Nr. 466 ♦ 37. Fahrgang
1. Heilage des Vorwärts
Sonntag, 76. September762S
GroßGerlw Anfechtung öer Groß-öerliner Wahlen! Erne Anzahl Wä�r der Deutschen Volkspardei hat bekanntlich die Gültigkeit der Stadtverordneten - wähl vom 2». Juni angefochten, weil nach der Wahl 4t>81 Stimmen durch den Wahlausschuß und den Wahlkommissar für ungültig erklärt wurden, da die Wahlzettel den Vermerk über verschiedene Wahlbezirke enthielten. Die Stadtverordneten- vcrsammlumg schloß sich zwar der Auffassung des Wahlkommissars an, gewährte jedoch der Volkspartei noch einen Stadtverordnetensitz mehr zu. Nach Anficht der Klageführer ist aber dieses Vorgehen der Stadtverordnetenversammlung ungesetzlich, da sie nur ein« klare Entscheidung zu fällen hat, den Beschluß des Wahlkommissars also nur bestätigen oder ablehnen kann. Nunmehr ist, wie ein Berliner Abendblatt erfährt, die Zustellung der Klage er- folgt und soll dieselbe im Verwaltungsstreitverfahrcn anhängig gemacht werden, in dessen Verlauf noch eine Reihe an- derer Punkte gegen die Gültigkeit der Wahl ins Feld geführt werden soll./ , Diese Aktion der Deutschen Volkspartei«st so durchsichtig, wie all der andere Krawall, der von dem gesamten Bürgertum um Grotz-Berlrn inzeniert wird. Man will die A n u l l i e r u n g der Wahlen erstreben und möglichst bald zu Neuwahlen kommen, bei denen man dann auf eine stärkere Beteiligung des Bürgertums und somit auf eine andere Zusammensetzung der Stadtverordneten- Versammlung, mögliche rweise gar auf die Niederzwingung der sozialistischen Mehrheit hofft. Die Anträge der Rechtsparteien und des Zentrums im Land- tag, der Protestrummel gegen Dr. Lövenftein und die Anfechtung der Stadtverordnetenwahl, alles das sind Glieder zu der Kette, mit der man Groß-Berlin fesseln will. Wenn das Bürgertum absolut den Kampf will, so soll es ihn haben, aber es kann schon heute versichert sein: Die Arbeiterschaft Groß-Berlins wird sich keineswegs eine Schmälerung ihrer Rechte und eine Beseitigung der neuen Stadtgemeinde gefallen lassen. * Die 13. Gruppe des Wahlvereins Charlottenburg nahm nach Referaten über Steuer- und kommunale Fragen folgende Resolution an: .Die Parteileitung wird dringend ersucht, sofort Aktionen gegen die Absichten der bürgerlichen Parteien, das Gesetz über Groß-Berlin aufzuheben oder ab- zuändern, einzuleiten. Der feste Wille der Groß-.Berliner Arbeiterschaft, sich dieses Gesetz weder nehmen noch verschlechtern zu lassen, muß beschlcunigt zum Ausdruck kommen."
Um den verkehrsöezernenten. Eine Versammlung der Gesamtfunktionäre sämtlicher Verkehr?- betriebe Groß-Berlins nahm gegen den vom 2öer-AuSschuß zum tünftigen Dezernenten des Verkehrswesens vorgeschlagenen Professor Dr. G i e s e Stellung. In einer einstimmig angenommenen Ent- ichlicßung wird betont, daß Professor Giese der größte Scharf- macher und Erzreaktionär sei. Die 20 000 Straßenbahner und Angestellten de ? Groß-Berliner Verkehrswesens würden sich mit allen Mitteln gegen die Wahl des Vorgeschlagenen wehren. Es wurde beschlossen, am Mittwoch, den 22. September, in den Proteststreik einzutreten. Uns will scheinen, daß da? gegen Professor Giese gefällte Urteil sehr übertrieben ist. Als vor Wochen die Kandidatur GieseS auftauchte, wurde von vertrauenswürdiger Seite erklärt, daß Dr. Giese gerade bei Verhandlungen mit den Arbeitern soziales Verständnis bewiesen habe. Und es steht unseres Erachten? gar nicht zu befürchten, daß Dr. Giese fall? er gewählt wird, sich al? Erzreaktionär und Scharfmacher gebärden könnte, da- zu fehlen unter den gegenwärtigen Umständen alle Boraus- setz un gen. Andererseits ist man sich in Fachkreisen einig darin, daß Dr. Giese sich al? e i n e t ü ch t i g e K r a f t auf dem Gebiete de? Berliner Verkehrs bewährt hat.
266 Millionen für Notstanösarbeiten. Die große gemischte Deputation, von Berlin hat unter Be- teiligung der Vertreter der Nachbargemeinden beschlossen, den Be- trag von 200 Millionen Mark für Notstandsarbeiten zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bereitzustellen. Hiervon sollen Notstandsarbeiten in Höhe von 100 Mill. Mark im Gebiet der Stadtgemeinde Berlin ausgeführt werden und 100 Mill. Marl für Notstandsarbeiten in den außerberlinischen Gemeinden Ver- Wendung finden. Diese Summen treten den erheblichen Beträgen hinzu,, die bereits bewilligt sind. Die Pläne für die Notstands- arbeiten sind bereits in Angriff genommen.
S. p. V.-Funktionäre! Dienstag, 6 Uhr, im Patzenhofer Ausschank(Bockbrauerei), Fidiemstr. 2/3: Allgemeine Konferenz samtlicher Funktionäre der S. P. D. T a g eS o rd«» u g: Bericht vom Internationalen Kongreß in Genf . Referent: Eduard B e r n st ei n. Mitgliedsbuch und grüne Karte dienen als Ausweis. Der Sezlrksvorstanö.
6 Millionen für kinderfpeifung. Eine weitere Zuwendung in der Höhe von 9120000 Mark für das hiesige Ernährungswerk der amerikanischen Quäker hat am Sonnabend stattgefunden. Bereits bei der Einrich- tung der amerikanischen Lebensmittelorganisation war in Aussicht ge- nommen, etwaige Ueberschüsse nach Abzug der eigenen Unkosten dem amerikanischen Ouäkerkomitee zu überweisen. In Ausführung dieser Absicht ist dem Berliner Ouäkerkomitee ein Scheck in Höhe von 144 782.65 Dollar überwiesen worden, der nach dem heutigen Kurswerte die Summe von 9 120 000 M. repräsentiert. Die Ueber- gabe erkolgte Rrrch Mr. Philip H. Ca roll, den technischen Leiter der American Relief Ware-Houses für Deutschland , in Gegenwart des Staatssekretärs Huber vom Reichswirtschaftsamt. Zugegen waren ferner aus London der Direktor für Europa Mr. W. L. Brown- Diese Zuwendung ermöglicht es dem Ouäkerkomitee, weitere 140 000 Kinder monatlich zu speisen. Diese beträchtliche und nun einem so menschenfreundlichen Werke zugeführten Ueberschüffe waren möglich infolge der streng gefchäftS« mäßigen Methode der Ware-HouseS-Administration. Die beteiligten Organisationen hoffen, daß nachdem in diesem Jahre über fünf Millionen englische Pfund Lebensmittel auf diesem Wege ohne die geringste finanzielle Belastung deutscherseits eingeführt werden konnten, bei normalem Ausbau der Organisation auch weitere ähnliche Ueberweisungen stattfinden können.
Spitzelarbeit oder Vummerjungenftreich! Seinerzeit muteten die kommunistischen Putsche in Velbert , Kothen, Staßfurt usw. jedem politisch vernünftig denken» den Menschen wie ein schlechter Fastnachtsscherz an, und man durfte annehmen, daß sich auch der größte politische Narr von der Unsinnigkeil solcher„revolutionären Taten" überzeugt hätte. Daß das aber nicht der Fall ist, zeigen einige Tinge, die sich in den letzten Tagen auch in Berlin abgespielt haben. Am Dienstag nachmittag erschienen vor den A. E. G.-Werken in der Acker-, Brunnen- und Voltastraße eine größere Anzahl Arbeitsloser, fanden aber das Wert Brunnenstraße ver- schlössen. Mehrere von ihnen überstiegen das sehr niedrige Tor in der Scheringstraße, öffneten es, und nun drangen ungefähr 200 von den„Deinonstranten" ein. Man schickte eine Deputation zum Betriebsrat, dessen Mitglieder zufälligerweise nicht anwesend waren, besetzte ferner die Ausgänge, um die Arbeiter am Verlassen des Werks zu hindern. Daraufhin wurden die bekannten r a d i- kalen Reden gehalien. Es wurde verlangt, daß die Arbeiter- schaft, sobald der Ruf an sie ergeht, in einen allgemeinen
Generalstreik zu treten hätte und daß sofort die Wahl politischer Arbeiterräte vorgenommen werden müßte, die von der Arbeiterschaft der A. E. G.-Brunnenstraße erst gor kurzer Zeit in einer Betriebsversammlung abgelehnt worden war. Man wies auf das Beispiel von Italien hin und forderte die deutsche Arbeiterschaft auf, das gleiche zu tun. Weiter suchte einer der Redner Lebcnsmittelkrawalle zu provozieren, indem er sagte:.Was trennt uns noch von den Lebensmitteln? Nichts als die Fensterscheiben." Diese Redner fanden aber bei den Ar- beitern nicht die erwartete Gegenliebe. Im Gegenteil, die „Demonstranten", die die Arbeiter mit Gewalt am Verlassen des Werks verhinderten, wurden beiseite gedrängt, die Tore geöffnet, und die Arbeiter strömten heraus. Sie bewiese» damit,'daß ihre politisch« Einsicht turmhoch über die der eingedrungenen Radau- macher steht. Wenn nun von gewisser Seite behauptet wird, daß sich sämtliche Betriebsräte und Belegschaften der A. E. G.-Werke in Acker-, Brunnen- und Voltastraße mit den Forderungen der Arbeitslosen solidarisch erklärt hätten, so ist es nichts weiter als eine b e- wußte Lüge derjenigen, die solche Nachrichten in der Oeffent» lichkeit derbreiten. Die Arbeiterschaft kann nicht dringend genug vor solchen„rcvo- lutionären Helden", wie sie auch dort wieder ihre Hand im Spiele hatten, gewarnt werden, denn nur hirnverbrannte Narren können glauben, daß es aus diese Weise möglich ist, die kapitalistische Weltordnung zu stürzen und die sozialistische an ihre Stelle zu setzen. Nicht dem Proletarier wird durch solche Putschereien gedient, sondern es werden damit nup die Geschäfte der Kapitalisten besorgt. Man nimmt wohl mit Recht an, daß es sich auch hier um die Arbeit der be- kannten Spttzelzentralen handelt. Diese Vermutung ist um so mehr gerechtfertigt, als der eine Redner, der zum Sturm auf die Lebensmittelläden aufforderte, schon bei ähnlichen Gelegen- heilen beobachtet wurde, als er die gleichen Forderungen an die Arbeiterschaft richtete. Darum: Arbeiter, seid auf der Hut, die Lockspitzel sind an der Arbeit! Moskowiter unter sich. Die Groß-Berliner Arbeitslosen hielten gestern mittag fünf Versammlungen ab, in denen die Frage. Arbeiterräte oder Aktionsausschuß" zur Beratung stand. In der Versammlung, die im GewerlschaftShause stattfand, versuchte G r o t h e, der dein vor einiger Zeit abgesägte» Arbeitslosenrat angehörte, vielen gegen die auS den Kreisen der Arbeitslosen erhobenen Vorwürfe zu ver- teidigen. Die Ausführungen des Redners wurden von Anfang bis zu Ende von den Versammelten durch Schluß und Pfuiruf« unterbrochen. Noch lebhafter gestaltete sich die Diskussion. in der die Vertreter der K. A. P. D. die erregte Stimmung der Arbeitslosen zur sofortigen Wahl von politischen Ar« beiterräten ausnutzen wollten. Schließlich kam es zu einem ungeheuren Tumult, in dem sich die„Räte" gegenseitig mit Titeln wie„Lügner",„Affe",„Lump" belegten. In den Saaleckeii kam es zu Tätlichkeiten und schließlich stürmten die Anhänger der K. A. P. D. das Rednerpodium und erzwangen den Abzug der Bersammlungsleitung, die sich aus ehemaligen Arbeits- losenräten zusammensetzte. Die seinerzeit im FriedrichSbaiwge- wählten AktionSausschußmitglieder, die den Anstoß zNr Absetzung des ErwerbslosenrateS gegeben hatten, übernahmen die Leitung, während die Anhänger der übrigen sozialistischen Parteien den Saal verließen und die blutigroten Radikalinskis unter sich ließen. Nach kurzer Diskussion wurde ein politischer Arbeiterrat gewählt, wobei die Liste der K. A. P. D. die Mebrheil erhielt. Ob diese politischen Kindsköpfe nicht merken, wie sehr sie sich lächerlich machen und der Arbeiterschaft schaden? Ein Proletar. Seinen 70. Geburtstag begeht heute ein alter Parteigenosse, der frühere Kassenbote unseres Verlages, Albin Schuster, Fürstenstr. 9. Von Beruf Weber, kann Genosse Schuster von sich sagen, daß ihm Frau Sorge auf seinem Lebenswege eine leider nur zu treue Begleiterin gewesen ist. Das hinderte ihn aber nicht, allzeit seiner sozialistischen lieber- zeugung getreu, sich in den Dienst der Arbeiterbewegung zu stellen. Den älteren Parteigenossen ist Albin Schuster aus seiner Tätigkeit im früheren 1. Berliner Kreise aufs beste bekaiiiir. In ruhiger, schlichter Weise beteiligte er sich viele Jahre an der Kleinarbeit, das Vertrauen seiner Genossen entsandte ihn in
Das Lichk der Heimat. 17s Von August hinrlch«. Der Verbstwind wehte über'die Felder, die kahl und traurig unter den Stoppeln lagen. Es war schmerzlich gewesen, hinauszusehen, als das Korn so schlecht stand, aber jetzt, da alles abgeerntet und leer war7 war es noch schmerzlicher. �, Die großen Krähen schwebten über den Aeckern und lauer- ten auf die Feldmäuse, die sich zwischen den Stoppeln an dem ausgefallenen Korn sottfraßen— die einzigen, die eine reiche Ernte hatten..___ � Meta ging über die Diele und sah, daß Tierk Brennholz aufstapelte. Zwischen zwei Pfosten, an denen das Pich sonst gestanden hatte, baute er es auf, daß der ganze Raum wie mit einer Mauer ausgefüllt wurde. „Willst du es nicht lieber nach draußen bringen, damit es austrocknen kann?" fragte sie ihn. Aber er schüttelte stumm den Kopf.„Hier kann es aber nicht liegen bleiben." Er sah sich gar nicht nach ihr um und fuhr nur langsam und eigen- sinnig fort, das Holz aufzuschichten. Das ärgerte sie:„Dierk, hörst du nicht, was ich sagte?" Sie faßte ihn am Arm, da sah er sie an, und sie merkte, wie es um seinen Mund zuckte.„Es war hier so leer. Mitter." Und plötzlich verstand sie ihn. Hier hatte das weißbunte Kuhkalb gestanden, das seiner Pflege anvertraut gewesen war. Unermüdlich hatte er dafür gesorgt, und sie hatten immer gc- sagt, daß es aufgezogen werden sollte. Bis gestern— da war der Händler gekommen und hatte es abgeholt, weil sie Geld haben mußten. Da ließ sie ihn gewähren und sab zu. wie er den leeren Stand ausmauerte, weil er den Anblick nicht ertragen konnte. Und es kam ihr zum Bewußtsein, wie unmenschlich hart es eigentlich war, hier nur für das nackte Leben zu fronen und immer tiefer und tiefer zu sinken. Jetzt konnte sie doch wirklich nicht mehr hoffen, semals wieder in die Höhe zu kommen. Wes. alles hatte sie zu- sammenwchen und verkaufen miiffen, bis der kleine leinene Beutel in der Kommode so weit gefüllt war, daß es gerade für die Zinsen langte. Wenn sie dies Geld hingab, hatten sie
für den Winter nicht einmal das Brot mehr. Sie mußte den Pastor bitten, daß er ihr diesmal die Hälfte zurückließ— ja, das war das einzige, was retten konnte.� Ganz mutlos setzte sie sich hm und legte die Hände in den Schoß. Konnte denn ein Mensch noch tiefer sinken als sie?„Das ist jetzt aus mir geworden." dachte sie,„daß ich schon betteln will, richtig betteln. Aber nein, ich glaube, das kann ich doch nicht? ich würde mich zu sehr schämen. Aber wir müssen doch wenigstens zu essen haben. Und schämen— vor wem soll ich mich schämen? Harm— vor dem nicht, und Dierk? Für den tu ich es doch. Aber die£e>,te— ach, ich Hab ja mit niemandem was zu tun, ich seh hier ja keinen Menschen, der mich kennt." Sie überlegte, ob sie irgendeinen Ausweg fand. Aber sie klebten hier ja fest? ein Jahr nach dem andern würden sie hier sitzen und sich quälen, immer armseliger würde es mit ihnen werden, und bald würden sie nur noch in Lumpen gehen. Oh— da biß sie die Zähne zusammen, noch war es nicht so weit. Sie wollte sich wehren bis zum letzten Augenblick. Da trat sie plötzlich ans Fenster— war da nicht eben ein Wagen vorgefahren? Sie erschrack ordentlich, als sie den leichten Jagdwagen des Voßbauern erkannte. Warum hielt der hier? Ach so— er hatte den Pastor mitgebracht. Der stieg hier aus. Jetzt sah er sie vorm Fenster stehen und winkte— und jetzt sah auch der Voßbauer her. Er sah ihr gerade in die Augen, ganz fest und ernst. Und plötzlich, als hätte er sich erst besinnen müssen, griff er an den Hut und grüßte. Da wurde sie dunkelrot und trat rasch zurück? sie fühlte, wie das Blut ihr durch den Körper schoß. Und jäh kam ihr der Mut wieder. Hastig ging sie an die Kommode, nahm den Beutel mit Geld heraus und legte ihn auf den Tisch. Nein, sie konnte nicht betteln. Niemals würde sie sich so demütigen können— nie, nie, nie! Wenn sie auch noch so armselig leben mußten, darum sollte keiner auf sie herabsehen können— keiner, und wenn er noch so stolz wäre. Lieber hungem. Ganz hoch richtete sie sich auf und wartete. Jetzt kam der Pastor mit Harm in die Stube. „Ich wollte nur einmal nachsehen, wie es hier draußen steht," sagte er.„aber ich seh wohl, daß Ihr noch alle gesund seid." »Ja," sagte fit,„das geht wohl," und schob ihm einen
Stuhl hin. Er setzte sich und Harm ging hinter ihm herum und stellte sich mit dem Rücken an die Wand. Alle drei sahen sie auf den Beutel niit Geld und schwiegen. „Gott sei Tank, daß es vollzählig ist," dachte Meta,„aber wie kann ich nur einen Augenblick daran gedacht haben, ihm die Hälfte abbetteln zu wollen." Da hörte sie den Pastor sprechen:„Dierk hat sich ja mächtig herausgemacht? er ist ein tüchtiges Stück gewachsen im letzten Jahr." .�sa." sagte sie,„er ist für seine zehn Jahre groß genug." „So— so— ," meinte er,„so lange seid Ihr schon hier! Es ist ein ordentliches Stück Land, das Ihr jetzt unterm Pflug habt." ,Ja, Laud genug ist es wohl." Da wandte er sich an Harm:„Die Ernte ist wohl nicht besonders gut ausgefallen in diesem Jahr?" Aber ehe Harm noch antworten konnte, sagte Meta schnell:„Nein, besonders gut wohl nicht, aber es kann ja auch nicht jedes Jahwüberein sein." „So ist es," sagte er erleichtert,„man darf den Mut nicht sinken lassen. Aber habt Ihr schon einen Versuch gemacht mit den neuen Kalisalzen?" „Nein, das brauchen wir hier nicht." „Das solltet �hr aber wirklich einmal probieren. Der Voßbauer sagte mir eben noch, ohne Kali hätte er in diesem Jahre nicht die Hälfte geerntet. Harm, du mußt unbedingt einmal mit ihm sprechen, er kennt die Sache doch." Harm nickte mit dem Kopf, ganz langsam und schwer und müde. Da fuhr er fort:„Ja, das Kali — habt Jlir schon gehört, daß man hier in der Nähe auch bohren will?" Nein, davon wußten sie nichts, sie kamen ja fast nie ins Dorf hinein. ,/Ja," sagte er weiter:„das ist eine großa- Sache, die man unterstützen muß. Merkwürdig, daß so viele immer noch nichts davon wissen wollen." „Man kennt es noch zu wenig," meinte Meta. „Das ist aber doch kein Grund," sagte der Pastor und wurde ganz, warm, wie immer, wenn er jemand überzeugen: wollte..Ast es nicht wunderbar, daß man so gewissermaßen die Erde veredelt? lind denkt doch nur, was das heißen will, wenn wir hier ein großes Kaliwerk haben. Das gibt doch für viele Arbeit und Verdienst." (Forts, kolgt.)