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1 Beilage zumVomiirts" Berliner   Volksblatt. Sozialdemokratische Arbeiter als Arbeitgeber. Unter dieser Bezeichnung bringt dieBerliner Zeitung  ", dieses bis jetzt vollständig verkannte ehrenwerlheOrgan", in ihrer Nr. 233 einen Leitartikel, der beweisen soll, in welcher Weise im sozialdemokratischen Zukunftsstaat der Arbeiter durch den Arbeiter behandelt werden wird. In Erwiderung aus den zweiten Absatz dieses ebenso ver« logenen wie gehässigen Artikels geht uns die folgende Zu- schrift zu: Auf dem kürzlich zu Leipzig   abgehaltenen Verbandstage der Berwaltnngsbeamten der Orts-Krankenkassen Deutschlands   soll ein Berliner   Beamter lebhaft Klage darüber geführt haben, daß die Beamten der Orts-Krankenkassen Berlins   unter dem Terrorismus der Sozialdemokratie zu leiden haben, sodnß zielbewußte Genossen nur Anstellung er- und behalten, sogar der Genuß boykottirten Bieres bring» die Gefahr der Entlassung über die betreffenden Beamten. Wie schwer gegen diesen Berliner   Beamten seitens der terro- risirenden Sozialdemokraten gesündigt wird, ist schon daraus zu er- sehen, daß er mit seiner Frau, welche im Bureau thätig ist, den Hungerlohn von nur sOOd 271. als Gehalt nebst freier Wohnung bezieht, gegen den selbst die einzelnen Vorstandsmitglieder nichts zu beantragen wage», weil sie befürchte», es könne(weil einzelne von ihnen freiwillige Kranken- Kontrolle aus- führen gegen Vergütung von der Kasse.) ihnen von seilen dieses schwer terrorisirlen Beamten" diese Einnahme theilweise ent- zogen werden. Allerdings ist er auch derjenige Beamte, welcher am eifrigsten danach strebt,Staatsbeamter" zu werden, und wenn angängig, würde er am liebsten im Kassenlokal mit Säbel und Sporen einherschreiten. Was die Mitglieder, namentlich die erwerbsunsähigen. aber von diesemgrausam terrorisirten" Berliner   Beamten zu erwarten haben, wenn er erstStaats- beamler" wäre, gehl wohl zur Genüge aus einer Aeußerung, welche derselbe seinerzeit in der Berliner   Ressource, Kommandanterstr. 57, gethan, hervor. Er sagte, er sei in der Lage, jedem erkrankte» Mitglieds an derNasenspitze" anzusehen, ob dasselbe krank sei oder nicht, obgleich der Arzt anders geurtheilt hätte. Es ist wirklich schade, daß ein soweit vorgebildeter nrtheilsfähiger Be- aniter im Allgemeinen verkannt, unter dem schwere» Druck des sozialdemokratischen Kassenvorstandes" zu leiden hat. Es brauchten demnach kaum noch Aerzte bei den Kassen angestellt werden, wenn in allen Kassen solche hervorragendeBeamte" thätig wären." Von der Orts-Krankcnkasse der Maschinenbau  -Arbeiter und verwandten Gewerbe erhalten wir ferner zur Richtigstellung des dritten und vierten Absatzes des Artikels eine Klar- bezw. Richtig- stellung des Artikels derBerliner Zeitung  ". Dieselbe erklärt: Zunächst sei bemerkt, daß der Vorstand nicht in seiner Mehrheit aus Sozialdemokraten besteht, daß es dem Vorstande bei der Anstellung eines Beamten vollständig gleichgiltig ist, welche politische Meinung derselbe hat. Zum Artikel selbst wird bemerkt, daß sich der Vorstand zur Kürzung der Gehälter, welche übrigens ein bis zwei Jahre zurückliegt, ver- anlaßt sah, weil von der Aufsichtsbehörde durch Verfügung dem Vorstande aufgegeben wurde, nachdem der langjährige leitende Beamte verstorben, nunmehr am 1. Januar 1393 die gesetzlich vorgeschriebenen Buchführungen und Journale unbedingt einzuführen, während es dem früheren leitenden Beamten auf persönliche Vorstellungen gestattet war, die alten bisherigen Buchungen weiter zu führen. Bei den nunniehr neuen Einrichtungen erwiesen sich die alten vorhandenen Beamten den an sie gestellten Anforderungen nicht gewachsen bezw. waren sie nicht besähigt, diese Arbeilen auszusühren. Demnach sah sich der Vorstand wohl oder übel veranlaßt, neue Kräfte heranzuziehen. Um nun aber die alten Beamten nicht aufs Straßenpflaster zu setzen, wurden ihnen weniger verantwortungsvolle Arbeiten übertragen und eine geringe Gehaltskürzung vorgenommen. Hierbei soll bemerkt werden, daß dem 14 Jahre im Dienst stehenden Beamten wegen sehr mangelhafter und unsauberer Arbeit monatlich 5 Mark vom Gehalt gekürzt wurden, mit dem Bemerken, daß, wenn er sich befleißigen würde korrekt zu arbeiten, ihm sein bisheriges Gehalt nach Verlauf eines Vierteljahres weiter gewährt würde, andernfalls er seine Ent- lassung zu gewärtigen habe, welches auch später, da eine Aenderung nicht eintrat, geschehen ist. Daß zwei Beamte Plötz- lich entlassen wurden, weil sie sich mißliebig über die Geschäfts- leitung einiger Vorstandsmitglieder geäußert haben, ist eine Un- Wahrheit, und diesseits absolut nichts davon bekannt. Was den durch einen Schlaganfall dienstunfähig gewordenen Kassenboten betrifft, so ist im Vorstehenden wohl zur Genüge bewiese», daß die Gehälter nicht deshalb gekürzt wurden, um demselben ein Gnadengehalt zu gewähren, sondern auch nach der Ab- lehnung seitens der Generalversammlung auf weitere Gehalts- zahlung an diesen Beamte», die Erhöhung bei den übrigen nach dem obengesagten nicht wieder eintreten konnte. Die Zahlung einer Pension an dienstunfähig gewordene Beamte ist nach Z 29 des Kr.-Ver.-Gesetzes unzulässig; wonach zu anderen Zwecken als statutenmäßigen Unterstützungen n. s. w. Verwendungen aus dem Vermögen der Kaffe nicht erfolgen dürfen, dies dürste sogar, so nehmen wir wenigstens an, derBerliner Zeitung  " oder deren Artikelschreiber bekannt sein, oder etwa nicht? Gegenüber der Anstellung eines Krankenkontrolleurs bemerken wir, daß es keinen Kassenvorstand geben kann, und wenn es der manchesterlichste" wäre, der einem Beamten eine Lebensstellung versprechen kann, es werden doch selbst die Vorstandsmitglieder nur aus die Dauer von 3 Jahren gewählt. Diesem, sowie über- Haupt jedem neu angestellten Beamten ist und wird von vorn- Herein erklärt, daß er es sich zunächst wohl überlegen möge, seine alte innehabende Stellung(wenn momentan über- Haupt beschäftigt) aufzugeben, da nicht gesagt werden kann, ob die Stellung von Dauer sei, es richte sich ganz nach seinen Fähigkeiten; dieserbrave und tüchtige Mann" war sicherlich nicht derjenige, welcher auf diese Eigenschaft Anspruch erheben konnte. Beweis dafür ist eben seine Entlassung, daß er nicht zur größten Zufriedenheit gearbeitet; wenn von dem Vorstand ihm trotzdem ein Zeugniß, daß er zur «Zufriedenheit" gearbeitet, ausgefolgt wurde, so geschah es lediglich aus dem Grunde, ihm in feinem ferneren Fortkommen nicht hinder- lich zu sein. Von einer Lebensstellung dieses braven und tüchtigen Mannes kann um so weniger die Rede sein, da kontraktmäßig »ine gegenseitige öwöchentliche Kündigung vereinbart war. Es brauchte dieserBrotlose" heute nicht darüber nachdenken, wie diese uneigennützigenGenossen" sich die Verringerung der in- dustriellen Reserve-Armee denken, wenn er in der Lage gewesen wäre, die Arbeiten des jungen, stellungslosen Kaufmannes aus- zuführen, ob derselbe ein Verwandter des ersten Vorsitzenden ist, konnte nicht in Betracht gezogen werden, sondern einzig und allein seine Fähigkeiten, nach welchen der Vorstand bei seiner Anstellung auch nur gehandelt hat. Von der Richtigkeit dieser Angaben kann sich die verehrliche Redaktion desVorwärts" zu jeder Zeit durch Einsichtnahme der Protokolle und Bücher im Kassenlokal Neue Schönhauser- straße 16 überzeugen. Berlin  , den 12. Oktober 1394. Der Vor st and der Orts-Krankenkasse der Maschinenbau  » Arbeiter und verwandten Gewerbe. Im Auftrage: H. Steinfeldt, stellvertretender Vorsitzender. In einem weiteren Artikel werden einer nicht genannten Kasse Vorhaltungen gemacht. Diesen daher nicht faßbaren An- griff können wir daher nicht zurückiveisen, dagegen müssen wir auch ihn so lange als eine unverfrorene Verleumdung charakteri- siren, bis die ehremvertheBerliner Zeitung  " die Namen der Kasse nennt.-- Loltcrles. Recht anheimelnd spiegelt sich die Herrlichkeit der kapita- listischen Weltordnung in einigen Vorfällen wieder, die das neue Diphtherie-Heilsernm zu Tage gefördert hat. Es wird u. a. über die Wirkung dieses Mittels berichtet: Bemerkenswerth für die Heilkraft des Mittels ist die That- fache, daß vor kurzem die Sterblichkeit an Diphlheritis in einem Krankenhause Berlins  (Reinickendorferstraße) wieder e r h e b l i ch g e st i eg e n w a r. Profeffor Dr. Virchow  , der während einer Reise täglich die Berichte empfangen hatte, fragte angesichts der hohen Sterblichkeilszisfer in der Anstalt nach der Ursache und er- hielt die wenig befriedigende Antwort, daß die Mittel zur Beschaffung des Heilserums erschöpft seien. Dem Üebelstande wurde sofort abgeholfen und mit demselben Augenblick trat wieder eine bedeutende Abnahme der Sterbe- fälle ein." Herrlich, nicht wahr? Menschenleben, die man hätte retten können, an denen das Herz ihrer Angehörigen mit allen Fasern hing, mußten elend zu Grunde gehen, weil die Mittel, die zu unnützen und kulturfeindlichen Zwecken in überwältigendem Maße beansprucht werde», zu ihrer Rettung nicht vorhanden waren. Ist die Gesellschaft, in der solche Zustände vorhanden sind, nicht werth mit Bajonetten und 5knebelungsgesetzen dem Umsturz" gegenüber aufrecht erhalten zu werden? Aber noch durch ein weiteres Beispiel wird dargethan, daß von Allem, was die Männer der kullurfördernden Wissenschaft zum Besten der leidenden Menschheit ersinnen und entdecken, zunächst dem Kapitalismus sein hochgemessen Theil dargebracht werden muß. Man lese, was die Blätter als selbstverständlich berichten: Durch die neue Erfindung sind bereits die Preise für Meer­schweine als Vcrsuchsgegenstände bedeutend gestiegen. Einem Lieferanten ist die Beschaffung von 400 Thieren binnen 3 Tagen übertragen worden. Da solche in Berlin   in dieser Zahl nicht z» haben sind, hat er sich nach Ungarn   wenden müssen. Es heißt, daß täglich ISO Meerschweine in den Krankenhäusern gebraucht werden." Vielleicht bringt Eugen Richter   es fertig, auch diesen Segen der alles regelnden Konkurrenz in die rechte kapitalistische Bc- lenchtung zn rücken. Vielleicht weiß er klar zu beweisen, daß nicht die leidende Menschheit, sondern gerade derMeerschweinzüchter mit Fug den Gewinn der neuen Entdeckung einzuheimsen hat. Aber man höre, was weiter wohlthuend vom Segen für die Allgemeinheit berichtet wird: Geheimrath Spinola hat die A r m e n> D i r e k t i o n auf die Bedeutung der Sache aufmerksam gemacht und als un- umgänglich nothwendig bezeichnet, daß den Armenärzten das Heilmittel zur Verfügung gestellt werde. Ehe es hierüber z u e i n e m B e s ch l u ß kommt, will man das Ergebniß ver- schiedener Versuche in Krankenhäusern abwarten." Nur immer hübsch langsam voran, damit für die Armen ja kein Groschen unnütz verplempert wird. Das kapitalistische Prinzip, das dem Armen, dem unfreiwilligen Mitglied der industriellen Sleservearinee, die ganze Unwurdigkeit seines Daseins Tag für Tag eindringlich vor Augen führt, könnte allenfalls in seiner unantastbaren Heiligkeit verletzt werden. Der Gegenwartsstaat, dem der Prosit das Erste und Heiligste sein muß, ist seines Richter, seines Biermeyer, seines Baare und ähnlicher«Stützen" würdig. Magistratlich inhibirte«aalbefitzer-Unterstützung. I» der Monatsversammlung der Berliner   Schlächterinnung, welche am Mittwoch stattfand, machte der Obermeister den Mitgliedern eine Mittheilung, die einige Erregung hervorrief. In der September-Sitzung hatte die Versammlung beschlossen, den durch den Bierboykott in Bedrängniß gerathenen Saalinhabern eine Unterstützung von 500 Mark zu bewilligen. Derartige Zu- Wendungen bedürfen der Genehmigung der Gewerbe- Deputation des Magistrats. Diese Behörde hat nun dem Jnnungsvorstande streng untersagt. die Jnnungskasse zu dem genannten Zwecke in Anspruch zu nehmen. Zu derartigen Unterstützungen sei die Jnnungskasse nicht da. Sollte der Vor- stand dennoch den Beschluß der Versammlung zur Jlusführung bringen, so würden die einzelnen Mitglieder des Vorstandes für die 500 M. regreßpflichtig gemacht werden und werde ihnen außerdem noch eine Strafe von je 10 M. angedroht. Unter diesen Umständen blieb nur übrig, den Beschluß der Vcrsannulung rückgängig zu machen. Vrauerei-Fürsorge! Verschwunden ist der Maschinist Aloys Roscher aus Friedrichsberg, Scharnweberstr. 26. Der- selbe war in der Reischach'schen Brauerei beschäftigt erlitt und dort vor etwa einem Jahre einen Betriebsunfall. Die Unfallmonats- rente ist am 1. Oktober von 67 M. auf 22 Mark herabgesetzt, wiewohl Roscher ausweislich des Physikatsaltestes völlig erwerbs- unfähig war. Da Roscher's aus seiner Frau und sechs unmündigen Kindern im Alter von e Monate» bis 13 Jahren bestehende Familie mit 22 Mark monatlich nicht auskommen konnte, wurde Roscher nach Empfang des dieRente" so kolossal beschneidenden Bescheides tiefsinnig. Seit dem 16. Oktober ist Roscher verschwunden. Seine Ange- hörigen befürchten, daß er sich ein Leid zugefügt haben möchte. Dieser tieftraurige Fall setzt dieFürsorge" der sozialpolitischen Gesetzgebung in Helles Licht, die einer Berussgenossenschaft gestattet. Renten herabzusetzen und vor Rechtskraft der Herabsetzung die Kürzung bereits thatsächlich eintreten zu lassen. Ob für die nicht acht Köpfe starke Familie des Dr. Fränkel, des Besitzers der Reischach'schen Brauerei, 22 M. monatlich zum Unterhalt aus- reichen? Herrliche Gefellschafrsordnunj! Prediger und Hansbesitzer. Prediger und Hausbesitzer sind zwei Begriffe, die ihrem Wesen nach in direktestem Wider- spruche mir einander stehen. Denn nach religiöser Sluffassung ist ein Prediger ein selbstloser Mensch, ein Diener Gottes  , der Barmherzigkeit, der Nächsten- und allgemeinen Menschenliebe. Ein Hausbesitzer dagegen ist die Verkörperung des krassesten Egoismus. Wenn sich diese beiden Gegensätze in einer Person vereinigen, da ist es nur zu begreiflich, daß Prediger und Haus« besitzer gar oft in Widerstreit mit einander gerathen müssen und daß in den weitaus meisten Fällen der Hausbesitzer der obsiegende Theil sein wird, darf als sicher vorausgesetzt werden. Ein klassisches Beispiel ist der Vorsitzende des Berliner   Grundbesitzer- Vereins von 1365, Herr Prediger Dr. Schulze. In der Sitzung vom 3. Oktober dieses Vereins leitete Herr Prediger Dr. Schulze die Verhandlungen mit einer An- spräche ein, die sich auf die Lage des Grundbesitzes,' den Ernst der bevorstehenden Arbeiten und die Nothwendigkeit eines geschlossenen Zusammenwirkens behufs Abwehr neuer Lasten bezog. Es gelte jetzt, in geschlossener Phalanx die Erfolge zu erwirken, die nicht nur dem Vereine, sondern dem ganzen Grund- besitze errungen werden müssen, wenn der letztere nicht völlig ruinirt werden solle. Das sind Worte, die offenbar nicht dem Geiste Christi entsprechen, der da sagte: Mein Reich ist nicht von dieser Welt! Hier hat Herr Schulze geoffenbaret wie er dieS ja von vornherein schon durch seine Stellung als Vor- sitzender des Grundbesitzer-Vereins gethan hat wie sehr er an irdischem Besitze hängt und denselben vertheidigt. Daß bei dem Hausbesitzer und der Vertretung der materiellen Interessen ge- wohnheitsmäßig auch der Prediger mit unlerfließt, ist,- wenngleich bedeutungslos, doch charakteristisch. In seiner Ansprache kam nämlich Dr. Schulze auch auf das schwarze Buch" der Hausbesitzer zu sprechen und meinte: daß man das Retentionsrecht beschränkt habe, sei der Mehrzahl der Hausbesitzer, die für die Roth ihrer Mitmenschen empfänglich sei, kein Verlust. Hier hat offenbar der Prediger gesprochen. Doch wird die Stimme des Predigers sofort wieder unterdrückt, denn Herr Dr. Schulze fährt im nächsten Athemzuge fort: umso-, mehr sei es nothwendig, sich vor dem gewissenlosen, auf Betrug ausgehenden Theil der Mietherschast zu schützen und Niemand, könne die Art des Schutzes(schwarzes Buch) für moralisch ver- werflich halten. Daß derartige Anschauungen im Widerstreite stehen mit den Aufgaben eines Predigers von Christi lauterem Wort, ist einleuchtend. Daß dieselben aber mit den Anschauungen eines Predigers der Staatskirche vereinbar sind, ist aus dem Vorgeführten ersichtlich. Der ganze verletzte Materialismus des Herrn Dr. Schulze machte sich aber Luft, als er auf eine abschlägig beschiedene Reklamation seinerseits wegen zu hoch veranlagler Einschätzung zur Gebäudesteuer zu sprechen kam. Solchen himmelschreienden Ungerechtigkeiten gegenüber, so rief er zornentbrannt, sei die zunehmende Erbitterung unter den Haus- besitzern erklärlich. Man wolle gern dem Kaiser geben, was des- Kaisers ist. aber bei solchen unangemessenen Forderungen müsse man zeigen, daß die angesessenen Glieder der Bürgerschaft sich nichts ohne Widerstand gefallen lassen, was gegen die Gesetze von Recht und Billigkeit verstoße. Das klingt ja beinahe revoln- tionär! Ja, ja! Prediger und Hausbesitzer das reimt sich schlecht zusammen. Gar erbaulich muß es aber sein, wenn Herr Dr. Schulze seiner gläubigen Gemeinde die Segnungen des Jen- seits demonstrirt. PolizeilicheGrundsätze". In einer Gegenerklärung des hiesigen Polizeipräsidiums wider eine Eingabe des Schankwirths Rudolph Bahr, Gerichtstr. 19, um Verlängerung der Polizei- stunde bis 12 Uhr ölachts heißt es: Das Schanklokal des p. Bahr ist eine ganz gewöhnliche Destillation, auch als solche aus« gestattet, in welcher nur Arbeiter und Droschken« k u t s ch e r verkehren und in der viel Branntwein und wenig Bier zum Ausschank gelangt. Die Behauptung, daß im Lokal ca. 20 Droschkenkutscher speisten, ist nicht richtig. Es giebt bei Bahr gar keine warme Speise», die bei ihm verkehrenden Gäste können nur kalte Küche(Käse und Wurst) erhalten. Den In- habern von Schauklokalen vom Schlage des Bahr'schen wird grundsätzlich im Interesse der öffentlichen Ordnung keine längere Polizeistunde gewährt. Wir haben nicht mit der Polizei darüber zu rechten, ob ihre Schilderung des Bahr'schen Lokals richtig oder unrichtig ist. Das ist an sich nicht von Belang. Höchst bezeichnend kontrastiren aber die hierim Juteresse der öffentlichen Ordnung" geübten Grundsätze mit dem polizeilichen Verhalten den Lokalen gegen- über, in denen frei und froh die Prostitntion ihr Wesen treiben darf. Lokale, die durchweg von gesitteten Arbeitern besucht werden, müssen Abends um 11 Uhr geschlossen werden; in Lokalen vom Schlage des Cafe Keck und des Caf« National dagegen darf die ganze Nacht hindurch offen Handel mit Menschenfleisch getrieben und dieUnsittlichkeit" gefördert werden. Auch im Interesse der öffentlichen Ordnung? Wer kauft agrarisch- antisemitische Nedaktions- Koch- erbsen? Einen interessanten Einblick in die Thätigkeit der Redaktion derDeutschen Tageszeitung" gewährt folgendeAn­frage", die sich im Briefkasten der Nr. 45 neben den Rechts­belehrungen je. possirlich genug ausnimmt:Ein Abonnent unserer Zeitung frägt an, welches kauffähige Ges chäft geneigt sei. etwa 200 Zentner gute Kocherbsen zu kaufen?" Der Anfang in der praktischen Bekämpfung desjüdischen Schachergeistes" wäre also gemacht, wie lange wird's noch dauern, bis im redaktionellen Theil in gänzlichundeutscher Manier" alte Kleider ausgeboten werden? Die Uebermacht dcS Großkapitals wird recht drastisch durch die Zeitungsmittheilung gekennzeichnet, daß ein Herr Karstadt  , Inhaber emcs jener großen Bazarunternehmen sich kürzlich von den Kaufleuten der Stadt Plön   6000 M. für das von ihm abgegebene Versprechen hat zahlen lassen, innerhalb 6Jahren an diesem Ort kein Geschäft zu errichten. Vielleicht denkt der. Herr Bazarnnternehmer, daß die betr. Plöner Kaufleute nach, 6 Jahren ohnedies durch die Konkurrenz des Großunternehmer- thums ruinirt sein werden. Bei der staatlich geduldete» Thierqnäterei, die man Nennsport nennt, erhalten zuweilen auch die Leute, die diesem traurigen Beruf obliegen, ihren Denkzettel. So ist vor einigen Tagen zu Karlshorst  «in Lieutenant Roßbach bei einem Sturz vom Gaul derart zu Schaden gekommen, daß er schwer verletzt darniederliegt. Es wurde an ihm ein rechtsseitiger Schädelbruch konstatirl. Den im Beruf zu Schaden gekommenen Arbeitern, die ihr Recht auf Unfallrente beanspruchen, wird bekanntlich häufig von besonders roh angelegten Staturen der fade Vorwurf gemacht, sie hätten absichtlich ihr einziges Kapital die Arbeits- kraft ruinirt.Kavaliere", die beim Rennsport ohne jeden sittlichen Zweck sich und ihrer Familie Leid zufügen werdrrn von denselben Hundenaturen angelegentlich bedauert.