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für Untermieter oder wenigstens zur Aufbewahrung von Mten, Möbeln u. dgl. zur Verfügung stellen können. Einige Unbequemlichkeiten wird man dabei freilich wohl oder übel mit in den Kauf nehmen müssen. Bekanntlich hat gerade diese Frage die Gemüter ganz außerordentlich' und über Gebühr erhitzt und u. a. die Demokraten zur Preisgabe der ganzen Steuer veranlaßt. Der Grundsatz:Wer nicht abgeben kann oder will, muß zahlen," darf aber unter keinen Umständen durchlöchert wer- len, wenn der Umgehung nicht Tür und Tor geöffnet werden oll. Nicht wollen und Nicht können sind hier Ge- chwisterkinder, der Fall des Nichtkönnens ist auch bei jeder Luxuswohnung unschwer zu konstruieren. Es ist nur gerecht, daß jeder, der mehr Räume, als ihm zukommen, für sich in Anspruch nimmt und nicht direkt durch Abgabe von Zim- mern zur Linderung der Wohnungsnot bestragen kann, nun indirekt durch seine Steuer Mittel zum Neubau von Wohnungen zur Verfügung stellt. Die Steuer will also die Bautätigkeit fördern, nicht etwa unterbinden oder auch nur hindern. Ob man mit Rücksicht auf die Arbeitslosigkeit Neubauten überhaupt von der Besteuerung freilassen sollte, ist mehr als fraglich. Eine Erwerbslosenfürsorge, die die brachliegenden Kräfte der Arbeitslosen zur Befriedigung von Luxus bedürfnissen ein- fetzt, darf schwerlich noch alsproduktiv" angesprochen werden. Im Interesse der Allgemeinheit müssen alle Mittel und alle Kräfte für die Schaffung notwendiger Wohnräume be- reitgestellt werden. Das ist die wirksamste Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, und einen Teil der hierfür leider so spärlich zur Verfügung stehenden Geldmittel soll die Wohnungs- luxussteuer aufbringen helfen. Es ist schlechterdings unverständlich, wie die bürgerlichen Parteien den Mut aufbringen wollen, ihre Wühlarbeit gegen eine solche Steuer vor der breiten Masse unseres Volkes und vor dessen wirtschaftlicher Not zu verantworten. Es ist noch unverständlicher, wie sie ihre eigene Volksfeindlichkeit hinter der Geheim- ratsbureaukratie verstecken wollen und die Regie- r u n g als Aufsichtsbehörde gegen diese Steuer mobilzumachen versuchen. Eine Ablehnung oder auch nur Verzögerung ge- rade dieser Steuer, die aus der Not unseres Volkes heraus geboren ist, würde man allen reaktionären Gewallen g e- bührend heimzahlen. Daß wir es hier mit einer Sonder steuer zu tun haben, der wir in Zeiten wirtschaftlicher Kraft nicht zustimmen wür- den und könnten, braucht keinen Augenblick verschwiegen zu werden. Aber Not bricht Eisen. Und daß in diesen Tagen der Not diese Luxussteuer als n o t w e n d i g anerkannt wird, ja, daß sie darüber hinaus geradezu als volkstümlich an- gesprochen werden kann, das ist ein erfreuliches Zeichen für die reifende Einsicht in wirtschaftliche Notwen- d i g k e i t e n, die sich immer mehr in den Massen des Volkes Bahn bricht. Hoffen wir, daß diese Einsicht sich auch bei den Preußenwahlen bewährt. Die bürgerlichen Par- teien in Groß-Berlin ziehen in den Wahlkampf mit der Parole: Für unbeschränkten Wohnungsluxusl Warten mir ab, ob diese Parole sich besser bewährt als die unsere: Heraus endlich aus der Wohnungsnot!

Das ßünf-Jahre-Proyisorium. Zur Wiedergutmachungsfrage. In verschiedenen Morgenblättern tauchen Ankiindigun- gen auf, die auf eine gewisse Wendung in der Wiedergut- machungsfrage hinzudeuten scheinen. Es handelt sich um die Frage, ob Deutschland auf das Recht, daß ihm die Gesamt- summe seiner Verpflichtungen am 1. Mai d. I. mitgeteilt werde, zugunsten jenes französischen Vorschlags verzichten soll, den man mit einem drastischen Bilde als dasProbe- melken" bezeichnet hat. Danach soll von einer Festsetzung der Gesamtsumme zunächst abgesehen werden, und es werden bloß für die nächsten fünf Jahre Jahresraten festgesetzt, von denen bisher behauptet wurde, daß sie d r e i G o l d m i l l i- arden betragen und in Waren abgezahlt werden sollen.

Wenn Deutschland wirklich auf die Festsetzung der Ge- samtsumme zum 1. Mai verzichten sollte, so wäre das ein Ver- zicht auf ein w i ch t i g e s Recht und zugleich ein Entgegen- kommen an die Alliierten, die über die Festsetzung der Ge- samtsumme in einiger Verlegenhell sind.. Dieses Entgegen- kommen könnte aber für beide Seiten von Vorteil sein, wenn auf beiden Seiten die Absicht besteht, einen oernünf- tigen Anfang zu machen. Dazu ist notwendig, daß zu- nächst einmal einverständlich festgestellt wird, wie hoch die von Deutschland bereits erstatteten Leistungen zu Buche stehen. Ferner muß eingesehen werden, daß die Leistungsfähigkell Deutschlands von verschiedenen Faktoren abhängt, die zu be- einflussen mehr oder weniger in der Hand der Alliierten liegt, so vom Schicksal Oberschlefiens, von der Höhe der Besatzungs- kosten, von der Sicherheit der deutschen Guthaben im Aus- land, von der wirtschaftlichen Gleichberechtigung Deutschlands in der Well, von der Gewährung von Krediten und einer ge- wissen eigenen Handelstonnage. Ohne die Lösung aller dieser Fragen blecht jedes Zahlenspiel reiner Dilettantismus. "Aber auch wenn alle diese Fragen in günstigem Sinne geregelt werden, wird kein gewissenhafter Sachverständiger behaupten können, daß Deutschland in den nächsten fünf Iahren imstande sein werde, Waren für drei Milliarden Gold- mark jährlich ohne jede Gegenleistung auszuführen. Dazu wäre eine Gesamt ausfuhr notwendig, die erstens dem or- bellenden Deutschland die notwendigen Lebensmittel- Zuschüsse einbrächte über das hinaus, was seine Land- Wirtschaft produzieren kann, die Zwestens ihm die Möglich­keit gäbe, so viel R o h st o f f e einzuführen, wie es zur Pro- duktion braucht und die dann drittens noch einen Ueberschuß im Wert von drei Milliarden Goldmark, 50 Milliarden Pa- piermark, ergäbe, der ohne Rückvergütung hinausgeschickt werden kann. Deutschland müßte sich also auf eine Schleuder- konkurrenz bis zur Selbstvernichtung einstellen, es wäre wirt- schaftlicher Selbstmord und wirtschaftlicher Mord an den andern. Wenn die Sachverständigen beider Seiten diese Sachlage genau überlegen, so werden sie zu dem Ergebnis kommen. daß der Plan Seydoux allerdings etwas Vernünftiges an sich hat, daß aber das" Experiment viel vorsichtiger begonnen werden muß, als bisher vorgeschlagen worden ist. De? Eifenreif. Die Deutschnationale Partei kommt mit ihrem Wahl- aufruf zu den Preußenwahlen heraus, der ein Sammelsurium der gewohnten demagogischen Unwahrheiten und Uebertreibungen ist. Nach der Einleitung dieses Aufrufes herrschte in Preußen zurzeit ; wildestes Chaos, rechtlose Willkür, roter Terror, während das Bürger- i tum schutzlos den Verbrechern aller Art ausgeliefert sei. Solchen Un- sinn braucht man nicht zu widerlegen, er stirbt an seiner eigenen Unwohrhaftigkeit. Zweimal zetert der Aufruf über mangelnde Unparteilich- keit der Rechtspflege. Wenn damit gemeint sein soll das Versagen der preußischen Berussrichtcr und bürgerlichen Geschwore­nen gegen alle Kapp-Verbrecher und Mörder im Ossi- z i e r s r o ck, wenn damit gemeint sein soll die ungleichmäßige Anwendung der Amnestie gegen Arbeiter und Kappisten, der Freispruch der Marburger Heldenjünglinge, das ewige Entweichenlassen reaktionärer Verschwö- r e r, wie jetzt erst im Waldenburger Fall, dann hat der Aufruf recht. Aber was die Deutschnationalen wollen, das ist nichts anderes als die Vollendung der Klassen- und Pacteijusllz. Ihnen ist es wahr» schcinlich noch zu viel, wenn Leute, die sich die hanebüchensten Ver- leumdungen gegen sozialistische Minister aus den Fingern saugen, zu mäßigen Geldstrafen verurieill werden, während die geringste Beleidigung eines rechtsstehenden Politikers prompt mit Gefängnis geahndet wird. Am Schluß erklärt der Aufruf, daß Preußen stark erhallen werden soll, als derEisenreif in der Krone deutscher Zukunft". Ein Eisenreif als das Symbol brutaler Umklamme- rung und Fesselung ist das alte Preußen wahrlich gewesen, ein Eisenreif für die Arbeiterschaft, der sie fesselte, ein Eisen-

reif für die anderssprachigen Dolkstetle in den Grenzgebieten, ein Eisenreif für all« kulturellen Bestrebungen. Aber auch um das G e» Hirn vieler Leute hat sich das p r e u ß i s ch- m i l i t a r i st i s ch e Denken als Eisenreif gelegt; und uns will scheinen, die Deutschnationalen tragen ihn heute noch. Cimgung. In Wernigerode am Harz ist zwischen Sozialdemokratie und Unabhängigen die Einigung vollzogen worden. In dem Aufruf, der Mitteilung davon gibt, heißt es: Wenn wir vor unseren Augen die Geschehnisie der letzten Der- gcmgenhell vorüberziehen lassen, so müsien wir zu dem Ergebnis kommen, daß seit der Spaltarbeit gewisser früherer Elc- mente in unserer Mille die Arbeiterschaft lasgcsaml schwere Nach­teile mit in Kauf nehmen mußte, denn naturgemäß ist eine in verschiedene Lager geteille Masse in ihrer allgemeinen Aktions- tätigkeit immer mehr oder weniger gehemmt. Auch hier in Werni- gerode trat diese Erscheinung mll jedem Augenoluk mehr zutage. Unter Abwägung all dieser Berhällnisie tam mm, m unserer letzten Versammlung zu dem Ergebnis, der Gejchlosseilheit von rechts eine solche von links entgegenzusetzen. In der Erkenntnis, daß bei der jetzigen Zersplillerung der Ar- beiter die politische Gleichgültigkeit bei den Volksmossen gewallig ura sich greift und daß die Feinde des Volkes daraus den größten Ge- winn ziehen, fahlen die Funktionäre und die ANlgliedervcrsammlung der ll.S.P. den Beschluß, der Sozialdemokratischen Partei gesäilossen bcizutreien. Mit Recht wird in dem Aufruf gesagt, daß gewiß noch mancher- lei Meinungsverschiedenheiten bestehen, die sich bei beiderseitigem guten Willen beheben lassen. Die Einigung wurde beschlossen in der Erkenntnis, daß es wichtiger ist, die Kampffront des Proletariats zu festigen, als eigensinnig über abweichende Auffassungen in der Taktik zu stolpern._ Der heiüische tttaxe. An die Kundgebung des Reichspräsidenten muß Max Mau. renbrecher seine Betrachtungen hängen. Er zeigt sich von der Celle der ihm angeborenen Tapferkeit, wenn er schreibt: Er(Ebert) weint den abgesplitterten Brüdern aufrichtige Tränen nach. Aber er vergißt, daß sie nur deshalb abgesplittert sind, weil er und seine Freunde nicht sähig waren, die Führung des Volkes, die sie im Herbst 1918 freventlich in die Hand nahmen, wirklich zu hallen. Hätte Herr Ebert sich und die Seinen dazu aufgerafft, den Waffen st ill st and nicht anzunehmen, halle er die Massen, die damals noch vertrauensvoll hinter ihm standen, von der Notwendigkeit weikcren Kämpfen? zu uberzeugen versucht, so wären die abgesplitterten Gebiete nicht verloren gewesen. Heute weint er blutige Zähren. Damals hätte er handeln sollen und nichtFrieden schließen um jeden Preis!" Ja, Ebert hülle allerdings daran denken sollen, daß es in Deutschland noch unverbrauchte Kräfte gab, die während der ganzen Kriegsjahre keinerlei Pulver gerochen hallen, wie Max Maurenbrecher , Reinhold Wulle , Graf Westarp . Stresemann, das halbe Schock deutschncllionaler Barden gar nicht mllgerechnet. Aber unseres Wissens haben diese auch im November 1918 nur Lust gezeigt, noch einmal die anderen tüch- tig bluten zu lasten.... Und dann noch eins, Max Maurenbrecherl Der Mann, der Frieden um jeden Preis geschrien hat, hieß unserer Erinnerung nach nicht Ebert. sondern Ludendorff! Einst hat Maurenbrecher die Geschtchrslezendisten bekämpft, jetzt ist er selber einer.

In Hamborg hat der Wahlkampf für die neue Wahl der Ham- burger Bürgerschaf: m vollem Umfange eingesetzt. Die Neuwahlen finden am 20. Februar stall. Die sozialdemokratische Liste führt wie immer Otto Stalten, Bürgermeister von Hamburg und Mll- glied des Reichstags. Genoste Stalten ist im Jahre 1901 als erster Vertreter der Hamburger Arbeiterschaft ins Parlament eingezogen. Die Sozialdemokratische Partei hat am gestrigen Sonntag in Ham­ burg in 40 000 Exemplaren eine Wahlzeitung verbreiten lassen. Niederlage der Züricher Kommunisten. In der Hauptbersamm- long der sozialdemokratischen Preßunwn erzielten die Sozialdemo- kraten 350, die Kommunisten 125 Stimmen. Redakteur Nobs bleibt, der Kommunist Dr. Hitz scheidet aus dem.Volksrecht".

Das Monokel. Große Ereignisse kündigen sich durch Kleinigkeiten an. Ich stand am Morgen des 8. November 1918, wie gewöhnlich, auf dem Bahn- steig, meinen Zug erwartend, als ein Herr in einfachem Zivil an mir vorüberging, der bis dahin regelmäßig in feldgrauer Uniform und Schelppsäbcl vor den Augen der ihn ehrfürchtig anblickenden Mit- menschen doch nein:Mitmenschen" ist zu anmaßend, denn das bedeutet ja eine Gleichstellung, also vor den Augen des ihn ehr- fürchtig anblickenden Volkes erschienen war. Auch seine elegante Aktenmappe, in der er, seiner wichtigen Miene nach zu urteilen, sicher Aktenstücke von weltbewegender politischer oder militärischer Bedeu- tung allmorgendlich von seiner Wohnung in sein Berliner Bureau trug(vielleicht waren auch nur seine Frühstücksstullen darin), hatte er heute nicht bei sich. Und als ich mich nun, aufmerksam geworden, nach seinen täglichen Gefährten umsah, da gewahrte ich nur Zivil. Am nächsten Morgen war die Revolution da; die Herren hatten einen gutenRiecher" bewiesen. Sie waren untergetaucht unter die namen- und monokellose Masse. Denn auch die Monokel waren schlagartig-plötzlich verschwunden. All die auf einem Auge Kurz- sichtigen konnten nun mit einem Male ohne Einglas deutlich wahr- nehmen, was um sie herum Merkwürdiges vorging. Da kam die Trennung und damit Schwächung der regieren- den Arbeiterparteien, und da kam auch das Monokel wieder her- vor, das seine Gebrechlichkeit vor den Stürmen der Revolution so- lange vorsichtig in sicheren Futteralen geschützt hatte. Die einseitige Kurzstchtigkeit nahm in bestimmten Kreisen rapide zu und erreichte ihren Höhepunkt zur Zeit des Kapp-Putfches, worauf sie aber nicht viel wieder zurückging, um neuerdings, wie der Erlaß des Mi- nisters S e v e r i n g zeigt, wieder zuzunehmen. Sie scheint ein Unglück kommt nie allein eine Parallelerscheinung zu jener krank- haften Selbstüberschätzung zu sein, für die der Volksmund die sinnige BezeichnungVogel " hat. Schopenhauer , der scharfsichtige Menschenkenner, nennt das Monokeltragendie größte aller mensch- lichen Affereien", und ein anderer meint(was auf dasselbe heraus- kommt), die Brille zeuge von schwachen Augen, das Monokel von einem schwachen Geiste. Daß die Besitzer eines solchen sich durch Emklemmen eines Glasscherbens für jedermann leicht kenntlich machen, ist im allgemeinen Interesse durchaus zu begrüßen. Anderer- seits aber liegt der Tatbestand des öffentlichen Aergernisies insofern vor, als kein normaler Mensch, ohne in seinen ästhetischen Emp- findne belästigt zu werden, in ein dergestalt verzerrtes, an sich schon geistloses Gesicht zu blicken vermag. Dazu kommt, daß das Tragen eines solchen Stück Glases für den Träger unter bestimmten Um- ständen von wegen der Zerbrechlichkeit nicht ohne Gefahr ist. Diese beiden letzten Gründe bestimmen uns, im Gegensatz zurTäglichen Rundschau", den Erlaß des Ministers Seoering als für Gesunde wie für Defekte gleich nützlich zu halten. Grek.

Ein Drama vom verlorenen Sohn. Aus Gera wird ge- schrieben: Mit seinem jüngsten dramatischen Erzeugnis kam im Reußischen Landestheater der Dichter Karl Röttger zu Worte. Dramatische Legende" nennt er den Einakter, eine Dich- tung von seltenem Reichtum der Stimmung, in der die biblische Ge- schichte vom verlorenen Sohn einfach und ungekünstelt behandelt ist. Als der jüngere Sohn des Hauses nach seiner Heimkehr mit einem Freudenfest empfangen wird, oerscheucht der ältere mit seinem Haß zunächst die Festgäste und bleibt als Einsamer verbittert zurück. Und doch zieht schließlich auch in seine Seele der Sonnenschein der alles verzeihenden Milde seines Vaters ein. Voll Scham und Reue ruft er die Festgäste zurück und schließt den Bruder in seine Arme. Alle schreiten erneut zum Feste. Im Mlltelpunkt steht der weiße Alte, dessen Herzen beide Söhne gleich nahe stehen. Klar und einfach wie die Handlung gibt sich auch die Sprache. Paul Medenwaldt hatte das Werk mit Hingebung in Szene gesetzt. Tiefe Ergriffenheit löste sich in dankbarem Beifall aus. K. V. Slevogt und Kirchner lm Kronprinzenpalals. In der modernen Abteilung der Berliner Nationalgalerie sind jetzt für zwei führende Persönlichkeiten der älteren und jüngeren Kunstgeneration eigene Räume eingerichtet worden, für Max Slevogt und E. L. Kirchner. Von Slevogt besaß die Galerie bisher die Kirchhofsszene des d'Andradsschen Don Juan , ein Rennbild und eine Vogesenlandschaft. Dazu sind nun fünf Werke des Meisters als langfristige Leihgaben gekommen. Der d'Andradesche Don Juan aus der letzten Szene der Oper, der Kavalier in Gord und Braun, der entgeistert auf die weiße Marmorhand starrt, die sich um seine rechte Hand krampst, 1903 entstanden, zeigt noch das Herauswachsen der Sleoogtschen Kunst aus dem Stil seiner Münchener Zeit. Die anderen Leihgaben, 8 Jahre später gemalt, sind die farbigglühenden kleinen Bilder vom Fest- gottesdienst der Münchener Georgiritter, der Prinzregent Luitpold in der Rittertracht, dann dos Hochamt des Ordens. Für kürzere Zeit sind in drei Räumen des Obergeschosses 1? Ge- mälde und 12 Zeichnungen von Kirchner ausgestellt worden. Land- schaften, Szenen von der Straße und aus dem Variete, zeigen sie in eindrucksvoller Reichhaltigkell die Kunst des Begründers der Brücke" in ihrer ganzen Eigenart und G-staltunnskraft. Im ersten Geschoß konnte ferner ein bisher unbenutzter Saal der Galerie angegliedert werden: die beiden Räume enthalten nun Kunstwerke aus dem Kreise der Berliner Sezessionen. DerMaschinengewehr-Tanz". Der als Futurist und Reklame- Held berühmte S. T. Marinelli hat sich nun auch der Reform des Tanzes zugewendet.Die Belegung oer Maschinen, Steuerräder, Kolben an Dampfmaschinen, Zahnräder und anderer Maschinenteile muß oereinigt werden, um die metallischen Grundgedanken des futuristischen Tanzes hervorzubringen," sagt er.Dieser den Gang der Maschine nachahmende Tanz wird begleitet von jenen Ge- rauschen, die die Sprache des neuen, der Maschine angepaßten Lebens ausmachen. Die Bewegungen des futurististben Tanzes wer­den unharmonische, ungraziöse, unsymmetrische Kräfte sein." Mari- netti kündet dann die drei ersten futuristischen Tänze an, die er als denMaschinengewehr"-, den Schrapnell- und den Flieger-Tanz bezeichnet. Wird Dada auf seinem Ball diese Tänze einführen?

Der Karneval in München . Aus München wird geschrieben: München soll in diesem Jahre nicht nur seine Schäfflertänze, lon- dern auch seinen Karneval haben, und auch hier will man den losen. ausgelassenen, übernächtigten Buben der Dorkriegezell durch den harmlos fröhlichen Burschen ersetzen, der in dem lieben behaglichen Alt-München alle Heizen entflammte. Das Fremdländische wird in Wort und Schrift bekämpft, die amerikanischen Tänze sollen ver- pönt sein und dafür der Walzer, die Quadrillen, die Polonäsen wieder zu Ehren kommen, damit jeder sich auf sich selbst und die Eigenart und Vergangenheit seiner Heimatstadt besinne. Ueberall in den blumen- und fahnengeschmückten Sälen der Stadt haben die Redouten begonnen, die sich in diesem Jahr durch die auf elf Uhr festgesetzte Polizeistunde in einem recht engen Rahmen bewegen müsien. Die für den Mittelstand so einschneidende Toilellenftage wurde auf die einf ichste Art gelöst und fast überall die alle malerische Volkstracht und das Dirndlkleid zugelassen. Die lebenspendende Freude, die den Alltag vergoldet, läßt in ganz München wieder, ihre bunten Bänder flattern und ihre fröhlichen Raketen hoch über alle Wolken steigen." Wirklich? Doch wohl nur in dem Teile Münchens , der sich in der Konterrevolution wohl sühll und sich austoben will.

Nieater. Sckillers Kabale und Lieb« wirb In einer vollständigen Neubesetzung im Deutschen Theater Sonnabend, 22. Januar, aus- geführt. SCusik. Di?©rohe BolkZoper Berlin hat Heinrich SÄluZnuz für ein großes Bolkskonzcrt am 21. in der Brauerei Happoldt, Hasenheide, gewonnen. VortrSqe. In der Hochschule für Vovtil beginnt Mittwoch ß Ubr der Wirlschottspolitische BortrogSkurlus mit einem Rejerat von Dr. E ü d e k u m über.Kopital» unv Stewinnbeleiligung als Grundlage planmäßiger Wirt- schaftsfübrnng". Karten im Sekretariat Schinkelplatz S. Kurse über ©emeinschastsknnde stozlallstische Ethik) von Dr. K r i I ch e finden statt in der Volkshochschule Schöneberg sMontag<>/,), Volkshochschule Steglitz (Dienstag 7). Volkshochschule Lichtcrfelde(Donnerstag 8). Slruiitt X. Weg»er liest auf Einladung der Voltsbühne Donnerstag abend 7'/. Uhr im Gymnasium zum Grauen Kloster(Klosterstr. 73) aus eigenen Werken. . Der Kartenverkauf fn? de» Presseball beginnt am Donnabend, 22. Januar, in der Weschästsfielle Äaahenitr. 15 1. Zur Erwerbung eincr Karte ist die Einführung durch ein Mitglied des Vereins Berliner Presse erforderlich. DaS Deutsche Bühucnjahrbuch ist soeben in seinem 32. Fabrgana sür 1321 erschienen. Wemeinschastlich herausgegeben von der©enofsenlchast und dem Vühncnverein. enthält es alles wichtig? Kalender-, ildrefien- und Datenmaterial, tlußerdem gibt eS alle den Bühnenmann intcrcfiiercnden Auskünsle. z. B. über die lebenden Bübnenschristiteller, über donorarsteie Werke, Gedenktage, Totenschau. Auch die Polksbühnenoercine find aus- geführt. Unter den Gedcnkartikeln ist der über das Maria- Seebach-Stist besonders hervorgehoben. Der Hoflünst!« existiert ruhig Wetter. Im Organ der Varistswelt lesen wir: Ehrung eines BariStskunstlers. 8. U., der bekannt« Illusionist, gab währeird seines Gastspieles eine Svndervorsteltrmg vor dem Großherzog Ernst-Ludwig von Hessen , erhielt ein glänzendes LnerlennungSsiyreiben mll der Ernennung zum Hoflünstler und wurde noch mit einer kostbaren Brillantnadel mit NamenSzug und Krone ausgezeichnet.