Ilm so unsinniger und willkürlicher ist es, die Anwendung dieser Maßregeln ins Auge zu fassen, nicht um Deutschland zur Ausführung des Vertrages, sondern um es zu seiner Revision zu zwingen. Die Revision kann nur einoerständ- lich erfolgeit. Fehlt dieses Einverständnis, so bleibt Deutsch - lind nichts anderes übrig, als sich aus den Boden des Vertrages zurückzuziehen und auf ihm zu kämpfen. Es bezieht damit die letzte Verteidigungsstellung im Kampfe des Rechts gegen die Macht.
Selbftmoröpoütik öer il. S. p. Die Unabhängigen haben durch ihren sinnlosen Angriff auf den Reichstagspräsidentcn, Genosien L ö b e, wegen seiner Ansprache in der Reichstagssitzung vom 2. Februar viele Ar- beiter vor den Kopf gestoßen, sie haben aber aus ihrem Fehler von damals nichts gelernt. Acute oeröffentücht die„Freiheit" den unseren Lesern bekannten Aufruf der Gewerkschaften„An die Arbeiter der Welt" unter der lleberschrift:„Eine o e r- fehlte Kundgebung". Sie erklärt im vorhinein, dieser Aufruf werde keinen Eindruck machen, ja, sie entdeckt in ihm sogar„nationalistische Formeln"! Die Unabhängigen er- wecken durch diese schulmeisternde Methode den Eindruck, als ob für sie jede Vertretung des Cxistenzrechts der deutschen Arbeiter gegenüber den Cntentetapitalisten gefährlicher„Rationalismus" wäre. Heute, da Deutschland gegen eine schwerbewaffnete Welt seine Verteidigung nur noch mit geistigen und moralischen Mitteln fuhren kann, schiene uns ein Streit um das Recht der nationalen Verteidigimg wenig angebracht. Mögen die Lei» trauensleute der Unabhängigen doch in den Betrieben herumhören, sie werdey dann finden, daß es keinenAr- beiter gibt, der die Haltung de? ll.S.P. versteht___ Em neuer �NotgarAiften''prozeß. Kassel , S. Februar.(Eigener Drahtbericht des„Vorwärts".) Am 14. Februar beginnt vor dem Sondergericht des Gruppen- tommandos II in Kassel die Verhandlung gegen die kürzlich im Ruhrgebiet verhafteten Führer der„Roten Armee". Sechs der da- mals Verhafteten befinden sich in Kassel in Untersuchungshaft. Ferner werden nach etwa weitere vier Personen als Angeklagte vor dem Sondergericht erscheinen. Die Verhandlung, die vom Land- gerichtsrat Hartmann in Kastel geleitet wird, dürste 14 Tag« dauern. Die Anklage wird vom Stvatsanwaltsrat Dr. Meyer» Kastel vertreten. Ms Verteidiger werden die Rechtsanwälte Wolfs- Düsseldorf und Levy- Essen auftreten. Die Anklage ist auf Grund der bekannten Verordnung vom 3g. Mai 1920, betreffend die Dil- dung von Verbindungen militärischer Art, erhoben worden. Der Rechtsanwalt Dr. Levy schreibt nun dem„Kasseler Volks. blott": Es werden in der Angelegenheit der„Roten Armee", an» geblich von Münster , teilweise durch MTB. fortwährend falsche Gerüchte verbreitet. Demgegenüber lege ich als Verteidiger der Angefchuldiaten Wert darauf, zu erklären, daß bisher bei allen Haussuchungen noch nicht eine einzige Waffe gefunden worden ist, so daß also die„Bewaffnung" der„Roten Armee" ledig- lich in der Phantasie besteht.
Stinaes-tzeuchelei. Au den Preußemvohlen erfreut die„Deutsche Volkspartei " ein- mal wieder des Wählers Herz durch illustrierte Bilderbogen, gedruckt und bezahlt von Herrn S t i n n e s. Der eine richtet stch„an Preußens Frauen" und man kann in geschmackvoller Weife darauf bildlich dargestellt sehen, wie eine deutsche Frau von einem scheußlichen Neger vergewaltigt wird, ferner wie England und Frontreich sich des deutschen Besitztums bemächtigen, wie einer Frau öer Zopf abgeschnitten wird usw. usw. Dos ganze wird de- gleitet von Versen oder besser gesagt Reimereien, aus denen hervorgehen soll, daß die Frau nur die Deutsche Volkspartei zu wählen brauche, um den Druck der Entente und das Diktat von Versailles loszuwerden.
Tribüne: Shaw-Menö. Die beiden hier In Berlin zum ersten Male gespielten Einakter sind echter Shaw. An früher b»reits von ihm behandelte Motive anklingend, besprechen sie verschiedene, ja gegensätzliche Grundzüge seines komplizierten Wesens charakteristisch wieder. Im ersten Stückchen:„Der Mann des Schicksals" spricht Shaw, der skeptisch amüsante Plauderer, an den man, wenn von ihm die Rede ist, ja stets in erster Reihe denkt. Shaw hat Napoleon als Typ der großen Männer, dre ja bei näherem Zusehen oft— und zwar nicht nur für ihre„Kammerdiener"— recht menschlich klein erscheinen, bereits im„Schlachtenlcnkcr" persifliert. Er ist auch hier der Mittelpunkt des unterhaltsam lustigen Spieles, über dessen Un- Wahrscheinlichkeiten man gern hinweg sieht. Es dreht sich um das Geplänkel mit einer„fremden Danre", die als österreichische Spionin einem drollig dummen französischen Leutnant Staatsdepeschen ob- geluxt. Die List und die Courage, mit der sie sich verteidigt, ab- wechselnd die Register der Schmeichelei und weiblicher Zorncrgüsse auszieht, imponiert ihm wider Willen. Tin Theatereinfall entscheidet in der Komödie ihren Sieg. Verkleidet zwingt sie ihn, die über- lieferten Briefe angelesen ihr zurückzugeben. Der Eroberer wird von ihr erobert. Im Hin und Her des Dialogs blitzt überall der tein? Shawfche Spott. Sehr hübsch ist namentlich die Szene, � in er Bonaparte nach dem Bekenntnis, daß er bei seinen Taten einzig immer nur an sich gedacht, dann in den osfiziellen Programmstil seines französilch-republikamschen Patriotismus zurückverfällt und von der klugen Partnerin ausgelacht wird. Maria Fein war glän- zend in der Rolle. Gut auch Jakob Feldhammer, der in lugendlich snmpathischcr Erscheinung mit starker Unterstreichung des explosiven Temperament» d»n Bonaparte spielte, und T i e d k e in der beschaulich-zufriedenev Korttrastfigur des rundlichen italienischen Gastwirts „Blcnco Posnets Crweckua g", ein Drama aus dem amerikanischen Westen, erinnert in der etwas melodramatisch sen- sationellen Aufmachung wie in Gedanken und Tendenz an den „Teufelskerl". Man hört fco wiederum den Shaw der„Puritaner- stücke". Posnet ist gleich dem Teufelskerl«in wild verwegener Burich, der den Haß und die Verachtung de? anständigen Gesellschaft in trotziger Auflehnung ihr doppelt zurückgibt. Ein Vagabund«nd Rebell, der noch im Angesicht des Todes dem lieben Gott die kleinste Reve''snz verweigert. Ein Pferdedieb, der. von den Formern vor lbr Gericht geschleppt, Männer und Frauen lästerlicki verhöbn.t und bei alledem zu diesem Hohn ein Recht hat. Die schadensteche Nachsucht der in ihren Eigentumsinstinkten tief gekränkten Sippe wird in Szenen voll unbarmherzig krassem Noturalismus vorgeführt. Man hct den Uebsltäter au° der Landstraße als Fußgänger vsr- haftet, aber das Zeugnis ei«er Dune, die ihn reiten sah, gilt als genügender Beweis der Schuld. Er wird den Raub verkauft haben, so meint man: dann aber üellt„s sich heraus, daß dieser Lump, der aui dem Resse leicht entkommen tonnte, das Tier einer armen Frau überlasten, die zur Rettung ihres todkranken Kindes den Landarzt holen mußte Die fremde Not ist ihm an» Herz gegangen.
Das ist außerordentlich kühn in demselben Augenblick, wo die Deutsche Volkspcrtei gerade einmal wieder krampfhaft nach„Per- breiterung der Regierungsbasis" schreit, weil sie sich gegenüber den E-Uentesorderungen nicht mehr zu Helsen weiß. Auf den Flugblättern schreibt man:„Nur die Sozialdemokraten aus der Regierung heraus und wir werden gegenüber der Entente machtvoller auftreten!", in der Praxis wimmert man: „Liebe Sozialdemokraten , kommt doch nur in die Regierung herein, damit wir gegenüber der Entente stärker austreten können." Das ganze ist ein schöner Deweis für d'e Heuchelei der Stinnes-Agitation. « Herr Stinnes arbeitet nicht nur für seine engere Partei, er fabriziert auch Plakate für den gesamten Bürgerblock. Auf einem dieser Plakare sieht man, wie ein gräßlicher Strolch mit roter Ballonmütze von hinten einem deutschen Gelehrten mit Brille und Laboratoriumskittel den Hals umkrallt und ihn erwürgt. Neberschrift:„Nieder mit den roten Würgern— wählt bürgerlich!" Wer glaubt, mit solchen Plakaten auf die Männer der deui- fchen Wissenschaft Eindruck zu machen, der verrät nur, daß er in Wirklichkeit eine sehr geringe Meinung von ihnen hat.
»In öffentlichem Intereffe/ Das Oldenburger Schöffengericht verurteilt« de» politischen Redakteur unseres Rüstringer Parteiblattes, den Genossen K l i ch e, zu einer Geldstrafe von 300 M. Das betreffende Blatt hatte im März vorigen Jahres einen Artikel der„Mecklenburgischen Volkszeittmg " nacha?d:"ckt, in dem dem General v. Linsingen Lorwürfe wegen dessen" ätigkeit in den Karpathen gemacht wurden. Herr o. Linsingen hat später gegen die„Mecklenburgische Volks- zeitung" Beleidigungsklage angestrengt und, da der Einsender des Artikels seinen Namen nicht genannt wissen, auch den Wahr« h e i t s b e w e i s nicht antreten wollte, eine Verurteilung des Rostocksr Blattes erzielt. Kurze Zeit darauf ermittelte jedoch die Behörde den Beriasier des Arnkels in der Person des dortigen Polizeimajors Etscheid. Dieser wurde wegen seines Kneifens aus dem Dienst entlasten, außerdem ließ der General Linsingen gegen ihn ein Verfahren einleiten, das noch nicht erledigt ist Wegen des durch unser Rüstringcr Blatt lediglich zitterten Artikels stellt« „in öffentlichem Interesse" auch der Oldenburger Staatsanwalt An- klage, welcher sich v. Linsingen als Nebenkläger anschloß. Das Re- fullat war die obige Strafe. Hoffen wir, daß in Zukunft Staatsanwälte ein öffentliches Interesse als vorliegend auch dann erblicken, wenn beispielsweise gegen sozialdemokratische Beamte ehrenrührige Bor- würfe erhoben werden!— Befremdend bleibt auch, daß Herr v. Lin° singen bzw. dessen Vertreter noch besonderen Wer» auf die Ve- strasung eines Redakteurs legten, nach dem der Verfasser des Ar- tikels bereits in der P-uckon eines Stabsoffizier» ermittest wurde. Sozialdemokratische Minister, Beamte und Abaeordnete, die man von rechter Seite im letzten Jahre zu Dutzenden beleidigte und verleumdete, ohne j«wellig den Wahrheitsbeweis vor Gericht führen zu können, handelten in solchen Fällen durchweg konzilianter, n. h. begnügten sich in Fällen, wie dem vorliegenden, mit einer ent- sprechenden öffentlichen Erklärung und verzichteten auf die Bestrafung des Redakteurs.
Das herrliche alte Greußen . Bei der Lgstation der Rechtsparteien spiest bekanntlich der Hin» weis darauf, wie herrlich wir doch früher gelebt hätten, eine große Rolle. Natürlich lebte es sich in Deutschland angenehmer und besser, ehe die H o h e n z o l l e r n und ihr« getreuen Anbeter, die bürge?» lichen Parteien in den Weltkrieg Hineintaumetten und ihn verloren. Aber gelegentlich haben In der Preußischen Landesver- sommlung selbst die Reaktionäre zugegeben, daß im asten Preußen für alles gesorgt wurde, nur nicht für das Volk. An ein paar solcher Geständnisse zu erinnern, wird nützlich sein. Wie früher die preußische Verwaltung ein Monopol junkerlicher Juristen war, deutete der Lolksparteller Dr. v. Richter sehr zart mit folgenden Worten an: „Ich habe schon früher einmal dargelegt, daß unter der früheren Regierung bei der Auswahl der Berwaltungsbe- omten noch meiner persönlichen Ansicht, aber auch nach Auffas- sung meiner politischen Freunde nicht immer ohne eine gewisse EinseiNgkeil vorgegangen worden ist."(Stenogramm Spalle 1436.)
Sein Mitgefühl gab ihm die Kraft zu höchster Opfertat. Aber auch diese Feststellung hätte ihm noch nicht vom Galgen geholfen. Erst als die von ihm beleidigte Dirne, die ihn durch ihr Zeugnis ver- derben will, von solchem Anspiele der Großmut unwillkürlich an- gesteckt, die Aussage zurückzieht, läßt man ihn laufen. Die Dar- stellung des sonderbar fremdartigen Gesellen durch Jakob Feld- Hammer war eine Leistung hohen Ranges. Jeder Wendung war der Stempel knorrig eigenwilliger Urwüchsigkeit aufgeprägt. Conrad Schmidt .
Carl Hauptmann , der Dichter und Alensch. Einer unserer fein» sten Erzähler, ein ewig Strebender, der stets von neuem ans der tiefen Innerlichkeit feiner Seele heraus mit den Problemen de» Menschentums auch als Dramatiker gerungen hat. ein deutscher Dichter ist dahingegangen. Gerhart Hauptmanns älterer Bruder, den meisten immer nur des„Weber"-Dichters Bruder, aber seiner kleinen, doch um so treueren Gemeinde ein über alles geliebter Poet. hat, viel zu früh und gewiß lange vor seiner höchsten Reife und Verklärung, die Feder aus der.Hand gelegt, die bei ihm nie vom Hirn, die ihm stets vom Herzen geführt worden ist. Und aus seinem Herzen sprach stets die Seele eines Dichters, die in den dargestellten Gestalten seiner Einbildungskraft nach der Seele gesucht. Das Helle, Leuchtende, Göttliche im Menschen war es. dem seine dichte- rische Sehnsucht galt, und wie Paill Heys« einmal von sich gesagt hat, er könne keinen Menschen schildern, an dem nicht wenigstens irgend etwas Gutes den dunklen(öharakter erleuchte, so wer� euch für Carl Hauptmann das Döse allzeit nur eine flüchtige Phase im Kampf ums Licht. Nicht manchem unter den Dichtern unserer Tage ist der Kampf um Anerkennung so schwer geworden wie dem einsamen Poeten von Schreiberhau . Don Natur kränklich, frühzeitig vom strahlenden Ruhm des jüngeren Dichterbruders überschattet, hat Carl Hmipt- mann von Werk zu Werk schwer gerungen, lange Jahre hindurch, ohne in der größeren Oefsentlichkeit mehr als laue Zustimmung zu finden. Er war alles andere denn dem Naturalismus ergeben: er war im Gegentell einer der stärlsten, wenn nicht der stärkste Romein Liker unserer Tage. Er suchte das Göttliche im Menschen, und er steh ihre Seele ringen nach Höhe und Vollendung. Dieser Fauftisck)« Drang überstieg gewiß oft seine dichterische Kraft, und so kam es, daß so manche seiner Werke om Ende enttäuscht haben. Aber sein Streben ging stets ews aus lichte Erkenntnis und höchste Rcinhcst der Empfindung. Die letzten Jahre seines Schaffens galten vorwiegend der Bühne.„Die lange Jute",„Die armseligen Vesenbinder", seine „Rebhühner" und besonders„Tobias Buntschuh" bezeichnen durch- weg mehr oder weniger erfolgreiche Etappen in seinem steten Kampf um den großen dramatischen Erfolg, den er freilich nicht des äußeren Glanzes wegen, sondern aus innerem Drange gesucht hat. Sein gewottige» Tedeum„Krieg" ist eine visionäre Vorahnung des Ungeheuerlichen, dos sich bald nach dem Erscheinen des Werkes er- eiepiet hat: denn dieses Tedeum erschüttert durch eine fast über- irdisch« Phantchttk und durch eine Ethik, in der das menschliche Glaubensbekenntnis des Dichters zum Ausdruck kommt. H.T.
Ehrlicher lind deutlicher wurde der derckichnakionecke Abgeordnet» Dr. Negenborn: „Ich glaube, wir«erden alle miteinander erkennen müssen: auf diesem Gebiete der W o h n u n g s f ü r s o r g e liegen nicht Unterlassungssünden vor, da liegt mehr vor, da liegt Schuld vor. Wenn wir dazu übergegangen wären, wirklich mit Kraft diese Frage zu lösen— und sie konnte gelost werden. sie kommt uns, vom heutigen Standpunkts aus gesehen, für die Zeit vor dem Kriege kinderleicht vor—, wenn wir unsere sozialen Ppflichten erkannt hätten, dann wäre uns manches von dem, was wir erlebt haben, erspart geblieben." (Stenogramm Spalte 1649.) Der oalkspartelliche Abgeordnete T e g« d e r gestand, daß in der Lehrerbejoldung im alten Preußen viel gesündigt worden sei und daß groß« Notstände geherrscht hätten: wenn jetzt in Teile der Lehrerschaft ein radikaler Geist eingezogen sei. so sei das auf die frühere Dehondlung zurückzuführen.(Stenogramm Spotte 1316.) Der deutschnotionole Abgeordnete Ebersbach erinnerte We Beamten daran, daß auch sie von der allen poeußischen Regierung der größten Not überliefert worden seien und setzte deren „Wohlwollen" für die Beamten höhnisch in Ansührungsstrieye. (Stenogramm Spall« S098.) Den Bergarbeitern xief der ZentrumsabAeordnete K o ß- mann ins Gedächtnis, wie schlecht die alte Regierung für sie, ihre Invaliden, Witwen und Waisen gesorgt hat; hinter allen Reden hätte nichteineeinzigeTatsürsie gestanden.(Steno - gramm Spott« 2007.) Den Landarbeitern aber rief der Zentrumsabgeordnete Bergmann zu: „Wie Ist es früher gewesen? Eine zum Teil geradezu un- würdige Abhängigkeit— dos sage ich auch als christlicher Arbeiter—; dann die veralteten Gesinde« Ordnungen; zum großen Teil ausländische Arbeits» träft«, die als Schmutzlonkurrenz gegen die deutschen Arbeiter mißbraucht wurden: die V o r o n th al t u n g und Verkümmerung des Koalitionsrechts;— solche Zustände heme die deutsche Landarbeiterichaft in der Vorkriegszeit zu beklagen."(Stenogramm Spalte Z703.) Selbst in allgemeinen Kulturfragen, in denen es nicht in erster Reih« um die Minderbemittelten ging, hat das alte Preußen versagt. So gestand der deutschnationale Abgeordnet- W e i ß e r m e l, daß die alte Regierung die M o o r k n l t u r crz vernachlässigt habe.(Stenogramm Spalte S373.) Es ist die» derlelbe Abgeordnete, der für die Deutschnationale Volkspartei rm Landwirt- sehaftsausschuß dem sozialdemokratischen Landwirtschaftsminister Otto Braun die böchst« Anerkennung dafür ausgesprochen hat, daß er die M o o r t u l t u r so tatkräftig fördere, und der Volks- parteiler Held fügte ein warmes Lob für Braun wegen feiner Förderung der Siedlungstätigkeit und der Bersorgimg der Landwirtschaft mit künstlichem Dünger hinzu— Anerkennungen, die jetzt im Wahl kämpf die Rechtspresse vergeblich aus der Weit zu lügen sucht.
Sankt Sernharö am Morterpfah!. In letzter Zeit muß die Zahl der Beschwerdebriefe aus Abon- nentenkreisen der-„Vossischen Zeitung" wegen der„kontinental- volittschen" Stellimg des Blattes und noch mehr die Zahl der ab- bestellten Abonnements stark zugenommen haben, denn der kill» steinsch« Verlagsdirektor Georg Bernhard fühlte sich veranlaßt, sich und seine„Polittk" vor seinen unzufriedenen Lesern zu recht» fertigen. Er lud dl« Protestanten zu einer Zusammenkunft ein, in der er seine außenpolitischen Ansichten rntwickette. Nach einem De» richt der„Deutschen Zeitung" soll der Bcrnhardsche Vortrag, trotz allerlei wichtigtuerischer Andeutungen über Gehelmnisse der Ententegötter. die er zwcir kenne, jedoch nicht der Oeffent- lichkeit freigeben könne, sehr wenig überzeugend gewirkt haben. In der Diskussion wurde die„Kontinentalpolttik" scharf kritisiert. Was würden aber erst die Leser der„Voß" sagen, wenn sie wüßten— was übrigens in Berliner Pressekreisen seit Monaten allgemein bekannt ist—, daß innerhalb der Ull st einschen Redaktionen selber die schärfsten Meinungsverschiedenhetten über den Wert der Bernhardschen Theorien bestehen und daß die Fortsetzung des kontinentalpolitischen Kurses nur mit stets ab- nehmender Stimmenmehrheit in Aufsichtsrots- und Redattivns- sttzunzen beschlossen wird?
Kokoschka aus der Bühne. Das Drama„Orpheus und E u r y d i k e" von Oskar Kokoschka , fand bei seiner Uraufführung im Frankfurter Schauspielhaus starken Widerspruch, gegen den eine kleine Minderheit anzukämpfen versuchte. Der Versuch, die Handlung begrifflich zu erfassen, wäre sruchilos. Es hieße auch dem Werke Gewalt antun und den Hauch dieser oft visio» noren Seelensprache verflüchtigen. Denn der Angelpunkt dieser lite» rarischen Er!a'>finunosfonn— zu Unrecht„Drama" genannt und fälschlich als Theaterstück aufgefaßt und behandcll— liegt ganz wo anders. Er ruht im Musikalischen, im Klang des Werkes (nicht der Worte), der allmählich das Seelische entschleiert. Rein und von hauchzarter Bildsamkeit ist seine orpbische Seelenmusik: aber wenn die«prache nach Gestaltting und Gedanklichkeit verlangt, wird sie rauh und dunkel, die Bilder fließen ins Undurchsichtige. Die Frankfurter Uraufführung brachte denn auch kein gutes Gelingen. Ein Sünstlerstreik gcnen einen krittker. Aus Gera wird ge- schrieben: Gegen den Kritiker der„Oftthüringer Tribüne"(U.S.P.) ist dos gesamte Personal de» Reußisqen Theaters und der Reußi- sehen Kapelle solidarisch aufgetreten und hat jede künstlerische Tätig- lest in Anwesenheit dieses Kritikers eingestellt. Dem Kritiker wird von seinen Gegnern größte Unsachsschkeil, Einmischung in intern« Fragen des Theaters und„durch Parteipolitik völlig verdorbenes lünftleriiehes Urteil" vorgeworfen, ferner überhaupt jedes musikalische Verständnis abgesprochen. Besonders verwahrt sich das Theater gegen die Angriff» gegen den ehemaligen Fürsten von Reuß, dessen Großherzigkeit und Kunstlied« dos Theater allein seine Existenz verdanke. Die„Ostthürinaer Tribüne" hat daraufhin jede Kritik über die Ausführungen des Reußischen Theaters eingestellt.
E-rstauffüb rangen der Woche. Do. Trlanoickheaker:„Die Gefells ch alt de» Abb« Lbateailneus". Tos lbeater dcS Wrs«««S wird für dielen Eonnner von dem frfhnen Eisenacker Stadlibeaterdireklor Richard Treu übernommen. Er gedentt Oderetten za jvlelcn und Iom tag» litermische Matineen zn v-ranballen. U. a. will er„Robert GuiCeerd" von fileift in der Ergänzung von Fr. Schroeder mit Basiermann und KrauSneck w den Hauptrolle» geben. Uraniavortröge. Sonntag, Donnerstag, Freitag:„Von San Rems nach Florenz ». Montag:„Sranien». Dienstag:„Die Schönheit der deutschen Landtchaft". Sonnabend:„Aeanpten>mb der Nil". Mittwoch ivricht Käte Hccht über:„TaS Seelenleben der Tiere, photographische Streifzüge". Kunstvorträge. Fn der Auesiellung„Alt-Thwa— Orchideen— Kakteen"(im Hodenzolleln-Kunstgcwerbehau») findet ein VcntrnoSzhklU» über att-chinesilche Kultur statt. Jim 9. Februar gibt William Cohn ein» lübrende Vemei lungen zur chinesischen Kunst.— Konstamln Umarökh au» Moskau lätt am Mittwoch im„Stnim" einen Vortrag über„Die neue Kunst tn Sowjet-Rusiland.- Beim Eauklrrfeft der Schule Reimoun am 8. Februar in den Sälen des Zoologischen Gartens wird ela proner GauNcrumzug unter MiNvirkmtg bekannter Künstler fett Höbevunkt bilden. Er wird gestimt und bei der Nachfeier om 12. Februar ziu: Borjührunz gelangeu.