1. Beilage zum„ Vorwärts" Berliner Volksblatt.
Nr. 240.
Sonntag, den 14. Oktober 1894.
11. Jahrg.
Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!
Boykottfreies Bier liefern:
Hierzu führte Direktor Goldschmidt aus, daß die Ringbrauer| Die in diesen Versammlungen zur Erörterung stehende sowohl diesen Punkt als auch den zu errichtenden Arbeits- Tagesordnung ist von so weittragender Wichtigkeit, daß die Brauerei Carlsberg , Friedrich Reichenkron, Char- nachweis eingehend berathen haben und daß seine Arbeiter Berlins in ihrer großen Masse das eifrigste lottenburg.
Brauerei Wilhelmshöhe, E. Lehmann, Berlin , Brauerei Pichelsdorf, Direktor Hoffmann. Münchener Brauhaus, Aktien- Gesellschaft, Berlin . Süddeutsche Brauerei, Karl Ring u. Ko., Berlin . Brauerei Müggelschlößchen, Friedrichshagen . Nordstern- Brauerei, Berlin . Rathenower Exportbrauerei Niederlage. Juh. May Dennhardt, N.W., Hannoverschestr. 18a. Tel. III. 8178. Schloßbrauerei, Fürstenwalde . Niederlage bei Franz Heiser, N., Liesenstr . 5. Bürgerliches Brauhaus( in Firma Müller), Frank furt a. D.
Phönig- Brauerei, C. Radon, Lichterfelde .
Brauerei Jagdschlößchen, Eberswalde . Niederlage
Edm. Renter, Swinemünderstr. 45. Brauerei Wusterhausen, Vertreter: Max Fleischer , Reichenbergerstr. 155.
Brauerei Tivoli, Strausberg . Niederlage Stabernad, Mühlenstraße 49a.
Louifen- Brauerei, Bellermannstr. 71a/ 72.
an
Vorschläge das Ergebniß langer und schwieriger Ver- Interesse dafür bekunden und Mann für Mann am Platz sein handlungen seien, denen die Brauereien unbedingt werden. festhalten würden. Die Wiedereinstellung der Gemaßregelten Es muß daher alles geschehen, um soweit als angängig betreffend, erklärte Herr Goldschmidt, daß die Ringbrauereien jedermann, der sich für die bedeutungsvolle Frage interessirt, bereit seien, die am 16. Mai d. J. entlassenen Arbeiter auf deren welche die Arbeiterschaft Berlins seit fünf Monaten unausgesetzt Ansuchen nach Bedarf einzustellen, daß den Gemaßregelten hier beschäftigt hat, den Besuch dieser Versammlungen zu er durch jedoch kein Anrecht auf die früheren Arbeitsstellen möglichen. Wir richten aus diesem Grunde an alle von Partei Organisationen, und alten Plätze gewährt wird. Von der Wiedereinstellung aus Leiter Gewerkschaften genommen seien jedoch eine Anzahl Arbeiter, die wegen ihres sonstigen Arbeitervereinen das dringende Ersuchen, für Dienstag Verhaltens überhaupt nicht wieder von den Ringbrauereien be- eine Versammlung anzuberaumen und soweit dies schäftigt würden. Ein Verzeichniß dieser Personen, welches nur möglich, die bereits für diesen Abend festgesetzten Versamm 33 Namen enthält, wird gleichzeitig überreicht. lungen wieder abzubestellen.
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und
Der Redner fügt hinzu, daß sich dieses Verzeichniß noch um Die Vereins- und Versammlungsleiter werden sich bemühen, 5-6 Personen vermehren würde, welche inzwischen aber dieser im Interesse der Gesammtheit ergehenden Aufforderung bereits anderweite Stellung gefunden haben. Mit der Bemerkung, ungefäumt nachzukommen und mit vollem Eifer dafür wirken, daß die Brauereien bemüht gewesen seien, die Liste so klein als daß die Voltsversammlungen am Dienstag Abend sich zu einer
irgend möglich ausfallen zu lassen, verbindet Herr Goldschmidt imposanten Kundgebung der gesammten Arbeiterschaft Berlins die Bitte an die Arbeitervertreter, seinen Vorschlag im Interesse gestalten! des beabsichtigten Friedensschlusses anzunehmen.
Die Boykotttommission.
Genosse Singer führte aus, daß die Verhandlungen nun- Zu den Boykottverhandlungen bringen die Blätter in mehr an einem Punkte angelangt seien, wo jeder Theilnehmer ihren Berichten auch die Mittheilung, daß nach der Entfernung sich des Ernstes der Stunde voll bewußt sein müsse. Auf die unserer Vertreter aus dem Lokale Herr Feuerstein aus dem stenographischen Protokolle der Sigung vom 29. September, Vorschläge der Brauereien müsse er, in vollem Einverständniß fonstatirt habe, daß damals bereits die Zahl der eventuell Brauerei Tanz, Freienwalde a. D. Vertreter: W. Marten, mit seinen Kollegen von der Boykottkommission und in der auf die schwarze Liste" zu sehenden Arbeiter auf 20 bis Dieser Angabe gegenüber habe ich N., Gartenstr. 152. Ueberzeugung, die gesammte Arbeiterschaft hinter sich zu haben, 30 angegeben wurde. zu erklären, daß weder mir noch Kollegen Don der handelt werden könne. Wenn die Arbeitervertreter es überhaupt Umfrage feststellte die Erklärung abgeben, daß über diese Vorschläge gar nicht vers Boykottkommission ivie ich sofort im Saale durch für denkbar gehalten haben, auf der Basis des Ausschlusses von Nieder- Arbeitern zu einer Verständigung zu gelangen, so habe es sich hierbei selbstverständlich nur um ganz wenige, einzelne Personen handeln können.
Bürgerliches Brauhaus, 2udenwalde. Niederlage Gust. Spiekermann, Weberstr. 66. Export- Brauerei Grabow a./D. bei Stettin . lage Marthen, Bellermannstr. 6.
Boykottirt sind die folgenden, dem Ring angehörenden Brauereien:
Aftien Brauerei Friedrichshain, Berlin . Aktien- Brauerei- Gesellschaft Friedrichshöhe, vorm. hofer, Berlin .
Wir hatten so fährt Redner fort die feste Ueberzeugung, daß, wenn wenige einzelne Personen in Frage gekommen wären, diese selbst die Hand dazu geboten haben würden, die Beendigung des Boykotts nicht an ihren Personen scheitern zu laffen. Die in den Arbeitern lebendige Verpflichtung, das Interesse der GePatzen- sammtheit über die Person zu stellen, würde die Betreffenden selbst veranlaßt haben, das ihnen zugemuthete Opfer zu bringen, und der werkthätige Beistand der Berufs- und Parteigenossen hätte ihnen die Schwierigkeit ihrer Lage nach Kräften erleichtert. Nachdem sich nun aber herausgestellt, daß die Ringbrauereien verlangen, daß wir 88 Arbeiter auf der Strecke liegen lassen sollen, bedauere ich nur, daß wir überhaupt verhandelt haben. Giner so ungeheuerlichen Zumuthung gegenüber ist jede Verständigung von vornherein ausgeschlossen. Die Zustimmung zu dem, was die Brauereien verlangen, würde für uns nicht einen ehrlichen, sondern einen ehrlosen Frieden bedeuten.
Aktien- Brauerei- Gesellschaft Moabit , Berlin . Aktien- Gesellschaft Schloßbrauerei Schöneberg, Schöneberg . Bergschloß- Brauerei, Aktien- Gesellschaft, Berlin . Berliner Bockbrauerei, Aktien- Gesellschaft, Berlin . Berliner Kronen- Brauerei, Aktien- Gesellschaft, Berlin. ! Berliner Unions- Brauerei, Berlin . Böhmisches Brauhaus, Kommandit- Gesellschaft auf Aktien, A. Knoblauch, Berlin .
Brauerei Oswald Berliner, Berlin . Brauerei Julius Bözow, Berlin . Brauerei Borussia , Attien- Gesellschaft, Niederschönweide bei Johannisthal.
Brauerei Gambrinus, Aktien- Gesellschaft, Charlottenburg . Brauerei Carl Gregory, Berlin .
Brauerei F. Happoldt, Berlin .
Brauerei Königstadt, Aktien- Gesellschaft, Berlin .
Brauerei Pfefferberg, vorm. Schneider u. Hillig, Berlin . Brauerei A. Werm, Berlin .
Bürgerliche Brauerei, Berlin .
Bürgerliches Brauhaus, Otto Müller , Berlin .
Gebrüder Josty, Berlin.
Angesichts der bestimmten Erklärung Goldschmidt's hält Singer jedes weitere Wort für überflüssig und fordert den Abbruch der Verhandlungen, indem er die Verantwortung für die sich hieraus ergebenden Konsequenzen den Ringbrauereien zuschiebt.
Herr Goldschmidt erwiderte, daß bei Abweisung seiner Vorschläge nicht nur 33, sondern noch viel mehr Arbeiter brotlos bleiben. Die Arbeitervertreter hätten in früheren Verhandlungen die Möglichkeit der anderweiten Unterbringung dieser Personen zugegeben. Die Zahl der nicht mehr einzustellenden Arbeiter tönne nicht verringert werden.
Herr Feuerstein behauptet, daß bei der ersten Besprechung
Schultheiß Brauerei , Aktien- Gesellschaft, Berlin , Abth. I dieses Punktes die Zahl der in Frage kommenden Arbeiter auf
etwa 25 angegeben worden sei.
Genosse Au er stellte zunächst fest, daß in den Verhandlungen niemals diese oder überhaupt eine bestimmte Zahl genannt Spandauerberg- Brauerei, vorm. C. Bechmann, Westend bei worden sei, und bezieht sich für die Richtigkeit seiner Meinung Charlottenburg .
Vereinsbrauerei Rirdorf.
Versuchs- und Lehrbrauerei, Berlin .
Vittoria- Brauerei, Aktien- Gesellschaft, Berlin . Germania- Brauerei, David u. Martin, Berlin . Brauerei Stralau.
Der Bierboykott.
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von einer solchen, am 29. September gefallenen Aeußerung etwas bekannt ist. Wäre die Ziffer wirklich genannt worden, so hätten wir schon damals, genau so wie dies heute geschehen ist, das Eingehen auf die Forderung rund weg abgelehnt. Aber die Herren Direktoren Goldschmidt, Finte und Knoblauch, welche in jener Sigung ausschließlich die Verhandlungen für die Brauer führten, haben weder die vorstehende, noch sonst eine 3ahl genannt. Auch bei der in der Privatwohnung des Herrn Feuerstein am Montag, 8. d. M., stattgefundenen Besprechung mit den Herren Vertretern der Ringbrauereien wurde auf direkte Anfragen unfererseits, nach dem Umfange der schwarzen Liste, die Beantwortung mit der Motivirung abgelehnt, daß man die Bahlen nicht tenne, da eine Anzahl Brauereien sich noch garnicht geäußert haben.
Wenn der stenographische Bericht das Gegentheil ergeben würde, so müßte eine Fälschung vorliegen, eine Möglichkeit, welche ich selbstverständlich für ausgeschlossen halte. Berlin , 13. Oktober 1894.
J. Auer. über der großen Proffriptionsliste einnehmen mußten, welche die Die Haltung, welche die Vertreter der Arbeiterschaft gegenVertreter der Brauereien ihnen am Sonnabend entgegenhielten, findet auch in bürgerlichen Kreisen ihre Würdigung.
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So schreibt das hiesige Fremdenblatt": und" Saalbesiger, die friedliche Beilegung des Boykotts herbeis Verlorene Liebesmih war es von seiten der Gastwirthe zuführen. Die heute Vormittag bei Bolz( Alte Jakobstraße 75) abgehaltenen Verhandlungen mußten nach kurzer Tagung ab gebrochen werden. Die Vertreter der Brauereien erklärten, daß die Wiedereinstellung von 33 namentlich bezeichneten Brauern überhaupt unmöglich sei. Mit der Annahme dieser Bedingung hätten hätten die Vertreter der Arbeiterpartei von vornherein ihre Nieders lage zu erkennen gegeben. Darum bezeichneten auch die sozialdemokratischen Abgeordneten Auer und Singer diese Bedingung als unannehmbar, das wäre tein ehrlicher, sondern ein ehrloser Friede". Direktor Goldschmidt erklärte darauf die weitere Berathung für nußlos.- Ob die Saalbefizer auf eigene Fauft einen Ausgleich versuchen werden, bleibt noch fraglich. Jedenfalls werden sie im Laufe der nächsten Woche dazu Stellung nehmen."
Auch wir bedauern, daß die gewiß aufrichtig gemeinten und mit anerkennenswerthem Eifer geführten Einigungsversuche der Saalbefizer ein derartiges Resultat gehabt haben. Aber lieber den Kampf, als ein Friede auf einer Grundlage, welche die Arbeiterschaft nie und nimmer ehrlich hätte an erkennen tönnen, als ein Friede, der der Arbeiterschaft Berlins die Schamröthe in's Gesicht getrieben hätte.
Der Kampf wird weiter geführt mit der ganzen Energie, die in der Arbeiterschaft, welche um ihre Ehre kämpft, zu neuer, hellodernder Gluth entfacht ist.
Die Verantwortung mögen die tragen, die es so und nicht
auf den stenographischen Bericht. In der Sache selbst erklärt Auer, daß er seine Zustimmung zu dem Vorschlage der Brauereien niemals geben werde, und betont sehr energisch, daß es mit seiner und unvereinbar feiner Kollegen Ehre sei, ihren Auftraggebern den Goldschmidt'schen Vorschlag zu unterbreiten. Man würde ein derartiges Ansinnen mit Recht als einen Verrath ansehen, und diejenigen, anders gewollt haben! welche der Arbeiterschaft zumuthen, auf diese Bedingung einzus Zum Besten der ausgesperrten Brauerei- Arbeiter sind. Die Verhandlungen über die Aufhebung des Bierboykotts gehen, mit Echimpf und Echande aus den gewerkschaftlichen und bei der unterzeichneten Kommission 22 M. 50 Pf. als erste Rate fanden am Sonnabend ein schnelles Ende. Die von den Ring- politischen Organisationen ausstoßen. Auch Auer hält mit Ginger vom Ueberschuß eines Vergnügens eingegangen, das der DiskutirSingerklub der Freunde am 6. Oktober bei Kelle, Schönhauser Allee , brauereien zur Führung der Verhandlungen delegirten Brauereiabgehalten hat. Die Kommission der Brauer und BrauereiDirektor Goldschmidt sieht zu seinem Bedauern nach Silfsarbeiter. direktoren Goldschmidt, Finke, Knoblauch und Gregory traten mit der Boykottkommission, welcher sich zwei Mitglieder der Lokal- den Ausführungen der Genossen Singer und Auer keine Ein Mißbrauch des bekannten§ 11 des Preßgesezes Möglichkeit für eine Verständigung über diesen Punkt und sollte türzlich wieder einmal dem, Vorwärts" gegenüber begangen tommission zugesellt hatten, unter dem Vorsitz des Herrn Feuer- verspricht sich bei dieser Sachlage ebenfalls feinen Erfolg von werden. Unsere Leser entsinnen sich gewiß noch der Abfertigung, stein zu einer weiteren Besprechung zusammen. Als Zuhörer weiteren Verhandlungen. Nach dieser Ausführung des letzten die wir der„ National- Zeitung zu theil werden ließen, als diese hatten sich mehrere Mitglieder des Saalbefizer- Vereins, fonte Redners verlassen die Arbeitervertreter den Berathungstisch und den bekannten Sieg des Knüppels verkündet hatte, den in Char einige Parteigenossen eingefunden, ebenso waren ein Stenograph tonstatiren dadurch den Abbruch der Verhandlungen. und mehrere Vertreter der Presse erschienen.
Vor Eintritt in die Verhandlungen wurde von Singer der Wunsch ausgesprochen, einigen Mitgliedern der Brauerkommission Einlaß als Zuhörer zu gewähren. Die Ausführung dieses Wunsches scheiterte an dem Widerspruch der Brauereivertreter. Im Laufe der Verhandlungen traten übrigens noch verschiedene Zuhörer in den Saal.
weitere Verhandlungen für zwecklos.
Lokales.
Achtung!
Für Dienstag Abend sind eine Reihe öffentlicher Versammlungen in Aussicht genommen, in denen über den gegen Der Vorsitzende leitete die Besprechung mit einer furzen wärtigen Stand des Boytotts und über die Ursachen, Rekapitulation der bisherigen Verhandlungen ein. Auf Wunsch die zum Scheitern der Einigungsversuche führen mußten, der der Arbeitervertreter wurde Punkt 1 der bekannten Bedingungen Arbeiterschaft Berlins eingehend Bericht erstattet ( Wiedereinstellung der Gemaßregelten) zuerst verhandelt. werden soll.
nalität in der Trunkenheit über die Sozialdemokratie erfochten haben sollten. Durch diese unsere Abfertigung fühlte fich irgend eine fromme Seele unangenehm berührt, die in irgend einem katholischen Vereinchen Mitglied sein und einer in Charlottenburg abgehaltenen Versammlung vorgesessen haben wollte. Die fromme Seele stellte den Leuten, die unter seiner Hut getagt haben sollten, in einer an uns gesandten„ preßgesetzlichen Berichtigung" ein Anstandszeugniß aus und rückte dann mit der komischen Behauptung heraus, daß nicht die zum Standalmachen animirten unglücklichen fatholischen, sondern die sozialdemokratischen Arbeiter die Karnickel gewesen seien, die angefangen hätten.
Wie es sich ziemt, nehmen wir von jeder, uns in gebührender Form zugesandten Berichtigung Notiz, selbst wenn diese sich nicht