Wismann schlug Smillie vor, das Thema einstweilen dem Internationalen Komitee zur Bearbeitung zu überweisen. Nachdem die Franzosen erklärten, daß bei der Bearbeitung der Grundsäge gelten soll, daß die Vergangenheit bergangen sein soll, wurde der Vorschlag Smillies einstimmig angenommen.
Die Notwendigkeit eines Generalstreits der Berg= arbeiter im Falle eines neuen Kriege 3 wurde allgemein anerkannt. Präsident Smillie fteffte feft, daß im Falle eines anerkannt. Präsident Smillie ftellte feft, daß im Falle eines
neuen Krieges der internationale Bergarbeiterstreit Krieg unmöglich gemacht werden, denn ohne Kohlen könne erklärt werden müsse. Durch eine solche Erklärung würde ein ein Krieg nicht geführt werden. Ueber diese Frage müsse der Kongreß
einen formellen Beschluß fassen. Die Einzelheiten der Statuten müßten später erledigt werden.
Hue( Deutschland ), von der englischen Delegation lebhaft begrüßt, erklärte, daß er den Vorschlag, einen neuen Krieg mit einem internationalen Bergarbeiterstreit zu beantworten, von
ganzem Herzen annehme. Aber diese Frage sei von so
Behandelt die erste Resolution zum legten Male unter den Mitgliedern der Zweiten Internationale die Ver. gangenheit, so spricht die zweite Resolution zum ersten Male von den Aufgaben der Zukunft. Sie bekennt Genf , 2. August. ( WTB.) In der um 2 Uhr 30 min. bes fich in großen Zügen zu dem sozialdemokratischen Grundsaß, daß den Bedürftigen geholfen werden muß und daß es Sache ginnenden Nachmittagssigung des Internationalen Sozialisten der Leistungsfähigen ist, nach' Maßgabe ihrer Kräfte zu dieser tongresses wurde die Diskussion über die Zulassung Antrag an eine Kommission zu verweisen, die einen definitiven Silfe beizutragen. Bird nach diesem Beschluß gehandelt, wozu einzelner Delegationen fortgefest. Die ruffische Vorschlag auszuarbeiten hätte. Wenn wir, so schloß que, die Er alle Beteiligten ihren guten Willen zeigen, dann kann vom Gruppe der Sozialrevolutionäre wohnten dem Kongres tlärung eines Streikes bei Ausbruch eines Krieges an die Leiter der Genfer Rongreß ein Strom der Wiederbelebung über das nur in der Eigenschaft, als Gäste bei. Rubanowitsch erklärte militärischen Maßnahmen ergehen lassen, so müssen wir auch be. franfe Europa sich ergießen. namens der sozialrevolutionären Gruppe, daß seine Partei einzig reit fein, die Konsequenzen zu ziehen. Wir dürfen
außerordentlicher Bedeutung, daß es zweckmäßig erscheine, diesen
Trot mancher Schwierigkeiten im einzelnen ist die Arbeit nach Genf gekommen sei, um sich zu informieren. Die Sozialrevo- nicht vergessen, daß heute noch Krieg zwischen Polen und Rußland auf diesem Kongreß eine Freude, weil sich in ihr zeigt, daß lutionäre Rußlands könnten in Rußland legal nicht ar besteht, daß auch in anderen Ländern der Frieden nicht gesichert ist Der alte internationale Geist der sozialistischen Arbeiten infolge der Verfolgungen durch die Bolschewisten und und daß weiterhin zwischen Deutschland und Frank. beiterbewegung lebendig geblieben ist. Halten die folgenden darum könnte ihre Partei eine endgültige Stellungnahme zur Zwei- reich neue Konflikte zu entbrennen drohen. Präsident Laae, was die ersten versprechen, dann wird die Arbeiter- ten Internationale nicht bestimmen. Die Nuffen sind der Auf- Smillie schlägt vor, diese Angelegenheit dem Internationalen klasse mit den Ergebnissen des Kongresses wohl zufrieden faffung, daß sie mit den deutschen und den englischen Komitee zu überlassen, das dem Kongreß noch vor Schluß Bericht fein können und die Teilnehmer werden Anlaß haben, mit Ge- unabhängigen wieder Fühlung erhalten müßten. Die erstatten soll. Die belgische Delegation erklärt sich damit einver. nugtuung auf die geleistete Arbeit zu blicken. Partei spricht sich gegen jede Unterstützung einer militärischen standen, betont aber, daß unbedingt noch auf diesem Kongre