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Der Endkampf um Moskau .

Franzosen verständig sind, so werden sie auf den Besuch des hinzu, so ergibt sich für ein Unternehmen, das ganz Deutsch­Reichskanzlers verzichten und es sich mit dem des Außenmini- land in seinen Grundfesten erschüttert hat, die erstaunliche sters genug sein lassen, und sie werden dann auch bei der Ver- Zahl von drei Urhebern bztv. Führern. Vorläufig! einbarung des Programms, nach dem diese Sühnezeremonie Denn wahrscheinlich werden mit der Zeit auch noch Kapp, vor sich gehen soll, Takt und menschliches Verständnis walten Lüttwiß und Jagow den Nachweis erbringen, daß sie weder lassen. Wenn sie aber unverständig sind, so werden sie es Urheber noch Führer des Putsches waren, und die Welt wird ämlich machen, wie es seinerzeit Wilhelan II. mit dem bevor der unbegreiflichen Tatsache stehen, daß in Deutschland rühmten chinesischen Sühneprinzen gemacht hat, und für diesen sich ein Butsch größten Stils zutrug, den niemand angestiftet Fall darf daran erinnert werden, daß damals die Welt nicht und niemand geführt hat. über den Sühneprinzen, sondern über Wilhelm II. abfällige. und spöttische Bemerkungen machte. Das neue Franzosen­tum mag sich davor hüten, der Affe des alten Preußentums zu werden, aber das ist schließlich seine Sache. Eine alberne Seremonienfrage darf auf keinen Fall einen Anlaß dazu bieten, die deutsch - französischen Beziehungen abermals aufs unheil vollste zu verschärfen. Ueber all diesen Krimskrams darf nicht übersehen werden, daß der Fall Breslau ein zum Himmel schreiender Skandal ist. Durch das Eingehen auf irgendwelche Formalitäten, die von den Franzosen gefordert werden, kann die Ehre des deut­ schen Volkes nicht so leiden, wie sie durch jenen Vorfall selbst gelitten hat. Jedes Volk muß soviel Ruhe und Ord­nung in seinem Innern aufrecht zu erhalten imstande sein, daß die ausländischen Vertretungen, die auf seinem Boden weilen, vor Ausschreitungen des Pöbels geschützt sind, sonst ist die Wiederherstellung geordneter Beziehungen zwischen den Völkern und eines gesicherten Friedenszustands überhaupt nicht möglich. Sind wir wie es in Breslau leider der Fall nicht imstande, die unumgänglich notwendigen Formen der Zivilisation zu wahren, so muß uns diese Tatsache an sich viel peinlicher sein als die diplomatischen Folgerungen, die fich aus ihr ergeben. So bleibt uns also gar nichts anderes bria, als diesen Zwischenfall in der Art, wie es von dem ge­fränften Teil gefordert wird, beizulegen und, jeder zu seinem Teil, dafür zu wirken, daß er zur Ehre des deutschen Vol­tes der letzte seiner Art gewesen sein möge.

Toar

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London, 3. September. ( Hollandsch Nieuwsbureau.) Die " Times" meldet aus Berlin , daß die deutsche Regierung die Bedin­gungen der Note über die Breslauer Vorgänge angenommen hat. Die französische Regierung hat zugestimmt, daß die Ent­schuldigung durch den deutschen Außenminister oder den Minister des Jnnern an Stelle des Reichskanzlers angeboten wird.

Der Putsch ohne Führer.

Die Meldung, daß das Reichsgericht das Verfahren gegen Traub eingestellt hat, bestätigt sich. Aber nicht nur er ist außer Verfolgung gesezt, sondern auch der Rechtsanwait Bredered, der Kapitänleutnant Lensch und der Unter ficatssekretär Freiherr von Falkenhausen. Alle Genannten haben zwar in der Kapp- Regierung wichtige Aem­ter und Posten bekleidet, aber nach der erstaunlichen Ansicht des Reichsgerichts fommen sie nicht als Urheber oder Führer eines hochberräterischen gegen das Reich gerichteten Unter­nehmens in Frage. Die Einstellung des Verfahrens ist näm­lich auf Grund des jüngsten Amnestiegesebes erfolgt, das nur die Urheber und Führer von der Amnestie ausschließt. Das Kapp- Unternehmen stellt sich somit als ein ganz 1eigentümlicher Geschichtsvorfall dar. Obwohl alles wie am Schnirchen ging, hat in den Augen des Reichsgerichts der Putsch so gut wie gar keine Urheber und Führer gebabt. Nur gegen Herrn v. Jagow wird das Verfahren vom Reichsgericht einstweilen noch fortgeführt, weil er nach dem Stande der Voruntersuchung noch als Führer bzw. Mit­rheber des Putsches verdächtigt erscheint. Aus diesem Grunde ist auch Jagows Antrag auf Aufhebung des Haft­befehls oder Erteilung eines freien Geleites abgelehnt worden. Rechnet man noch Kapp und Lüttwiz selber

Unterricht in fittlicher Lebenskunde.

eingehend Berichterstatten lassen und Weisungen ge geben, die in der jezigen Tagung zum Ausdruck kamen. Die Kammer selbst wird danach nicht den Eindruck erhalten haben, als sei Redefreiheit, Antrags-, Abstimmungs- oder Beschluß­freiheit irgendwie eingeengt worden.(!!) Die Heeresa tammer beschloß nach längerer Aussprache zunächst den Ent­wurf der Geschäftsordnung durch die vereinigten Ausschüsse der Heeres- und Marinekammer beraten zu lassen. Der nächste Zusammentritt beider Kammern soll voraussichtlich am 26. September stattfinden. Hierbei soll dann auch das Wehrgeseh beraten werden.

Dieser Schönfärberei gegenüber sehen wir uns veranlaßt, den wirklichen Verlauf der Verhandlungen zu sfizzieren, über den Die Reichskonferenz der U. S. P. begann ihren dritten Ver- wir von absolut zuverlässiger Seite folgendes erfahren: handlungstag mit Stöders Schlußwort. Stöder bemühte In der Marinefam mer versuchte der Vorsitzende, sich namentlich, die Ausführungen des Prof. Ballod über das Admiral Zenker, eine Besprechung des Seeckt- Erlaſſes damit wirtschaftliche Versagen des Bolschewismus abzuschwächen. An abzuwürgen, daß er erklärte, die Marinefammer unterstände dem Ballods sachlichen Feststellungen fand er allerdings wenig auszu- Chef der Heeresleitung nicht, und die Veröffentlichung des Erlasses setzen. Nur entschuldigte er die Sowjetregierung mit dem sechs fei nur eine häßliche Indiskretion". Der Versuch mißlang jedoch. Im Namen sämtlicher Unteroffiziers- und Mann­jährigen Bürgerkrieg und dem zeimveiligen Verlust der wirtschaft- fdjaftsvertreter beantragte ein Sprecher jofortige Vers lich wichtigen Ukraine , die erst April 1919 von den Russen besett tagung der Kammer und Wahl einer sechstöpfigen Kom wurde, dann aber wieder vorübergehend in die Hände Denitias mission, die zum Reichswehrminister gehen und von ihm die fiel und sich erst seit Mai d. J. wieder überwiegend in den Hän- Annahme der sofort fertigzustellenden parlamentarischen den Sowjetrußlands befindet. Dieses wechselnde Schicksal der Geschäftsordnung fordern wollte. Andernfalls würden die ukraine erkläre zum großen Teil die jetzige Lage Rußlands . Vertreter der Unteroffiziere und Mannschaften Stöder wies darauf hin, daß in Turkestan 8 Millionen Pud sofort in ihre Garnisonen zurückkehren Baumwolle lagern, die allerdings infolge der Verkehrstrije nicht und sich an weiteren Verhandlungen nicht beteiligen. Der nach Rußland gebracht werden können, da im ganzen Monat Vorsitzende führte dann eine Entspannung der Situation nur zwei Züge von Turkestan nach Rußland zur Verfügung dadurch herbei, daß er sich bereit erklärte, dem Chef der Admiralität stehen. Zur Wiederinstandsetzung der russischen Textilindustrie diese Ansicht der Unteroffiziere und Mannschaften vorzutragen feien aber mehrere hundert Millionen Pud Baumwolle und auch seine persönliche Ansicht dahin zum Ausdruck zu nötig. Die Ernährungsproduktion habe sich gehoben, allerdings bringen, daß der Erlaß Seeckt den der Kammer bei ihrer Einrich­sei die Ernte in diesem Jahr außerordentlich schlecht. tung gegebenen Befugnissen strads zuwiderlaufe, sowie weiter Die Arbeitermassen, welche die Delegation zu Hunderttausenden bei dahin zu wirken, daß bei der nächsten Tagung der Kammer die Demonstrationen sah, hätten durchweg einen gesunden Eindrud Geschäftsordnung nach den Wünschen der Unteroffiziere und Mann­gemacht, wenn man natürlich auch von Unterernährung in wesentlich kameradschaftlicherem Ton nach parlamentarischen schaften sichergestellt würde. Auf diese Erklärung hin wurde sprechen muß.(?) Die industrielle Produktion betrage 30 bis Grundsägen weiter verhandelt, vorauf sich die Kammer zum 40 Proz. der Friedensproduktion, während sie im kapitalistischen 29. September vertagie. Polen nur 25 Proz. der Vorkriegszeit betrage. Stöder setzte sich Die Sibung der Heereskammer begann mit der durch dann noch mit Dißmann auseinander, der die Bezeichnung der WTB. verbreiteten Erklärung des Vorsitzenden.( Siehe oben.) freien Gewerkschaften durch Moskau als gelbe Gewerkschaften" Dieser, General v. Bergmann, meinte, daß die Kammer sich mit zu tragisch nehme, und mit Breitscheid , dem er sagte, daß der Erklärung Seedkis zufriedengeben könne. Auch hier waren die man mit einem Bekenntnis zu Kautsky nicht in die Dritte Inter - Ansicht. Ihr Sprecher erklärte, daß das Vertrauen zum Reichs­Vertreter der Unteroffiziere und Mannschaften geschlossen anderer nationale eingelassen werde. Besonders heftig war Stöckers Aus- wehrministerium und dem Chef der Heeresleitung durch diesen einandersetzung mit Ledebour über Gewaltmethoden. Lede- Eclaß bour rief Stöcker zu:

,, Ganz wie Noske ! Ein solcher Reaktionär will Führer sein." Stöcker erklärte demgegenüber, Ledebour selbst sei ein Beweis, daß es ohne Gewalt und Terror nicht gehe. Stöcker schloß seine Rede mit einem prononzierten Bekenntnis zur Dritten Inter­nationale, das er zum Protest gegen die hier gehörten anti­bolichewistischen Reden" mit dem Rufe ausklingen ließ: Es lebe die Kommunistische Internationale !"

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Die Wirkung des Seeckterlasses.

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Heeres- und Marinekammern vertagen sich. Die gestrigen getrennten Sitzungen der Heeres- und der Marinekammer standen vollkommen unter dem Eindrud des vom Vorwärts" veröffentlichten Seedtschen Erlasses. WTB. verbreitet über die Tagung wiederum einen absolut tendenziös gefärbten Bericht, der von dem wahren Charakter der Verhandlungen auch nicht das mindeste er Tennen läßt, Der Bericht des WTB. lautet:

Vor Eintritt, in die Tagesordnung der heutigen Heeres­fammersißung wurde durch den Vorsitzenden der Heereskammer eine Erklärung abgegeben, wonach der im Ur­

auf das allerschwerste erschüttert

sei. Es müsse sofort eine parlamentarische Geschäfts. ordnung festgelegt und diese im Plenum der vereinigten Kammern beraten werden. Der Vorsitzende erklärte, diesen Anirag der Obersten Heeresleitung übermitteln zu müssen und überbrachte nach einiger Zeit deren Zustimmung. Darauf wollte der Vorsitzende in der fachlichen Beratung fortfahren. Die Vertreter der Unter­offiziere und Mannschaften lehnten aber jeden Eintritt in fachliche Verhandlungen ab, ehe nicht der parlamentarische Charakter der Verhandlungen gewährleistet sei. Es kam zur Abstimmung über die Fortsetzung der Verhandlungen. Dabei wurde

der Antrag auf Vertagung angenommen, nachdem noch drei Offiziersbertreter, darunter ein Oberst, sich in entschiedenster Weise gegen die Seedtsche Verordnung ausgesprochen hatten.

Der Tag hat also mit einer vollkommenen Niederlage des Chefs der Obersten Heeresleitung geendet, der unseres Grachtens nach den Gepflogenheiten, die in parlamentarisch- republikanisch re­gierten Ländern herrschen, daraus die Konsequenzen ziehen. follte. Behnke Chef der Marineleitung.

Wie Korr. Piper hört, ist der Vizeadmiral Behnke zum Chef I a ub geschriebene Brief des Generals b. Seedt im der Marineleitung ernannt worden. wesentlichen auf Zeitungsberichten über die erste Kammerſibung beruhte, welche sich inzwischen als tenden= ziös gefärbt und unantreffend herausgestellt haben und auch in der Presse berichtigt worden sind. Nach seiner Rückkehr hat General v. Seeckt sich von den berufenen Persönlichkeiten

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Graf Reventlow scheidet als Auslandsredakteur der Deutschen Tageszeibung" aus, um die Leitung einer Zeitschrift zu über­nehmen.

Der Lehrer braucht sich nicht allein an bestimmte Fälle anzu- werden würde, welche nicht am Religionsunterricht teilnehmen. schließen, die sich im Schulleben wirklich ereignet haben, er tann Diese haben dann die Wahl zwischen beiden Lehrgegenständen. Das auch an den in den einzelnen Unterrichtsgegenständen behandelten hat auch den Vorteil, daß verhindert wird, daß Eltern ihre Kinder Stoff anknüpfen. Lesestücke und Gedichte können den Ausgangs- mur deswegen am Religionsunterricht teilnehmen lassen, weil es Von Oberlehrer Dr. Grich Witte. punft bilden, wenn der Lehrer die Verwerflichkeit des Müßigganges , ihnen peinlich ist, sie von demselben abzumelden. Auch ist ein solcher Der Anterricht in fitlicher Lebensfunde oder Moralunterricht, der Trunksucht, der Spielleidenschaft, der Verschwendung behandelt, Erjakunterricht deswegen gerechtfertigt, weil die Eltern dieselben der für die Schüler bestimmt ist, die nicht am Religionsunterricht wenn er auseinandersetzt, welchen sittlichen Gefahren derjeinge Steuern und in den höheren Schalen auch dasselbe Schulgeld wie beilnehmen, will in Deutschland erst noch wachsen. In Frant- ausgesetzt ist, der so reich ist, daß er nicht nötig hat zu arbeiten.| diejenigen zahlen, welche ihre Kinder am Religionsunterricht teil­reich wird er schon lange gegeben. Durch das Schulgesetz vom Es gibt wohl kaum ein Lesebuch, in dem nicht Fälle behandelt wer- nehmen lassen. Jahre 1882, durch das der Unterricht in der Religion aus den den, in denen ein Mensch mildtätig gegen die Armen gewesen ist. öffentlichen Schulen entfernt wurde, wurde ein solcher in Moral Es sollten auch in jedes Lesebuch solche Stüde aufgenommen wer­eingeführt. Die Gestaltung desselben ist verschieden. Während er den, in denen Kinder von wohlhabenden Eltern mit den Leiden der in den oberen Klassen der höheren Schulen einen Teil des philo- Arbeiter bekanntgemacht werden. Außer dem Unterricht im Deuta sophischen Unterrichts bildet, wird er sonst so gegeben, daß kurze schen ist besonders der in der Geschichte dazu geeignet. Wenn die Moraljäze erklärt, begründet und eingeprägt werden. Zur Ver- Schüler über die Folgen des Weltkrieges belehrt werden, wenn sie anschaulichung dienen Erzählungen sowie Aussprüche bedeutender erfahren, wie leichtsinnig manche Striege entfesselt worden sind, Männer. Dieser Unterricht, der mit Staatsbürgerkunde verbunden 3. B. oft einzig und allein durch die Laune oder die Leidenschaft ist, war früher ein Kampfmittel der Republik gegen die Bestres eines Monarchen, so hat eine solche Darstellung mehr Einfluß auf bungen derjenigen, welche die Monarchie wieder einführen wollten. Die Anschauungen der Schüler, als der beste Unterricht in beson­deren Moralstunden. In Deutschland ist besonders die Deutsche Gesellschaft für ethische Kultur für Moralunterricht eingetreten. Heinrich Schulz lehnt ihn ganz ab( Sozialdemokratie und Schule". Dresden 1911, S. 120/1). Er befürchtet bei ihm dieselbe Entartung und Scha­blonisierung, in die der Religionsunterricht geraten ist". Es er­scheint ihm falsch, die Moralgrundsäge gleichsam auf Flaschen zu ziehen und sie wie eine Hausapotheke jederzeit im Schranke zum Gebrauch bereit zu halten". Er meint, die echte und rechte Sitt­lichkeit bedürfe feiner auswendig zu lernenden Formeln und Die verschiedenen Arten des Optimismus und Pessimismus. Sprüche und keiner besonderen Unterrichtsstunden, sie müsse sich als die feinste Blüte aus der ganzen Erziehung von selbst ergeben. Die starke und sittlich intakte Persönlichkeit des Erziehers, des Vaters, der Mutter, des Lehrers, des Kameraden; die Lebens­frische und Wahrhaftigkeit des Unterrichts; die Lektüre der Kinder; der Verkehr zwischen den Erwachsenen und der jungen Generation; die unbefangene Würdigung des wirklichen Lebens, das alles sind Mittel, die für die fittliche Erziehung des Kindes von großer Be­deutung sind, sie tragen alle unbemerkt und unauffällig Bausteine für die Charakterbildung des einzelnen zusammen." Das ist richtig. Das Beispiel der Erwachsenen und der Mitschüler wirkt mehr als aller Moralunterricht, gleichwie derjenige, der ein Land bereist, es besser kennen lernt als der, welcher eine Beschreibung desselben Itest.

Gibt man aber dennoch moralische Belehrungen, so geschieht dies am besten im Anschluß an bestimmte Fälle, die in der Schule vorgekommen sind. Hat ein Schüler gelogen, so können die Ver­werflichkeit der Lüge und die verschiedenen Arten derselben be­handelt werden( Notlüge, Heuchelei, Scheinheiligkeit, Meineid). Sit ein Schüler nicht pünktlich zum Unterricht gekommen, hat er etwas vergessen, ist er mit seinen Heften nicht sauber genug, so läßt der Lehrer nicht die Gelegenheit vorübergehen, in der Klasse den Nußen der Pünktlichkeit, der Ordnungsliebe, der Sauberkeit behandeln.

Bei reiferen Schülern, z. B. in den oberen Klassen der höheren Schulen, kann für Moralunterricht auch philosophische Ethik( Moral­philosophie) gegeben werden, und zwar möglichst in der Weise, daß der Lehrer mit seiner eigenen Meinung zurückhält und dafür die Ansichten berühmter Philosophen entwickelt. Gegenstände, die sicher­lich das Interesse von Schülern im Alter von 15 bis 20 Jahren er­regen würden, wären zum Beispiel die folgenden:

( Ist die Zahl der glücklichen Stunden größer oder die der unglüd­lichen? Gibt es mehr schlechte oder mehr gute Menschen auf der Welt?) Das Verhältnis von Glück und Tugend.( Sind die tugend­haften Menschen glücklicher als die anderen? Sind die Verbrecher unglücklich?) Die Selbsterziehung des Willens.( Die Schüler er­fahren, wie die wilden Tiere gezähmt werden. Daher sollten sie auch die Leidenschaften in ihrer eigenen Brust bezwingen lernen.) Erklärung der Tugend als der Mitte zwischen zwei untugenden. ( Tapferkeit die Mitte zwischen Tollkühnheit und Feigheit. Spar­famkeit die Mitte zwischen Verschwendungssucht und Geiz.)

Nollendorf- Theater: Wenn Liebe erwacht". Ein feltener Fall: Man kann von dieser Operette wieder einmal als Musifer sprechen: Eduard Künnede has alles vermieden, was dem Thp der modernen Couplet- und Walzeroperette entspräche. Er hat mit der Feinheit eines reifen Musikers, mit der Wärme eines Stim­mungsmenschen und mit dem Herzblut des Lyrikers eine Mujit ge­schrieben, die endlich wieder einem Geschehnis sachgemäß und unter­malend nachgeht, die aus Szene, Ort und Bewegung herauswächt und gestaltet. 3war: die Synthese von Operette und Oper ist mißlungen, denn das dramatische Element siegt auf Schritt und Tritt, ja, die Arien, Lieder, die fein gesponnenen Linien der Me­Todie und des von der pathetischen Theaterkunst Uebernommenen lasten zwar zu schner auf dem leichten Grund dieser romantisch­zarten Liebes- und Walergeschichte; aber das Publikum schien mit­zugehen und sich willig diesem fünstlerisch gehobenen Niveau zu nähern. Man vergaß die Tradition des Nollendorf- Theaters und fühlte sich ins Opernhaus verscht. Ein Werk für Musiker, dessen Fehler in seinen Vorzügen liegt, aber auch das noble Werk eines ganzen Musikanten. Der Tert von Haller und Rideamus trug auch dazu bei, von der Tagesoperette einen Weg in die Solidität, Anständigkeit und Gewähltheit zu finden; das wurde um so leichter, als das Wert frei ist von Seichtheit des Wizes und der Situation. Die Aufführung war hervorragend gut. An der Spitze die raffige Kunst Wirls und feiner schönen Partnerin Leur, denen als Kontrast beigesellt der Werbe- Klarinettenton der unverwüst­lichen Waldoff und die charmante Jungenhaftigkeit der Grete Freund . Ein paar Striche wird Herr Kapellmeister Roth, der trefflich vorgearbeitet hatte, anbringen müssen und eine gute, fesselnde lyrische Oper ist da, deren Weg allerdings nicht in die Operettenhäuser weist. K. Singer.

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Theater. Im Metropol beater gelangt heute Salmans Das Hollandmeibchen" abends 7 Uhr zur Erstauf­Operette führung. Neben Claire Dur und Friß Werner, der das Werf bereits in Bien freiert hat, find Albert Kußner, Guido Thielscher und Molly Bessely beschäftigt. Im Zentral Theater in der Alten Jafobftraße gebr am Freitag zum ersten Male Frau Bärbel", ein Singspiel von May Eduard Fischer mit Musit von Josef Snaga, in Szene.

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Wenn ich auch der Ueberzeugung bin, daß ein besonderer Moralunterricht nicht nötig ist, so bin ich doch im Gegensatz zu Heinrich Schulz der Ansicht, daß er nicht zu verwerfen ist, voraus gesetzt, daß ein guter Lehrer ihn gibt. In dem Sprachunterricht nimmt man eine Regel zunächst im Anschluß an Beispiele durch, die in der Lektüre vorkommen. Dann stellt man die so behandelter Fälle zusammen und entwickelt aus ihnen die Regel, die man in ein bestimmte sprachliche Form fleidet. Von Zeit zu Zeit werden dann verschiedene Regeln zusammenhängend durchgenommen oder wieder­holt. Aehnlich kann man auch mit dem Moralunterricht verfahren. Das metrische System soll laut Verordnung in Rußland am In einer der obersten Klassen der Schule wird derselbe in besonderen 1. Januar 1922 gesetzlich in Straft treten. Die Durchführung foll allmählich erfolgen. Bisher wurde es schon oft bei technischen Bauten angewandt. Unterrichtsstunden erteilt. Am besten wäre es, wenn der Moral- 1928 soll es bei Eisenbahnen und Straßen durchgeführt sein; die Werſt­unterricht als freiwilliges Fach für diejenigen Schüler eingeführt wegesteine sollen durch Kilometersteine ersetzt werden.

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Hermann Kienzl hat ein neues Bühnenwert vollendet Im Tal der weißen Lämmer". Das Stadttheater in Kiel wird das Berk Anfang November zuerst aufführen.