Nr. 57 �ZS. Jahrgang
Heilage öes Vorwärts
Ireitag, 4. 5ebruar l42I
Die Not öer Serliner Arbeitslosen. Ein Appell an die Reichsregiernng. Die Stadtverordnetenversammlung wurde Zulässioteit der Wohnungsluxussteuer durch das Kommunolabgaben- gestern mit der Wohnungslurussteuer nocb nichl fcr- gesetz. das lediglich von einer Wert steuer spreche, nicht erschüttert tig. Nach einer Erklärung des Ätagistratsoertreters mußte werde. Auch die zuständigen Minister teilten diese Auffassung. Die sie die Vorlage samt dem ganzen Bündel Abänderungsanträge Genehmigung der Steuer werde insoweit auf keine Schwierigkeiten
an den Ausschuß zurückverweisen. Dann begannen die lange erwarteten Verhandlungen über besondere Maßnahmen zur Hilfe für die Arbeitslosen. Den Ausgangs- Punkt hatte ein Antrag der Kommunisten auf Zahlung einer außerordentlichen Beihilfe gebildet. Dazu lagen Anträge der Unabhängigen, der sozialdemokratischen Fraktion und noch einer der Kommunisten vor, die sämtlich forderten, daß d i e R e i ch s r e g i e ru n g mit Hergebe von Mitteln eingreift und Arbeit schafft. Daß es wieder zu dem üblichen Krakeel kam, dafür sorgte diesmal der Stadt- verordnete I a ß o w von der Wirtschaftlichen Vereinigung. Auf seine zvnische Aeußerung, daß die Anträge wert seien, in einem Ausschuß begraben zu werden, antworteten die Kommunisten begreiflicherweise mit wütendem Lärm. Den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion begründete Genosse B r o l a t unter nachdrücklichster Betonung der Notwendigkeit. das Elend der Arbeitslosen durch Schaffung von Arbcitsgc- legenheit zu lindern. Alle Anträge wurden einem Ausschuß überwiesen, der gewiß keine„Begräbniskommission" sein wird. Sitzungsbericht. Die Wahl des Kämmerers B o e ß zum Oberbürger-
stoßen. Die Steuersatze seien allerdings vom Ministor des Innern in bezug auf ihre Höhe vcanstandet worden, eine Ermäßigung auf die Hälfte wäre vielleicht für Wohnungen bis zu 5 und 6 Zimmern in Aussicht zu nehmen. Um den Wünschen bezüglich der Schonung der Kleinsiedlungen entgegenzukommen, sollte der Antrag der De- mokroten angenommen werden, der für Wohnräume, die nach dem 1. Juli 1917 errichtet sind, und für Kleinsiedlungsbauten keine Luxus- steuer erheben will. Stadtv. Paul 5) i r s ch(Soz.) beantragt angesichts der Schmie- rigkeiten der Materie und der Menge der vorliegenden Anträge die Zurückweisung an den Ausschuß. Die Versammlung beschließt demgemäß mit großer Mehrheit. Es wird nunmehr der am K. Januar 1921 eingebrachte Dringlichkeitsantrag der Kommunisten Gäbel, Dörr und Genossen beraten, bis zur Regelung der Unterstützungssätze an die Erwerbslosen den Magistrat zu beauftragen, den Arbeits- losen mit Unterhaltungspflichtigen Angehörigen 590, den anderen Erwerbslosen 309 M. als einmalige Beihilfe sofort zu zahlen und die bestehenden Unterstützungssätze zu oerdoppeln. Eine Magistrats- vorläge vom 15. Januar fordert einen Kredit von 1 Million Mark zur Weiterführung des Betriebes„Versorgung der Er- werbslosen mit billiger Kleidung und Schuh- werk auf Abzahlung-. Den Antrag Gabel begründet Ostrowski(Komm.) mit einer von der Rechten mit andauerndem Widerspruch und lebhaften
meister ist. wie bereits gemeldet, von der Aufsichtsbehörde be- Zurufen begleiteten detaillierten Schilderung des Elends der Ar
st S t i g t worden: die Einführung wird in der n ä ch st e n Sitzung erfolaen. Das Orts gesetz über den Ersatz barer Ausladen und entgangenen Arbeitsverdienst an ehrenamtlich tätige Bürger, das der Magistrat in Auslührung des§ 30 des Gesetzes über die Bildung einer neuen Stadtqemeinde Berlin am 19. Januar d. I. vorgelegt bat, wird von den Rednern der Rechten
beitslosen, der er das Schlemmerdosein der Besitzenden gegenüber- stellt. Die heutigen Arbeitslosen seien nicht mehr wie früher die industrielle Reservearmee, sie seien avanciert zu Totengräbern des Kapitalismus. Der Erwerbslose müsse mit dem Existenzminimum onterstüht werden. Die Arbeitslosigkeit sei der deutlichste Ausdruck des Der-
und der Demokraten zum Gegenstand lebhafter Angriffe gemacht, falls der kaoitalistischen Gesellschaft.(Die Behauptung des Redners.
Nach den vom Ausschuß fast einstimmig angenommenen Magistrats- Vorschlägen fallen die unbesoldeten Manistratsmitglieder und der Stadtverord'-etenvorstcher monatlich 399 M., die unbesoldeten Mit- glieder der Bezirksämter 699 M. und die Vorsteher der Bezirks- Versammlungen monatlich 499 M. erhalten, ferner Stadtverordnete, Bezirksverordnete und Dürgerdeputierte für sede Sitzung 19 M. sowie freie Fahrt auf allen Straßenbahnlinien, endlich Ersatz für entgangenen Arbeitsverdienst bis zu 19 M. für die Stunde. Das
daß in Berlin die Zahl der Arbeitslosen eine Million, die der Kurz- arbeiter 2 Millionen betrage, wird von der großen Mehrheit der Versammlung mit Kopfschütteln aufgenommen.) In Erweiterung des Antrages vom 6. Januar beantragen die Kommunisten ferner die Gewährung freien Brennstoffes, freier Kleidung, Lebensmittel, Hell- behandlung, Erwerbsloscnunterstützung in voller Höhe des Arbeits- lohne», freie Fahrt zum Arbeitsnachweis usw.(Wachsender Wider- spruch und Gelächter auf der Rechten.) Endlich soll der Magistrat
Ortsgesetz soll für die Zeit ab 1. Oktober 1929 Geltung haben. Die! bei der Reichsregierung die Aufwendung von 10 Milliarden Entschädigung für die Magistrats- und Bezirksamtsmitglleder wird. Zur Fortführung der Notstandsarbeiten beantragen. von Lüdicke(Dnat.) für viel zu hoch erklärt, die freie Fahrt auf!„. Paeth(Dnat.. Tischlermeister) fuhrt aus, was speziell in �... r\** t./-v f-.<___*. /e�.\ f.". v_____ t.> tMni»ffvtrt tt-rt S Sifi-M/stfcf niött rtöfrtM wt nr n tir»
ollen Linien von Zobel und Dr. Helmke(Dem.) für-durch- aus nicht notwendig gehalten. Auch Hallensleben(D. Vp.) bat ähnliche Ausstellungen zu machen. Die Vorlage wird von Freund(U. Soz.) und Mermuth (Soz.) verteidigt, der aus- führt, daß die Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit heute nnler ganz anderen Verhältnisten vor sich gehe als früher, daß man heut� doch auch aus dem Pro- letariat stammenden Vertretern die Möglichkeit der Teilnahme an der Verwaltung gewähren wolle, ohne ihnen übergroße materielle Opfer zuzumuten. Auch fahre heute gewiß niemand zum Der- gnügen auf der Straßenbahn. Der Antrag der Rechten auf Zurück- Verweisung an den Ausschuß wird abgelehnt. Die Vorlage gelangt nach den Ausschubanträgen unter Ablehnung sämtlicher Wände- rungsanträge zur Annahme. In gemeinsamer Sitzung beider städtischen Behörden werden als ordentliche Mitglieder des W a s s e r b e i r a t s der Provinz Brandenburg und der Stadtgemeinde Berlin Stadtbaurat Hahn und Stadw. Müntner, als Stellvertreter Stadtbaurat Krause und Geh. Reg.-Rat Garnich gewählt. Hiernach setzt die Versammlung die Beratung über die Ord- nung sür eine wohnungsluxuesteuer und die 13 dazu eingebrachten Abänderungsanträge fort. Ein Magistratsvertreter legte dar, daß die rechtliche
der Holzindustrie im Interesse der Arbeitslosen getan worden ist. Man habe aber erleben müssen, daß sie auf dem Arbeitsnachweis Arbeit anzunehmen ablehnten, meil ihnen der Tariflohn von 6 M. die Stunde zu wenig war.(Hört, hört!) Aue demselben Grunde seien Siedlungsbauten unvollendet geblieben. Die Streckung der Arbeit stehe als größtes Hindernis der produktiven Erwerbslosenfürsorge entgegen. Rosemann(U. Soz.) erklärt sich für den Urantraq der Kam- munisten, auch für ihren Antrag betr. Versorgung der Bevölkerung mit Brennstoffen, wünscht für die heute von den Antragstellern an- geregten Erweiterungen Ausschußberatung und empfiehlt dann den Antrag Weyl, einen ständigen Ausschuß einzusetzen, der mit den in Frage kommenden bereits bestehenden Deputationen die produktive Erwerslosenfürsorge in jeder Weise durchfuhrt: dieser Ausschuß hat einen Unterausschuß zu wählen, der mit Unterstützung des Ma- gistrats sofort bei der Regierung vorstellig wird, um von dieser die Bereitstellung größerer Mittel eventuell darlehnsweise zu fordern, um zu ermöglichen: 1. Fertig- stellung aller stillgelegten Arbeiten. 2. Inangriffnahme von Sied- lungs- und Kleinwohnungsbauten, 3. kommunale Fabrikation von Kleidern, Wäsche, Schuhwerk, kommunale Schuhreparaturwerkstätten, 4. Ausbau von Ferntraftwerken. 5. Umbau der Gasanstalten zu Kokereien, 6. Femheizungsonlagen. Von mehreren Seiten ist Aus. Ichußbcratung der ganzen Angelegenheit beantragt_
I a tz o w(Wertsch. Vgg.) hält die Anträge zwar für wert, in einem Ausschuß begraben zu werden(Unruhe links), bittet aber, ihn und die anderen gemeldeten Redner noch zu hören. Dörr(Komm.) protestiert gegen diese Brüskicrung der Ar- beitslo'en, denen man nicht Steine, sondern Brot bieten müsse. Nach Ablehnung eines Schlußantrages wird zunächst in der Be- ratung fortgefahren. Stadtrat Weise gibt Aufschluß über die Ergebnisse des De- triebes„Versorgung von Erwerbslosen usw." und teilt mit, daß der Magistrat neuerdings alles aufgeboten hat, um die Rcichsrczierung Zu einer Aktion zur Behebung der Arbeitslosigkeit zu veranlassen. Die Rcichsregierung habe die Notwendigkeit einer solchen Aktion ebenso wie die der Erhöhung des täglichen Satzes von 19 M. anerkannt. Die heute von Ostrowski erhobenen weiteren Forderungen müßten genauer geprüft werden. Als I a tz o w das Wort erhält, ertönen von den Kommunisten Rufe: Jatzow rausl Unerhört von dem Kerl! Ganz unverschämter Patron! Vorsteher Dr. Weyl ruft die Zwischenrufer zur Ord« nung. Die Kommunisten setzen ihre Zwischenrufe und Unter- brechungen fort, so daß von dem Redner nicht viel verständlich wird. Er hält die Erörterung dieses so weitgehenden Themas im Plenum für unfruchtbar: ein Teil der Anträge bedürfe der Ausschußbe- ratung, ein anderer Teil sei tatsächlich wert, in einem Ausschuh be- graben zu werden(Neue stürmische Unterbrechungen bei den Kommunisten: der Vorsteher ersucht den Redner, so verletzende und beleidigende Ausdrücke zu vermeiden.) B r o l a t(Soz.): Die Not der Arbeitslosen ist in Berlin aufs höchste gestiegen: Berlin zählt 197 990 Arbeitslose. Man soll diese in solcher Rot Befindlichen nicht zur Verzweiflung treiben. Arbeitsgelegenheit für eine gewisse Zeit, also möglichste Streckung der Arbeit ist durchaus notwendig. Der Standpunkt, die Arbeitszeit auf 4 Stunden zu b-cmellen und 79 Proz. des Arbeitslohnes zu zahlen, wird von der Gewerkschaftskommission als richtig betrachtet. Ein Skandal ist es, wenn zu einer Zeit dieser fürchterlichen Not ein Pressevergnügen in Berlin stattfindet, wo ein solcher Luxus und eine solche Verschwen- dung getrieben worden ist. Der Antrag Gäbel ist für Berliner Der- hälmisse eine Unmöglichkeit: er würde 45 Millionen kosten (Widerspruch der Komm.). Arbeitsmöglichkeit wollen wir schaffen und� beantra"� eine entsprechende Aenderung des Antrags Gäbel: im übrigen ist für die ganze Frage Ausschuhbera- hing unumgänglich. Stadtrat Brühl erinnert an die bereits am 23. Dezember 1929 einstimmig gefaßten Beschlüsse und fordert die Versammlung auf, sich einhellig hinter die heute von ihr im Interesse der Arbeitslosen zu erhebenden Forderungen zu stellen. Auf das Tausend Einwohner kämen zurzett schon 41,9 Erwerbslose in Berlin . Reichs- und Staats« behörden müßten endlich ihrer Verpflichtung gegen Berlin sich be» wüßt werden. Hallensleben(D. Dp.) bedauert lebhast, daß diese ufer- lose Debatte stundenlang fortgesetzt wird, obwohl die großen Parteien über Ausschußberatung einig seien. Ein Lchlußankrag wird jetzt angenommen. Das Schlußwort erhält um �10 Uhr Ostrowski, der mit gewaltigem Stimmaufwand gegen Jatzow zu Felde zieht und diesem zu Gemüte führt, was Ihm geblüht hätte, wenn die Tribüne jetzt nicht..mit gedämpfter Trommel Klang" be- setzt würde. Und so etwas wage noch Volksvertreter zu fein!— Von einer Ausschußberatung verspricht er sich absolut nichts. Die Magistratsvorlage wird angenommen. Mit 59 gegen 58 Stimmen wird die Verweisung sämtlicher An- träge an einen Ausschuß beschlossen. Nachdem noch». a. 5H Millionen Mark an Mehrkosten für die Herstellung neuer Linien der ehemaligen Straßenbahn der Stadt Alt-Berlin nochbewilligt sind und der Umwandlung des Friedhofs in der Seestraße in einen Urnenhain zugestimmt worden ist, schließt die Sitzung noch HlO Uhr. die Nilcknot. Bedrohliches Bachlassen der Küchenabsallsammlung. Vom Milchamt der Stadt Berlin , Abteilung Verwertung der Küchenabfälle, wird zurzeit Klage geführt, daß die Sammlung der Küchenabfälle in letzter Zeit bedenklich nachgelassen hat. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, daß, wenn nicht in Zu- kunft erneut die Sammlung intensiv erfolgt, die M> l ch o e r s o r- gung der Stadt für die Kronken und Kinder in Gefahr ge- bracht wird.
Schweres Bluk.
S9s
Roman von Zuhani Aha. „Das tue ich nicht. Ich habe gar keine Lust, mich mit dem in Streit einzulassen. Geh du nur zurück und schmeichle ihm, wenn er aufwacht. Das ist das Beste für dich. So haben's die anderen auch gemacht." „Aber ich tue es nickt!" „Es wäre doch am besten, du tätest es." Der Alte ruderte weg. Marfa ging in den Hof zurück. „Marsal " klang es aus der Hütte...Marketta! Wo bist du? Komm! Komm dock, kleine Marja!" Die Stimme war schmeichelnd, lockend, wie wenn ewer feinen Hund ruft. Marja rührte sich nicht von dem Fleck, wo sie sah. Nach kurzer Zeit erschien Schemeikka in der Tür. „Na. weshalb kommst du nicht! Komm nun! Wo warft du denn hingegangen? Wo bist du gewesen?" Marja antwortete nicht. Als Schemeikka auf sie zukam, stand sie auf. Schemeikka griff nach ihr. „Laß mich in Ruhe!" schrie Marja.. Schemeikka griff wieder nach ihr, aber da stieß Maria ihn zurück, daß er schwankte.„ „Wa— was soll denn das heißen? erzürnte sich Sche- meikka und faßte sie bei den Handgelenken. „Ich habe alles gehört, was ihr gesprochen habt! Laß mich los! Du hast alle Sommer ein neues Mädchen hier ge- habt!" „Hast du vielleicht geglaubt, du wärest die erste? „Und nächsten Sommer bringst du wieder ein neues? "Glaubst du vielleicht, du wärest die letzte?" „Warum wurde ich überhaupt bierher gebracht?" „Ich dich gebracht? Haft du nicht selbst gewollt? Bist du mir nicht in die Arme gelaufen?" Marjas Trotz zerbrach. Schemeikka ließ ihre Hände fahren, und sie sank auf einen Stein. „Was soll setzt hier aus mir werden?" weinte sie. „Meine Mutter wird dich ebenso gut aufnehmen, wie sie alle anderen aufgenommen hat." � „Ich gehe nie dahin, wo deine frülzeren sind." sagte Marja aufschnellend.,.„, „Dann hilft wobl nichts, als daß ich dich noch Haus« fahre» lasse."'
„Und Iuha soll ich dein Kind als Geschenk mitbringen?" „Ist es so?" „Ja!" Schemeikka grinste. „Du sagst, es wäre von ihm." „Das kann ich nicht sagen." „Weshalb nicht?" „Weil ich es nicht kann!" sagte Marja immer erregter. „Dann sag. daß es von mir ist. Vielleicht freut er sich sehr darüber. Ich schenke es ihm." „Du gäbest ihm dein Kind?" „Ich habe auch für andere welche, und habe auch schon welche weggegeben. Habe auch eins und das andere mit seiner Mutter weggegeben."—„Geh nicht, Marja! Ich meine es ja nicht ernst. Du brauchst ja nicht zu gehen, wenn du nicht willst. Ich mache dich auch zu einer Wirttn, wenn es sich trifft. Schiel nur nicht so, al» ob du beißen wolltest. Komm yer, Marja, ich werde schon einen Mann aus deinem Kind machen, wenn es ein Junge ist. Mag er dort unter den anderen herumlaufen— dort find Höfe genug. Tu nicht so, laß uns Freunde fein, kümmre dich nicht, Marja, höre, du bist mir besser als jede andere— besser, hübscher als je..." Er näherte sich ihr mit süßen, noch müden Augen, trüber Stirn, vom Rausche roten Lippen. Wobei Marja zuerst zurückwich, dann stehen blieb. „Mich kirrst du nicht noch einmal mit dem Lied! Rein, du Schlenkerbein, du sollst nicht noch einmal problen, daß ich dich zu Tode drücke— und mein Kind wirst du nicht in deine Herde führen, du Bock. Laß mich in Ruhe." „Sei böse, Marsa, sei nachdem bißchen böse, du bist um so hübscher, je weitender du bist." Da. indem Maria sich erinnerte gehört zu haben, daß man einen Angreifenden in die Herzgrube stoßen müsse— schrie Schemeikka auf und fluchte, Marja siel rücklings hin und wurde ohnmächtig. � Iuha kann nicht, kann nicht immer in dem Glauben leben. daß Marja gern gegangen fei. Er glaubt es. wenn er am Tage arbeitet"und schuftet, bald auf den Aeckern, bald auf der Schwende, bald auf dem neuen Wiesenland, wenn er schuftet, daß es ihn selbst- verwundert, was er fertig bringt. Aber dann geht seine Kraft zu Ende, er wird der Arbeit überdrüssig. mag tagelang nichts davon sehen, weil der gefällte Baum, der i umgewälzte Stein da im Zorn auf Marja gefällt und umge»
wälzt ist. Da wechselt er den Arbeitsplatz, macht sich an etwas anderes— glaubt und glaubt nicht. Gewiß ist es wahr, da Kaifa es gesehen hat und da Marja gedroht hatte; und gewiß hätte er sie nicht mit Gewalt in das Boot bekommen, ohne daß es umgefallen wäre. Und da sie unfreundlich gegen mich war. Wer dann: wie sehr sie mich auch gehaßt hat, konnte denn ein so oerständiger Mensch mit vollem Bewußtsein einen Hof verlassen, der ihm gehörte, für ihn gebaut war, sein eigenes Heim, das er selbst mit geschaffen hatte, und ins Un- gewisse mit einem Fremden, einem FekNd, dem Erbfeind da» vongehen? Wie konnte sie so unklug sein? Sie konnte nicht gern gegangen sein, sie war trotzdem mit Gewalt weggeschleppt worden. Aber sie konnte ja gegangen sein, kvnnt» im Aerger ge» gangen sein, tonnte verzaubert gewesen sein, hat es aber be» reut, hat es sicher schon unten an der Stromschnelle bereut, hat aber nicht mehr entfliehen können. Wenn sie auch zuerst gern gegangen war, dann hatte er sie mit Gewalt weiter» geschleppt. Sie wird noch zurückkommen, wird sich irgendwie davonmachen. Solange es nicht friert, kommt sie wegen der großen Seen und Schnellen nicht fort. Sie mögen es mit ihr gemacht haben wie früher in den Kriegsjahren oft mit den gefangen Fortgeschleppten: haben sie mit verbundenen Augen lange Strecken geführt. Im Winter aber wirft sie sich auf die Schneeschuhe. Läuft immer geradeaus gegen Sonnenunter- gang. Oder vielleicht hat sie schon im Sommer versucht zu entkommen, bat sich aber verirrt urtd ist ermattet und ver- schmachtet. Oder sie haben sie mit ihren Hunden verfolgt und eingesangen. Oder sie ist gar nicht weggegangen. Wenn es ihr dort in ihrer Heimat gefällt. Dort mag es ihr wohl gefallen, und sie hat keine Lust wieder heimzukommen. Hier hat sie es ja auch nicht gut gehabt. Vergnüglich ist es ja bier nicht si">r üe gewesen. Erst wenn ein Fremder kam, fing sie an zu singen und zu lachen und leicht umherzugehen. Wieder packte Iuha die Arbeitswut; er stieg auf den Hügel und schlug Bäume um wie Weidengestrüpp, von dem Hügel sah er die grenzenlosen Einöden, hier und dort einen Bergrücken des fremden Landes. Dahinter ist sie in irgend» einem Gehöft des anderen, geht auf den Hofen des anderen umher. Ob sie nun gern mit ibm gezogen oder mit Gewalt entfuhrt worden ist— dort ist sie. Wer wo? (Forts, folgt)