Hetzpresse gegen die Republik wird, und je mehr die Recht- sprechung versagt. Maßnahmen, wie ich sie hier verlange. dürften geeignet sein, im Auslande endlich der Ueberzeugung Bahn zu brechen, daß wirklich ein neues Deutschland entstanden ist, daß aus der Monarchie, die uns in Krieg. Elend, Not und Schande gestürzt hat, eine demokratische Republik geworden ist. Und noch ein weiteres muß geschehen im Interesse unseres Volkes. Es dürfen bei der Auswahl unserer Vertreter im Ausland nur Männer in Betracht kommen, die als ehrliche, überzeugte Republikaner bekannt sind. Andernfalls ist gar nicht daran zu denken, daß das Ausland an ein neues Deutsch. land glaubt. Das war ja gerade der sUi.-K unseres alten Regimes, daß der Herr Gesandte oder Botschafter„zwar nicht be- deirtend" zu sein brauchte, wenn er nur„gescllschaftl'ch gewandt und reich" war. Solche Monokelaffen taugen aber nicht als Vertreter für die deutsche Republik. ' In diesem Zusammenhange will ich auf eine Unter- lasiungSsünde der deutschen Presse, auch der sozialdemokratischen, aufmerksam machen, die mir unverständlich ist. Vor mehreren Wochen ging die Botschaft durch die Presse, daß der Reichs- justizminister Dr. Geintze sich nach einem diplomatischen Rosten sehne. Herr Heinde hat dann selbst berichtigt, daß er sich gar nicht um einen solchen Posten beworben, daß man ihn aber gefragt habe, ob er nicht nach Bukarest als Gesandter geben wollte! W e r hat Herrn Heinde gefragt, ob er einen AuS- landsposten annehmen wolle? Wenn das ein Mitglied der Regierung gewesen sein sollte, dann hätte es keinen Hauch der neuen Zeit verspürt und stände auf einem Posten, auf den es nicht gehört. Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen, will ich ausdrücklich sagen, daß ich Herrn Heinde achte und schätze, wie wenige meiner politischen Gegner. Er ist ein tadelloser Ebren- mann und ein shmpathischer Mensch dazu. Aber das allein genüat für einen Repräsentanten der deutschen Republik nicht. Die deutsche Republik kann, wie bereits gesagt, nur von einem Republikaner vertreten werden. Herr Heintze aber ist Vertreter einer Partei, die monarchistisch ist, die die republika- njsche Verfassung in Weimar abgelehnt hat. Einen solchen Mann als Vertreter des neuen Deutschlands in das Ausland zu schicken, wäre ein Possenspiel— nein, wäre angesichts unserer Lage ein Verbrechen. Alle die. die dem Friedensvertrag von Versailles zugestimmt und später immer wieder versilbert heben, dad sie tun wollen, was in ihren.Kräften steht, um ibn auch zu erfüllen, lmbe« alle Ursache, die Stimmung im Auslande zu beachten. Dhne Umschwung dieser Stimmimg zu unseren Gunsten ist an eine Revision des Friedensvertrages nicht zu denken.
Sammlung üer Moskaugegner. Auf den dunklen Zukunstswsgen der U. S. P. leuchtet der Beschluß der Württemberger Minderheit eine kleine Strecke voran. Auf dem Cannstatter Landesparteitag hat sich die Minderheft für die rechtmäßige U. S. P. und sie hat die Mehr- heit für außerhalb der Partei stehend erklärt. Sie hat die Mitglieder der Partei zur Treue und zum Kampf gegen die Parteispalter, und die Redakteure deS Parteiblatts durch Erteilung eines Vertrauensvotums zum Verharren auf ihrem Posten aufgefordert. Da diese Beschlüsse m Gegenwart des Parteivorsttzenden Eri spien gefaßt worden sind und. nach den Ergebnissen der UrWahlen zu schließen, das Kräfteverhältnis für die Moskaugegner im Reiche günstiger zu sein scheint als in Württemberg , scheint kein Zweifel daran zu bestehen, daß die Moskougegner, unbekümmert upr Mchrheitsverhältnisse. den Kostipf um die Partei auf der ganzen Linie aufnehmen werden. Sie werden, stark geschwächt und ohne sichere grundsätzliche Basis ihr Dasein als selbständige Partei fortzufristen versuchen — mit welchem Erfolg, daS wird von der allgemeinen Entwick- lung der politischen Verhältnisse und zum Teil auch von der Politik der Sozialdemokratischen Partei abhängen. Die geringe Beteiligung an den UrWahlen hat daS Wort
Solisten-Misere. Konzert-Umschau. Der Solist ist im großen Bau der wertvollen Konzermmsit bestenfalls Zierat, Schmuck, Schnörkel. Nur Auserwählte werden mehr, geben der Fassade Rundung, Füllung, ja find Balken des Gerüstes. Basis aber und Pfeiler sind nur Werke und die zum ein. heitlichen künstlerischen Bekenntnis zusammengekitteten Massen- kräfte von Orchestern, Chören und Kommermusiken. Bei aller Notlage deS Solisten muß das doch einmal gesagt werden; als Ding an sich, als Vertreter e.neS Faches, als technischer Spezialist ist er in hundert Fällen nur e i n mal Notwendigkeit, in zehn Fällen ephemere Untejfijaltung, in allen anderen überflüssig. Und die kritische Feder hat nicht Lust und Muße, sich an allen Solisten einer Woche technisch« Mängel. Qualitäten, Absonderlichkeiten zu notie- ren. Wen reizt das noch zur Schilderung, wen zum Lesen? Unter allen Solisten scheint mir der singend« noch der unglücklichst« zu fein: die Masse des Durchschnittlichen wird zur öffentlichen Gefahr. Da freut es denn nur noch bei sechs bis acht deutschen Sängern «rnio Sängerinnen genießend auszuharren. Zu denen gehört Frau Onegi« und Frau Kemp. Aber siehe: Frau Kemp braucht uns nicht mehr, gönnt der Presse keine Karte, läßt ihr den Mund verbinden. DaS ist von ihr oder Baklanoff oder der Agen- t u r ein Akt der Unfreundlichkeit. Denn sie gelhört wie ihr Partner zu den Erwählten, die unS eine Woche Arbeit künstlerisch wett machen können; ungerecht gegen den mitwirkenden Tenoristen Gläser, der, in Berlin unbekannt, vevoient«, begutachtet zu trerden; unklug gegen sich selber: die 30 Berliner Kritiker hätten mit ihren Begleitern 60 Plätze der halbleeren Philharmonie «anierlich gefüllt. Wer sei'S drm: wir haben den Verlust deS Puceim-Verdi-Ab«ü>s schon verschmerzt. Denn eine andere Stimme rief, und deren Klang verwöhM nnz gleich auf Monate hinaus: die Stimm« der Sigrid Onegin . Ein Naturwunder, das nicht erstaunen, sondern in Ehrfurcht erbeben macht; Höhe wie Tiefe ausgeprägt, stark, weitklingend. Dazu das samtene, farbige Timbre und«ine Inbrunst in der seelischen Umarmung von Schu- lbertnoten, daß letzte Andacht schweigen macht. Es geht nicht an, einzelnes an Schönheiten zu nenne»; sicher ist: nach dem Erlebnis ihrer pathetistchgroßen Gestaltung(.Verklärung',.Auflösung") und dem Charme ihrer sich wiegenden, nnmer schön bleibenden Melodik(.Musensohn") darf sich an solchen Schubert voverst nur noch Sulp und Bender heranwagon. Diese Frau trägt ein Werk auf ihren Lippen. Die anderen Singenden trägt meist das Werk, stärker, anziehend«, als die Wir. kenden. Schön« Ausnahmen seren gebucht: Alice Sch äffer- Kuznitzky breitet ein höchst interessantes Programm vor uns gai und erfüllt es mit warmer, lebendiger Kraft. Dies« schöne
Hesselbarths von den„Paprersoldaten" der U. S. P. reichlich bestätigt. Diese Papiersoldaten sind aber Beitrags- zahler und Figuranten der Porteisiatistik, um sie wird also noch ein lebhafter Kampf entbrennen, und es ist gänzlich ungewiß. wohin sie fallen werden. In der Hauptsache vermutlich dorthin, wohin der Parteiapparat fällt. ' Das Ergebnis wird auf alle Fälle eine gestärkte K. P. D. und eine stark geschwächte U. S. P. sein, die sich gegenseitig schärfer bekämpfen werden als bisher. Es bleibt aber bis auf weiteres die theoretische Verwirrung und die organisa- torische Zersplitterung der Arbeiterbewegung bestehen. Es bleibt verstärkt bestehen die Stellung der Sozialdemo- kratischen Partei als die richtunggebende Kraft des größten Teils und als SammelpuM der Einigung, die ein- mäl doch kommen muß._ Späte Einsicht. In ausfälligem Druck bringt die„Freiheit" von heute morgen folgende Warnung: Die lacheuden Dritte« Die„Rheinisch-Westfälische Zeitung", daS Organ der Scharfmacher, schrieb vor«inigen Tagen: JSi ist gu t, daß dieser Riß in die ll. S. P. D. kommt, um so besser werden wir mit den Arbeiter« fertig werden." In Württemberg ist der Riß bereits vollzogen. Die Scharfmacher können triumphieren. Die„Freiheit" braucht sich gar nicht so weit umzusehen. Die„Post" beginnt ihren heutigen Leitartikel, den sie triumphierend der„Krach in der IL S. P." überschreibt, mft folgenden Worten: Wären die Zeiten nicht so ernst und die Folgen nicht so be- deutsam, man könnt« seine belle Freud « an den Zuständen haben, die sich im Lanfe der letzte» Wochen in der Unabhängigen Sozial- demokratie entwickelt haben. Die„Freiheit" hat es längst aufge- geben, das Gesicht zu wahren. Es hat auch gar keinen Zweck mehr: d e r K r ach ist da. Jeder sieht ihn. Die Katastrophe ist im Anzüge. Da hilft kein Beschönigen mehr. Für di« Sozialdemokratie bedeutet dieser Triumph nicht im mindesten eine Ueberraschung. Wenn wir seft Jahren unablässig vor einer Spaltung warnten, so wurden wir von den„ganz radikalen" verlacht, verhöhnt und � als Verräter der Arbeiterklasse bezeichnet, die durch Hin- weis aus den Hohn der bürgerlichen Parteien die Genossen im Lande von ihrem Verrat abzulenken suchten. Jetzt ist die„Freiheit" in der gleichen Lage, nur mit dem Unter- schied, daß man ihr ihre WarnungSrufe nicht glauben wird, nachdem sie jahrelang den..Einigungsrummel" der Sozialdemokratie, der aus tiefster Erkenntnis für die Not- wendigkeft einer einheitlichen Aktion des Prole- tariats entstanden war, verlocht und verspottet hat. » Wie uuS ein Drahüberichi<ru§ Hagen i. W. meldet, erklärte sich die Unabhängige Partei der Stadt Hagen mir 600 gegen 467 Stimmen für Moskau . Die Müncheuer Unabhängigen wählten, wie uns von dort berichtet wird, mit großer Mehrheit Delegierte zum Parteitag, die für die Moskauer Bedingungen eintreten. Die Landtag?» abgeordneten und die meisten Füchrer der Unabhängigen sind Gegner. . Für die Befürwortung der Moskauer Bedingungen wurden 2039 Stimmen abgegeben, dagegen 817 Stmmnon. Ein antisemitisches Heldenstück. Wie unS ein Drahtbericht aus München meldet, führt« die unaufhörliche autisemitische Hetze in Bavern gestern z« de« schwer- sten Folgen. Der bekannte Berliner Arzt Dr. Magnus Hirschfeld , hielt in einer Münchener Bersammluag eine» streng wissen- schaftliche« Bortrag über Fortpflaoznng. Antise- m i t e n warfen in der Bersammluag Stinkbomben und schlugen zuletzt Hirschfeld nieder. Hirschseld wurde be- w u ß t l o S und schwer»erletzt in die Klinik gebracht. Keiner der Gewalttäter ist»erhaftet. Kopf beherrscht eine ntobcrne Gefühlswelt und setzt sie in möglichst schone Klangwirkungen um. Eine größer« Stetigkeit j» der Mittel- löge, und sie ist mit der Technik ganz im Reinen. Die drei Lieder Franz SchrekerS(Manuskript wach eigenen Gedichten) ent- täuschen in ihrer verschwimmenden, glanzlosen,«inseitig beleuch- teten Harmonik,«an sucht das Lied und findet statt dessen aparte Ueberraschungen eines grübelnd improvisierenden Expressionisten. Von ihm leiht sich der prächtig begleitende Felix Dyk in seinen Huch-Liedern das Weiche, Schwebende, minutiös Nachspürende des Ausdrucks, erreicht aber, das einzelne der Impression verbergend, stärkere Gesamtwirkung. Auch Victor Lehmann ist begäbt im Lied-Komponiaren. Den Volkston zwar trifft er nicht, aber das zweite Liebesgericht der Ricarda Huch ist ein Meifterstückchen an farbiger Bewegung. S ch e r ch e n zwingt sich unwillig zu einer gleichförmigen Lyrik, feitet jedoch ein zweites Heine- Gedicht(.Em Weib") mit kühnstem, fabelhast treffendem Schmiß von St muß fort in eigen« Nervenbahn. Derselbe Franz Schreker aber zeigt richtiges Neuland an einem Orchesterabend bei der Interpretation seiner Kammersin- fonäe, die, eigenartig, farbig, lebendig irclich etrieiend gerade durch dies« musikalisch« Unruhe modern wirkt, so stark in der Orchester- malerei, daß sie dem sehr ungeschickten Dirigenten Schreker Plötz- lich« Beschwingtheit und Seele schenkt. Ein schönes, ein inter - essanteS Stück. DaS kann man von der schlecht an den Anfang des Programms gestellten Orchester-Suite nicht sagen. Oder sie ist doch nur in der Hinsicht interessant, daß sie uns zeigt, wie voll und ganz der zwanzigjährig« Schreker mit Notenkomplexen von Wagner(auS der Lohengrinzeitl), Bruckner, Bizet , Leoncavallo und anderew arbeitete. Nach diesem voll Erstaunen über den„mo- deinen" Meister aufgenommenen Werk gab es ein rechtes Solisten- Fiasko. Die gewaltig überschätzte Elly Ney ermüdete sich und die Hörer mit dem schleppend, ausdruckslos, im Gesang langweilig und nicht einmal technisch sauber gespielten ersten Klavierkonzert van Brahms . Allerdings hatte sie auch weder im Dirigenten noch im Orchester eine rechte Stütze oder Anregung. Das Ganze klebte und dauerte sicher 10 Minuten zu lange. Die Pianistin Ilona Kabos sst schon ein Talent; aber der Ueberschuß an.Kra-t und Laeoheit verrat noch soviel Jugend, daß der Sch mit aufS Podium verfrüht scheint. Differenzierung tut nst. An der ließen eS auch die Herren vom„Rheinischen Streichquartett fehlen, die sonst in sehr gesunder Haltung Titels„Hebraikon'-Ouartett wieder einmal den Hörern zu Dank geigten. Das Ehepaar Laubenthal sang trotz unverkennbarer Indisposition Volkstümliches in Lied und Duett, beide ituonalionS- unsicher, dennoch umjubelt. Die Komponistin Lena Stein » Schneider begleitete. Sie dichtet ihr« Liedchen fern von jeder Richtung� unmodern in der Harmonik; dafür trifft sie daß Me. lodische, Sanalich«, aisspreckcnd Po US mäßige so hübsch, daß man ihr gpvn znhörr. Paul« llcko-HüSgeu begegneten wir zum{
Der„Geist", der zu derartigen Exzessen treibt � ist derselbe, der seit Jahr und Tag vom.Deutschen Schutz- und Zruv- bund" planmäßig und geflissentlich in Deutichland verbreitet wird. Die Hetze richtet sich schon stit längerer Zeit gegen Magnus Hirschfeld , den man um seiner wissenschaftlichen und unbestreitbaren Verdienste willen offenbar auf antifeunti- scher seite beneidet. Schon vor einiger Zeit konnten wir mitteilen, daß Dr. Hirschseld gewarnt wurde, sich nach H a m- bürg zu begeben, da auch dort von antisemitischen Geistes- Helden seine Niederknüvvelung geplant war. Jetzt ist es endlich den Freunden des Herrn Kunze geglückt. Hirschseld niederzuschlagen. Wir glauben aber, daß das Echo, das diese Tat der Münchener Schandbuben in Deutichland hervorrufen wird, für die antisemitischen Poveshelden nicht gerade günstig klingen wird. Daß keiner der Angreifer v e r- ha ff et wurde, ist höchst charakteristisch für den Geist der „Ordnung", der in Bayern herrsche. Es ist allerhöchste Zeit, daß die bayerischen„Volksgerichte", die tatsächlich nichts anderes alsGerichtegegen das Volk sind, s ch l e u n i g st v e r- schwinden. Sie haben ebensowenig Existenzberechti- gimg wie kommunistische R e v o! u t i o» s t r i b u n a l e.
Ver Prozeß Eisenberaer. München , 5. Lcktober.(Eigener Drcchtbericht deS„Vorwärts".) DcmdtagSabgeordneier Eisenberger wunde wegen Aufreizung zum Klassenkampf und zum Hochverrat vom VolkSgericbt ' München zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Eisenberger be- fand sich bei Kriegsausbruch in Rußland , wuLdc in Sibirien gefangen gesetzt und kehrte erst im August 1010 nach Deutschland zurück. Anfänglich Agitator in der U. S. P., trat er im Mai 1020 zur K. P. D. über und erlangte, von ihr sofort ein Landtags- mandat. In und außer dem Parlament spricht Eisenberger für den Terror im Sinne des Bolschewismus. Am 0. Septernir'' sprach Eisenberger in einer Versammlung in Traunstein . Dorthin schickte ihm der Münchencr Staatsanwalt drei P o l i- z ist en nach, die einen vollzogenen Verhaftungsbefehl mit sich führten. Die Verhaftung wegen der Rede war also verfügt worden, bevor die Rede gehalten wurde. Ausgeführt wurde die Verhärtung jedoch bei EisenbergerS Rückkehr nach München auf dem Bahnhof. So kam Eisenberger vor die im Sinne der„bayerischen Ordnung" ■ zuverlässigen Münchener„Volksrichter", während sonst das Volksgericht Traun st ein zuständig gewesen wäre. Eisenberger äußert sich in Reden zweifellos gewalttätig. Daß er selbst Gewalt anwenden würde, bszweiseln diejenigen, die ihn kennen. Tatsache sst auch, daß Rechtsstehende schon oft zum Hochverrat aufforderten, ohne daß gegen sie der Staats- curwalt einschreitet, noch immer kann Graf Bothmer ungehindert die Zertrümmerung des Reiches und den Anschluß an Frank- reich fordern.'
„Etwas wild/ In Weimar hat der„Deusschvölkssche Schutz- und Trutzhund" seine Tagung abgehalten. Wenn selbst der Berichterstatter der „Deutschen Zeitung" den rn Weimar gärenden Most ntit der Eti- kette.etwas wild' versieht, so kann man sich' von dem Geist und dem Charakter der ganzen Tagung einen zureichenden �egr'st machen. Die ganze Offenbarung des deusschvölksschen Gedanken» bestand' in der wüstesten und abgedroschensten Wiederkäuung eines platten Antisemitismus, dem ein. Redner vergeblich da» Möntelch'n der Wissenschaft umzuhängen suchte. Er hat die epochale Eni- deckung gemacht, daß die Juden in der Zeit des Exils.das Per- s e r t u m mit allen seinen Lastern" aufgenommen hätten.- Die» immer wieder festzustehen, bezeichnete der Redner, ein.Herr Dr. Hofsmann-Äruschke als.dankbare Aufgabe". Tecseltze Herr meinte, daß der Kampf für die a r t> ch e Rasse wissenschaftlich glänzend stehe. Nun scheint er allerdings übersehen zu haben, daß vie Perser— arische Rasse sind. Während sonst die Anti- semiten lehren, daß die Inden die arische Rasse mit semitischen Lastern erfüllen, sollen jetzt plötzlich die sittenreinen Juden durch ein arisches Volk korrumpiert worden fein?I Seltsam, seltsam...
erstenmal im Konzertsaal; sie verdient Beachtung weil sie ihre klare, auSdruckS reiche Bühnen stimme einem reif disponierenden Klinsrv erstand unterordnet. In den Wagner-Liedern klang die Jsolden-Sehnsucht nicht nur äußerlich durch Ihr Mann begleitete geschickt. Edwin Witt, ein Gast aus Schwöen, führte sich als Dirigent nvit nationaler Musik vorteilhaf: ein. K:in großzügiger. scharf profilierter Dirigent, ober ein starker Rbythmiker und sicherer Beherrscher des Apparats. Eine Sinfonie von Rüben Liljefors ist gesunde Kost, wenn auch sehr gleichmäßig und ohne instrumentale Abwechslung bereitet. Tbema tisch einfach klingt sie an die mittlere Strauß-Perrod« an, ohne ihre eigene melodische. füllige und- einschmeichelnde Rasseneigentümlichkeit zu verbergen. Noch ein Blick auf die Programme der Woche, die zumeist Seit- faden der Auswahl sein müssen: Biel Ueberrlutz, mehr lieber- flüssiges, aber auch sicher in der Verschwiegenheit manch GuteS. ES wird wiederkommen. Und wir wollen es dann herausheben auS der Berliner Solistenmisere. Kurt Singer .
Resi Langer widmete gestern Heinrich Heine einen Vor- tragSabend in der Sezession. Ihr sst die Kunst gegeben, dichten- fchen Geist im Roichiim seiner menschlichen Weite erleben zu lassen. An Heine wurde sie abermals überzeugend deutlich. Se beruht in einer fernsten gestern auch von so großen Stücken wie dem Bimini- Prolog sich bewährenden Fähigkeit, der inneren Bewegung eines Gedichtes zu folgen. Das lMncht als ein Ganze? seelischer Hand- hingen zu erfassen, und dieses Ganze aus der Füll« der Abwand- hingen seines Grundgedankens, Grundgefühls uro Grundtons durch ein ungemein sicher belebendes EHaraitertsieren und Entwickeln alles einzeln zu bildcn. Der Heine, den Rest Langer wirken ließ. war der überlegene Mensch, der auch in den schwersten Bitternissen deS Daseins ein LclbenS starker blieb und den diese Kraft in den heiligen Stunden seines DichterschoffenS kämpferisch, trotzend, freudig emportrug. Durch ein Programm vermittelt, da? eiycnarti.z nach diesem Ziel gewählt war, gelang daS Bild vollkommen. Resi Langer wagt gerne viel. Sie scheute nicht davor zurück, daS satirisch-spielende Geb.cht„Zur Teleologie", dessen Schluß den HeinoauSgaben zu fehlen Pflegt, in ungekürzter Vollständigkeit zu sprechen. Aber sie kann derartiges wagen: ihre vornebm-ernfthafte Künstlerart zwingt auch das Heikle. DaS Gedicht stand so.im Pro- gramm. daß cS Im B.lde deS Dichters als ein kräftig gefaßter Teil serner Natnr wirken konnte. Der Abend zählt mit in dar Arbeit. Heinrich Heine für de» VortragSsaal zu erobern. ES gehört ja zur geistigen Kultur Deutschlands , daß dies« Eroberung nicht schon längst geschehen ist. sondern«st noch angestrebt»»erden mutz, lieber das Verhältnis von.Heinrich Heine und dem Kupfürftendamm belehrt der unzulängliche Besuch.«J.
Tbcatrr. Die Vrcmier« von ZchönberrS.Kindertragödie' im Kleinen SckaulpictbnuS muiite in olge Erkrankung eines HauptdarttellcrS aus Sonnabend verlchobeu werden.— In der BolkSbühn« wtid am Mittwoch nicht.Götz', sondern.Kabale und Liebe' aufgeführt Fränze Moloff vom Neuen DolkStbeater in der Berliner Eezeffton. Kussürbendamm LS?, spricht am IS. Oktober, 8 Uhr, Dichtungen von Wösten- stet«, Jacob, George, Attenberg.