Nr.456 37.Jahrgang Ausgabe A nr. 91
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Vorwärts
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Dienstag, den 14. September 1920
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Lloyd Georges Anklagen gegen Kamenew . Vor allem ein Aktionsprogramm!
London , 13. September. ( WTB.) Die Blätter bringen worden. Heute nachmittag wurde ein Beamter der SicherEinzelheiten über die dreistündige Unterredung Kameheitspolizei auf dem Heimweg von der Hohmgrube durch news mit Lloyd George vor Kamenews Abreise nach Nuß- unbekannte Täter erschossen. land.„ Daily News" schreibt: Die Unterredung zeichnete sich durch
Von Gustav Heller.
bas Fehlen jener Korbialität aus, die die früheren Lloyd George für Deutschlands Aufnahme wenn ich jage, baß allgemein die Auffassung herrscht: Für un
in den Völkerbund.
Wer noch in wirklicher Fühlung mit der großen Masse der Hand- und Kopfarbeiter steht, ganz besonders mit demjenigen Teil, der die Kleinarbeit in den Betrieben und Bureaus für unsere Partei leistet, der wird mir beistimmen, Unterredungen zwischen dem ersten Minister und dem Sowjetdelefere Barbei ist es notwendig, in dem gegenwärtigen Entwickgierten kennzeichnete. Lloyd George beschuldigte Kamenew einer Reihe von Vertrauensbrüchen und erklärte ihm, wenn er Rom , 13. September. (..) Giolitti, ber, wie bekannt, lungsstadium Richtlinien zu schaffen, die für unser weinicht selbst um seinen Baß gebeten hätte, so würde ihm dieser gegenüber den ehemaligen Gegnern eine Politik der Versöhnung teres Vorgehen maßgebend find. Es sind die besten unserer trobem ausgehändigt worden sein. Die politischen Ver- vertritt, hatte von Lloyd George in Luzern die sofortige Auf- Organisationen, die die Auffassung haben, daß jetzt keine Beit handlungen würden nicht eher wieder aufgenommen werden, bis die nahme Deutschlands und Desterreichs in den Bölter- ist, sich über graue Theorien auseinanderzusehen, sondern daß britische Regierung davon überzeugt fei, daß die Moskauer Regie- bund verlangt und erklärt, daß dies bas einzige Mittel sei, es Beit ist, praktische Arbeit zu leisten und sich darüber rung ihren Versuch, fich in die inneren Angelegenheiten um aus dem politischen Chaos herauszukommen. flar zu werden, was in der gegemvärtigen Lage durchzusetzen Großbritanniens einzumischen, aufggegeben habe. Lloyd Lloyd George hat, wie jest hier bekannt wird, sich diesem Verlangen ist, sowie auch darüber, unter welchen Bedingungen die SoGeorge brachte gegen Kamenew 4 Anklagen vor: 1. daß er am Ber- Giolittis zum Teil angeschlossen und erklärt, wenn Deutsch- zialdemokratie bei einer möglichen Kabinettfrise oder nach den kaufe der kaiserlich russischen Juwelen in England land und Desterreich weiter ihren guten Willen bei der in nicht allzu langer Zeit zu erwartenden Neuwahlen an der beteiligt sei, 2. daß er Berhandlungen geführt habe, betreffend Erfüllung des Friedensvertrages zeigen, der Aufnahme dieser Staaten Bildung einer neuen Regierung teilzunehmen in die Unterstützung des extremen sozialistischen Blattes Daily im Laufe des tommenden Jahres nichts im Wege der Lage ist. Serald" mit 75 000 fund Sterling, 3. daß er Bestehe. Die durch die amtliche Veröffentlichung über die Zusammen ziehungen mit der britisgen A Arbeiterorgani funft Giolittis mit Lloyd George zutage getretene Enttäuschung ist ſation gehabt habe, die sich„ Council of Action" nennt, und nach informatorischen Aufklärungen aus der Umgebung Giolittis 4. daß Rußland absichtlich die britische Regierung mit Bezug auf die einer günstigeren Auffassung gewichen. In politischen Klausel über die Bürgermiliz im Entwurf für den Waffenstill- Kreisen wird erklärt, daß Giolitti in Luzern eine gemäßigte stand mit Polen irregeführt habe. Kamenew stellte alle diese Behandlung der durch den Friedensvertrag von Versailles noch Anklagen kategorisch in Abrede, Krassin wurde ausdrücklich von den Anklagen, die gegen seinen Kollegen gerichtet wur. 3 lösenden Fragen durchgesezt habe. ben, ausgenommen und es wurde darauf hingewiesen, daß die Frankreich ist aber natürlich dagegen! Verhandlungen über die handelsbeziehungen nicht als abgebrochen betrachtet werden.
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Der Bug von den Polen überschritten. Königsberg i. Pr., 18. September. ( WTB) Lagebericht. In Fortsetzung ihrer Angriffe im Abschnitt Cholm überschritten die Polen den Bug und besetzten die Ortschaften Lubomir, Horodno und Butmer und erreichten den Ort Samahang. Deftlich Brest - Litowst wurde Kobryn von den Polen genommen.
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Fürst Sapieha begibt sich nach Riga . Baris, 18. September. ( WTB.) Wie Daily Mail" meldet, geht die polnische Friedensdelegation am Dienstag an Bord zweier englischer Torpedobootszerstörer nach Riga . Fürst Sapieha wird sie begleiten.
Ein Appell Lenins und Bruffilows an Wrangels Offiziere.
Amsterdam , 13. September. Den englischen Blättern zufolge bat die russische Regierung einen von Lenin , Trogli und Brusfilow unterzeichneten Appell an die in Wrangels Heer stehenden russischen Offiziere gerichtet, in welchem diese aufgefordert werden, ibre schmähliche Rolle als Diener der Polen und Franzosen aufzugeben. Den Offizieren wird völlige Amnestie zugesagt, wenn sie in das Sowjetheer eintreten. 8um letzten Male firede die Sowjetregierung ihnen ihre versöhnende Hand entgegen.
Baris, 12. September. ( BTV).„ Echo de Paris" befchäftigt sich mit Deutschland und dem Völkerbund und schreibt: Es tommt uns zu Dhren, daß neuecbings die Vertreter Eng Iands im Völkerbund wieder den Gedanken aussprechen, demnächst die Zulassung Deutschlands zum Bölkerbund vorzuschlagen. Entente cordiale fatal sein könnte, zu vermeiden, ist es von um eine neue Ursache zu Streit und Konflikt, die diesmal für die wichtigkeit zu erklären, daß die französische Regierung entschlossen ist, fich einer derartigen Maßnahme unerschütterlich zu widersetzen. Werde Deutschland erst einmal Mitglied des Böllerbundes, so würde es unbermeidlich einen Siz im ausführenden Rat bean spruchen und ihn schließlich bekommen. Bald wäre es dann auch im Direktorium. Man denke sich dann nur, wie die Angelegenbeiten des Saargebiets( aba! Das gute Gewiffen! Die Reb.) und Danzigs verlaufen würden, um nicht von anderem zu sprechen( Sehr richtig! Die Red.), wenn die dafür notwendigen Maßnahmen direkt von einem deutichen Delegierten abhängig wären. Deutschland darf nicht im Völkerbund erscheinen folange der Verfailler Bertrag nicht ausgeführt ist, oder der Völkerbund muß auf die Funktionen verzichten, die er in der Absicht, diesen Vertrag auszuführen, ausübt.
die Entwidlung teilweise überholt, stellenweise veraltet ist. Wohl ist es richtig, daß das Erfurter Programm durch ls Sozialisten haben wir die Pflicht, mit Widersprüchen, die sich zwischen dem Programm und der wirklichen Entwicklung eine Programmfommission einsehen, die mit der Aufgabe beergeben haben, aufzuräumen. Der Parteitag wird zweifellos traut wird, die Grundlagen eines neuen Programms zu for mulieren. Jeder, der die Dinge fennt, weiß aber, daß diese Arbeit etwa zwei Jahre dauern wird. Liegt es im Interesse unserer Partei, während dieser Zeit die Dinge laufen zu lassen, solange zu warten in der überaus schnellen, sprungbaften Entwicklung unserer Beit? Diese Frage muß verneint werden.
Wir brauchen zunächst ein kurzfristiges Aktionsrungen formuliert sind, die wir in der gegenwärtigen Zeit programm, in dem klar und volksverständlich die Forde durchsezen können. Dieses Aktionsprogramm soll den Zweck haben, den Kampf unserer Partei einheitlich zu gestalten und ihm ein festumrissenes nächstes Biel zu geben. Die Bolkswirtschaft ist dabei voranzustellen, die Vollsozialisierung von Kohlen und soweit wie möglich von Stahl und Eisen zu fordern, aber nicht etwa in der Form, wie die jebigen Staatsbetriebe geleitet werden. Auch darf die Entschädigung nicht nach den jezt hochgetriebenen Kurswerten erfolgen. Die Sozialisierung dieser Produktionszweige bedeutet den Angelpunkt, von dem aus die organische Umgestaltung unserer heutigen Wirtschaftsordnung herbeizuführen ist. Sie ist um jo notwendiger, als auf Grund des Abkommens von Spa die Regierung vertraglich verpflichtet ist, 2 Millionen Tonnen Rohle monatlich abzuliefern, während die Produktionsmittel in den Händen von Privatpersonen sind. Ferner aber kommt der Staat dadurch in die Lage, auf die volfswirtschaftlich wichtigen Produktionszweige Einfluß zu gewinnen.
Die Konferenz in Aix- les- Bains . Aix- les- Bains , 13. September. ( WTB.) Miller and hat Dann wären noch Richtlinien über die Agrarheute vormittag den rumänischen Außenminister Take Jonescu empfangen. Um 10 Uhr wurde die Besprechung zwischen Mille- fragen festzulegen. Wir haben heute noch zu bercand und Giolitti wieder aufgenommen. Den Verhandlun- zeichnen, daß es sehr viel Grundbesitzer gibt, die gen wohnten u. a. Alliotti, Berthelot und Barrère bei. 10 000 bis 40 000 Morgen Land ihr Eigen nennen. Die Besprechungen wurden am Nachmittag fortgefeßt. In der Das liegt zweifellos nicht im volkswirtschaftlichen Interesse, Die„ Dena" meldet aus Helsingfors : Unter den Arbeitern von Vormittagssigung wurde eine gemeinsame Erklärung an- da der Einzelne gar nicht in der Lage ist, einen derartig Kolomna , dem Fabrifort bei Mosfau, wo der Unabhängige genommen, die aber erst im Laufe des Abends veröffentlicht werden großen Besiß zu übersehen und große Streifen Landes brach Dittmann seine Aufsehen erregenden Studien gemacht hat, foll. An Lloyd George wurde ein Telegram m gesandt, in liegen bleiben. Es müßte also hier eine Norm festgelegt wer herrscht nach übereinstimmenden Meldungen eine starte Gärung dem es heißt, Giolitti und Millerand haben wieder Gelegenheit ge- den, daß der Einzelne nicht mehr wie 4-5000 Morgen Land Die Sowjet- Regierung ließ darauf alle Werkstätten von militärischen tabt, die volle Uebereinstimmung ihrer allgemeinen An- Besitz haben darf. Das ühige müßte enteignet werden, zum Chinesenabteilungen befegen, die mit unerhörter fichten sowie die grundlegende Notwendigkeit des Teil zu Siedlungszwecken, zum Teil verpachtet werden in Grausamkeit jeden Brotestverfuch der Arbeiter unterdrückten. Der Entente bündnisses zwischen England, Italien und Größen je nach der Bodenbeschaffenheit. Regierungsfommissar erließ eine Kundgebung, daß gegen Unzufriedene Frankreich zu erkennen, um die Regelung der europäischen Weiter wären noch kommunalpolitische Fragen nach folgenden Grundfägen vorgegangen werde: 1. Sofortige Probleme sowie die Wiederherstellung des Friedens und der nor- zu behandeln unter Berücksichtigung der Land- und StadtgeStrafverfegung zur Roten Armee; 2. Bestrafung der malen Beziehungen zwischen den Völkern zu sichern. meinden, der Sicherheitspolizei sowie anderer Probleme, die Familien der Streifenden durch Entzug der besseren bereits in dem Buche Vorschläge zur Erneuerung des ProNahrungsration; 3. Erfüllung des Arbeitspenfums der gramms" angedeutet sind. Streifenden durch die übrigen Arbeiter.( Wir geben diese Meldung mit Vorbehalt wieder. Sie mag zwar sehr wohl auf Tatsachen beruhen, fönnte jedoch ebenso sehr im Zusammenhang mit dem Dittmannschen Artikel nur einen tendenziösen Charakter tragen, der den meisten antibolschewistischen Meldungen aus Helsing fors
anhaftet.)
Neuer Polenputsch in Aussicht?
Breslau , 12. September. ( WTB.) Nach Mitteilung aus zuverlässiger Quelle soll für die nächsten Tage ein neuer pol. nischer Putsch zur Besetzung der Stadt Rybnik geplant sein. Die bisher in Rybnik befindliche italienische Besazung ist in allerlegter Zeit start vermindert worden, und es besteht die Befürchtung, daß der zurückgebliebene Rest der italienischen Truppen dem polnischen Angriff nicht gewachs en sein wird.
Diese Befürchtungen mögen zwar übertrieben sein, solange aber die Entente sich nicht entschließt, einen festen Abstim mungstermin anzusehen, so lange wird auch die Nervofität und Unruhe in Oberschlesien andauern, die zu solchen Gerüchten Anlaß gibt.
Ich stimme durchaus mit dem Genossen Lohmann Paris, 13. September. Wie der Sonderberichterstatter der gence Havas aus Aix- les- Bains meldet, lichteten überein. wenn er in seinem Artikel(..Borwärts" vom 11. Sen. fich die Wolfen, die bisher die französisch- italienischen tember, Abendausgabe) fagt:„ Es sind Forderungen herausBeziehungen befchattet hätten, da die Italiener ihre wahren zuarbeiten, die auf dem Wege zu unserem Biel liegen und n Interessen jetzt besser ein ähen, und auf beiden Seiten der die Wirklichkeit umzusetzen find." Es ist selbstverständlich, Bunich obwalte, au einer intimen und dauerhaften Entente der daß in diesem Artionsprogramm feine flüchtigen Andeutungen gemacht werden dürfen über die Durchführungsmöglich beiden großen Länder zu kommen. feiten. Nein, es sollen Gebiete, die tatsächlich jetzt zu bearbeiten sind, behandelt werden. Ich bin mir flar darüber, daß jedes Gebiet auf dem Parteitag einer besonderen Rommission bedarf zur Formulierung der Richtlinien, die auf ihm gelten sollen. Aus solchen Teilen muß sich das Aktionsprogramm als Ganzes zusammensetzen.
Deschanels Zustand verschlimmert.
Die Frankfurter Zeitung " meldet aus Paris : In dem Befinden des Präsidenten Deschanel ist in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag eine Verschlimmerung einge treten in der Form eines neuen schweren Nervenanfalls. Man rechnet infolgedessen mit der Notwendigkeit, daß Kammer und Senat schon in der allernächsten Zeit in Bersailles aufammentreten dürften, um den Nachfolger Deschanels zu wählen.
Gewiß follen die Schwierigkeiten, ein derartiges Aftionsprogramm in furzer Zeit fertigzustellen, nicht verkannt werden. Wenn der Parteitag aber von vornherein ieine Disposis tionen danach einrichtet, dann muß es gelingen. Wohl liegt die Nach weiteren Meldungen aus Paris hat Poincaré öffentlich Zukunft unserer Volkswirtschaft noch nicht klar, die Entwiderklärt, daß er nicht zu kandidieren gedenke. Er selbst soll lung ist unnormal, verworrene Verhältnisse Herrschen nicht für eine Kandidatur des Marschalls& och eintreten, doch seien die nur in Deutschland , sondern auch zum großen Teil in den Rybnik , 13. September. ( TB.) Der Belagerungs- Chancen willerands, der auf die Unterstügung eines großen übrigen Staaten Europas . Sollen wir als Sozialisten deszustand über Stadt und Kreis Rybnik ist heute aufgehoben Teils der Rechten rechnen kann, ebenfalls sehr groß. halb den Dingen ihren Lauf laffen, oder haben wir nicht viel.