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Seilage öes Vorwärts
Dienstag, 8. februatmi
GroßSerlln der hastunfähige Millionenschieber. In aller Stille ist der vor einigen Wochen verhastete Brannt- treiuaqent Martin Cohen, der im Verdacht steht, großzügigste Schiebungen ausgeführt zu haben, aus der Haft entlassen tr orden, nachdem er entsprechend seinen pekuniären Verhältnissen — Cohen besitzt rund 50 Millionen— eine Kaution von 7.".0 000 M. gestellt hat. Die Haftentlasiung Cohens, dem gewagte Geschäfte vorgeworfen werden, befremdet nicht nur die Oeffentlich- ke>t, sondern auch Justizbeomte, die wohl bester als feder andere in der Lage sind, die Transaktionen des Herrn Cohen zu über» sehen. Räch seiner Festnahme wurde Cohen dem Amtsgericht Char- lottenburg zugeführt. Das vorliegende Material gegen Cohen war so belastend, daß der frühere Agent in Haft blieb. Das Verfahren wurde dann der Staatsanwaltschast beim Landgericht I übergeben, d'e ihrerseits weitere Ermittlungen anstellte, die sowohl von der Branntweinmonopolverwaltung als auch von der Polizei in Hamburg Auskünfte einzog, um einen Ueberblick über die sehr verwickelten Geschäfte des Herrn Cohen zu erhalten. Der Verhastete aber .erkrankte' sehr bald und mußte in das Krankenhaus Westend über- geführt werden, wo er dann den Antrag stellte, von einem Gerichts- arzt auf feine Hastkäbigkeit untersucht zu werden. Das Gutachten des medizinischen Sachverständigen fiel zugunsten Cohens aus, und so wurde der Hattbefebl, der nur aui vier Wochen lief, von der Staatsanwaltschaft nicht erneuert. Coben wurde am 13. Januar aus dem Krankenhaus Westend entlasten und suchte sofort ein Sanatorium auf. Inzwischen läuft die llntersnchung weiter. Die Staatsanwalt- -fchaft bat die Alien jetzt dem Untersuchungsrichter übergeben, der das Recht hat, falls fick die VerdachiSmomente verstärken,«inen erneuten Haftbefehl zu erlösten.
der Referent den Versammelten, daß sie nur in der Sozialdemokratie diejenige Partei erblicken könnten, welche sich ihrer Jnter- esten in der ernstesten Weise annehme. Der starke Beifall der An- wesenden bewies, daß Giebel den Beamten aus dem Herzen gs- sprachen hatte. Dieser Eindruck konnte auch nicht verwischt werden, als ein bürgerlicher Vertreter sich der vergeblichen Mühe unterzog,
Jestnahme eines RaubmSrüers. Bor«inigen Tagen wurde der Müller R ö p e r t in Ließen be Frankfurt a. O. von zwei jungen Burschen überfallen, erschosten und beraubt. Gestern früh gelang es der Kriminalpolizei, einen der Täter namens Walter Lepke in der Wohnung feiner Mutter in Friedrichsbagen festzunehmen. Sein Komplize ist noch flüchtig und sonnte bisher nicht ergriffen werden. kommunaibeamte unö Lanütagswahlen. � Beamte. Angestellte und Hilfskräfte der Stadt Berlin waren gestern sehr zahlreich im Bürgersoal des Rathauses versammelt, um einen Vortrag d'e» Stadwerordneten R. Hermann über die Be- deutung der Landstagswahlen zu hören. Der Redner wies zunächst auf die Bedeutung der Landtagswahlen im allgemeinen und im besonderen für die Beamten und Angestellten hin, denn diese hätten olle Ursache, auf ihre Freiheit und Existenz bedacht zu sein. Die reaktionären Parteien, die früher unter anderen Namen als heute omtroten, haben niemals ernstlich das Bestreben gezeigt, für Freiheit und Existenz der Angestellten und Beamten in den gefetzgebenden Körperschaften zu stimmen. Sie haben sich vielmehr mit aller ihrer Macht dagegen gewehrt, das Dreiklastenwahlrecht aufzuheben, den unteren Beamten blieb bis zur Revolution nur ein beschränktes Recht. Erst nach der Umwälzung hat auch der Beamte und Angestellte die er- wünschte Freiheit erholten. Man gibt sich jetzt freilich die größte Mühe, die Sozialdemokratie zum Sündenbock für die derzeitigen schlechten wirtschaftlichen Verhältniste zu machen, obgleich diese wie «iuck> der Krieg auf dos Schukdkonto ihrer Gegner gebucht werden wüsten. Wir, die Beamten und Angestellten, müsten mit den Hand- werkern und Arbeitern zulammengehen. Wählen wir also bei der Wahl am SO. Februar Sozialdemokraten. (Stürmischer Beifall und Widerspruch.) Aus den Reihen der anwesenden Gegner sprachen mehrer« Redner gegen die Ausführungen des Referenten, sie wurden aber von den Genosten Engler und Riesttahl gründlich abgewiesen. « Die Beamten und ihre Stellungnahme zur BepubM behandelte in einer gleichfalls gutbesuchten Beamtenversommlung in Karls- Horst Genoste Giebel. In prächtiger 1� stündiger Red« zeigte
Geffentl. Wählerversammlungen henke, Dienstag, den S. Aebruar, abends 71/; Uhr: Schöneberg ! Ublandsckiule, Kolonnenstr. 2S/2g. Referent: Gnsiav Heller, M d. L. Geffentliche Irauenversammluog: Marien darf: Aula des Gymnasiums. Kaiserstraße. Referentin: Gertrud Hanna , M. d, L. Morgen, ZMkswoch. den 9. Februar, abends Uhr: Charlottenburg : lBeamtenversammlung) VolkShauS, Rosinenstr, 3. Re'erent: Gustav Heller, M. d. L. Neukölln( 9 1. und 9 4. Abteilung): Kindl-Brauerei, Hermannstraße, Referent: Heinrich Ströbel . Tempekhof: Gymnasium Kaiserin- Augusts- Straße. Referent: Friedrich Bartels, M. d. L Lichterfelde: Oberrealsrbule Ringstr, HS.„Die Beamten und die LandtagSwahl'. Referent: Karl Giebel, M, d. R. Geffentlkche Irauenverfammlaag: Buchhoh: bei Höckel, Pasewalker Str. 67. Referentin: Minna Todenhagen . Hausangestellte: Grunewald : im Lyzeum, Siemensstr. 14. Referentnr: Luis« Käbler. M. d, S.
den Referenten zu widerlegen. Der Berlauf dieser Dersammlrmg läßt aus«inen guten Ausgang der Wahl am 20. Februar für die Sozialdemokratie unter der hiesigen Beamtenschaft schließen. Die voppelwohnung der Gräfin. Die breite Mäste in ganz Deutschland weiß, daß wir eine große Wohnungsnot haben. Di« breite Masse in Berlin ist unterrichtet seit dem Monat Oktober, daß in der Tiergartenstroße«ine alte 69jährige Frau, d'e durch viel interessante Geschichten bekannte Gräfin Wartensleben , eine geborene Schäfier-Deui wohnt. Ganz Berlin und alle Zeitungen waren voll, als das Wohnungsamt mit feinem Direktor die Erklärung in allen Zeitungen abgab, daß er diele Wohnung bereits feit Jahren vielleicht 5— kmal beschlagnahmt hatte, und nur dadurch, daß diese Gräsin ihn durch die falschen eidesstattlichen Berstcherungen ihrer Nichte und eines jungen Prinzen ewig täuschte, und dadurch, daß diese Gräfin«ine Selbswersorgerin mit einem 3000 Morgen großen Gut durch den Portier des Hauses allwöchentlich S Lebensmittelkarten abholen sieh, nur um den An- schein zu erwecken, chr« Wohnung wäre voll belegt, konnte da» Wohnungsamt bis zu dem Tag nichts unternehmen, bis der Reichs- iaq die Schiebungen dieser Gräfin aufdeckte, und vor der breitesten Oesfentlichkeit brandmarkte. Was lag also näher als daß 1, die Oberstaatsamvaltschafi die Angelegenhest rmtersuchre, und daß 2, das Wohnungsamt von dem ihm durch Gesetz gegebenen Rechte Gebrauch macht, die Wohnung neu zu beschlagnahmen und mit aller Energie die Möbel zwang»- weise, wenn nicht anders/ lzeraussetzt. Jedoch, der Mensch denkt, und der Vertreter des Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg lenkt. Zwei neue Beschlagnahmungen, zwei neue Rufe ergingen an den Ritter dieser ehrenwerten Gräfin Herrn Dr. von Bluhm«. Er ollein im Deutschen Reich hat nichts von all dem gehört und gelesen, was Reichstag , Oeffentlichkeit und olle Zeitungen besprochen haben. Der Wohnungsdirektar hat die Wohnung beschlagnahmt als Doppelwohnung(die SOjährige Gräfin bewohnt noch em Schloß allein mit 3000 Margen Land), der adlige Dr. von Bluhme verbietet dem Wohnungsdirektor die Beschlagnahme durchzuführen, denn das Gesetz über Doppelwohnungen sei noch nicbt ganz geklärt. In einer uns übermittelten Zuschrift des Oberprösidiums wird betont, daß das Wohnungsamt noch keine Erklärung herbeigeführt habe, welch«
Wohnung die Gräfin als Hauptwohnung betrachiei, die in der Hohen- zollernstraße oder die in ihrem Schloß, Di« Beschlagnahme war somit aus rechtlichen Gründen aufzuheben. Do die Gräfin in- zwischen das eine Stockwerk freiwillig geräumt und gleichzeitig erklärt hatte, daß der verbleibende Teil ihre Hauptwohnung l«i, die sie zu behalten wünschte, und nachdem ferner Anweisung gegeben war, die Blankenfelder Wohnung für Wohnungsuchende in Anspruch zu nehw'ZN, kann es sich nunmehr nur noch darum handeln, wieviel Zimmer ihrer jetzigen, einzigen Wohnung ihr noch zu belasten sein werden. Gott helfe Deutschland ! Arme, arme demokratische Republik, in der man erleben muß, wie einer Gräfin wegen die Gesetze zu- fällig von einem Herrn von— so ausgelegt werden, wie alle übrigen Menschen sie nicht verstehen können, Tchustkunstausstcllungeru Der Bund für SchuIfiinstauSsiellunqen eröffnete am Sonntag in der Aula des Sophien-Lbzeums die erste seiner Kunstausstellungen, der kckion, in näSster Zeit weitere in Schulen von Schönebera. Lichtenberg und anderen Stadtteilen folgen werden. Der Direktor dieser Anstalt, Dr. W a ck e, hob hervor, daß diele Kunstausstellungen berufen seien, wahre Kunst in Schule und Haus zu trogen. Kunst-- werke aller Richtungen, ausgesucht unter Mitwirkung der Künstler- vereine, werden vormittags den einzelnen Schulklassen, abends geleaentlich der Elternversommlungen den Eltern der Schulkinder gezeigt und können in den Nochmitlagsstnnden allgemein besichtigt werden. In allen weiteren Ansprachen, die Vertreter des Groß- Berliner Philologenverbandes, des Berliner Lehrerverbandes und die leitenden Herren des Bundes, darrmter der Geschäfisiübrer Großmann, hielten, kam die Freude darüber zum Ausdruck, daß in diesem Bunde last sämtliche Lehrervereine und Künstlervereinigungen von Berlin zusammenwirke«, gegenwärtig schon 35 Vereine mit über 80 000 Mitglieder._ Tie Obdachlosen- Die Belegung b»S städtischen Obdachs war auch im Monat Januar ungewöhnlich stark. Es wurden im ganzen 66195 Männer iowie 8585 Frauen, zusammen 69780 Obdachlose beherbergt. Im Januar des Vorjabres waren es nur 17 090 Männer, 851 Frauen, zusammen 17 941 Obdachlose. Die Belegung gegen das Borjahr ist also viermal io bocb gewesen. Die stärkste Belegung wie? der 31. Januar mit 2477 Obdachlosen aus. die niedrigste Be« legung der 1. Januar mit 1926 Obdachlosen.
Das Bezirksamt des 14. Verwaltungsbezirks soll am kommenden Montag gewählt werden. In der letzten Bezirksversammlimg wurde vom NeunerauSichuß berichtet, daß als Bürgermeister Genoste Scho lz, als dessen Stellvertreter Radtke tU S.P.), als Stadtmedizinalrat Genosse Dr. Silber st ein, als Baurat der bisherige Hockibaurat Z iz ler und als besoldete Stadt- räte Schneider, Waldheim, Dr. Löwen st ein(U.S.V.), Lücke(K.P.D. ). Treffert(Bg. Vg.) vorgeschlagen werden sollen. Der zehnte Stadtrat, welcher ein Jurist sein soll, ist noch nicht bestimmt. Alsdann hatte die Versammlung sich mit den in anderen Bezirken sowie in der Berliner Stadtverordnetenversammlung bereiis gestellten zahlreichen kommunistischen Anträgen z» beiassen. Da keine Neigung bestand, sich in kruchtloien Debatien über die lediglich aus Agiiationsrücksichten gestellten Anträge zu ergehen, winden dieselben dem Berliner Ausschuß als Material überwiesen. Vor Eintritt in die TaaeSordrnrng wählte die Versammlung als Vor- stebrr G o t t i ch a l k<U S.P.V, als Stellvertreter Kunze(S.P D.) »nd als Beisitzer Walter(K P.D.i und Tresnack(Bg. Bg.). Al-Z SitzungStag wurde der Montag festgesetzt.
, Der uubesoldete Stadtrat Dr. Sarl Viller ist naS längerer Krankheit gestorben. Er ist im vorigen Jobre aui die Borichiaas- liste der Deutlcknationalen Fraktion gewählt worden. Nach der Vorschlagsliste wird der Verbandsdirektor a. D. Dr. Steiniaer sein Nachfolger, und falls dieser das Amt nicht annehmen sollte, der Stadtrat a. D. Dr. Schneider, Schöneberg . Die Milchbelieferung. Am DienStaa, den 6. Febrimr, erbalten die '/«-Liter-Krantenkarten keine Milch. die'/,-Liler<Krankenkaiten werden voll bel'esert. Am Mittwoch, den g, Februar,» erden die'/.-Liter-K'.onkenkai tcn voll beliefert, die Y�Liter-Krankcnkarten erhalten nur lit Li er Frischmilch. Die übrige Belieserung bleibt wie bisher.
Schweres Blut. 82) Roman von ZuHanl Aho. Sie öffnete die Luke und setzte sich mit ihrem Strick- strumpf daran. Die alte Vadestube, die sie sich als Wohnung ausgebeten hatte, um nicht in dem Hauptgebäude den anderen zwischen die Füße zu kommen, lag etwas abseits unten an einem Hügelabhang. Das Gehöft mit dem Wohnhaus, dem Pferde- und dem Kuhstall lag in einem Haufen zusammen, unter demselben Dach, oben auf einem Absatz der Anhöhe. Es war gar nicht so prachtvoll, wie Schemeitka geprahlt hatte: schien bereits alt und verfallen. Da gingen viele aus und ein, lauter Weiber. Ihrer waren in diesem Gehöft und in den anderen ebenfalls eine zahllose Menge, ältere und jüngere. Sie waren es anscheinend, die hier alle Arbeit verrichteten, so- wohl ihre eigene, als die der Männer. Sie zogen auf Schlei- fen das Wasser vom See, das Heu aus den Schuppen herbei. schleppten es, wer mochte sagen wie weit, über den festgefro- renen Schnee. So war es mit ihren guten Tagen bestellt, von denen Schemeitka geredet hatte. Jetzt ziehen sie dort gerade mit großer Mühe das Waschfaß, vom Strande herauf, da die Männer olle Pferde mithaben. Leibeigene sind sie, die einen wohl herbeigelockt, die anderen mit Gewalt entführt. Aber ich bin nicht die, die ihre Waschfässer ziehen wird. Als es dämmerte, wurde die Tür etwas geöffnet, herein glitt ein bewegliches, schmächtiges, schmalwangiges, bleiches Weib. Sie kam, fast jeden Abend, um Marja Gesellschaft zu leisten, obwohl Marja sie nicht dazu aufforderte. Ihr Gespräch drehte sich meistens um ein und dasselbe. Sie saß da und blickte Marja an, die Hände im Schoß, die Augen von Zärt- lichtest gefeuchtet. »Sei nicht so verbittert. Marja." .Es ist ein Wunder, daß du es nicht bist, obwohl« dich ja auch verlassen hat." „Ich bin es nicht. Ich bin zufrieden, wenn ich mtt ihm zusammen sein darf, wenn er es will. Wenn er nicht mag, bleibe ich weg und arbeite für ihn. Dafür lobt er mich. Wenn er auch meiner überdrüssig wird und zu den anderen geht, denkt er doch mitunter wieder an mich und kommt dann zu mir." „Und du bist froh darüber und säht dich streicheln wie ein Hund?" „Ja. Meinen Arm schlinge ist lim seinen Hals, denn er sagt, sagt jedesmal, wenn er mich um den Leib hält:.Leine hat einen so zierliche» Wuchs wie du, Anja, keine küßt so M wie du."
„Das hat er zu mir auch gesagt." „Vielleicht hat er es gesagt, aber er hat«wicht gemeint, denn dein Wuchs ist nicht so zierlich wie mein»." „Und braucht es auch nicht zu sein." „Es ist vergeblich, gegen Schemeikka zu murren. Nichts hindert ihn, wenn er gehen will, und nichts hält ihn zurück, wenn er kommen will. Mein Vater sperrte mich in den Speicher ein und legte sich selbst vor der Tür schlafen. Er kam und warf meinen Vater über den Zaun in den Wald und brach die Tür auf.— Ach, ach! Er hat sich schon mehrere Jahre nicht mehr um mich bekümmert. Andere hat er in der Fischerhütte gehabt, sich von anderen seine Vadestube wärmen lassen. Aber er bat mir doch den kleinen Petri geschenkt. Aus dem mache ich einen tüchtigen Mannn. Vielleicht.schenkt er mir noch einen anderen, vielleicht holt er mich auch noch ein- mal nach der Fischerhütte, und ich darf den Jungen mit hin- nehmen, daß er sich am Ufer im Sande wälzen kann. Wenn er dich hinnimmt, dann bitte ihn, daß ich als deine Magd mitkommen darf." „Ich gehe nie mehr mit ihm nach der Fischerhütte, und wenn er mich aus den Knien darum anflehte." „Was liegt daran, wenn er in lustiger Stimmung ein paar Dummheiten geschwatzt hat. Ich kehre mich nicht daran. obwohl er mich auch geschlagen hat." „Hat er dich geschlagen?" „Nun ja!" sagte das Mädchen mst strahlenden Augen. „Aber dann hat er mich geküßt und geweint und um Ver- zeihunq gebeten." „Und du?" „Ich hatte ihm schon verziehen, bevor er noch darum gebeten hatte." „Host du keine Lust gebabt. chn wieder zu schlagen?" „O nein, nicht doch— ich wußte: wenn er schlägt, bereut er es und ist wieder gut. Wir haben zusammen geweint und dann gelacht." Es wurde nach Anza gerufen. Sie schlüpfte hinaus, sagte aber, daß sie gleich wiederkomme. Aber Marja fragte'sich wieder und immer wieder: Wie konnte ich mich von ihm so kirren lassen? Was für ein Rausch hatte mich an dem Sonn- tag erfaßt? Was wollte ich eigentlich hier? Ich habe nicht bekommen, was ich holen ging, habe bekommen, was ich nicht wollte. Den dort in der Wiege, ein ewiges Andenken, seinem Vater so ähnlich, daß es mir schwer wird ihn anzusehen.— Und es entfuhr ihr der Wunsch, entfuhr ihr. obwohl sie versuchte, ihm den Weg zu versperren, es entrang sich ihrer Brust doch der Wunsch:... Wenn du doch Iuhas Sohn wärest! Könntest verkrüppelt sein, könntest sonstwie aussehen, wenn du nur Iuhas Sohn wärest! Aber du bist es nicht, Bor ihm
habe ich mich jahrelang in meinem Speicher eingsriegelt, dem dort bin ich an den Hals geflogen wie eine Fledermaus in ein weißes Tuch. Hier bin ich, flügellahm, in ihrer schlechtesten Hütte, des Loses der Leibeigenen gewärtig, ich, die ich immer noch dort in meinem eigenen Hof, in dem zusammen mst dem anderen aufgebauten, sein, als Wirtin schalten und walten könnte, und Iuha erfüllte mir auch das kleinste Gelüst. Jetzt wirtschaftet dort die Schwiegermutter, in meinem Reich, backt die Brote, melkt die Kühe und füttert sie: chr brummen sie aus chren Ständen zu: chr schnurrt mein Spinnrad, chr flannnt das Holzfeuer vom Herd, die von chr gebackenen Brote duften auf dem Tisch in der Stube. Jedem, der ins Gehöft kommt» erzähst sie höbnisch:„Hier war sie, bekam einen Hof, bekam einen guten Mann, war nicht gemacht zu bleiben und sestzu- halten... ich habe es ja immer gesagt, hätte es aber nicht geglaubt, daß sie zu einem Rüsten in den Schlitten springen würde."— Was mag Iuha machen, was mag er denken? Daß ich mit Gewalt weggeschleppt worden? Oder daß ich gern gegangen bin? Er mag wohl denken, daß ich ertrunken bin oder micb selbst ertränkt habe? Wenn er doch das glaubte, dann wäre ihm vielleicht wohler... Ich möchte, daß ihm wohler wäre. Anja kam wieder und brachte in ihrem Schoß warme Pasteten. Als ob sie etwas erraten hätte, ließ sie Marja von ihrem frühexen Leben erzählen. „Wie war der. dem du zuerst gehörtest?" „Wie er war? Er war so einer, viel älter als ich." „Aber gut?" „Woher weißt du, daß er gut war?" „Ich höre es aus deiner Stimme." „Er war ja wirklich gvt, viel zu gut. Die anderen wichen dem Bettelmädchen aus, er hütete und liebkoste mich von klein auf, mag mich wohl auch gewiegt haben. Ging er in den Wald, so nahm er mich mit. fällte er Bäume zum Schwenden. so sagte er: Für dich fälle ich sie. Baute einen Hof und sagte: Für dich baue ich ihn." „Dir hat er einen Hof gebaut?" „Alles, sagte er, mache er für mich." Marja«zuollen die Tränen in der Kehle empor.—„Zusammen haben wir ihn gebaut, das Vieh großgezogen." „Und du hast ihn verlosten. Er baute dir einen Hof, und du hast es übers Herz gebracht, ihn zu verlosten?" „Weil er so alt und krummbeinig war, der aste Kerl." „Wenn er es auch ein wenig gewesen ist." „Ich weiß nicht. Werde wohl verzaubert gewesen sein. Mitunter wünschte ich, daß er tot wäre, um einen zu be- kommen, der mir gefiele." tForts. jolgt)