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Die MMulölgen. BfiDeutsche Zeitung" gibt eineFestnummer" zum 50. Jahrestag des Deutschen Reichs heraus, die eine Demonstration des Chauvinismus und Judenhasses bedeutet. Seltsam ist die Liste der Mitarbeiter an dieser Nummer: natürlich Herr Rechtsanwalt Heinrich C l a ß, der alte, und Herr Pastor Maurenbrecher, der neue alldeutsche Spitzenreiter, dann Herr Oberstnanzrat Bang, kappistischer Minister und nur durch die Cnad« des Volkes in Freiheit, Goethe(den man wahrscheinlich nicht um Erlaubnis gefragt hat und der eigentlich schlecht zum Alldeutschen patzt, dieser Napoleonsbewunderer!), einige Generale(von Liebert, von G e b s a t t e l), ein toter Hosprediger, den man auch nicht gefragt hat, ob es ihm recht ist, antisemitisch ausgeschlachtet zu werden, und c'n lebendiger Möchtegern-Hosprediger, namens Koch , der die 5tleinigteit, daß Wilhelm II , auf die Krone verzichtet hat, ver- gißt, wenn es gilt, einen Oberbürgermeister von Berlin des Eid- bruchs zu bezichtigen, femer Adolf Bartels , von dem man schon lange weiß, daß er jede Haltung verliert, wenn er Judas Odern wittert, der Breslauer Berfaffer von L'leraturgeschichten für höhere alldeutsche Backfische Max Koch . Hans von Wolzogen , der Erbe des behenden Mundwerks des allerdings nicht ganzun- verpanschten" Richard Wagner , aber nicht seines Genies. Theodor Storm . besten Andenken man einen Dienst erweist, wenn man über seinen Antisemitismus schweigt, ein Maler Theodor R o ch o l l. testen gemalteSchinken" jeden Juden in die Flucht schlagen müssen und daher bei Antisemiten sehr beliebt sind, ein Finanz- shriststeller mit dem im Rahmen derDeutschen Zeitung" höchst verdächtigen Namen Gold au (sollte sie wirklich? wie entsetzlich!) und schließlich noch der Freiburger Historiker Georg von B e l o w, den wir nur sehr ungern in dieser Gesellschaft sehen. Aber schließ- lich, was kann man von einem Geschlecht verlangen, das Goethe zur Verherrlichung des Antisemitismus in dieselbe Narrenzelle steckt, wie den Hochverräter Bang?

Setriebsräte unö tzauptaussthuß. Der Hauptausschuß des Reichstages beriet am Dienstag den Etat des Reichsarbeitsministeriums. Referent Hoch (Soz.) fragt, ob tatsächlich Angebellte überflüssig wären und ob durch die erfolgten Enllassungen nicht etwa die Arbeiten leiden. Abg. Dr. PachuiSe(Dem.) wünscht baldigste Vorlegung des Echlichtungs- gesetzes, das von seiner Partei bereits seit einem Jahr erwartet und als Korrelat des Letriebsrätegesetzes gefordert werde. Cr wünscht ferner nähere Auskunft über den Stand der Arbeiten an dem ein- heitlichen Arbeitsrecht. Abg. Geisler(D. Dp.) bittet um Auskunft über die Mahnahmen gegen den Terror der Betriebsräte. Hier klaffe eine Lücke im Vetriebsrätegesetz. Der Terror mehre sich in Landwirtschaft und Handwerk. Redner bittet den Minister um Schutz der Koalitionsfreiheit. Reichsminister Dr. Brauns: Di« Durch- führung des Letriebsrätegesetzes erfordert eine Reihe von Ergän- zungsgesetzen. Wegen der Vertretung der Betriebsräte im A u f s i ch t s r a t ist ein Entwurf fertiggestellt worden, der zurzeit dem Reichskabinett vorliegt. Ein Gesetz über die Vorlegung der Vetriebsbilanz und der Betriebsgewinn- und Verlustrechnung wird vom Reichsjustizm.inisterium bearbeitet. Der Entwurf ist be- reits im Reichswirtschaftsrat und im Reichsrat verabschiedet. Eine neue Arbeitsordnung ist vom Ministerium bereits unter Mitwirkung der großen Berufsverbände ausgearbeitet und veröffentlicht worden. Der Versuch, selbständige Entwürfe über die Schaffung von B e» zirksarbeiterräten auszustellen, hat zu keinem befriedigen- dem Ergebnis geführt. Der Entwurf eines Arbeits- losenversicherungsgefetzes ist im Sommer dem Reichs- rat vorgelegt worden, pie Entwicklung, die der Arbeitsmarkt seit- her genommen hat, läßt' jedoch zurzeit eine Arbeitslosenversicherung ehr gewagt erscheinen. Deshalb habe ich dem Kabinett vorge- chlagen, den Gesetzentwurf einstweilen zurückzuziehen und statt lessen die Erwerbslosenfürsorge im Sinne eines Ueber- ganges zur Arbeitslosenversicherung umzugestalten. Die Verordnung über die Erwerbslosenfürsorge ist geändert worden, indem die Kurz- arbeiter von der Wartezeit befreit, die Kurzarbeiterunterstützung all- gsmein, die ü b r i g e n Unterstützungen für die gegenwärtigen Wintermonate erhöht und die Anrechnung der gewerkschaftlichen Arbeitslosenunterstützung beseitigt worden ist. Die Bestimmungen über die produktive Erwcrbslosenfürsorge sind weiter ausgebildet und verfeinert worden. Erheblich gefördert wurden auch die Arbeiten zur Herstellung eines einheitlichen Arbeitsrechte». Als die wichtigste Aufgabe meines Ministeriums auf dem Gebiete des Wohnungs? wefens sehe ich die Aufrcchterhaltung des Wohnungsbaues an. Zu diesen Zwecken sind bisher einschließlich der Aufwendungen für Tergmannswohnunaen schätzungsweise etwa vier Milliarden Mark aus öffentlichen Mitteln bereitgestellt worden. An Bergmanns - Wohnungen, allgemeinem Wohnungsbau, Dauerwohnungen, Rot- wodnungen usw. sind annähernd etwa 07 000 Wohnungen in An- griff genommen, wovon der übergroße Teil inzwischen fertiggestellt sein dürste. Was die Versorgung der Kriegsopfer be- » ifft, lo hat das Ministerium alle Kräfte daran gesetzt, um das im Mai 1920 verabschiedete Reichsversorgungsgesetz möglichst bald zum Vollzug zu bringen._ WirtflHcrft Die Krise cm Frachten««». Aus London meldet WTB.: Der Frachtenmarkt zeigt einen weiteren Rückgang der amerikanischen Kohlen» f r a cht e n. Sie notieren nach Rotterdam 4 Dollar gegenüber 8 Dollar vor zwei Wochen oder 2 2 Dollar vor einem Jahr. Das bedeutet nach Aeußerung von Sachverständigen einen Verlust von 2 Dollar pro Tonne. Di« Einführung der verkürzten Ar- b e i t s z e i t auf den staatlichen Werken wird am 24. Januar trotz des Protestes sämllicher Arbeiter in der Weise durchgeführt, daß täglich eine Stunde weniger gearbeitet wird. Die Löhn« werden inzwischen reduziert.__ Zst der Preisabbau möglich? Diese Frage bejaht für die Textilindustrie der Berliner Wäschefabritant Moritz Rosenthal in einem Artikel imKonfektionär", in dem er schreibt:Von einem Eingreifen der Gesetzgebung oder der Verwaltung verspreche ich mir gar nichts. Im Kaufmann selbst liegt die Möglichkeit der Tat. Ist der Kaufmann aus eigener Kraft in der Lage, die Preise auf ein für die geschwächte Kaufkraft des Publikums erträgliches Maß herabzusetzen? Jcg antworte: Ja. In dem Fall nämlich, daß jeder, der an der Warenerzeugung und am Warenabsatz betelligt ist, in gleicher Weise sich mit einem geringeren Gewinnanteil begnügt. Ter Unternehmer muß, nachdem er in den letzten zwei Jahren die angemessenen Gewinnaufschläge genommen hat, dazu übergehen, den Gewinn abzubauen und zu versuchen, durch niedrige Preis st ellung den Absatz zu beleben. Verständigen sich alle in Betracht kommenden Faktoren, vom Spinner bis zum Detaillisten, über eine gleichmäßige Herabsetzung des Gewinnauf- schlages, so kann der Endprcis der Ware um einen erheblichen Teil gegen den jetzt allgemein geforderten vermindert werden.... Wo em Wille ist, ist auch ein Weg. Was früher während der Kriegs- zeit staatlichem Zwange möglich war, wird viel wirksamer durch freie Vereinbarung der Organisationen und die Uebereinsttmmung aller Beteiligten erreicht werden." Dieses Urteil eines Unter- nehmers, das leider nur von wenigen geteilt wird, verdient gegen- über den gegenteiligen Behauptungen anderer Interessenten fest- gehalten zu werden. Allerdings fegt die Durchführung der Forde- mag eine straffe Organisation voraus.

GroßSerlw Serlin im Schnee. Verkehrsstockungen überall. Das früh ausstehend« arbeitsame Berlin sah die Stadt heute im seltenen weißen Kleide. Die weiße Herrlichkeit hatte bereits gestern abend begonnen und sich zu einer so vollständigen Decke aus- gedehnt, daß alles Grau am frühen Morgen wohltuend bedeckt war. Es schneite auch lustig weiter, als die Ersten auf die Straße traten und das fragwürdige Wunder der völlig beschneiten Straßenbahn- schienen voll Andacht zur Kenntnis nahmen. Natürlich fuhr sie nicht. Wenigstens dauerte es mehrere Stun- den, bis d'e Schienen soweit freigelegt waren, daß die ersten Not- wagen verkehren konnten. Wie das gewöhnlich so ist, setzte ein Sturm auf die Untergrundbahn und die Stadt- und Ring- bahnlinien ein, die bei weitem nicht imstande waren, dem erhöhten Verkehr zu genügen. Die Hauptstationen der Untergrunddahn waren bis in den späten Bormiitag hinein von dichten Menschenmasscn be- lagert und obgleich die Züge in kürzeren Abständen verkehrten, nahm die Masie der Fahrgäste kaum ab. Lluf der Stadtbahn hatten sich die unentwegten Freiluft- fahrer wieder der Trittbretter und Puffer bemächtigt und es war so- zusagen ein richtiger Wintersport, der sich auf ratternden Zügen durch den immer dichter werdenden Flockenschleier bewegte. Es gab, da Weichen und Kreuzungsstellen und zum Teil auch die S:- gnal« durch den Schnee gelitten hatten, die gewohnten Berspätungen, die oft sehr beträchtlich an Ausdehnung gewannen. Inzwischen waren die sanft rieselnden Flocken immer leichter und feuchter geworden und verwandelten sich schließlich in den schönsten Regen, dem es nach kurzer Zeit auch gelang, den wenig beliebten, aber für Berlin so typischen Matsch zu erzeugen. Das ging um so leichter, als die tüchtige Berliner Straßenreinigung, von der Aussichtslosigkeit aller Säuberungsversuche überzeugt, Schnee Schnee und Matsch Matsch sein ließ. Das die Straßenbahn sagt. Aus einer Erklärung, die Stadtbaurat Adler über die Tätig- keit der Straßenbahn zur Befestigung der Schneemassen gab, ist zu entnehmen, daß bereits in der Nacht mehrere Wagen auf der Strecke liegen bleiben mußten. Noch in der Nacht wurde ein Teil des Personals alarmiert. Man schickte 7 0 S ch n e e p f l ü g e auf die Strecke. Es zeigte sich aber bald, daß auch diese in dem Schnee nicht vorwärts kamen, so daß man Triebwagen vorspannen mußte. Das gesamte Netz der Straßenbahn war zunächst betriebsunfähig. Immerhin setzten bereits in der Frühe einzelne Linien wieder ein. Besondere Schwierigkeiten bereitete der Wiederaufnahme des Ver- kehrs die Tatsache, daß besonders in den Außenbezirken die Gleise stark vereist waren. Man versuchte diesem Ucbelstand durch Salz- streuen abzuhelfen. Im Laufe des Vormittags besserte ich der Verkehr langsam. Die Straßenbahnleitung hofft, daß m Laufe des Nachmittags der Verkehr in Berlin wieder ziemlich voll im Gange sein w'rd. Auf den Vorortlinien dagegen dürsten die Schwierigkeiten nicht so schnell überwunden werden. « Die städtische Straßenbahn hatte, wie uns gemeldet wird, durch Plakate und von den Arbeitsnachweisen möglichst viel Hilfs- kräfte verlangt, doch meldeten sich im ganzen, trotz der großen Zahl Erwerbsloser, nur 1300 Personen zur Beseitigung des Schnees. Infolgedessen war es nur möglich, die Hauptverkehrs- ftraßen passierbar zu machen, während ganze Stadteile unberück- sichtigt bleiben mußten. Der Straßcnbahnverkehr setzte auf den Hauptlinien in der Mittagsstunde wieder ein und man hofft gegen Abend den Betrieb wieder in vollem Umfange aufnehmen zu können.»

Sefteuertes Vergnügen. Der Steuerausschuß der Stadtverordnetenversammlung setzte gestern die allgemeine Aussprache über die Kinosteuer fort und beschloß, sieOrdnung zur Besteuerung von Lustbar- leiten usw." zu benennen. Die Aussprache drehte sich ausschließ- lich um die Frage, wie die Steuer den eigenartigen Kartenverkaufs- Verhältnissen angepaßt werden könne, die sich im Berliner Theater- leben entwickelt haben. Es ist bekannt, daß nicht alle Theater ihre Karten zum Kassenpreise absetzen, sondern daß sie die Karten oder auch ganze Vorstellungen an Firmen. Vereine und Gewerkschaften zu ermäßigten Preisen abgeben. Sowohl von der linken wie von der rechten Seite des Ausschusses wurde übereinstimmend hervor- gehoben, daß man das Theater da, wo es kulturelle und tünst- lerische Aufgaben erfülle, schonen wolle und müsse; aber der neue Reichtum, der jetzt die teueren und teuersten Plätze in den Theatern einnehme, müsse doch kräftig zur Lustbarkeitssteuep heran» gezogen werden. Es wurde auch der Vorschlag gemacht, ob die Theater nicht statt der baren Steuerzahlungen dem Magistrat Plätze oder ganze Theatervorstellungen zur Verfügung stellen könnten. Die -allgemeine Aussprache schloß, ohne daß in dieser Frage ein Beschluß gefaßt wurde. In der darauf beginnenden ersten Lesung der Steuerordnung trat im Steuerausschuß übereinstimmend die Ansicht hervor, daß die Pferderennen und die dabei zutage tretende unsinnige Spielwut weiter Kreise scharf besteuert werden müsse. Von seiten des Magistrats wurde gewarnt, in dieser Beziehung den Bogen allzu scharf zu spannen, weil sonst die Rennen und auch viele Fremdcntreise von Berlin wegbleiben würden. Das Bestreben des Steuerausschusses fand zunächst seinen Ausdruck darin, daß im § 1 der Steuerordnung als 13. besonders hoch zu besteuernde Gruppe von Vergnügungen aufgezählt wurde: Wettfahrten und Wettrennen, insbesondere Pferderennen. Die weitere Beratung wurde auf Freitag abend vertagt._ vie Lrprefferkstte. Denn einer Droikarken kaufen will. Mit unglaublicher Frechheit handelte eine Erpresserbande gegen- über einem Bäckermeister aus der Berliner Straße zu Tempelhof , der einmal unbedacht geäußert hatte, daß er gern Brotkarten kaufen würde. Zwei junge Burschen namens Krück und S ch a d o w aus Mariendorf , die davon hörten, beschlossen gleich, dieses für sich aus« zunutzen. Der Bäckermeister ging auf einen Borschlag Krücks ein, steckte 1(500 M. in die Tasche und zog mit dem jungen Manne nach dem Alexandcrplcch. Umerwegs ließ sich dieser das Geld ein- händigen, um für den Mrlster die Karten zu kaufen. Als er nun 'mit diesem das Warenhaus Tietz erreicht hatte, kamen zwei Zivi- listen unmittelbar an ihnen vorbei. Der eine hatte den anderen an einer Handtette und so mußte man den einen der Männer für einen Kriminalbeamten, den anderen\üx seinen Arrestanten halten. Beim Vorübergehen an dem Bückermeister und seinem Begleiter sagte dieser zu dem Meister, der Arrestant sei der Mann, von dem er die Brotkarten Hobe kaufen wollen. Kaum aber hatte er dies gesagt, als derKriminalbeamte" auf ihn zutrat und ihn ebenfalls für verhaktet erklärte. Der Bäckermeister aber machte, daß er aus dem Staube kam. Nicht wenig überrascht aber war er, als der junge Krück sich schon am nächsten Tage wieder bei ihm einfand. Dieser erzählte ihm zunächst, daß man ihm auf dem Polizeipräsidium

die 1(500 M abgenommen habe. Er könne diese nicht nur nicht wiedergeben, sondern der Meister müsie ihm weitere 2000 M. vorschießen, die er an einen Rechrsanwalt zahlen müsie, der leine Freilassung durchgesetzt habe- Schweren Herzens griff der Bäcker- meister tiefer in den Geldbeutel und zahlte auch die 2090 M. Brot- karten hatte er zwar immer noch nicht, aber er wollte auch keine Scherereien. Tis 8609 M., die er fo schnell losgeworden war. hatte er noch gar nicht verschmerzt, als ein neuer Erpresser aus der Bild- fläche erschien. Er zeigte ein Schreiben, nach dem er 2000 M. zu hinterlegen hätte, andernfalls er wieder verhaft-t werde. Als der Meister ihm diesen Betrag nicht freiwillig vorstrecken wollte, drohte er ihm, daß er ihn wegen Brotkartenhandels anzeigen werde. Der Bäckermeister zahlte schließlich auch diese 2 00 0 M., hatte nun- mehr SSOO M. bezahlt, zwar immer noch keine Bratkarten, glaubte aber nun endlich Ruhe zu haben. Krück und Schadow ließen sich auch nicht mehr sehen, dafür aber jetzt der Vater des einen jungen Mannes, der dem Bäckermeister heftige Vorwürfe darüber machte, daß er feinen Sohn verführt habe. Er verlangte und erhielt von dem Meister schließlich auch noch eine Geldentschädigung. Die Erpressungen würden wahrscheinlich noch weiter fortgesetzt worden sein, wenn nicht die Ktiminalpolizei schließlich durch eine dritte Person, der der Meister von seinem Mißgeschick erzählt hatte, auf die Erpresierfeldzüge gegen den Meister aufmerksam gemacht worden wäre. Sie verhaftete Krück und Schadow und stellte so fest, daß sie ihre Festnahme dem Meister nur vorgetäuscht hatten.

Kampfszenen vor Gericht. Vor der Strafkammer des Landgerichts III fand heute vor- mittag die Verhandlung gegen einen Elsonbahnarbeiter statt, der des Diebstahls von Bahngütern überführt worden war. Als der Ge- richtshof verkündet hatte, daß der Angeklagte zu 1)4 Jahren Ge- fängnis oerurteilt worden sei, übersprang dieser plötzlich d i e Barriere und streckte, den wilden Mann spielend, in sinnloser Wut den Ankläger mit einem Faust schlag zu Boden. Leutnant v. Bülow von der Schutzpolizei , der sich im Zuhörerraum befand, warf sich dem Wütenden enrgcgcn, und schleuderte ihn nach hartem Ringkampf zu Boden. Da der Tobende seinen Widerstand fortsetzte, mußte der Offizier, dem niemand zu Hilfe eilte, alle Kräfte aufbieten, um des Rasenden Herr zu werden.

Das Erbe des Wohnungsverbandes. Man schreibt uns: In Ihrer Nr. 14 meldeten Sie, daß der Wohnungsverband� Grost-Berlin seine Geschäfte abgeschlossen und dem Siedlungsamt Ueberichüsse hinterlasien habe. Es wird Sie iniercssiercn zu erfabren. wie diese Ucberschiisse zu einem guten Teil zustande gekommen sind. So war die Flüchtlingsfürsorge des Wobnuimsverbandes äußerst mangelhaft. Schon früher mußte darüber Klage gesübrl werden, daß in den vom Wohnungsverband hergestellten' Holzhäusern und Barackenwohnungen die Anlagen wesentliche Mängel auswiesen. Ein Teil der Häuier, die zu mehr als angcmesienen Preisen vermietet werden, entbehrt der Wasser- ipülung; gegen DiebstohlSgefabr ist keinerlei Vorsorge getroffen, ein Fensterschutz wird abgelehnt, Feuernielder gibt es in einigen Kolonien ebenialls nicht. Dabei sind die Mietpreise ohne Rücksicht auf die zum Teil sehr schwer kriegsverletzten Mieter und Flü»tllngsfamilien festgesetzt, und obwohl es sich um dieselben Häuserthpen bandelt, sehr verschieden hoch. Zwar hat der Wohnungsverband dem Drängen der Mieter auf Abhilfe einzelner ickon früher gerügter Mißstände nach langen Verhandlungen stattgegeben. Ein guter Teil aber besteht noch beute fort und wurde aus.Mangel an Mitteln" abgelehnt. Wenn man dies feststellt, gewinnt man fast den Elndruck, als habe der Wchnungsverband die tatsächlichen Lasten dieser Aufgabe für daS neue Siedlungsamt auigeboben, und es wäre wirklich nicht zu verwundern, wenn dieses jetzt infolge der notwendigen erhöhten Aufwendungen finanziell ungünstiger arbeilen müßte. Da es sich hier um über tausend Familien handelt, so kommen stattliche Beträge, die schon srüher hätten aufgewandt werden müssen, in Frage. Es wäre interesiant, nachzuforschen, ob auch aus anderen Gebieten des Wohnungswesens das Erbe bei Wohnungsverbandes so verlustversprechend»st.

Die Beköstigung in heil- und Pfleqeanflatten war bekanntlich auch vor dem Kriege schon eine Quelle ständiger Unzufriedenheit von Patienten. In der Kriegszeit wurden die Kostmängel noch sehr viel fühlbarer für die Anstalten, weil selbstverständlich auch sie sich den Wirkungen der allgemeinen Lebensmittelknappheit nicht entziehen konnten. Für die breiten Massen der Bevölkerung ist die Wieder» kehr normaler Ernährungsverhältnis!« heute noch in weiter Fern«, aber dem Zahlungsfähigen bereitet die Heranschaffung ausreichender Nahrung kein« nennenswerten Schwierigkeiten mehr. Auch die An- stalten könnten ihre Insassen wieder leidlich nähren, wenn sie das nötige Geld dranwenden wollten. Es scheint aber, daß die Heil- und Pfiegeanstalten sich in diesem Punkt nicht zu den Zahlungs- fähigen rechnen und daher an der Ernährung der Kranken knappfen zu müssen glauben. Die Beschwerden von Anstaltsmsassen über die Unzulänglichkeit der Beköstigung haben sich in letzter Zeit gemehrt, und zwar wird besonders gerügt, daß die Speisen mit zu wenig Fett zubereitet werden. Aus der Universitätsklinik für innere Krank- Helten erfahren wir, daß über solch« Mängel nicht nur Patienten, sondern auch Angestellte klagen. Raumknopphcit verbietet uns, iede der aus Anstalten uns zugehenden Beschwerde dieser Art hier wieder- zugeben. Wir empfehlen aber den Verwaltungen aller Heil- und Pflegeanstalten, ernstlich aus Abhilfe bedacht zu sein. Soll bei lchlechter Ernährung ein Kranker gesund werden? Einen Lehrgang zum Kamps gegen die Schundllkeratnr veran- staltet der Verband deutscher Volksbildungsvorcinigungen zusammen mit dem Ausschuß der deutschen Iugendverbände, der Zentralstelle zur Bekämvsunq der Schundliteratur und dem Groß-Berliner Aus- schuß zur Bekämpfung der Schundliteratur und des Kinounwesens am 3., 4. und 5. Februar in Berlin (Stadthaus). Erörtert werden u. a. die gesetzlichen Handhaben sowie die Mitwirkung der Schule, der Jugendbewegung und des Buchhandels. Meldungen spätestens bis 25. Januar bei der Geschäftsstelle des Verbandes deutscher Volks- bildungsvereinigungen(Augsburger Str. 61). Teilnehmergebühr 25 Mk. Die Neuwahl der Ellernbeiräte in Neukölln, die für alle Ge- meindeschulen, ausschließlich der katholischen und Hilfsschulen, auf Sonntag, den 13. Februar 1V21, festgesetzt war, ist bis Ende März 1921 hinausgeschoben worden. Es soll im Interesse der Schule vermieden werden, daß die Vorbereitungen zu den Elternbeirats- wählen mit den politischen Wahlen zusammenfallen. Der neue Waiil- termin wird später bekanntgegeben werden.

Hroß-öerliner parteinachrlchtea. Morgen, 19. Ianuar: V!e»dorf. Frauenalend TV, Uhr bei Porath, Marzahner Str. Zl. Referent: Genosse Fendel. m Achtung! Genossinnen! Atmikionärinueuversammlung Mittwoch, den 19. d. M nach- mittags 6 Uhr. Schulaula Sleinstr. 32/34. Tagesordnung: Vortrag der Genossin Hanna, M. d. L.:Landkagswahleu Zukunftoschmicde!" 2. Aussprache. 3. Verschiedenes.(Mitgliedsbuch legitimiert!)

vortrSye. vereine unü Versammlungen. Doltebücherei LchLneber», Ebersstr. 9(Lesesaal). Donner-taa. 27. Januar. 8 Uhr, Vortrax, vo:.l Bibliothclar König: E. T. A. Koffmann. Eintritt frei für scdermann. Engltsch.aineriravffche Vortragsreihe im Englischen Seminar, Do- rotheenstr. S, Dartcnhalie, Freilag, 2l. Januar, 6U, Uhr. Ida Koritfchoner.«. 0. Velis and vis NoveU of Purpose.(Aus persönlicher Kenntnis de» Berfaffer».)